Henning Höppner zu TOP 17: Neufassung der Lehrerarbeitszeit
Sozialdemokratischer Informationsbrief Kiel, 13.07.01 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuellHenning Höppner zu TOP 17:Neufassung der LehrerarbeitszeitDer Schleswig-Holsteinische Landtag hatte 1997 den Beschluss gefasst, eine Fach- kommission zur Neubestimmung der Lehrkräfte-Arbeitszeit einzusetzen. Sie hat ihre Arbeit im Herbst 1999 aufgenommen. Daneben soll, so wie die Ministerin eben berich- tet hat, ein Arbeitszeitmodell an vier Schulen unterschiedlicher Schularten ab Schul- jahr 2001/2002 für zwei Jahre erprobt werden.Die Schulpolitischen Sprecher der Landtagsfraktionen waren im vergangenen Jahr Gast auf der Jahresversammlung des Schulleiterverbandes Schleswig-Holstein und konnten in einem Fachreferat über Untersuchungen zur Lehrerarbeitzeit interessante Ergebnisse erfahren.Lehrerarbeitszeit besteht aus dem Arbeitszeitanteil Unterricht, aus unterrichtsbezoge- nen außerschulisch zu erledigenden Aufgaben und nicht unterrichtsbezogenen schuli- schen Aufgaben und – um die Aufzählung der Ministerin im Hinblick auf die Arbeits- rechtsprechung zu schulbetriebsbezogenen Arbeitsverhältnissen zu ergänzen – aus der Abarbeitung des sogenannten Schulferienüberhanges im Vergleich zum regulären Urlaubsanspruch während der Unterrichtszeit. Schleswig- HolsteinHerausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-Die außerunterrichtlichen Arbeitsanteile von Lehrkräften liegen, wenn man sie auf eine durchschnittliche Norm bezieht, individuell bei den Lehrkräften z.T. 50 Prozent über der Norm, aber auch bis zu 50 Prozent unter dieser Norm. Diese Arbeitsanteile sind auch unterschiedlich aufgrund der unterschiedlichen Fächerkombinationen der Lehr- kräfte. Soweit die Ergebnisse des Referates auf der Jahresversammlung des Schullei- terverbandes in 2000.Meine Vermutungen; lieber Kollege de Jager, dass die CDU sich hier nicht vorrangig um die bisherigen Ergebnisse der Fachkommission zur Neubestimmung der Lehrkräf- te-Arbeitszeit informieren wollte, haben sich durch Ihren Beitrag bestätigt: Es geht Ih- nen um eine Diskussion der Mehrarbeit von Beamten, insbesondere der beamteten Lehrer um die halbe Stunde pro Woche, so wie sie nach der Eckwerte-Klausur des Kabinetts nach dem 6. Juni verkündet wurde. Es geht Ihnen auch um die Aufarbeitung der Demonstration hier am Dienstag vor dem Hause.Meine Damen und Herren, die öffentliche Diskussion um die Mehrarbeit von Lehrerin- nen und Lehrern findet außerhalb der Lehrerkollegien, der Lehrerverbände und au- ßerhalb unseres politischen Umfeldes so gut wie nicht statt! Wir müssen vielmehr fest- stellen, dass es unter Eltern und Schülern durchaus Verständnis für die Notwendigkeit einer geringfügigen Mehrarbeit der Lehrerinnen und Lehrer gibt.Jenes Verständnis ist bei denjenigen Bürgerinnen und Bürgern, die nicht mehr in Kon- takt mit der Schule stehen, dann schon als Einverständnis zu beschreiben, gelten doch Lehrerinnen und Lehrer gegenüber anderen Beschäftigten hinsichtlich ihres Ar- beitszeit- und Ferienumfanges allgemein als privilegiert.Wir haben daneben die geradezu als historisch zu bezeichnenden Arbeitszeitregelun- gen für die Lehrerinnen in den unterschiedlichen Laufbahnen und Schularten. Sie mö- gen begründet sein in der unterschiedlichen Form der Unterrichtsvermittlung und der -3-unterschiedlichen fachlichen Differenzierung des Unterrichtsstoffes und seines wis- senschaftlichen Hintergrundes.Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass sich auf der einen Seite das Niveau der Hochschulausbildungen zwischen den Schularten sehr angenähert hat und alle Stu- diengänge für das Lehramt an Schulen heute universitäre Studiengänge sind.Und wir haben auf der anderen Seite festzustellen, dass das Unterrichten an den Grundschulen, Haupt-, Real- und Sonderschulen heute bei weitem nicht einfacher ist als an den Gymnasien. Und eigentlich gibt es heute weniger Gründe als vorher, dass Lehrerinnen und Lehrer noch in zwei Laufbahngruppen einzuordnen sind: die des ge- hobenen Dienstes für Grund-, Haupt-, Real- und Sonderschullehrer und die des höhe- ren Dienstes für die Höheren Lehranstalten und Beruflichen Schulen.Meine Damen und Herren, es fällt auch den Mitgliedern der Sozialdemokratischen Landtagsfraktion nicht leicht, die Wochenarbeitszeit für Beamte im Lande zu erhöhen. Und wir haben volles Verständnis für die Proteste, die uns erreichen und die Demonst- rationen der Gewerkschaften hier vor dem Hause und an anderer Stelle. Wobei, das sage ich hier als langjähriges Mitglied einer Gewerkschaft, die Mitglieder einer Ge- werkschaft auch erwarten dürfen, dass die Arbeitnehmervertretungen dieses nicht kommentarlos so hinnehmen.Nur müssen wir uns hier ganz wesentlich über die Verhältnismäßigkeit und die Zumut- barkeit einer solchen Maßnahme unterhalten. Kein Lehrer und kein Beamter muss ei- nen Einkommensverlust hinnehmen, wie an anderer Stelle in der freien Wirtschaft, wenn die Notwendigkeit einer Sanierung finanziell in Not geratener Betriebe ansteht. Und jeder Beamte und alle Lehrkräfte profitieren von der Steuerreform, die zwangsläu- fig zu Einnahmeverlusten in den öffentlichen Kassen führt. Jeder Beschäftigte in allen -4-Laufbahnen des Öffentlichen Dienstes hat heute mehr Bares in der Tasche als früher, und die Familien erhalten weitaus mehr Kindergeld als noch vor vier Jahren.Angesichts dieser Erkenntnisse ist eine halbe Stunde Mehrarbeit pro Woche, übertra- gen auf Lehrkräfte bei 200 bis 201 Unterrichtstagen im Jahr, in 40 ½ Unterrichtswo- chen eine Mehrarbeit von gut 20 Stunden im Jahr – nicht in Monat sondern im Jahr! Angesichts dieser Größenordnung von Mehrbelastung halte ich die öffentliche Diskus- sion um die Zumutbarkeit der Mehrbelastung für Lehrerinnen und Lehrer für etwas ü- berzogen, zumal sie in diesem Bereich auch nur die Lehrkräfte des höheren Dienstes betreffen wird, die bislang vier Stunden weniger unterrichten als Grund- und Haupt- schullehrer.Ich würde mir wünschen dass die Gewerkschaften und Personalräte den Weg zurück in die Fachkommission zur Neubestimmung der Arbeitszeit der Lehrkräfte finden.