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27.09.01
17:36 Uhr
SPD

Wilhelm Malerius zu TOP 21: Zweites Seeschifffahrtsanpassungsgesetz (SUG)

Sozialdemokratischer Informationsbrief

Kiel, 27.09.01 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! aktuell Sperrfrist: Redebeginn



Wilhelm Malerius zu TOP 21:

Zweites Seeschifffahrtsanpassungsgesetz (SUG)


Die Erhöhung der Schiffssicherheit ist ein ständiger Prozess – national, bilateral und international. Auf jeder Ebene gibt es Handlungsbedarf. Es ist unser aller Anliegen, die Vorsorge für die Sicherheit und den Umweltschutz auf See sowie den Schutz der deutschen Küsten zu verbessern. Es steht außer Frage, dass sich Deutschland hier keine Defizite leisten darf. Die Seeunfalluntersuchung ist ein entscheidendes Element, nicht nur der Analyse, sondern auch der Gefahrenvorsorge, weil aus den Ergebnissen für die Zukunft gelernt werden soll.

Vor diesem Hintergrund ist es unverständlich, dass die Bundesregierung den Gesetz- entwurf zur Anpassung bestimmter Bedingungen in der Seeschifffahrt an den interna- tionalen Standard (Zweites Seeschifffahrtsanpassungsgesetz) ohne kritische Ausei- nandersetzung mit den betroffenen Küstenländern oder den um die Sicherheit an der Küste besorgen Schifffahrts- und Umweltverbänden durchsetzen will.

Kern des vorgelegten Gesetzentwurfs ist die erstmalige Trennung der Ursachenfest- stellung eines Unfalls von der Untersuchung individueller Fehler und dem Patentent- zug. Die von der Bundesregierung vorgetragene Begründung über die Notwendigkeit der grundsätzlichen Abkehr vom bestehenden System der Seeunfalluntersuchung ist objektiv falsch und weder aus dem IMO-Code (Internationale Seeschiffahrts- Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



Organisation) noch der entsprechenden EU-Richtlinie zu ersehen. Der IMO Code von 1997 bzw. die Richtlinie 1999/35 EG des Rates vom 29. April 1999 verlangen keine Trennung von Ursachenermittlung und der Feststellung eines Fehlverhaltens. Im Ge- genteil, in Abschnitt 4 der IMO-Empfehlung ist auch das Feststellen von Fehlverhalten technischer und menschlicher Sachverhalte ausdrücklich enthalten.

Die Feststellung fehlerhaften Verhaltens ist bei einer konsequenten Unfallanalyse in ca. 80 % aller Seeunfälle unvermeidbar, eben weil 90 % der Unfälle auf menschliches Versagen zurückzuführen sind. Der Seeunfall „Lucky Fortune“ war dafür ein typisches Beispiel. Der anfängliche Verdacht eines technischen Mangels am Regler stellte sich in der Seeamtsverhandlung als fehlerhafte Bedienung der Reglertechnik durch das Personal heraus.

Mit dem Regierungsentwurf erfolgen zukünftig drei unterschiedliche Verfahren. Die Bundesstelle ist ausschließlich in der Ursachenermittlung tätig, die Wasserschutzpoli- zei in Bezug auf Strafverfolgung und Ursachenermittlung und die Seeämter hinsichtlich der Prüfung der Patententziehung und Ursachenermittlung. In der Praxis wird es zwangsläufig zu Kollisionen kommen. Die Wasserschutzpolizei muss zur Sicherung des Strafverfahrens ggf. Maßnahmen der Bundesstelle unterbinden. Dieses kann zur Verzögerung des Aufhebens eines Auslaufverbotes mit möglichen Schadenersatzan- sprüchen an das Land oder den Bund kommen.

Im Gegensatz zum Regierungsentwurf gewährleistet das bestehende System die ein- heitliche Ermittlung bzw. Untersuchung durch die Wasserschutzpolizei, Seeämter und Staatsanwaltschaften, die nach rechtstaatlichen Grundsätzen handeln, aber unter- schiedlichen Ressorts angehören.

Die Öffentlichkeit soll in Zukunft von dem Verfahren ausgeschlossen werden. Die Öf- fentlichkeit will nicht nur die Ergebnisse zur Kenntnis nehmen, sondern sie hat auch ein Interesse daran zu verfolgen, wie diese Ergebnisse zustande kommen. Das ist be- sonders bei der Seeamtsverhandlung im Fall „Pallas“ in Cuxhaven deutlich geworden. -3-



Das Widerspruchsverfahren soll nach dem neuen Gesetzentwurf abgeschafft werden. Dadurch wird den Betroffenen jede Möglichkeit genommen, sich gegen zweifelhafte Unfallanalysen zur Wehr zu setzen.

Die Eilbedürftigkeit dieses Gesetzentwurfs wird mit dem Hinweis auf die EG-Richtlinie 1999/35 EG über ein System verbindlicher Überprüfungen im Hinblick auf den siche- ren Betrieb von Ro-Ro-Fahrgastschiffen und Fahrtgast- Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen im Linienverkehr von der Bundesregierung begrün- det. Diese Richtlinie verlangt von den EG-Staaten nicht die komplette Veränderung ih- rer nationalen Seeunfalluntersuchungsgesetze. Im Rahmen der jeweiligen Rechtsord- nung sollen die Mitgliedstaaten einen Rechtsstatus schaffen, der anderen Staaten, die ein begründetes Interesse an der Aufklärung des Seeunfalls haben, eine Beteiligung am Verfahren ermöglicht. Ob überhaupt ein förmliches Gesetz erforderlich ist, einen solchen Rechtsstatus zu schaffen, muss bezweifelt werden.

Das bestehende Seeunfalluntersuchungsgesetz entspricht grundsätzlich den IMO- Empfehlungen, bedarf aber einer Modifikation. Die IMO greift nicht in national- und rechtsstaatliche Verfahrensgrundsätze bzw. Organisationsstrukturen ein, dies würde im Grundsatz jeder Nationalstaat strikt ablehnen.

Alle Küstenländer und Hafenstädte sind gegen diesen vorgelegten Gesetzentwurf. Dieses Hohe Haus sollte sich solidarisieren. Wir beantragen Abstimmung in der Sa- che.