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18.10.01
13:10 Uhr
Landtag

Fünf Jahre Europäische Minderheiten- und Sprachencharta

D E R L A N D T A G SCHLESWIG - HOLSTEIN 114/2001 Kiel, 18. Oktober 2001 Sperrfrist: 18. Oktober, Redebeginn (19:00 Uhr) Es gilt das gesprochene Wort!


Fünf Jahre Europäische Minderheiten- und Sprachencharta

Kiel (SHL) – Zur Begrüßung der Abordnung der Europäischen Kom- mission anlässlich der heutigen Vorstellung des Staatenberichts der Bundesrepublik im Kieler Schloss sagte Landtagspräsident Heinz- Werner Arens unter anderem:
„Ich freue mich, dass trotz der derzeit bestehenden Hektik, die zur Ple- nartagung regelmäßig eintritt, so viele Parlamentarier der Einladung fol- gen konnten. Ich sehe dies als Zeichen, dass nicht nur auf Seiten der Kommission der Wunsch zum Gespräch groß ist, sondern dass auch auf Seiten des Parlaments Auskunftswille und Gesprächsbedarf vorhanden ist.

Zudem sehe ich es als gutes Zeichen des Selbstverständnisses im Um- gang miteinander und des hohen Ranges, der den Minderheiten- und Sprachenfragen im Schleswig-Holsteinischen Parlament zugemessen wird.

Beleg dafür ist sicherlich auch die ständige Einrichtung des Friesen- Gremiums und des Beirats für niederdeutsche Fragen beim Landtags- präsidenten unter Beteiligung von Parlamentariern aller Fraktionen und Interessen- und Verbandsvertretern aus den gesellschaftlichen Gruppen. 2

Nach nunmehr 5 Jahren seit der Verabschiedung der Europäischen Min- derheiten- und Sprachencharta liegt der erste Staatenbericht der Bun- desrepublik zur Durchführung der Charta vor. Schleswig-Holstein hat sich seinerzeit parteiübergreifend und intensiv gemeinsam mit den Friesen, der dänischen Minderheit und den Nieder- deutschen mit der Charta und ihrem Inhalt auseinandergesetzt. Im Staatenbericht hat Schleswig-Holstein niedergelegt, inwieweit es den Verpflichtungen aus der Charta gerecht geworden ist.

Mit der Abgabe des Staatenberichts und den Fragen anlässlich Ihres Besuchs sehen wir uns nun erstmals einem neutralen Gremium gegen- über, welches die Qualität unserer Minderheitenarbeit auf der Grundlage der Charta feststellen soll. Darauf sind wir – egal, ob Politiker oder Inte- ressenvertreter – natürlich gespannt. Die Wahrhaftigkeit einer Demokratie zeigt sich im Umgang der Mehrheit mit ihren Minderheiten, heißt es. In diesem Sinne fühlen wird uns in Schleswig-Holstein – und ich sage dies im Namen aller sehr selbstbe- wusst – als wahrhafte Demokraten.

Der Umgang mit den Minderheiten ist in der Mehrheit nicht geprägt durch die Erkenntnis eines Muss des Zusammenlebens. Er ist vielmehr ge- prägt durch die Erkenntnis, dass es insbesondere die Minderheiten sind, die unserem Land kulturelle Vielfalt verleihen und ihm damit auch sein unverwechselbares Gepräge geben. Wir verstehen dies als einen kulturellen Reichtum unseres Landes. Der Wert der Minderheiten für unser Land ist unumstritten, ebenso der Bei- trag der Minderheiten für das Gemeinwohl. Ausdruck findet diese Zu- stimmung zu den Minderheiten beispielsweise auch darin, dass Maß- nahmen zum Erhalt und zur Förderung von Einrichtungen von und für die Minderheiten immer öfter aus der Mehrheitsbevölkerung initiiert bezie- hungsweise von dieser intensiv unterstützt werden. Die Charta hat vor diesem Hintergrund einen nicht unwesentliche Aspekt bei der Unterstützung der Minderheiten in unserem Land beitragen kön- nen. Sie schafft mit dem verbundenen Aufgabenkatalog eine Qualitätskon- trolle oder besser einen Maßstab des Zusammenlebens zwischen der Mehrheit und den Minderheiten. Sie schafft Bezugsgrößen, nach denen Integration geschaffen und Bestandsschutz gewährleistet werden kann. 3



Der Kriterienkatalog zeigt zugleich auf, in welchen Bereichen gegebe- nenfalls Nachbesserungsbedarf besteht. Aus meiner Sicht schafft er aber keine abschließenden Größen und das soll er auch nicht. Alle sind nach wie vor aufgefordert, den Erfordernissen der Minderheiten im Rahmen der Möglichkeiten gerecht zu werden und die Aufgaben aus der Charta zu erfüllen, und auch darüber hinaus zu gehen. Denn schon die Erfüllung der einzelnen Aufgaben lässt unter qualitativen Gesichtspunkten reichlich Interpretationsspielraum. Es ist sicherlich ein Fehler, zu meinen, mit der Erfüllung von mindestens 35 Punkten hätte man seinen Verpflichtungen Genüge getan und damit im Zuge der Chartaauflagen eine Art europäisches Gütesiegel für Min- derheitenarbeit verdient.

Die Gefahr, dass sich einzelne Aufgaben in Absichtserklärungen oder schwer überprüfbaren, aber öffentlichkeitswirksamen Angeboten verlie- ren, die sich nur schwerlich einer dezidierten Inhaltskontrolle unterziehen lassen, will ich hier nicht im einzelnen thematisieren. In Schleswig-Holstein können wir mit Fug und Recht feststellen, dass wir sowohl unter strenger Anlegung der Kriterien der Charta als auch dar- über hinaus im politischen und gesellschaftlichen Raum eine erfolgreiche Minderheitenarbeit nachweisen können, besser muss ich anlässlich Ihres Besuches sagen: nachweisen werden können. Der Erfolg basiert auf dem vertrauensvollen Selbstverständnis des Mit- einanders. Schleswig-Holstein freut sich, Ihnen die Minderheitenarbeit vor Ort vor- stellen zu können. Wir begegnen Ihrem Monitoring mit dem Selbstbe- wusstsein und gutem Gewissen einer langjährigen engen Zusammenar- beit mit unseren Minderheiten, aber ohne Eitelkeit. Daher sind wir natürlich auch gespannt auf Ihre Fragen, Ihre Eindrücke und nicht zuletzt auf die Ergebnisse. Gespräche stehen im Vordergrund des heutigen Abends, das heißt, es soll nicht nur einer reden. Sie treffen auf viele in der Materie äußerst profunde Fachleute.“
Herausgeber: Pressestelle des Schleswig-Holsteinischen Landtages, Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel, Postf. 7121, 24171 Kiel, Tel.: (0431) 988- Durchwahl -1163, -1121, -1120, -1117, -1116, Fax: (0431) 988-1119 V.i.S.d.P.: Dr. Joachim Köhler, Annette Wiese-Krukowska, E-Mail: Joachim.Koehler@lvn.parlanet.de Internet: www.sh-landtag.de – Presseinformationen per E-Mail abonnieren unter www.parlanet.de/presseticker