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20.02.02
10:41 Uhr
FDP

Wolfgang Kubicki: "Claus Möllers Ende als Finanzminister ist näher, als er ahnt"

FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein 1



Presseinformation
Nr. 066/2002 Wolfgang Kubicki, MdL Vorsitzender Kiel, Mittwoch, 20. Februar 2002 Dr. Christel Happach-Kasan, MdL Stellvertretende Vorsitzende Sperrfrist: Redebeginn Dr. Ekkehard Klug, MdL Parlamentarischer Geschäftsführer Es gilt das gesprochene Wort! Christel Aschmoneit-Lücke, MdL Joachim Behm , MdL Computer Affäre/Antrag auf Entlassung des Finanzministers Dr. Heiner Garg, MdL Günther Hildebrand, MdL Wolfgang Kubicki: „Claus Möllers Ende als Finanzminister ist näher, als er ahnt“



www.fdp-sh.de In seinem Beitrag zu TOP 34 (Entlassung des Finanzministers) sagte der Vorsitzende und finanzpolitische Sprecher der FDP- Landtagsfraktion, Wolfgang Kubicki:
„Finanzminister Claus Möller muss nicht entlassen werden. Sein Rücktritt ist nur noch eine Frage der Zeit.
Es ist schon erstaunlich, wie wenig Gespür ein Minister nach langer Regierungszugehörigkeit dafür hat, was die Aussage bedeutet, er trage die Verantwortung. Um dieser Leerformel theatralisches Gewicht zu verleihen, spricht Claus Möller sogar von seiner „Gesamtverantwortung“.
Erinnern wir uns:
Am 15. Juli 1998 unterzeichnet das Land Schleswig-Holstein rechtswirksam einen Vertrag mit der Firma debis, die ihrerseits gemeinsam mit der Firma SAP die Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung samt dezentraler Mittelbewirtschaftung in der gesamten Landesverwaltung vorbereiten und durchführen soll. Die mit Superlativen selten geizige Pressestelle der Landesregierung vermeldete dazu am selben Tage:
„Bei der Einführung handelt es sich um das größte Modernisierungsprogramm in Schleswig-Holstein überhaupt. Die einmaligen Kosten für Lizenzen, Hardware und die Schulung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Verwaltung beläuft sich auf rund 36,5 Mio. Mark. Diesen Betrag eingerechnet lassen Wirtschaftlichkeitsberechnungen Kostensenkungen von rund 100 Mio. Mark in den kommenden 15 Jahren erwarten, da per Saldo 175 Stellen mittelfristig eingespart werden können.“
Der Vertrag wurde auf der Grundlage eines eklatant rechtswidrigen Vergabeverfahrens und einer Täuschung des Finanzausschusses geschlossen. Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 2 Diese Täuschung hat jedes Vertrauen in die Kompetenz, Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit des Finanzministeriums und seiner leitenden Mitarbeiter zerstört.
In den letzten Wochen wurde vehement darüber diskutiert, was ein Vergabevermerk sei. Diese Diskussion hat verdeckt, dass während des gesamten Verfahrens nicht nur einmal sondern immer wieder gegen das Vergaberecht verstoßen wurde. Die Verstöße können nicht nur heute noch zu Schadenersatzforderungen an das Land führen, sie verursachen darüber hinaus einen politischen Flurschaden, dessen Ausmaß wir noch gar nicht erfassen können.
Ich möchte dies nur an einem Beispiel dokumentieren. Es belegt gleichzeitig, mit welcher Unverfrorenheit das Finanzministerium den Finanzausschuss des Schleswig- Holsteinischen Landtages falsch unterrichtet und deshalb getäuscht hat.
Ich spreche von den Testinstallationen der Bewerber. Deren Ergebnisse waren auch, wenn nicht sogar überwiegend, Grundlage der Entscheidung. Jedenfalls wurde dies vom Finanzministerium behauptet. Ich zitiere hierzu aus der Prüfungsmitteilung des Rechnungshofes vom 11.12.2001, Seite 26 ff.:
„Die einzelnen Ergebnisse der Testinstallationen wurden nicht protokolliert, auch nicht für die von den „Fachreferaten“ vorbereiteten Probebuchungen. In den Vergabeakten befanden sich lediglich einige handschriftliche Notizen der Projektleiterin über ihre Eindrücke bezüglich der Qualität der Präsentation. eine objektive, z.B. anhand von Auswertungsrastern nachvollziehbare Wertung existiert nicht. Im Schreiben des Finanzministeriums an den Finanzausschuss vom 05.05.1998 (Umdruck 14/1883) heißt es:
IMAG-KLR „Die Arbeitsgruppe hat sich mehrheitlich für das Produkt SAP vor den Produkten M und P ausgesprochen. ... Die im Rahmen der IMAG-Sitzung von den Teilnehmern schriftlich festgehaltenen Argumente für bzw. gegen die einzelnen Produkte sind in die folgende Bewertung eingeflossen. ...“
Protokolle, Vermerke oder dergleichen, aus denen sich erkennen lässt, warum die Mitglieder der IMAG-KLR sich für SAP und die Mitglieder der IMAG-HKR sich für das Produkt M ausgesprochen haben, sind nicht vorhanden. Anhand der nicht dokumentierten Testergebnisse kann die Empfehlung zugunsten von debis/SAP jedenfalls nicht nachvollzogen werden. Vor diesem Hintergrund ist die folgende Bewertung des Finanzministeriums zugunsten von debis/SAP nicht belegt:
„Die im MFE abgehaltene Testinstallation wurde äußerst professionell durchgeführt und hat bei den Beteiligten einen positiven Eindruck hinterlassen.“
Sie ist nicht nachvollziehbar und überrascht, da debis/SAP seinerzeit überhaupt keine Software hatte, um Buchungen etc. vornehmen zu können. Im Schreiben vom 05.05.1998 an den Finanzausschuss wird dagegen vorgetragen:
„Die Fachreferate des MFE haben die Angaben in den Angeboten durch detailliertes Testen der Software anhand von Testfällen bzw. Fragekatalogen ausführlich nachgeprüft. Diese Vorgehensweise hat – abweichend zur Gesamtmeinung der IMAG „HKR“ – zu folgender fachlicher Reihenfolge aus Sicht des MFE geführt. ...“
Folgendes dürfte selbst schlichten Gemütern einleuchten: Es konnte nicht getestet werden, deshalb wurde nicht getestet und daher gibt es keine Testergebnisse. Folglich kann die Bewertung nicht auf Testergebnissen beruhen.

Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 3 Und da eine unbegründete Bewertung nicht Grundlage einer Entscheidung des Finanzausschusses werden konnte, wurde gegenüber dem Ausschuss schlicht ein nicht vorhandenes Ergebnis wahrheitswidrig vorgetäuscht.
Es nicht das erste Mal, dass das Finanzministerium bzw. der Finanzminister mit Erklärungen hart an die Grenze der Wahrheit gegangen sind – möglicherweise auch darüber hinaus.
Auch beim Immobiliendeal hat der Finanzminister gegenüber dem Verfassungsgericht eine Haushaltsnotlage beschworen, falls die von der Opposition begehrte einstweilige Anordnung ergehen sollte. Und das, obwohl der Minister bereits wusste, dass ihm der liebe Gott ein Erbschaftssteuergeschenk in dreistelliger Millionenhöhe vermacht hatte. Dies hatte er ebenfalls dem Parlament unterschlagen, um eine für ihn günstige Entscheidung zu erreichen.
Tricks und Schummeleien sind dem Finanzminister nicht fremd. Aber ich sage, sie sind eines Finanzministers unwürdig.
Was sollen die vielen öffentlich Bediensteten von diesem Finanzminister, diesem Finanzministerium und dieser Regierung halten, wenn beim größten Modernisierungsprojekt des Landes Schleswig-Holstein auf die Vergabevorschriften weniger Wert gelegt wurde als bei der Beschaffung von Toilettenpapier?
Was sollen die Menschen dieses Landes von einem Finanzminister halten, der am 11. Februar 1998, dass heißt während des laufenden Vergabeverfahrens für die KLR, angesichts neu aufgetauchter Korruptionsverdachtsfälle vollmundig erklärt:
„Wir werden die erneuten Korruptionsfälle zum Anlass nehmen, die Kontrolle in der Finanz- und Bauverwaltung weiter zu verstärken, um die bisherige Vergabepraxis von öffentlichen Aufträgen noch systematischer zu durchleuchten.“
Als Sofortmaßnahme kündigte Möller in derselben Pressemitteilung an, ein „anonymes Korruptionstelefon“ einzurichten und eine „task force Innenrevision“ der Steuer- und Bauverwaltung zu bilden. Das Telefon solle denjenigen, die Anhaltspunkte für Korruption haben, die Möglichkeit geben, ihr Wissen auch unerkannt zu offenbaren – zum Beispiel unbegründetes Abweichen von Vergabevorschriften.
Dies war fünf Monate vor Abschluss der Verträge mit debis/SAP.
Im selben Jahr hat die Landesregierung einen Erlass zur Bekämpfung von Korruption herausgegeben, in dem als entscheidender Punkt hervorgehoben wird, dass die Vergabevorschriften strikt einzuhalten sind.
Was sollen die Menschen von dieser Landesregierung halten, angesichts der Tatsache, dass der Finanzminister und die leitenden Mitarbeiter seines Ministeriums sich entweder um das überhaupt nicht kümmern, was vergaberechtlich in ihrem Haus geschieht, oder dass es ihnen mittlerweile egal ist, dass sie sich rechtswidrig verhalten?
Was sollen die Menschen dieses Landes davon halten, dass der Minister über Wochen wahrheitswidrig behauptet, die Kabinettsvorlage oder die Finanzausschussvorlage seien ein Vergabevermerk, sie hätten die Qualität eines Vergabevermerkes und selbst wenn dies nicht so sei, folge daraus nicht die Rechtswidrigkeit des Vergabeverfahrens?
Anschließend lässt er sich durch eine Frankfurter Kanzlei auf Kosten des Steuerzahlers bestätigen, dass weder die Kabinettsvorlage noch die Finanzausschussvorlage ein Vergabevermerk seien, auch nicht ansatzweise dessen Qualität aufweisen würden, ihn nicht ersetzen könnten und dass damit das Vergabeverfahren rechtswidrig sei. Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 4
Es wäre nicht Claus Möller, wenn er der staunenden Öffentlichkeit nicht wiederum erklären würde, dies bestätige ihn in seiner Auffassung. Es sei schließlich festgestellt worden, dass Schadenersatzansprüche nicht herzuleiten seien. Dass auch dies Nonsens ist, werden wir noch dokumentieren.
Ich bin es leid, mich mit der geballten Inkompetenz des Finanzministers bzw. seines Hauses in diesen Fragen auseinander zu setzen. Nur eine Literaturempfehlung: „Der Schadensersatzanspruch des Bieters im Vergabeverfahren“ in Vergabe news 03/98 von Arnold Boesen, auf den ich als Kommentator des Vergaberechts ausdrücklich hinweise. Das Finanzministerium sollte vielleicht auch in Boesens’s Kommentar „Vergaberecht“, I. Auflage 2000, die Rn. 153 ff. der Einleitung sorgfältig lesen.
Selbst wenn die Mitbieter keine Schadenersatzansprüche mehr durchsetzen könnten, ist dies weder eine Entschuldigung noch ein Freibrief für derart gravierendes politisches Fehlverhalten.
Claus Möller kommt mir mit seiner Freude „Es ist doch nichts passiert!“ und „Wir haben doch keinen Schaden!“ vor wie ein volltrunkener Autofahrer, der mit 180 km/h durch eine geschlossene Ortschaft fährt und von der Polizei angehalten wird, nachdem er eine rote Ampel vor einem Kindergarten überfahren hat und sagt: „Herr Wachtmeister, es ist doch nichts passiert.“
Wir können gar nicht feststellen, ob das Land einen Schaden erlitten hat, weil wir gar nicht wissen, ob wir ein zu teures Produkt bei gleicher Leistungsbreite eingekauft haben – und dies gilt unabhängig von möglichen Regressforderungen unterlegener Bieter.
Es vereinfacht die Bewertung der Sache nicht gerade, dass die ehemalige Projektleiterin im Finanzministerium, die für die ordnungsgemäße Vergabe und deren Dokumentation zumindest mitverantwortlich war, ebenso wie der ehemalige Staatssekretär Dr. Lohmann nunmehr im Sold der Unternehmen stehen, die auf der Grundlage des rechtswidrigen Vergabeverfahrens den Zuschlag erhielten. - Aber dies ist ein anderer Punkt.
Von der Ministerpräsidentin die Kraft zu erwarten, ihren Finanzminister zu entlassen, den sie öffentlich bereits für unverzichtbar erklärt hat, ist zu viel verlangt. Sie ist längst nicht mehr die Herrin im Hause, und über das, was in ihrer Landesregierung passiert, hat sie den Überblick verloren. Möglicherweise ist es ihr auch egal.
Jedenfalls, Frau Ministerpräsidentin, Herr Finanzminister, habe ich mir auch das mit mehr als 1 Mio. DM produzierte Leitbild dieser Landesregierung aufbewahrt, in dem es u.a. heißt:
„Wir arbeiten nach Recht und Gesetz ... Dies ... ist für uns Verpflichtung und Herausforderung gleichermaßen.“ - Verpflichtung wohl nicht, eher wohl Herausforderung.
Es ist traurig, dass wir in Schleswig-Holstein aller Voraussicht nach erneut einen Untersuchungsausschuss benötigen, um den Menschen das Vertrauen in den Rechtsstaat zurückzugeben. Das Vertrauen darin, dass Rechtsverstöße nicht sanktionslos bleiben, auch wenn sie von einem Minister oder Spitzenbeamten eines Ministeriums begangen werden. Und um alle Nachfrager gleich zu beruhigen: Der Untersuchungsausschuss wird deutlich preiswerter als das Gutachten in dieser Sache, dem die Spitze des Finanzministeriums nicht folgen wollte.
Herr Finanzminister Möller, Sie sind ein Minister auf Abruf. Und dieser Ruf kommt schneller, als Sie heute möglicherweise ahnen.“ Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/