Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
21.02.02
12:31 Uhr
CDU

Klaus Schlie: Verwaltungsmodernisierung braucht Mut

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.landsh.de/cdu-fraktion/ e-mail:fraktion@cdu.landsh.de
PRESSEMITTEILUNG Nr. 93/02 vom 21. Februar 2002
TOP 12, 16 und 44 Klaus Schlie: Verwaltungsmodernisierung braucht Mut Der Bericht der Enquete-Kommission zur Verbesserung der Effizienz der öffentlichen Verwaltung stammt aus dem Jahr 1994. Seitdem liegen auf 200 Seiten konkrete Vorschläge zur Aufgabenreduzierung, Privatisierung und Verwaltungsstrukturreform vor.
Eine der Kernaussagen dieses wegweisenden Berichts ist die Empfehlung, von der Verwaltung selbst zu erfüllende Aufgaben grundsätzlich auf zwei Ebenen zu verteilen.
Als unmittelbare Landesverwaltung sollten nur Aufgaben der politischen und administrativen Programmierung bzw. Steuerung, der landesweiten Förderung, der Kontrolle, der Richtliniengebung und der Vorbereitung gesetzgeberischer Arbeit erfüllt werden.
Vollzugsaufgaben sowie Aufgaben mit nur begrenztem räumlichen Bezug sind grundsätzlich auf regionaler und örtlicher Ebene, also auf der kommunalen Ebene, zu erfüllen.
Dieser Grundsatz ist nach wie vor unbestritten richtig, wenngleich ich einräumen will, dass ein lupenreiner zweistufiger Verwaltungsaufbau in allen Bereichen in Schleswig- Holstein auch aufgrund der traditionell gewachsenen Aufgabenerfüllung nicht ohne weiteres umzusetzen ist.
Im Jahr 1996 haben CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN jeweils eigene Konzepte zum Thema „Entbürokratisierung, Verwaltungsstrukturreform und Aufgabenabbau“ vorgelegt. Gemeinsam haben wir das Kostenausgleichsprinzip in der Landesverfassung Schleswig-Holstein verankert. Eine der wichtigsten Voraussetzungen, um eine Funktionalreform durchführen zu können, die nicht zu Lasten der kommunalen Ebene geht.
Eigentlich waren alle Voraussetzungen geschaffen, um daran zu gehen, unseren Verwaltungsaufbau schlank und effektiv zu gestalten. Ich wiederhole noch einmal: Der Enquete-Bericht stammt aus dem Jahr 1994, die Konzepte der Fraktionen stammen aus dem Jahr 1996.
Und dann begann der Budenzauber – die Ministerpräsidentin ließ sich bundesweit als „Die Speerspitze der Verwaltungsmodernisierung“ feiern, ihre Verkaufsabteilung stilisierte sie zur Inkarnation des schlanken Staates. In jedem Ministerium, in jeder Landesbehörde, ja selbst in der Staatskanzlei, diskutierten alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wochen- und monatelang über ein Leitbild der modernen Verwaltung. Hunderte von Arbeits- und Projektgruppen wurden eingesetzt und fast täglich wurde der erstaunten Öffentlichkeit mitgeteilt, dass nun der Modernisierungsprozess der öffentlichen Verwaltung in Schleswig-Holstein bundesweit beispielgebend sei und fast vor dem krönenden Abschluss stehe.
Hunderte von Vorschlägen zur Funktionalreform, also zur Aufgabenübertragung auf die kommunale Ebene wurden aufgelistet, geprüft, diskutiert, verworfen – einige wurden auch umgesetzt. Ein Normen-TÜV wurde eingerichtet, ganze Stabsabteilungen waren und sind damit beschäftigt, auf Formblättern nachzuweisen, warum doch immer wieder neue Gesetze, Verordnungen und Richtlinien notwendig sind.
Dann kam der ganz große Wurf. In einer sogenannten großen Verwaltungsstrukturreform wurden aus den Ämtern für Land- und Wasserwirtschaft die Ämter für ländliche Räume und die staatlichen Umweltämter – Hans Wiesen und Rainder Steenblock freuten sich diebisch. Hatte doch jeder jetzt entsprechend dem Koalitionsproporz seine eigenen Landesbehörden zu verwalten. Und dann war da noch die revolutionäre Diskussion über die Standardfreigabe. Ohne jedes Tabu, so der voller Elan neu im Amt befindliche SPD-Fraktionsvorsitzende Lothar Hay, also ohne jedes Tabu wollte man alle Standards auf den Prüfstand stellen. Die meisten stehen da heute immer noch.
Übrigens Tabu – bei diesem wichtigen Thema sei an die Aussage der Ministerpräsidentin aus dem Jahr 1997 erinnert, die der Landkreistag dankenswerter Weise dokumentiert hat.
„Bei der Frage der Aufgabenverlagerung vom Land auf die kommunale Ebene werden keine Tabubereiche mehr akzeptiert“ und dann formuliert die Regierungschefin mit dem vollen Gewicht ihrer Regierungsautorität weiter: „Ziel jeder Aufgabenverlagerung müsse eine wirtschaftliche Aufgabenerledigung und – insbesondere unter dem Gesichtspunkt einer bürgernahen Verwaltung – eine konsequente Verwirklichung des zweistufigen Verwaltungsaufbaus in Schleswig- Holstein sein.“
Donnerwetter, die Frau hat Mut; die sagt ihren Ministern und den Regierungsfraktionen wo es lang geht – 1997.
Und nun im Jahr 2002 hört sich das im Bericht des Innenministers folgendermaßen an:
„Dementsprechend prüft die Landesregierung bei allen in Rede stehenden Aufgaben stets, auf welcher Ebene der Verwaltung und durch welche Behörde eine Aufgabe am besten wahrgenommen werden sollte.“ Die Landesregierung prüft also stets und zwar hat sie die Wahl zwischen folgenden, wie sie sagt „organisatorischen Konstruktionen“:
Die Weisungsstränge laufen in der Regel direkt von den obersten Landesbehörden • nur zu den Landesoberbehörden • oder zu den unteren Landesbehörden • oder zu den Kommunalbehörden.
Eine der drei Ebenen wird also einfach zur zweiten Ebene erklärt. Wobei mit aller Konsequenz gesagt wird, dass untere Landesbehörden nur für zuständig erklärt werden, wenn einer Übertragung der Aufgaben auf die kommunale Ebene wichtige Gründe entgegenstehen.
Wie hatte doch die Ministerpräsidentin 1997 noch formuliert? „Bei der Aufgabenverlagerung vom Land auf die kommunale Ebene werden keine Tabubereiche mehr akzeptiert“ – Donnerwetter, die Frau hat sich durchgesetzt, denn der Innenminister kommt in seinem Bericht zu dem Ergebnis, dass es sich bei seinem 4-Phasenmodell des zweistufigen Verwaltungsaufbaus im „Kern“ – so wörtlich „um eine funktionalreformerische Fragestellung handelt.“
Und der Kollege Nabel, ja immer für ideologiefreie und völlig pragmatische Vorschläge gut, attestiert in einem SIB vom gestrigen Tag: „Auch wir (gemeint ist die SPD) wollen die Funktionalreform fortführen. Dabei setzen wir jedoch nicht auf Einzellösungen oder Aktionismus, sondern auf umfassende Konzepte.“
Donnerwetter, jetzt denkt jeder, da kommt der große Wurf ohne jedes Tabu, wie es die Ministerpräsidentin gefordert hatte. Und tatsächlich, die Tat folgt dem Wort unmittelbar. Wörtlich: „Die SPD-Landtagsfraktion hat die Regierung aufgefordert, keine Maßnahmen zu treffen, die einer Fortführung der Funktionalreform im Wege stehen“ (wie eine Stärkung der staatlichen Umweltämter). Und nun kommt’s, die Regierung ist mit ihrem Konzept diesem Weg sogar gefolgt. Sie hat - so wörtlich – „ihre grundsätzliche Offenheit gegenüber einer Weiterführung der Funktionalreform bekundet.“
Donnerwetter, jetzt geht’s richtig los - und der letzte Satz des Kollegen Nabel, sozusagen die Handlungsmaxime der Regierungspolitik von Heide Simonis im Bereich der Verwaltungsmodernisierung heißt: „Wir werden nun gemeinsam über weitere Schritte der Funktionalreform diskutieren.“ Da sage noch einer, die Heide Simonis sei regierungsmüde, wo sie doch sogar mit der SPD-Fraktion diskutieren will.
Wir haben Ihnen, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, einen Antrag vorgelegt, der das grundsätzliche Ziel eines zweistufigen Verwaltungsaufbaus weiterhin konsequent verfolgt, gleichwohl aber den gewachsenen Erfordernissen des ländlichen Raums und der Wirtschaft mit der Schaffung von vier Regionalämtern als Dienstleistungszentren für den ländlichen Raum Rechnung trägt. Aber als Grundprinzip verfolgen wir nach wie vor, dass so viele Aufgaben wie irgend möglich auf die kommunale Ebene übertragen werden müssen. Dazu erwarten wir ein Konzept der Landesregierung. Hinweisen möchte ich in diesem Zusammenhang vor allem auf die weitgehende Übertragung von Umweltaufgaben auf den kommunalen Bereich einschließlich der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie, die die Wasserbehörden der Kreise in enger Kooperation mit den Wasser- und Bodenverbänden durchführen sollten und dies vor allem auch könnten.
Wir fordern ohne Tabu eine Aufgabenverlagerung der Katasterverwaltung, die Auflösung der jetzigen Struktur des Landesamtes für Gesundheit und Arbeitssicherheit, die Zusammenarbeit bzw. Zusammenlegung der Obergerichte im norddeutschen Raum, wie ohnehin eine weitreichende Zusammenarbeit der norddeutschen Länder, die weitgehende Privatisierung der Straßenbauämter und die strikte Anwendung des Kostenausgleichsgrundsatzes, ohne dass dieses Verfassungsprinzip durch einen weiteren Willküreingriff in den kommunalen Finanzausgleich wieder ad absurdum geführt wird.
Lassen Sie uns auf diesem Weg eine konsequente Verwaltungsmodernisierung , Entbürokratisierung und Privatisierung durchführen - seien Sie mutig, „bei der Aufgabenverlagerung werden keine Tabubereiche mehr akzeptiert.“ Zumindest dieser Aufforderung ihrer Ministerpräsidentin sollten Sie als Regierungsfraktionen folgen.