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25.01.02
10:23 Uhr
SPD

Ulrike Rodust zu TOP 8: Schleswig-Holstein und Europa

Sozialdemokratischer Informationsbrief
Kiel, 25.01.2002 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell
Ulrike Rodust zu TOP 8:

Schleswig-Holstein und Europa

Ich danke der Ministerpräsidentin und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die umfangreiche Beantwortung der Großen Anfrage. Wäre ich zynisch, müsste mein Dank auch an die Kolleginnen und Kollegen der CDU gehen. Sie haben der Landesre- gierung eine Steilvorlage präsentiert, wie sie besser nicht sein könnte, um ihre durch- gängig hervorragende Europapolitik zu präsentieren. Nun bin ich mir sicher, dass dies nicht Ihre Absicht bei der Formulierung Ihrer Fragen war, meine Damen und Herren der CDU.

Doch was steckte dahinter? Ich habe die Antwort nicht gefunden, allerdings stellten sich mir etliche Fragen: Haben Sie in der Vergangenheit im Ausschuss nicht zugehört? Dort ist ein Europabe- richt der Regierung schon lange angekündigt. Dienen Ihnen die unzähligen Papiere, die es zu diesem Thema gibt, nur zum Füllen Ih- rer Papierkörbe? Zahlreiche Veröffentlichungen der Landesregierung und ebenso zahlreiche Broschü- ren haben schon einen großen Anteil der Fragen beantwortet. Man hätte nur nachle- sen brauchen. Da wundert es nicht, dass die Große Anfrage auch Fragen enthält, die heute beim besten Willen noch nicht zu beantworten sind. Etwa die Förderkulisse nach 2006. Hier kann man, wie es auch in der Antwort steht, nur Vorstellungen oder Wün- sche formulieren.

Wir können aber davon ausgehen, dass der Geldsegen aus Brüssel nach 2006 nicht Schleswig- mehr so reichlich fließen wird wie zur Zeit. Daher müssen die vorhandenen Mittel des Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



größten Konjunkturprogramms (Ziel), das das Land jemals erlebt hat, sinnvoll ausge- geben werden. Sinnvoll heißt, die Strukturen des Landes nachhaltig verbessern und optimieren. Gefragt sind pfiffige, zukunftsweisende Ideen.

Vor Ort ist ein Brainstorming der Kommunalpolitiker, aber auch der Bürger in Vereinen und Verbänden angesagt – die kommunale Denkfabrik –, denn Geld bekommen dieje- nigen, die mit ihren Ideen am besten und am schnellsten sind. Dies ist bis zum Jahr 2005 zu leisten, danach kommen die neuen EU-Partner.

Die Voraussetzungen für diese Erweiterung sind gewährleistet. Das bedeutet in der Ostseekooperation, deren Motor Schleswig-Holstein nach wie vor ist, wir werden ein Wirtschaftsraum unter gleichen Rahmenbedingungen. Was den Handel betrifft, so ist er heute schon weitgehend liberalisiert; die im Bericht genannten Zahlen belegen dies.

Die Osterweiterung birgt aber auch noch auf einem anderen Gebiet große Potentiale: Russland baut seine Ostseehäfen aus, und neue Häfen sind geplant. Das bedeutet für die schleswig-holsteinischen Häfen mehr Umschlag und für den Nord-Ostsee-Kanal eine weitere Belebung. Russland hat erkannt, dass die Verschiffung von Waren und Gütern über die Häfen Kaliningrad und St. Petersburg, um nur zwei Beispiele zu nen- nen, sehr viel günstiger, schneller und effektiver ist als über den Landweg. Wir werden davon in mannigfacher Hinsicht profitieren. Ich denke dabei besonders an unsere Ost- seehäfen.

Die Osterweiterung birgt sehr viel mehr Chancen als Risiken für die Arbeitnehmer und die Unternehmen. Die Ängste der Bürger, nach der Osterweiterung würden Millionen von Menschen in den Westen abwandern und hier zu Billiglöhnen arbeiten, ist unbe- gründet – die, die kommen wollten, sind schon lange hier! Ein Blick nach Portugal würde so manches Gemüt beruhigen.

Die Sichtweise der CDU, negative Auswirkungen seien zu befürchten oder Schleswig- Holstein sei in besonderem Maße betroffen, wie es in der Anfrage heißt, suggerieren -3-



ein negatives Bild. Ich empfehle ein Gespräch mit dem Hauptgeschäftsführer der IHK zu Kiel – Herr Janzen wird Sie über die Chancen aufklären. Risiken sieht er nicht. Die gemeinsame Präsenz in den Beitrittsländern mit den Industrie- und Handelskammern stellt ein gutes Beispiel für die Zusammenarbeit von Exekutive und NGOs (Nicht- Regierungsorganisationen) dar.

Ich rechne auch nicht mit steigender Kriminalität. Zum einen klappt die Zusammenar- beit der Polizeien rund um die Ostsee auch jetzt schon sehr gut, und diejenigen Krimi- nellen, die in den Bereichen Prostitution und organisierte Kriminalität tätig sind, sind längst hier. Durch Eurojus, eine verstärkte Europol, und den europaweiten Haftbefehl bekommen wir zudem Instrumente in die Hand, die eine grenzüberschreitende Verbre- chensbekämpfung sehr viel effektiver machen. Natürlich ist hier noch viel zu tun. Unter spanischer Ratspräsidentschaft wird sich die EU in diesen Monaten intensiv mit der Inneren Sicherheit beschäftigen. Wir dürfen gespannt sein, welche Vorschläge Herr Aznar vorlegen wird.

Unser Land wird auf dem europäischen Parkett ernst genommen. Schleswig-Holstein hat auf der Ministerpräsidentenkonferenz zur Kompetenzneuordnung eine Stellung- nahme abgegeben. Ein Mitarbeiter der Landesregierung hat als Experte in der Europä- ischen Kommission die Grundlage der „Twinning-Strategie“ konzipiert. (Das ist eine projektorientierte Behördenpartnerschaft zur Reform von Gesetzgebung, Verwaltung und Ausbildung in den Kandidatenländern mit dem Ziel des Besitzstandsübertrags.)

Im Ausschuss der Regionen AdR), in dem wir permanent vertreten sind, haben wir in dieser Legislaturperiode vier Stellungnahmen erarbeitet. Im Vergleich zu anderen Re- gionen ist dies ein sehr hoher Anteil. Zwei unserer Stellungnahmen beschäftigen sich mit der Integration von Flüchtlingen und der ausgewogenen Verteilung der Belastung bei deren Aufnahme, eine Stellungnahme mit der Zukunft der gemeinsamen Fische- reipolitik. -4-



Ich selber habe eine Stellungnahme zur Überprüfung der Binnenmarktstrategie in 2001 vorgelegt. Der AdR hat diese Stellungnahme einstimmig angenommen. Die Kommissi- on hat im September angekündigt, einzelne Vorschläge der Stellungnahme zu über- nehmen. Schon am Montag dieser Woche hat die Kommission dem AdR als ersten Schritt ihr neues Datensystem Solvit vorgestellt. Damit sollen Bürger und Bürgerinnen sowie Unternehmen transparente Hilfestellung bei Binnenmarktfragen erhalten, um z.B. zeitaufwendige Rechtsverfahren zu verhindern.

An diesem Vorgang wird deutlich, dass wir auch aus Schleswig-Holstein Einfluss auf die Kommission nehmen können.

Aufgrund der Zeit kann ich nicht auf weitere Punkte eingehen. Zum Schluss möchte ich noch einen Blick in die Zukunft werfen: Schleswig-Holstein hat sich gut vorbereitet und spielt nach wie vor eine wichtige Rolle im europäischen Konzert. Die finanziellen Voraussetzungen sind bis zum Jahr 2006 getroffen. Institutionell kann nach Nizza und Laeken die Aufnahme der neuen Partner vollzogen werden.

Mit der Einrichtung eines Konvents zur Vorbereitung der nächsten Regierungskonfe- renz haben die Regierungen die große Chance, die weitere Zukunft Europas nicht mehr allein durch die Amtsstuben der Regierungen gestalten zu lassen, sondern diesmal werden auch die Bürgerinnen und Bürger und die Legislative mit einbezogen. Das heißt, auch wir können uns beteiligen, und das werden wir auch tun.In diesem Sinne fordere ich alle auf, tatkräftig am Europäischen Haus mit zu arbeiten.