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15.01.02
11:18 Uhr
B 90/Grüne

Angelika Birk und Monika Heinold zur Großen Anfrage "Kinderbetreuung"

Fraktion im Landtag PRESSEDIENST Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Angelika Birk Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Sozial- und bildungspolitische Sprecherin Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 Monika Heinold Telefax: 0431/988-1501 Mobil: 0172/541 83 53 Finanzpolitische Sprecherin und E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Parlamentarische Geschäftsführerin Internet: www.gruene-landtag-sh.de

Nr. 003.02 / 15.01.2002

Große Anfrage: „Kinderbetreuung in Schleswig-Holstein“
Die Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen hat eine Große Anfrage zum Thema „Kin- derbetreuung in Schleswig-Holstein“ (Drucksache 15/1512) eingereicht, die sich insbe- sondere mit den qualitativen, personellen und finanziellen Aspekten der Kinderbetreuung befasst. Aus den Ergebnissen auf unsere Fragen wollen wir Konsequenzen für die zu- künftige Verbesserung der Kinderbetreuungsstrukturen ziehen – und zwar bevor Ände- rungen gesetzlicher Grundlagen, wie sie zum Beispiel die Sozialministerin für das Kinder- tagesstättengesetz bereits angekündigt hat, vom Parlament beschlossen werden.
Die Struktur von Familien und die Rahmenbedingungen, um ihre Aufgaben wahr nehmen zu können,haben sich in den vergangenen Jahrzehnten drastisch verändert. Familien- formen sind vielfältiger, flexibler und differenzierter geworden und folgen nicht mehr tradi- tionellen Mustern. Die Erwerbstätigkeit und die Weiterbildungsmöglichkeit für beide Ge- schlechter und damit die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist zunehmend zum Leitbild geworden und verlangt eine entsprechende öffentliche Infrastruktur.
Vor dem Hintergrund einer notwendigen Fortentwicklung von Betreuungsstrukturen hal- ten wir es für zwingend erforderlich, die aktuelle Situation in Schleswig-Holstein umfas- send zu ermitteln. Aufgrund der demographischen Daten, der Wirtschaftslage und vor al- lem der Bemühungen des Landes und der Kommunen, flächendeckend Betreuungsan- gebote zu schaffen, hat sich die Struktur der öffentlichen Kindertagesbetreuung vor Ort verändert. Wir erwarten daher von einer Zusammenstellung aktueller Daten die notwen- dige Entscheidungsgrundlage. Insbesondere die Aussagen der PISA-Studie über den Bildungsstand deutscher SchülerInnen zeigen die Notwendigkeit einer umfassenden Ü- berprüfung der Bildungsstrukturen im Vorschulalter und der Weiterentwicklung der Kin- derbetreuung insgesamt. Es müssen die Parameter aktualisiert werden, an denen sich die konkrete Ausgestaltung und Finanzierung der Kinderbetreuungsstrukturen in Schleswig-Holstein zukünftig orientieren soll. Wir wollen, dass Kinder unabhängig von ihrer Herkunft mit einer hohen pädagogischen Qualität gefördert werden, um mehr Chancengleichheit in unserer Gesell- schaft zu schaffen.
Schule und Kinderbetreuungseinrichtungen haben einen eigenständigen Auftrag, sie können und sollen sich nicht gegenseitig ersetzen. Sie müssen sich aber ergänzen, auf- einander aufbauen und miteinander arbeiten: Die Schule nimmt zunehmend auch sozial- pädagogische Aufgaben wahr und von den Kindertagesstätten wird erwartet, dass sie sich verstärkt dem Bildungsauftrag stellen. Dies gilt besonders für die wichtige Phase des letzten Jahres vor der Einschulung. Die erheblich zunehmende Zahl von Kindern, bei de- nen anlässlich der Untersuchung zur Einschulung Verhaltensauffälligkeiten und Sprach- störungen sowie mangelnde Deutschkenntnisse festgestellt werden, unterstreicht die Notwendigkeit präventiver Arbeit und den Bildungsauftrag der Kindertageseinrichtungen.
Kinder im Vorschulalter sind neugierig und wissbegierig. An diesen positiven Vorausset- zungen müssen wir anknüpfen, denn hier besteht die Möglichkeit des Ausgleichs von so- zialen Ungleichgewichten, migrationsbedingten Benachteiligungen, aber auch für die Entdeckung des Reichtums multikultureller Vielfalt. Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass für jedes Kind in Schleswig-Holstein das Angebot eines „verbindlichen Vorschuljah- res“ geschaffen wird, in dem eben diese positiven Voraussetzungen genutzt und die Schulfähigkeit in sprachlicher und sozialer Hinsicht gefestigt wird.
Das verbindliche Vorschuljahr soll als kostenloses Angebot: Kinder fördern, Eltern unter- stützen, LehrerInnen entlasten und gute Zukunftschancen für den schulischen Werde- gang schaffen. Um den wachsenden Anforderungen an das Personal in Kindertagesein- richtungen gerecht werden zu können, bedarf es nicht nur einer gezielten Fort- und Wei- terbildung der ErzieherInnen, sondern es muss ebenso darüber nachgedacht werden, wie weitere Qualifikationen durch entsprechendes Fachpersonal, beispielsweise auch aus dem therapeutischen und sprachfördernden Bereich, integriert werden können. Au- ßerdem gilt es, Fachleute mit einem Migrationshintergrund als PädagogInnen für Schule und Kita zu gewinnen.
Es ist ebenso notwendig, auch während des Schulbesuches den Bereich der persönli- chen und sozialen Bildung, Betreuung und Freizeitgestaltung als Ergänzung zum schuli- schen Unterrichtsangebot auszubauen. Hierzu gehört nicht nur ein warmes Essensange- bot und Schularbeitenhilfe, sondern auch kreative kulturelle und sportliche Angebote im Rahmen einer verbindlichen Kooperation von Schule, Jugendarbeit und Jugendhilfe. Schulische Angebote und die der Jugendarbeit und Jugendhilfe können einander nicht ersetzen, aber sinnvoll ergänzen. Trotz aller Unterschiede stimmen beide Bereiche in ih- ren grundlegenden Zielsetzungen überein: Kinder und Jugendliche in ihrer Persönlichkeit zu stärken, sie zu eigenverantwortlichem Handeln zu befähigen und ihnen die Kompe- tenzen zu vermitteln, die ein Leben in der Gemeinschaft ermöglichen. Weder das System Schule noch die Jugendhilfe kann dies für sich alleine leisten.
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