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21.03.02
11:01 Uhr
SPD

Konrad Nabel zu TOP 8: Weitere Schutzmaßnahmen sind nötig

Sozialdemokratischer Informationsbrief

Kiel, 21.03.2002 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell TOP 8 – Ziele und Instrumente des Naturschutzes in Schleswig-Holstein

Konrad Nabel

Weitere Schutzmaßnahmen sind nötig

Die in der Großen Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen gestellten Fragen zu den recht- lichen Rahmenbedingungen des Naturschutzes in Schleswig-Holstein, zum Flächen- bestand, zu den Zielen und der Akzeptanz, den Kooperationspartnern und dem Zu- sammenspiel zwischen Naturschutz und Landwirtschaft sind in der Antwort der Lan- desregierung umfassend beantwortet worden. Dafür möchte ich im Namen der SPD- Landtagsfraktion dem Minister und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern danken.

Für die weitere Arbeit im Naturschutz stellt diese Antwort eine gute Grundlage dar - auch vor dem Hintergrund der in den nächsten Monaten auf uns zu kommenden Um- setzung verschiedener europäischer Richtlinien sowie des neuen Bundesnaturschutz- gesetzes in Landesrecht. Es ist zwar zu bedauern, dass die dadurch zu erwartenden Änderungen noch nicht in die Antwort auf die Große Anfrage einfließen konnten, gleichzeitig wird der aufmerksamen Leserin und dem aufmerksamen Leser aber deut- lich, dass viele der für die meisten Länder der BRD gravierenden Änderungen des neuen Bundesnaturschutzgesetzes in unserem Landesnaturschutzgesetz bereits seit nunmehr fast zehn Jahren Geltung und Bestand haben. So sind die Verbandsklage, das Biotopverbundsystem und die flächendeckende Landschaftsplanung für uns nichts Neues, und unser Katalog der Biotoptypen in §15 muss um nur wenige weitere erwei- tert werden. Wir können feststellen - und darauf sind wir auch stolz - dass unser Na- turschutzgesetz für das neue Bundesrecht Pate gestanden hat. Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



Wer sich an die Diskussion um Naturschutzrecht in unserem Land erinnert - seien es die Auseinandersetzungen Anfang der 90er Jahre um das Landesnaturschutzgesetz oder Ende der 90er um das Landschaftsprogramm und das Nationalparkgesetz, der wird sich erinnern, dass die SPD sich stets auch für eine klare Verantwortung der Landwirtschaft in Naturschutzfragen eingesetzt hat. Auch dies ist also nichts wirklich Neues.

Aber lassen Sie mich zurückkommen zur Antwort auf die Große Anfrage der Grünen. Ich will Ihnen und mir ersparen, die Antworten der Landesregierung an dieser Stelle noch einmal zu referieren; das ist alles nachzulesen in der Drucksache 15/1574. Es ist im übrigen darauf hinzuweisen, dass sich die Lektüre der Antwort auf die Große An- frage für alle Mitglieder des Hohen Hauses lohnt. Ich möchte mich mit einigen Sach- verhalten beschäftigen, die in der Antwort auf die Große Anfrage zum Teil eher trocken und beiläufig behandelt werden, die aber in unserem Land durchaus auch zu heftigen, oft höchst emotional geladenen Auseinandersetzungen geführt haben.

Ein Verdienst der Antwort auf die Große Anfrage zum Naturschutz ist es, alle diese Sachverhalte einmal gemeinsam zu diskutieren und in einen unlösbaren Zusammen- hang zu stellen. So bekommen die Diskussion um Biosphärenreservate, der Streit um die Umsetzung des europäischen Programms NATURA 2000 mit der Vogelschutzricht- linie und der FFH-Richtlinie, frühere Debatten um das Landschaftsprogramm, die Landschaftsrahmenpläne oder die Landschaftsplanung oder die aktuellen Debatten um andere europäische Richtlinien eine ganz andere Dimension: All diese Rechtsvorschriften, Pläne und Richtlinien zeigen das Bemühen der europäi- schen Union und - seit 1998 - auch der Bundesregierung, die 1992 in Rio beschlosse- nen ehrgeizigen Ziele der Agenda 21 und des Biodiversitätsabkommens in einer an- gemessenen Zeit umzusetzen und damit der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen durch uns selbst - durch die Menschen - Einhalt zu gebieten. Dass es dafür höchste Zeit ist, brauche ich Ihnen nicht noch einmal zu sagen - wir alle sehen und spüren die -3-



Folgen der drastischen menschlichen Eingriffe in unsere Biosphäre: Klima, Boden, Na- tur, Pflanzen und Tiere und nicht zuletzt die Menschheit sind ernsthaft bedroht.

In der Antwort auf die Große Anfrage zum Naturschutz werden diese Sachverhalte e- her nüchtern dargestellt und bilanziert. Das ist auch gut so. Verwaltung und Regierung sollen der Politik Entscheidungshilfen an die Hand geben. Panikmache und Weltunter- gangsszenarien haben in der Vergangenheit nicht zu einer deutlichen Veränderung von menschlichem Verhalten geführt, die zeitliche Begrenzung - mit der Androhung von Vertragsstrafen - zur Umsetzung wichtiger Naturschutzmaßnahmen durch die EU und die Bundesregierung sowie die Selbstverpflichtung auf die Ziele der Agenda 21 und des Biodiversitätsabkommens werden da eher helfen.

Uns jedenfalls gibt es zu denken, wenn in der Antwort auf die Große Anfrage zu lesen ist, dass in der Region “Meere und Küsten” - und damit sind auch wir und unser Land Schleswig-Holstein gemeint - fast zwei Drittel der Biotoptypen vollständig vernichtet oder von Vernichtung bedroht sind. In der Region “Nordwestdeutsches Tiefland” sind es knapp 50%. Uns gibt es zu denken, dass mehr als ein Drittel der in der Biotopkartie- rung erfassten Flächen einen schlechten Zustand haben oder als „unter der Grenze der Erfassungswürdigkeit” definiert werden. Auch wenn Umwelt- und Naturschutz zur Zeit keinen so hohen gesellschaftlichen Stellenwert haben, müssen weitere Natur-, Ar- ten- und Biotopschutzmaßnahmen aus der Verantwortung des Staates seinen Bürge- rinnen und Bürgern gegenüber - aber auch gegenüber der Natur um ihrer selbst Willen - durchgeführt werden. Dass wir dies in Schleswig-Holstein auch bei knapper Kassen- lage verantwortlich tun können, ist vor allem den in den vergangenen Jahren erstritte- nen Programmen und unseren Umweltabgaben zu verdanken.

Unseren Umweltabgaben liegt das Verursacherprinzip zu Grunde - ein von allen Par- teien hier im Hause hoch gewichtetes, aber höchst unterschiedlich interpretiertes Prin- zip. Wir jedenfalls halten es für richtig, für Eingriffe und für die Nutzung natürlicher Ressourcen einen Ausgleich zu verlangen, dessen Erlös für die Schonung, Wieder- herstellung und Verbesserung der natürlichen Ressourcen eingesetzt wird. Die im Be- -4-



reich Wasser erhobenen Abgaben werden so unter anderem für den Wasser- und Na- turschutz eingesetzt. Ich selbst habe auch keinen Zweifel, dass unter heutigen Bedin- gungen auch unsere damalige Abfallabgabe vor dem Verfassungsgericht Bestand hät- te und für die dringend erforderlichen Maßnahmen zur Vorsorge und Sanierung von Bodenschädigungen eingesetzt werden könnte - und müsste.

Insgesamt erfreuen sich die Zuwendungen aus Abgabemitteln bei den Kooperations- partnern im Naturschutz höchster Beliebtheit - und dabei gehören einige der Koopera- tionspartner durchaus auch zu denen, die bei der Einführung unserer Abgaben noch Zeter und Mordio geschrieen haben. Da gibt es heute durchaus Einsichten und geän- derte Verhaltensweisen, die wir bei anderen Akteuren im Land weiterhin vermissen - auch bei Teilen der Opposition hier im Hause.

Wenn wir bei der Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie den Wasser- und Bodenverbänden eine wichtige Rolle einräumen, dann hat das auch damit zu tun, dass wir auf den verschiedensten Ebenen gerade bei der Umsetzung von Natur- schutzmaßnahmen gute Erfahrungen mit diesen Kooperationspartnern haben. Das gilt im übrigen auch für den Vertragsnaturschutz, der ein wichtiger Eckpfeiler für den Na- turschutz geworden ist und sich hoher Akzeptanz erfreut. Ich will hier nicht auf den i- deologischen Streit zwischen Flächenankauf und Vertragsnaturschutz eingehen. Für uns sind beide Instrumente wichtig, keines von beiden kann durch das jeweils andere ersetzt werden, deshalb werden wir - gerade aus den Abgabemitteln - beide Instru- mente weiterhin finanzieren.

Dass Naturschutz-, Artenschutz- und Biotopschutzmaßnahmen der vergangenen Jah- re heute auch schon zu greifen beginnen, kann an vielen Stellen im Land beobachtet werden. Nicht nur für mich sind der Nationalpark Wattenmeer und die Flächen der Stif- tung Naturschutz und ihrer Kooperationspartner dafür vielfacher Beleg, auch die Bür- gerinnen und Bürger im Land, die als Erholungssuchende oder als Naturschutzinteres- sierte diese Flächen besuchen, sprechen anerkennend von deutlichen Fortschritten. -5-



Verbesserte Öffentlichkeitsarbeit und Naturschutzbildung tragen auch zur Akzeptanz von Besucherlenkungsmaßnahmen bei.

Wenn wir hören, dass sich die Kormoranbestände durch die erfolgreiche Wiederan- siedlung des Seeadlers verringert haben, dann wissen wir, dass wir mit derartigen Ar- tenschutzmaßnahmen auf dem richtigen Weg sind. An weiterhin bestehenden Konflik- ten arbeiten wir weiter, so weit es in unserer Macht steht und es naturschutzfachlich sinnvoll ist.

Wir haben noch viel zu tun, um unsere Naturschutzpolitik erfolgreich weiter zu führen. Ich will nur wenige Punkte nennen: Wir müssen das Monitoring ausweiten und Erfolgskontrollen verstärken. Dazu brau- chen wir mehr und bessere Indikatoren. Wir brauchen die Modulation, um der Land- wirtschaft zeitgerechtere Fördermöglichkeiten anzubieten. Wir brauchen keine ideolo- gischen Debatten, die rückwärtsgewandt sind, sondern konstruktives, an den Prinzi- pien der Nachhaltigkeit orientiertes Denken. Dies verlangen wir auch der Opposition hier im Hause ab - und wir sind sicher, auch Sie werden wir überzeugen.