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17.10.01
15:12 Uhr
CDU

TOP 9 Jost de Jager: Landesregierung hat keine Vision für Hochschulentwicklung

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.cdu.ltsh.de e-mail:info@cdu.ltsh.de
PRESSEMITTEILUNG Nr. 417/01 vom 17. Oktober 2001 TOP 9 Jost de Jager: Landesregierung hat keine Vision für Hochschulentwicklung Als wir diese Große Anfrage zur Hochschulstruktur im Juni gestellt haben, ging darum, dass die Landesregierung ständig isolierte Strukturentscheidungen mit Auswirkungen auf einzelne Standorte beschließt, ohne dass irgend jemand genau wüsste, wohin die Reise gehen soll – inklusive der Landesregierung selbst.
Auffällig an der Beantwortung der Großen Anfrage ist daher auch die Kleinteiligkeit der Herangehensweise durch die Bildungsministerin. Da wird hier ein gemeinsamer Manager für zwei Hochschulen vorgeschlagen, dort eine zaghafte Kooperation. Aber eine erkennbare Vision für die Weiterentwicklung der schleswig-holsteinischen Hochschullandschaft fehlt in der Beantwortung dieser Großen Anfrage komplett.
Wir wissen eigentlich nur, was nicht geht. Nicht geht zum Beispiel der Vorschlag des Präsidenten der Unternehmensverbände Nord, Professor Dr. Driftmann, der eine Neuordnung der Hochschulen durch ein gemeinsames Dach vorgeschlagen hat. Ebenfalls nicht geht angeblich das Holding-Modell unseres Fraktionsvorsitzenden. Beredtes Schweigen herrscht in der Beantwortung dieser Großen Anfrage aber darüber, was nach Vorstellung der Landesregierung denn funktionieren kann. Gar nichts, denn weitreichende Vorstellungen sucht man vergebens.
Wohin die Planlosigkeit führt, kann man geradezu beispielhaft an dem Bäumchen- Wechsel-Dich-Spiel erkennen, das die Pläne hinsichtlich der Aufwertung der Muthesius-Fachhochschule ausgelöst hat.
Wir haben seinerzeit beklagt, dass erneut Stückwerk betrieben wird, dass erneut Teile der Hochschullandschaft Schleswig-Holsteins neu geordnet werden, ohne dass das Gesamtbild bekannt wäre.
Natürlich war zunächst die Resonanz in der Öffentlichkeit auf diese Pläne der Landesregierung positiv: Klar, denn wer will nicht eine eigene Kunsthochschule im Land haben.
Nur, nachdem wir die Bedingungen dieser Aufwertung kennen, sagen wir: Uns ist der Preis der Aufwertung zu hoch. Deren Grundlage ist ein Ringtausch an Studiengängen unter den Fachhochschulen Kiel, Lübeck und der Muthesius-Schule. So sollen die Bauingenieure komplett von Lübeck nach Eckernförde gehen, dafür soll der Architekturstudiengang der FH Kiel von Eckernförde an die Muthesius- Kunsthochschule verlagert werden. Im Gegenzug gibt die Muthesius-Schule den Studiengang Technisches Design an die FH Kiel, die wiederum ihrerseits 7 Professoren in der Betriebswirtschaft an die Fachhochschule Lübeck abgeben soll, die damit erstmals BWL auch in Lübeck anbieten kann.
Mit Profilierung der Hochschulstandorte hat das, meine Damen und Herren, nichts mehr zu tun. Aber es passt in das Bild Ihrer Hochschulpolitik: Sie rühren den Topf ständig um und trotzdem schmeckt die Suppe am Ende nicht besser als vorher.
Sie setzen damit Ihre seit Jahren betriebene Politik fort, dass die einen Hochschulen als Steinbruch für die anderen Hochschulen herhalten müssen.
Das auch noch mit Schwund: Auf dem Weg von dem einen Steinbruch zum nächsten gehen nämlich einige gehörige Brocken verloren, es gibt Transportverluste. Denn im Zuge dieses eben beschriebenen Ringtausches bauen Sie de facto Studienplätze in Schleswig-Holstein ab.
Die Zahl der Bauingenieurstudienplätze wird sich nach ihren eigenen Angaben von 649 auf dann 360 verringern, das ist ein Minus von 290 Studienplätzen und beinahe eine Halbierung. Die Zahl der Architekturstudienplätze in Schleswig-Holstein soll sich laut Großer Anfrage von 1021 auf 760 verringern, ein Minus von etwa einem Viertel. Das ist Studienplatzvernichtung. Das ist zudem Studienplatzvernichtung bei den Fachhochschulen, wo sie ursprünglich laut Koalitionsvertrag die Zahl der Studienplätze eigentlich ausweiten wollten.
Weil offensichtlich diese Landesregierung weder über die Kraft noch über die hochschulpolitische Phantasie verfügt, zukunftsgerichtete Vorschläge für die Weiterentwicklung der Hochschulen in Schleswig-Holstein vorzulegen, erneuern wir unsere Forderung nach einem Landeswissenschaftsrat.
Dieser Landeswissenschaftsrat soll das leisten was diese Landesregierung nicht vermag, nämlich die Hochschulentwicklung an den einzelnen Standorten landesweit zu denken und nicht vom einzelnen Standort aus. Er soll nach unseren Vorstellungen die Aufgaben haben, Empfehlungen für die Profilbildung an einzelnen Hochschulen abzugeben. Er soll eine Evaluation der Hochschulentwicklung vornehmen und er soll Vorschläge zur Kooperation von Hochschulen erarbeiten unter der Prämisse nicht nur räumlicher Nähe sondern vor allem inhaltlicher Anknüpfungspunkte.
Natürlich sind uns die Gegenargumente geläufig. Zu viel Bürokratie heißt es, zu teuer, ein Sich-Verstecken hinter Gutachten. Nur, meine Damen und Herren, wie ist denn die Wirklichkeit? Für jeden einzelnen Schritt, den diese Landesregierung hochschulpolitisch machen will, gibt sie teure Gutachten in Auftrag, die auch noch von den Hochschulen selbst bezahlt werden müssen. Und wenn Sie ohnehin schon für jede Einzelentscheidung Gutachter bemühen und viel Geld dafür ausgeben, dann können wir dieses Gutachtergremium auch fest institutionalisieren und zu einer Kompetenzadresse in Schleswig-Holstein für Hochschulentwicklung in diesem Lande weiterentwickeln. Wir werden künftig immer stärker einen Wettbewerb um die besten Köpfe in der Wissenschaft bekommen , um die besten Lehrerenden und die besten Lernenden.
Wir werden diesen Wettbewerb in der Wissenschaft als Standort Schleswig-Holstein nur dann bestehen können, wenn es uns gelingt, Zentren wissenschaftlicher Exzellenz zu bilden. Dazu bedarf es eines Einsatzes, der über die bisherigen Anstrengungen diese Landes weit hinausgeht. Dazu braucht es einerseits einer Konzentration von Mittelzuweisung und Planstellen sowie Komplementärmitteln für Drittmittel in größerem Umfang andererseits. Um das zu erreichen, brauchen wir ein weiteres neues Instrument, nämlich eine Mittelvergabe nach Leistungs- und Wettbewerbsgesichtspunkten.
Die CDU-Fraktion hat bereits im vergangenen Jahr vorgeschlagen, einen Teil der Zuschüsse für einen sogenannten „High-Potential-Pool“ zu reservieren. Dieses Geld würde dann nach Leistungs- und Wettbewerbsgesichtspunkten für Maßnahmen und Projekte einer besonderen Profilbildung ausgegeben werden.
Hier schließt sich im übrigen der Kreis: Das Gremium, das Empfehlungen über die Vergabe dieser Mittel abgibt, wäre dann der Landeswissenschaftsrat.
Dieser High-Potential-Pool wäre ein Instrument, um die Dosierung der Landeszuschüsse für besonders leistungsfähige Institute und wissenschaftliche Einrichtungen über die derzeitige Förderung hinaus zu erhöhen.
Wir freuen uns, dass auch die Landesregierung sich peu à peu dieser Erkenntnis nähert wie wir der Antwort auf unsere Große Anfrage entnehmen.
Ohne ein solches Instrument werden wir einer Nivellierung und einem Mittelmaß anheim fallen, dass uns teuer zu stehen kommen wird.
Denn derzeit nimmt sich die Diskussion um die Hochschulfinanzierung hier im Lande ausgesprochen triste aus. Sie dreht sich immer noch um die Frage, ob das Land die vollen Kosten der Tarifsteigerungen im Bereich der Hochschulen übernehmen soll, - was sich eigentlich von selbst versteht, oder nur die Hälfte. Wir reden über einen Betrag von 3,5 Mio. DM und beklagenswerterweise reduziert sich die Diskussion über die Finanzierung der Hochschulen insgesamt darauf, ob das Land diese 3,5 Mio. DM übernimmt oder nicht. Dabei wissen wir ganz genau, dass die eigentliche Unterfinanzierung weit darüber hinausgeht.
Die Reduzierung der Diskussion für die Frage der vollen oder halben Übernahme der Tariferhöhungen ist besonders beklagenswert vor dem Hintergrund der Tatsache, dass andere Bundesländer mit ganz anderen Größenordnungen denken und operieren. Und wenn man bedenkt, dass der bayerische Wissenschaftsminister Zehetmeier mittlerweile öffentlich vor Rektoren darüber spekuliert, welche Wissenschaftler aus Schleswig-Holstein er herauskaufen möchte, weil sie gut sind und er ihnen in Bayern bessere Arbeitsbedingungen schaffen kann, dann erkennen wir, vor welchen Herausforderungen wir stehen. Wir erkennen hingegen leider nicht, was die Landesregierung dagegen unternehmen will. Wir müssen vielmehr nach Lektüre dieser Großen Anfrage feststellen, dass hochschulpolitisch diese Ministerin nur in den kleinen Dingen groß ist.