Wilhelm Malerius zu TOP 38: Sicherheit des Schiffverkehrs
Sozialdemokratischer Informationsbrief Kiel, 26.09.01 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuellWilhelm Malerius zu TOP 38:Sicherheit des Schiffsverkehrs in der westlichen OstseeDie Seeschifffahrt basiert auf dem Grundsatz der Freiheit der Meere. Dadurch konnte sich ein Weltmarkt für Transportdienstleistungen entwickeln, auf dem ein freier Wett- bewerb herrscht und der nur durch wenige Rechtsvorschriften geregelt ist. Diese Frei- heit hat die Entwicklung des Welthandels und der europäischen Wirtschaft gefördert. Dennoch darf die Freiheit der Meere nicht als Vorwand dafür dienen, dass Staaten, vor deren Küste Schiffe mit besonders umweltschädlichen Gütern kreuzen, das Recht verweigert wird, diese Schiffe zu identifizieren und intensiver zu überwachen und auch an Bord einzugreifen, wenn ihren Küsten ernsthaft Gefahr droht.Der vorliegende umfassende, sehr gute Bericht der Landesregierung, für den ich mich im Namen der SPD-Fraktion ausdrücklich bedanke, enthält zum einen eine Be- standsaufnahme, zum anderen beschreibt er die Maßnahmen und Aktivitäten in der Zusammenarbeit zwischen Küstenländern und Bund zur Verbesserung der Schiffssi- cherheit und des Seeverkehrs, die bis jetzt geleistet worden sind. Die zur Verfügung stehenden Daten belegen, dass im deutschen Küstenvorfeld als einem der meist be- fahrenen Gebiete grundsätzlich ein hohes Maß an Sicherheit besteht. Diese Aus- gangsposition gilt es zu sichern und weiter zu optimieren.Bei der Unfallrisikobetrachtung in der westlichen Ostsee steht die Kadetrinne eindeutig im Mittelpunkt der Diskussion. Im Seegebiet der Mecklenburger Bucht ist die internati- Schleswig- HolsteinHerausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-onale Schifffahrt auf die Durchfahrt in der Kadetrinne angewiesen. Tiefgehenden Schif- fen wird empfohlen, sich genau an den Tiefwasserweg, die 17 m-Linie, sowie im an- schließenden Verkehrstrennungsgebiet „South of Gedser“ dicht an der Trennzone zu halten und solange auf SW-Kurs zu bleiben, bis das Gedser Rev in sicherem Abstand passiert ist. Sowohl der Tiefwasserweg als auch das Verkehrstrennungsgebiet sind von der IMO (Internationale Seeschifffahrts-Organisation) angenommen. Der Tiefwas- serweg, die Trennzone und die Einbahnwege des Verkehrstrennungsgebietes sind durch Leuchttonnen bezeichnet.Trotzdem gab es in den Jahren 1991 bis 2000 mindestens 16 Grundberührungen. Ur- sächlich für das Fortkommen war eine fehlerhafte Navigation und die Nichteinhaltung der in den amtlichen Seekarten ausgewiesenen Tiefwasserrinnen. Vor allem die Grundberührungen der Tankschiffe und großen Massengutfrachter mit Tiefgängen ü- ber 11 m machen deutlich, dass sich die Schiffsführungen nicht an den Verlauf der tie- fen Rinne gehalten haben.Auf Grund dieser Vorfälle hat die dänische Schifffahrtsverwaltung die Fahrwasserton- nen in der Kadetrinne aus ihrer ursprünglichen Position herausgenommen, neu be- zeichnet sowie zusätzliche Tonnen verlegt. Ob dieses aber ausreicht, ist fraglich. Eine Leuchtradartonne im kritischen Bereich des „Gedser Rev“ reicht nicht aus. Hier ist die dänische sowie die deutsche Regierung gefordert, ein sicheres Navigationskonzept vorzulegen und durchzuführen. Die Torbefeuerung und die Einfädelung durch Verlän- gerung des Tiefwasserweges in der Kadetrinne sind ein erster Schritt in die richtige Richtung. Dieses zu erarbeitende Konzept sollte schnellstens dem Unterausschuss der IMO „Sicherung der Seefahrt“ zur Anerkennung vorgelegt werden.Für die Kadetrinne besteht keine Lotsenannahmepflicht. Die IMO empfiehlt lediglich, für Schiffe mit mehr als 13 m Tiefgang einen Lotsen an Bord zu nehmen. Eine Lotsen- annahmepflicht setzt eine von der IMO beschlossene Meldepflicht voraus. Eine allge- meine Meldepflicht für Seeschiffe besteht nicht. Fremde Schiffe im Transit zu den Hä- fen der mittleren und östlichen Ostsee werden in der Regel überhaupt nicht registriert, -3-da es sich um internationale Schifffahrt im Rahmen der Meeresfreiheit handelt. Zur Umsetzung einer Lotsenannahmepflicht auf hoher See müssen die Regierungen der Ostseestaaten mit einer Stimme sprechen, bei der IMO eine Lotsenannahmepflicht beantragen und diesen Antrag in den Gremien durchsetzen.Die Verkehrsministerkonferenz der Ostseestaaten am 10. September in Kopenhagen hat dieses Meinungsbild nicht herbeigeführt. Zum Beispiel Dänemark stimmt einer Lot- senannahmepflicht nicht zu. Hier ist die Landesregierung und speziell die Bundesre- gierung aufgefordert, viel stärker tätig zu werden.Die Bundesregierung und die dänische Regierung haben vereinbart, die Schiffsbeo- bachtung in der Kadetrinne rund um die Uhr durchzuführen und die von den Schiffen gewählten Wege aufzuzeichnen.Mit der Ausrüstungspflicht der Schiffe mit AIS Transpondern (ab dem 01.07.2002) soll ein Konzept für ein Überwachungssystem in der Ostsee einschließlich der Kadetrinne erarbeitet werden. Die Überwachung erfordert eine Meldepflicht von Schiffen mit Ge- fahrgütern aller Art. Durch den vollautomatischen Austausch der Identifizierungs- und Navigationsdaten der Schiffe erhöht sich die Sicherheit und Leichtigkeit des Seever- kehrs. Die Bundesregierung hat dem Aufbau einer küstenweiten Infrastruktur für das AIS-System zugestimmt.Bund und Länder wollen das Notfallmanagement in den deutschen Küstengewässern verbessern. Dafür soll ein seit langem von den Küstenländern gefordertes Havarie- kommando im Jahr 2002 eingerichtet und erstmals Schlepper in der Ostsee stationiert werden. Die Schahörn wird zu einem Mehrzweckschiff umgebaut, ein schneller Schlepper soll in Warnemünde stationiert, zwei seegängige Hafenschlepper in Kiel und Usedom langfristig gechartert werden. Auch für das Notfallmanagement an der West- küste ist ein Hafenkapitän mit einer AG-Patent notwendig. -4-Die Landesregierung hat den Begriff der „besonderen Lage“ präzisiert, die Gefahren- abwehrpläne und die Melde- und Alarmierungspläne überarbeitet und erprobt.Auch die Ostseeparlamentarierkonferenz im Rahmen der 10. parlamentarischen Jah- reskonferenz am 3. und 4. September 2001 in Greifswald setzt sich mit allem Nach- druck dafür ein, dass die Vorbeugung und Bekämpfung von Schiffsunfällen, die Schiffssicherheit, die Sicherheit der Seeschifffahrt sowie die internationale Zusam- menarbeit in diesem Bereich - insbesondere auf der Ostsee - weiter verbessert wer- den.Dass den Schiffsführern in den Ostseehäfen auch im Rahmen der Hafenstaatenkon- trollen ein Merkblatt über die navigatorischen Eigenheiten besonders gefährlicher Ver- kehrsflächen und - soweit erforderlich - aktuelles Kartenmaterial zugänglich gemacht wird.Wir sind auf einem guten Weg, dürfen aber vor allen Dingen gegenüber der Bundesre- gierung nicht nachlassen. Wir stimmen der Überweisung in den Umwelt- und Wirt- schaftsausschuss zu.