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28.09.01
12:36 Uhr
CDU

TOP 30 Jost de Jager: Lehrer brauchen neue Bildung

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.cdu.ltsh.de e-mail:info@cdu.ltsh.de
PRESSEMITTEILUNG Nr. 398/01 vom 28. September 2001 TOP 30 Jost de Jager: Lehrer brauchen neue Bildung „Neue Lehrer braucht das Land“ titelten die „Kieler Nachrichten“ am 25. April diesen Jahres und meinte damit, dass wir nicht nur viele zusätzliche, sondern anders ausgebildete Lehrer brauchen. In der Tat, durch die aktuelle Diskussion um den Lehrermangel ist eine andere Diskussion in den Hintergrund getreten, die gleichwohl für die Qualität unseres Schulwesens von enormer Bedeutung ist: Die Lehrerbildung selber. Kernfrage dieser Diskussion: Was müssen Lehrer künftig lernen und was müssen sie können, um die Kinder in Zukunft zu unterrichten?

Grundlage für diese bundesweit angestrebte Reform der Lehrerbildung ist der Abschlussbericht einer von der Kultusministerkonferenz eingesetzten Kommission zu den Perspektiven der Lehrerbildung in Deutschland, die sogenannte Terhart-Studie. Wir kennen auch die Empfehlungen einer schleswig-holsteinischen Fachkommission.
Nur die Auffassung der SPD und der Ministerin kennen wir bisher nicht. Das brauchen wir formal auch nicht, weil Lehrerbildung Regierungshandeln ist. Wir sind als Parlament aber gut beraten, für diese wichtige Weichenstellung unsere Positionen einzubringen.

Bei jeder Reform sind auch Sicht der CDU-Fraktion folgende drei Grundsätze beizubehalten:

1. Der Schulartenbezug der Lehrerausbildung und auch der –fortbildung muss beibehalten werden, 2. das Referendariat soll in seiner vollen Länge von zwei Jahren erhalten bleiben und 3. fachwissenschaftliche Kenntnisse müssen weiterhin die tragende Voraussetzung für eine Lehrertätigkeit bleiben.
Was eine Reform der Lehrerbildung und der –fortbildung erreichen muss, lässt sich ebenfalls in drei Überschriften zusammenfassen. Notwendig ist • mehr fachdidaktischer Praxisbezug für alle Schularten bereits im Studium, • eine sehr viel bessere inhaltliche und organisatorische Verzahnung von erster und zweiter Phase der Ausbildung, weniger technokratisch Studium und Referendariat genannt und • eine größere Vielfalt in der Fortbildung.

Lassen Sie mich mit dem ersten Punkt beginnen, der Praxisorientierung bereits im Studium. 1. Ziel muss es sein, den Praxisschock zu vermeiden, den viele angehende Lehrer – wie wir wissen – oftmals nach dem Ende des Studiums erfahren, wenn sie in das Referendariat gehen. Dieser Praxisschock setzt zu einem Zeitpunkt ein, wo die angehenden Lehrer aufgrund ihres Lebensalters kaum noch eine Möglichkeit haben, beruflich aus dieser Erfahrung Konsequenzen zu ziehen.
Deshalb will die CDU-Fraktion bereits in den ersten Semestern eines Lehramtsstudiums eine mehrwöchige zusammenhängende Orientierungsphase einführen, in der Lehramtsstudierende früher und intensiver als bisher die Möglichkeit erhalten, den Alltag des Schullebens zu erfahren und sich frühzeitig ein Bild darüber zu machen, welcher Gestalt genau die Anforderungen an die Lehrertätigkeit sind.
Pädagoge zu sein, meine Damen und Herren, ist eine besondere Begabung und wir wollen, dass diese Begabung bereits zu Beginn eines Studiums getestet wird. Diese Orientierungsphase soll nach unseren Vorstellungen die bislang vorgesehenen Praktika und Pädagogikteile des Studiums bündeln und zusammenführen und so zu einer wirklichen Orientierung beitragen.
Wir wollen ferner die „gewisse Beliebigkeit“ – diesen Begriff habe ich den Empfehlungen der Fachkommission an die Bildungsministerin entnommen – hinsichtlich der Inhalte des Pädagogikanteils des Studiums durch eine verstärkte Hinwendung zur Fachdidaktik und zur pädagogischen Vorbereitung von Unterrichtssituationen ersetzen. Das ist keine Eingrenzung der Wissenschaftlichkeit des Studiums, sondern ein Mehr an Wirklichkeitsnähe des Pädagogikums. Auf diese Weise können wir auch eine bessere inhaltliche Verzahnung von Studium und Referendariat erreichen.
Diese Verzahnung wollen wir auch dadurch gewährleisten, dass künftig die Pädagogiklehrstühle an den Hochschulen in Schleswig-Holstein ausschließlich mit Lehrkräften besetzt werden, die nicht nur die Unterrichtsbefähigung, sondern auch Unterrichtserfahrung haben. Für uns gilt: Für das Pädagogikstudium wollen wir nicht nur Profis, sondern vor allem auch pädagogische Praktiker als Professoren. Dafür reicht es uns nicht, dass die Professoren einmal Lehramt studiert haben, sondern sie sollen das Lehramt auch ausgeübt haben, bevor sie Professoren für Lehramtskandidaten im Bereich der Pädagogik werden. 2. Die organisatorische Verzahnung von Studium und Referendariat oder: Uni und IPTS organisatorisch verbinden. Zu Recht beschreiben die Terhart-Studie sowie andere Publikationen zur Weiterentwicklung der Lehrerbildung, dass es organisatorisch eine „Missing-Link“ zwischen Studium und Referendariat gibt. Zwischen diesen beiden getrennten Welten Hochschule und Lehrerseminar gibt es zu wenig Kommunikation, zu wenig gemeinsame Inhalte und zu wenig personellen Austausch. Ziel muss es sein, diese fehlende Verbindung herzustellen. Deshalb wollen wir eine neue Trägerschaft für das IPTS.
Wir wollen ein Lehrerseminar erhalten, wir wollen aber, dass es künftig als eine gemeinsame Einrichtung von den Universitäten und Hochschulen getragen wird, die jetzt schon Lehrerausbildung machen. Ziel ist dabei nicht die Akademisierung des Referendariats oder die Entakademisierung des Studiums. Es soll nach unseren Vorstellungen z. B. weiterhin die Regionalseminare geben und weiterhin soll die Betreuung des Referendariats durch Studienleiter erfolgen, die aus der Lehrerschaft rekrutiert werden. Wir wollen nur, dass diese Studienleiter ihre praktische Erfahrung auch in die pädagogischen Anteile des Studiums einbringen, z. B. in die Betreuung der Orientierungsphase in den ersten Semestern, von der ich einleitend gesprochen habe.
3. Vielfalt in der Fortbildung: Weiterbildungsgutschein für Lehrer. Schließlich schlägt die CDU-Fraktion sehr weitgehende Änderungen vor in dem Bereich der dritten Phase der Lehrerausbildung der Fort- und Weiterbildung. Dies ist im übrigen der Bereich, in dem es seitens der Lehrer auch die häufigsten Klagen an dem derzeitigen Zustand gibt. Dies ist ausdrücklich keine Kritik an den am IPTS Tätigen. Sondern dieser Zustand wurde hervorgerufen durch Rahmenbedingungen, die geprägt sind durch ein ständiges Kürzen der Mittel für die Fort- und Weiterbildung und damit einer Einschränkung des Angebots.
Im Zuge der anstehenden Veränderungen ist aber die Überlegung angebracht, ob es weiterhin ein Monopol des IPTS in der Fort- und Weiterbildung geben muss. Wir sagen nein. Wir wollen eine neue Vielfalt in der Fortbildung für Lehrer, wir wollen diese Vielfalt dadurch erreichen, dass es einen Markt für die Lehrerfort- und -weiterbildung gibt, für den verschiedene Träger Angebote machen. Anbieter können nach unseren Vorstellungen die Weiterbildungseinrichtungen von Hochschulen und Universitäten sein, z. B. der Weiterbildungspark der CAU in Kiel. Bildungsstätten kommen in Frage, das IPTS selbst natürlich auch, aber auch neue Anbieter, die bisher nicht zum Zuge gekommen sind. Wir denken da z. B. an Verbände. Ein Verband, der mir sofort einfällt, ist der Beratungslehrerverband, der vor einigen Jahren aus der Förderung durch das Land herausgefallen ist. Seitdem bildet der Verband zwar weiter Beratungslehrer aus, allerdings ohne Unterstützung seitens des Landes. Die Beratungslehrer sind also Kandidaten für diese neue Vielfalt.
Erreichen wollen wir dies dadurch, indem jeder Lehrer künftig einen Weiterbildungsgutsschein erhält. Wenn man die jetzigen Haushaltsdaten in einem zugegebenermaßen relativ einfachen Rechengang einmal runterrechnet auf die Zahl der in Frage kommenden Lehrkräfte, ergibt sich draus, dass dieser Gutschein 1.000 DM innerhalb von fünf Jahren umfassen könnte. Mit diesem Gutschein können Lehrkräfte sich zertifizierte Weiter- und Fortbildungsangebote ihrer Wahl aussuchen und besuchen. Das ist nicht viel, aber es reicht nach unseren Recherchen aus, um einige Tage Fortbildung zu ermöglichen.
Wichtig ist uns dabei, dass jeder Lehrer einen individuelles Weiterbildungsbudget erhält. Andere Vorstellungen, etwa auch der Grünen oder verschiedener Fachkommissionen, wollen diese Budgets nicht den einzelnen Lehrern zuordnen, sondern den Schulen, die dann darüber entscheiden sollen, welcher Lehrer welche Fortbildung macht. Das wollen wir nicht.
Wir glauben nicht an die Kraft des Kollektivs, denn am Ende ist es so, dass jeder Lehrer allein vor seiner Klasse steht und insofern sollte er auch alleine entscheiden, in welchem Bereich er den größten Bedarf an Fort- und Weiterbildung hat. Durch diese Gutscheine statten wir Lehrer erstmals mit einem Anspruch auf Fort- und Weiterbildung aus.
Die Kehrseite der Medaille ist allerdings, dass dieser Anspruch auf Weiterbildung mit der Verpflichtung zur Weiterbildung einhergeht. Dieser Gutschein kann nicht nur eingelöst werden, er muss eingelöst werden. Was für die allermeisten Lehrerinnen und Lehrer in Schleswig-Holstein, die ja fortbildungswillig sind, aber oft in diesem System ihre Grenzen gefunden haben, eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist. Lebenslanges Lernen gilt in besonderer Weise für die Lehrenden.
Wir glauben, dass wir mit unserem neuen System der Lehrerfort- und – weiterbildung diesem Anspruch des Life-Long-Learning auch für den Lehrerberuf gerecht werden. Es ist ein weitreichender Schritt, es ist ein mutiger Schritt und es gibt Einwände. Ich gehe sicher davon aus, dass wir eine Reihe dieser Einwände im Verlauf dieser Debatte hören werden. Es gibt aber aus unserer Sicht bislang keine bessere Alternative. Wer sie hat, kann sie ja heute darlegen.