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19.12.01
16:14 Uhr
Landtag

Diätenkommission übergab Bericht

D E R L A N D T A G SCHLESWIG - HOLSTEIN 149/2001 Kiel, 19. Dezember 2001



Diätenkommission übergab Bericht


Kiel (SHL) – Die Unabhängige Sachverständigenkommission zu Fragen der Abgeordnetenentschädigung (Diätenkommission) hat heute zum letzten Mal getagt und den Bericht abschließend beraten und – einstim- mig – beschlossen.

Im Anschluss an die Sitzung hat der Vorsitzende der Kommission, Prof. Dr. Ernst Benda, Landtagspräsident Heinz-Werner Arens den Bericht ü- bergeben.

Die Zusammenfassung des Berichtes ist dieser Pressemitteilung bei- gefügt. Der vollständige Bericht ist abzurufen unter folgender Internetad- resse:

http://www.lvn.parlanet.de/infothek/wahl15/drucks/1500/drucksache-15-1500.pdf



Herausgeber: Pressestelle des Schleswig-Holsteinischen Landtages, Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel, Postf. 7121, 24171 Kiel, Tel.: (0431) 988- Durchwahl -1163, -1121, -1120, -1117, -1116, Fax: (0431) 988-1119 V.i.S.d.P.: Dr. Joachim Köhler, Annette Wiese-Krukowska, E-Mail: Joachim.Koehler@lvn.parlanet.de Internet: www.sh-landtag.de – Presseinformationen per E-Mail abonnieren unter www.parlanet.de/presseticker Unabhängige Sachverständigenkommission zu Fragen der Abgeordnetenentschädigung 19.12.2001


1. Zusammenfassung der Empfehlungen
1.1 Die Kommission hat Vorschläge für eine Neuregelung der Abgeordne- tenentschädigung entwickelt. Dabei hat sie ihren Empfehlungen im We- sentlichen folgende zwei Leitlinien zugrunde gelegt:

a) Die Entschädigung der Abgeordneten während und nach der Mandats- ausübung sollte möglichst transparent sein. Daraus folgt, dass die Hö- he der Abgeordnetenentschädigung vollständig aus dem Gesetz er- sichtlich sein muss.
b) Die Entschädigung sollte sich am Prinzip der Gleichbehandlung der Abgeordneten mit den Steuerbürgerinnen und -bürgern orientieren. Daraus folgt, dass die steuerpflichtige Entschädigung so bemessen sein muss, dass alle mit dem Mandat verbundenen Aufwendungen so- wie die Kosten für die soziale Sicherung in der Entschädigung enthal- ten sein sollten.

Die Kommission schlägt daher vor, die steuerpflichtige Grundentschädi- gung der Abgeordneten deutlich zu erhöhen und die steuerfrei gewährten Leistungen abzuschaffen bzw. auf das unabweisbare Maß zurückzufüh- ren.

In diesem Sinne sollten die Kostenpauschale (§ 9 AbgG), das Tagegeld (§ 11 AbgG) und die Fahrkostenerstattung für Fahrten zwischen Wohnsitz und Landtag entfallen. Statt dessen sollten diese mandatsbedingten Auf- wendungen steuerlich als Werbungskosten im Sinne des § 9 Einkommen- steuergesetz (EStG) geltend gemacht werden können.

1.2 Der zentrale Maßstab für eine angemessene Entschädigung ist die Be- deutung des Abgeordnetenmandats in einer repräsentativen Demokratie. Dabei sind die Bedeutung des Mandates, der tatsächliche Zeitaufwand für die Ausübung des Mandates und die Höhe der Einkünfte in vergleichba-


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ren Berufen zu berücksichtigen. Nach Meinung der Kommission können unterschiedliche Berufe als vergleichbar angesehen werden. Dabei ist sowohl an Berufe aus der freien Wirtschaft - etwa Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens in Schleswig-Holstein - als auch aus dem Öffentlichen Dienst - etwa eines Professors der Besoldungsgruppe C 3 oder eines Richters der Besoldungsgruppe R 2 - zu denken. Konkret hat die Kommission sich darauf verständigt, die Richterbesoldungsgruppe R 2 als Bezugsgröße zu wählen. Allerdings darf dies nicht als ein Auto- matismus im Sinne einer - verfassungsrechtlich unzulässigen - unmittel- baren Anknüpfung der Abgeordnetenentschädigung an die Höhe und Steigerung der Gehälter in dieser Besoldungsgruppe verstanden werden.

Die jährlichen Bezüge einschließlich Weihnachts- und Urlaubsgeld eines Richters in der Endstufe dieser Besoldungsgruppe belaufen sich ab 1. Januar 2002 auf rd. 68.200 € (= rd. 133.400 DM). Diesem Jahresbetrag wären nach den Vorschlägen der Kommission noch Aufschläge für die zukünftig von den Abgeordneten zu tragenden Vorsorgeaufwendungen für Krankheit und Alter hinzuzurechnen. Nach den im Auftrag der Kommis- sion erstellten Modellrechnungen wäre eine angemessene Altersvorsorge mit einem Jahresbetrag von rd. 10.200 € (= rd. 19.900 DM) zu erreichen; für die Krankheitsvorsorge wäre ein Jahresbetrag von rd. 5.600 € (= rd. 10.900 DM) anzusetzen. Insgesamt sollte ein Abgeordneter des Schleswig-Holsteinischen Landtages ohne zusätzliche parlamentarische Funktion somit nach den Vorstellungen der Kommission eine jährliche Diät in Höhe von rd. 84.000 € (= rd. 164.200 DM) erhalten; dies entsprä- che einer monatlichen Entschädigung von rd. 7.000 € (= rd. 13.700 DM).

Bei der Höhe der Entschädigung ist jedoch zu berücksichtigen, dass den Abgeordneten, obwohl sie nach den Empfehlungen der Kommission für ihr Alter ausschließlich durch eigene Beitragsleistungen vorsorgen, nach der bisherigen Rechtslage (§ 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b EStG) der



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steuerliche Vorwegabzug von 6.000/12.000 DM (= rd. 3.068 /6.136 ) € € um 16 v. H. der Einnahmen aus der Abgeordnetentätigkeit gekürzt wird. Beim Erlass dieser Vorschrift war der Steuergesetzgeber davon ausge- gangen, dass Abgeordnete eine Altersversorgung ohne eigene Beitrags- leistung erhalten. Die Kommission regt daher an, dass das Land auf eine Änderung des § 10 EStG hinwirkt, um sicherzustellen, dass bei einer Re- gelung, wie sie die Kommission für das Schleswig-Holsteinische Abge- ordnetengesetz vorschlägt, der steuerliche Vorwegabzug nicht gekürzt wird. Bis zu dieser Änderung des EStG muss den Abgeordneten nach An- sicht der Kommission der ihnen erwachsene Nachteil durch eine - be- fristete - Erhöhung der Grundentschädigung ausgeglichen werden.

1.3 Für die Gewährung von Funktionszulagen sind die Grundsätze der Ent- scheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juli 2000 maßgeblich. Danach ist es für die Freiheit und Unabhängigkeit der Mandatsausübung erforderlich, dass grundsätzlich alle Abgeordneten die gleiche Entschädi- gung erhalten und Funktionszulagen auf zahlenmäßig begrenzte Spitzen- positionen beschränkt werden. Die Kommission schlägt vor, dem Grund- gedanken dieser Entscheidung in der Weise Rechnung zu tragen, dass im Schleswig-Holsteinischen Landtag zukünftig nur noch die Landtags- präsidentin oder der Landtagspräsident, die Fraktionsvorsitzenden (und ein Vertreter/eine Vertreterin des SSW) sowie die Parlamentarischen Ge- schäftsführerinnen und Geschäftsführer eine Funktionszulage erhalten, die nach Auffassung der Kommission einheitlich 80 v. H. der Grundent- schädigung betragen sollte.

1.4 Die Kommission empfiehlt, die Dauer der Zahlung eines Grundüber- gangsgeldes gemäß § 16 Abs. 1 AbgG von bisher drei Monate auf sechs Monate zu verlängern. Dagegen soll der Anspruch auf Übergangsgeld für jedes weitere Jahr der Mandatsausübung von bisher drei Monate auf einen Monat und die Maximaldauer des Bezugs von bisher 30 auf grund-



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sätzlich 12 Monate gesenkt werden. Darüber hinaus empfiehlt die Kom- mission, das Übergangsgeld für Abgeordnete, die unmittelbar nach Been- digung ihres Mandats an ihren alten Arbeitsplatz zurückkehren könnten, dies jedoch nicht tun, um 50 v. H. zu kürzen.

1.5 Die Vorschriften über die Altersentschädigung der Abgeordneten sollten grundlegend geändert werden. Die Grundentschädigung sollte durch ei- nen entsprechenden Versorgungsaufschlag so bemessen sein, dass sie die Abgeordneten in die Lage versetzt, ihre Altersversorgung eigenver- antwortlich abzusichern. Gleiches gilt für die Beiträge zur Absicherung der Abgeordneten im Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfall (s. Tz. 2.2). Die bisher nach § 25 AbgG gewährten Zuschüsse sollten entfallen.

1.6 Die Kommission schlägt vor, die Mitarbeiterkostenerstattung in der Sa- che beizubehalten, zukünftig aber nicht als Aufwandsentschädigung, son- dern als besondere Form der Inanspruchnahme vom Landtag zur Verfü- gung gestellter Leistungen zu gewähren.

1.7 Die Kommission regt an, dass - sofern die vorgeschlagenen Empfehlun- gen vom Parlament beschlossen werden sollten - diese erst mit dem Be- ginn der neuen Wahlperiode in Kraft treten sollten, damit die dann neue Regelung den zukünftigen Abgeordneten bereits bei der Kandidatur be- kannt ist und bei der persönlichen Lebensplanung berücksichtigt werden kann. Außerdem sollte eine derart umfassende Umgestaltung des bishe- rigen Entschädigungssystems, mit der der Schleswig-Holsteinische Landtag bundesweit gesetzgeberisches Neuland betreten würde, im par- lamentarischen Raum ohne Zeitdruck sorgfältig beraten werden können.

Die Kommission versteht ihre Empfehlungen zur Neuordnung der Abge- ordnetenentschädigung als ein in sich geschlossenes Konzept, das nur in



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seiner Gesamtheit überzeugen kann. Das Herauslösen einzelner Be- standteile würde die von der Kommission angestrebte Ausgewogenheit des Konzepts insgesamt gefährden. Dies gilt insbesondere für die Vor- schläge zur Diätenanhebung, die nur im Zusammenhang mit der gleich- zeitigen Abschaffung aller steuerfreien Pauschalen und der Einbeziehung der Vorsorgeaufwendungen empfohlen werden.



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2. Einberufung und Auftrag der Kommission
Nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 21. Juli 2000 (2 BvH 3/91) die im Thüringer Abgeordnetengesetz (ThürAbgG v. 7. Februar 1991) für parlamentarische Geschäftsführer der Fraktionen, stellvertretende Fraktions- vorsitzende und die Ausschussvorsitzenden vorgesehenen zusätzlichen Ent- schädigungen für unzulässig erklärt hatte, hat der Präsident des Schleswig- Holsteinischen Landtages im Januar 2001 im Einvernehmen mit allen Fraktio- nen eine unabhängige Sachverständigenkommission mit dem Auftrag einge- setzt, unter Berücksichtigung dieses Urteils die Abgeordnetenentschädigung in Schleswig-Holstein umfassend zu überprüfen.

Zu Mitgliedern der Kommission wurden
• Professor Dr. Ernst Benda, Präsident des Bundesverfassungsgerichts a. D., Karlsruhe (Vorsitzender), • Dr. Gernot Korthals, Präsident des Landesrechnungshofs Schleswig- Holstein, Kiel (stellvertretender Vorsitzender), • Professor Dr. Christine Landfried, Professorin am Institut für Politikwissen- schaften der Universität Hamburg, Hamburg (Berichterstatterin), • Dr. Bernd Buchholz, Verlagsgeschäftsführer, stern/GEO-Gruppe, Gruner + Jahr AG & Co, Hamburg, • Professor Dr. Hans Heinrich Driftmann, Präsident der Unternehmensver- bände Nord, Elmshorn, und • Dr. Dietrich Rümker, Vorstandsvorsitzender der Landesbank Schleswig- Holstein Girozentrale, Kiel
berufen. Professor Dr. Paul Kirchhof, Institut für Finanz- und Steuerrecht der Universität Heidelberg, der zunächst ebenfalls in die Kommission berufen wor- den war, hat seinen Sitz in der Kommission wegen Terminschwierigkeiten nach der konstituierenden Sitzung der Kommission niedergelegt.

Nach ihrer Konstituierung am 6. Februar 2001 hat die Kommission insgesamt achtmal getagt. Sie hat in ihrer Sitzung am 4. April 2001 die Fraktionen des

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Schleswig-Holsteinischen Landtages angehört. Ferner hat die Kommission mit einem Fragebogen alle Abgeordneten des Schleswig-Holsteinischen Landta- ges um Angaben über ihre zeitliche Inanspruchnahme durch die Mandatsaus- übung gebeten. Diesem Wunsch haben 34 der 89 Abgeordneten entsprochen. Auf Bitten der Kommission hat die PROVINZIAL Leben Versicherungsanstalt Modellrechnungen für die Altersentschädigung der Landtagsabgeordneten auf der Grundlage einer Lebensversicherung erstellt. Basierend auf diesen Be- rechnungswerten hat darüber hinaus die Versicherungskontor GmbH Martens & Prahl aus Lübeck verschiedene Produkte von unterschiedlichen Versiche- rungsgesellschaften geprüft und der Kommission mehrere Vorschläge zu der angedachten Neuregelung der Altersversorgung im Schleswig-Holsteinischen Landtag unterbreitet.

Ihrem Auftrag entsprechend hat die Kommission die Gesamtstruktur der Be- züge überprüft. Insbesondere die Frage der ”Angemessenheit” der Entschädi- gung machte es nach Überzeugung der Kommission erforderlich, neben der steuerpflichtigen Grundentschädigung auch jene Leistungen in die Betrachtung einzubeziehen, die den Abgeordneten des Schleswig-Holsteinischen Landta- ges bisher steuerfrei gewährt werden (z. B. allgemeine Kostenpauschale, Mit- arbeiter- und Fahrkostenerstattung sowie Tage- und Übernachtungsgelder).

Die Kommission hat einen Schwerpunkt ihrer Tätigkeit auf die Erarbeitung von Vorschlägen zur zukünftigen Gewährung von Funktionszulagen und den rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen einer unterschiedlichen Bezahlung von Abgeordneten gelegt.

Letztlich hatte die Kommission sich im Rahmen ihres Auftrages auch mit den Leistungen zu befassen, die Abgeordnete nach der Mandatsausübung als Übergangsgeld und/oder in Form einer Altersentschädigung erhalten. Fer- ner hat die Kommission die Regelungen über die den Abgeordneten gewährten Zuschüsse zu den notwendigen Kosten in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen in ihre Überlegungen einbezogen.

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