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27.09.01
11:42 Uhr
CDU

TOP 38 Thorsten Geißler: Maritime Notfallvorsorge braucht ein neues Konzept

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.cdu.ltsh.de e-mail:info@cdu.ltsh.de
PRESSEMITTEILUNG Nr. 386/01 vom 26. September 2001
TOP 38 Thorsten Geißler: Maritime Notfallvorsorge braucht ein neues Konzept
Bereits die Debatte vom 22. Februar dieses Jahres über den Antrag, der zu der Vorlage des heute zu behandelnden Berichtes der Landesregierung führte, machte deutlich, dass alle Fraktionen dieses Landtages, wenn auch mit unterschiedlichen Akzentuierungen, eine Verbesserung der Sicherheitsmaßnahmen gegen Schiffsunfälle in der westlichen Ostsee für erforderlich halten. Ebenso erforderlich ist es, überzeugende Konzepte vorzulegen für ein Unfall- bzw. Krisenmanagement, die die Folgen solcher Unfälle mildern bzw. ihre schnelle Beseitigung gewährleisten.
Der Bericht der Landesregierung enthält eine Bestandsaufnahme und er enthält Prognosen der verkehrlichen Situation in der westlichen Ostsee. Gleichzeitig macht er deutlich, dass noch an zahlreichen Stellen Handlungsbedarf besteht, dass es weiterhin Sicherheitsdefizite gibt. Ebenso wird herausgestellt, dass sich das Gefährdungspotential erheblich erhöhen wird, wenn diese Defizite nicht bereits in Kürze beseitigt werden. Denn vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen Zusammenwachsens der Ostseeregion mit den Staaten Zentraleuropas ist nicht nur mit einem allgemeinen Wachstum der Ostseeverkehre, sondern auch mit einer weiteren Steigerung des Güterumschlagvolumens in den Häfen Schleswig-Holsteins zu rechnen. Während im Jahre 2000 227.000 Schiffsbewegungen in der Ostsee zu verzeichnen waren, werden für das Jahr 2010 bereits annähernd 260.000 prognostiziert. Zudem ist ein Wachstum der durchschnittlichen Schiffsgröße, vor allem im Bereich der Containerschifffahrt, zu erwarten. Statistisch gesehen entfallen auf 100.000 Schiffsbewegungen drei bis vier Unfälle; daneben gibt es eine ganze Reihe sogenannter Beinahe-Unfälle. Jährlich werden im Durchschnitt für die deutschen Küsten 44 Zwischenfälle ermittelt. Da in zunehmendem Maß Öl- bzw. Öl- Produkte und andere Gefahrenstoffe transportiert werden, besteht ein erhebliches Risikopotential. Die Auswirkungen einer Havarie eines Großtankers vor der deutschen Küste könnten verheerend sein.
Bei der Risikobetrachtung steht die Kadettrinne wegen der Häufigkeit der Zwischenfälle derzeit eindeutig im Mittelpunkt der Diskussion. Hier hat es bereits zahlreiche Zwischenfälle gegeben. Sie ist wegen ihrer geringen Tiefe, aber auch durch die Tatsache, dass sie auf halber Länge eine Kurve von ca. 80 Grad beschreibt, besonders risikoträchtig. Da die internationale Schifffahrt auf die Durchfahrten in der Kadettrinne angewiesen ist, gibt es hier zahlreiche Schiffsbewegungen – jährlich etwa 60.000. Von den täglich durchschnittlich 150 Schiffen, die die Kadettrinne passieren, sind vier bis fünf Großtanker und fünf Massengutschiffe. Die Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit in der Kadettrinne sind dürftig. Zwar hat die dänische Schifffahrtsverwaltung im Jahre 2000 die Fahrwassertonnen neu verlegt und bezeichnet, aber es gibt immer noch keine Lotsenannahmepflicht. Es gibt ausweislich des Berichtes noch nicht einmal Untersuchungen über Kosten, mögliche Finanzierung und den Baggergutverbleib bei einer Ausbaggerung der Kadettrinne. Mit dem Aufbau eines AIS-Überwachungssystems an Land wird frühestens im Jahre 2002 begonnen; dis zum Jahre 2008 soll es jedenfalls nach den bisherigen Vorstellungen der Bundesregierung nicht komplett sein.
Auf widersprüchliche Angaben der Bundesregierung über die Schleppkapazität in der Nord- und Ostsee hat vor wenigen Tagen die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste aufmerksam gemacht und die Veröffentlichung von Eckpunkten eines Sicherheitskonzeptes für die Nord- und Ostsee gefordert. Auch der Bericht der Landesregierung räumt ein, dass die Einsatzmittel, also die Notschleppkapazitäten, die Feuerlöschschiffe, die Staukapazitäten ungleichmäßig in der Ostsee verteilt sind. Wörtlich heißt es, es gibt unterversorgte Gebiete auch in der westlichen Ostsee. Beispielsweise fehlen zwischen Kiel und Bornholm stärkere Schlepper und die Brandbekämpfung durch Feuerlöschschiffe kann als unbefriedigend bezeichnet werden.
Noch immer sind viele von der sogenannten „Grobecker-Kommission“ vorgelegten Vorschläge nicht umgesetzt. Andere werden von Fachleuten abgelehnt. Mein Kollegen Klaus Schlie hat in der Mai-Sitzung des Landtages völlig zu Recht darauf aufmerksam gemacht, dass beispielsweise der Nautische Verein Nordfriesland die Schaffung eines Havariekommandos als unzureichend bezeichnet hat, weil es zu keiner tatsächlichen Einheitlichen Führung von Küstenwachkräften des Bundes und der Länder kommt. Es gäbe keine durchgehende einheitliche Führungsstruktur, sondern eine kurzfristig hergestellte, bei der die verantwortlichen Personen erst im Notfall ihre Position unter das Dach des Kommandos stellen.
Ich möchte jedoch nicht versäumen, ausdrücklich die Beschlüsse der jüngsten Parlamentariekonferenz der Ostseeanrainerstaaten zu begrüßen. In ihrer zum Abschluss einstimmig verabschiedeten Resolution zur Schiffssicherheit werden präzise Forderungen aufgestellt, die es nun umzusetzen gilt. Der Präsident des Mecklenburg-Vorpommerschen Landtages Küstner hat Recht, wenn er dazu erklärte, der Druck auf die Regierung, endlich im Interesse der Schiffssicherheit auf der Ostsee zu handeln, ist gewachsen. Es ist daher auch zu begrüßen, wenn auf einer Konferenz der Umwelt- und Verkehrsminister der neuen Ostseeanrainerstaaten gab es erste völkerrechtlich verbindliche Beschlüsse, die den Schiffsverkehr in der Ostsee sicherer machen sollen und gleichzeitig den Schutz des Meeres dienen. Weiterhin bestehende Sicherheitsdefizite aber müssen ungeschminkt dargestellt werden. Wir brauchen eine umfassende Neukonzeption der Maritimen Notfallvorsorge und wir werden als CDU- Fraktion auch weiterhin auf konkrete Maßnahmen drängen.