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11.07.01
15:25 Uhr
SPD

Thomas Rother zu TOP 10: Situation der Inneren Sicherheit und Lage der Polizei in Schleswig-Holstein

Sozialdemokratischer Informationsbrief

Kiel, 11.07.01 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell


Thomas Rother zu TOP 10:

Situation der Inneren Sicherheit und Lage der Polizei in Schleswig- Holstein

Ich möchte meinen Wortbeitrag erst einmal mit einem Dank beginnen. Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Innenministeriums, die diese umfangreiche und materialreiche Antwort auf die Große Anfrage der FDP-Fraktion zur Situation der Inne- ren Sicherheit und Lage der Polizei in Schleswig-Holstein erarbeitet haben. Und in die- sem Fall ist das ganz gewiss keine Leerformel. Hier wurde ein Nachschlagewerk zur Landespolizei erarbeitet.

Ich möchte paar Schlussfolgerungen zu den verschiedenen Themenbereichen, die diese Antwort bearbeitet, ziehen – natürlich eher andere als Sie, Herr Hildebrandt, e- ben gezogen haben.

• Kriminalitätsentwicklung Grundlage für Erkenntnisse zur Kriminalitätsentwicklung ist die polizeiliche Kriminalsta- tistik. Sie weist darauf hin, dass die Gewaltkriminalität kontinuierlich ansteigt, auch Wirtschaftstrafverfahren zunehmen und Umweltdelikte wie auch die Drogenkriminalität Höchststände erreichen. Diebstahlsdelikte sind rückläufig, und 71,2 Prozent der Ge- waltdelikte werden aufgeklärt.

Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



Die Statistik verrät uns allerdings nichts über die tatsächliche Anzahl der Straftaten, sie ist abhängig vom Anzeigeverhalten. Ein gutes Verhältnis zwischen Bevölkerung und Polizei, das eine hohe Anzeigebereitschaft hervorruft, führt in der Presse – wie zuletzt beispielweise im „Stern“ – und damit auch in der Öffentlichkeit leider oft zu verzerrten und irreführenden Schlussfolgerungen.

Daher ist die Erstellung eines periodischen Sicherheitsberichts erforderlich, der diesen Besonderheiten Rechnung trägt. Das ist bereits im Koalitionsvertrag von Rot-Grün vereinbart worden, und der Bundesinnenminister ist auch schon dabei, die Grundlagen dafür zu entwickeln. Das abzuwarten ist richtig und wichtig, denn nur eine bundesweite Vergleichbarkeit erlaubt dann tatsächlich fundierte Aussagen über die Wirkung der Maßnahmen zur Kriminalitätsbekämpfung.

• Stellenwert der Inneren Sicherheit Wichtig ist die Aussage in der Antwort, dass die Innere Sicherheit haushaltsmäßiger Schwerpunkt für die Landesregierung ist. Für uns als SPD-Fraktion ist sie natürlich auch ein politischer Schwerpunkt, und sie gewinnt weiter an Bedeutung. Daher werden wir auch im Nachtragshaushalt2001 und im Haushalt 2002 sicherstellen, dass die poli- zeiliche Arbeit und damit die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger nicht gefährdet wird.

Das dies so ist, möchte ich mit drei Beispielen belegen: Das Thema Kfz-Leasing zur grundlegenden Erneuerung des Fuhrparks steht vor der Umsetzung – natürlich nicht nur mit den erfreulichen Folgen für die Qualität der Fahr- zeuge, sondern auch mit Konsequenzen für den Betrieb und den Bestand der Kfz- Werkstätten. Zudem kam die Anregung hierzu aus der Opposition – politische Scheu- klappen für kluge Lösungen sind also nicht vorhanden!

Im Bereich der Ausstattung mit Schutzwesten ist eine Lösung – eine teure, aber eben auch viel bessere – greifbar. Die ersten Haushaltsmittel werden wir – in diesem Punkt -3-



wohl gerne gemeinsam – im Nachtrag bereitstellen genauso wie die Verpflichtungser- mächtigungen für die nächsten Jahre. Ziel bleibt eine Mann-/Frau-Ausstattung für alle Beamtinnen und Beamten im Einsatzdienst.

Bei der EDV-Ausstattung wird das Ziel von 3.000 EDV-Arbeitsplätzen bis 2004 ange- peilt – unabhängig von den Unwägbarkeiten um COMPAS und INPOL. Über 1.000 PCs sollen noch in diesem Jahr in den Polizeidienststellen ankommen.

Dass in diese Themen Bewegung gekommen ist, ist gerade auch ein Verdienst unse- res Innenministers Klaus Buß. Das wissen auch die Polizistinnen und Polizisten. Für diese Arbeit hat Klaus Buß unsere ungeteilte Unterstützung.

Das Thema „Haushalt“ ist natürlich auch entscheidend für den dritten Punkt • Lage der Polizei Wir sind jetzt für den Haushalt 2002 an der Stelle, dass in Kürze Konzepte zur Umset- zung der Sparvorgaben vorgelegt werden. Für uns als SPD-Fraktion ist klar, dass durch diese Maßnahmen die Funktionsfähigkeit der Polizei nicht gefährdet werden darf und dass ein Abbau von Personal vermieden werden muss.

Die Berechnungen der Gewerkschaft der Polizei, dass zur Umsetzung der Einsparver- pflichtung bei der Polizei rund 150 Stellen gefährdet seien, sind vielleicht rechnerisch richtig, aber keinesfalls unser politisches Ziel. Wir wollen gemeinsam mit dem Ministe- rium versuchen, den Sparbeitrag zu erwirtschaften, ohne dass Personal abgebaut wird. Dazu tragen natürlich die möglichen Verschlechterungen bei einer Arbeitszeit- neuregelung bei. Über manche Aufgabe wird man auch nachdenken müssen. Wichtig bleibt das klare Nein der Landesregierung auf der Seite 201 der Antwort zur Frage nach der Notwendigkeit eines weiteren Stellenabbaus bei der Landespolizei. Ich sage auch Nein zur Möglichkeit eines weiteren Stellenabbaus.

Im Jahr 1992 hatten wir uns das Ziel gesetzt, bis 2000 die zweigeteilte Laufbahn (also alle Beamten im gehobenen oder im höheren Dienst zu führen) bei der Kriminalpolizei -4-



zu verwirklichen und bei der Schutzpolizei 25 Prozent im gehobenen Dienst zu errei- chen. Nun sind bei der Kripo die Stellen bereits im gehobenen Dienst, Beförderungen müssen noch nachvollzogen werden, und bei den Schutzleuten haben wir einen Anteil von 40Prozent erreicht. Also eigentlich ein schöner Erfolg; das Ziel wurde mehr als er- reicht. Andere Bundesländer haben uns aber mittlerweile überholt – auch sozialdemo- kratisch regierte.

Eine Überleitung der Beamtinnen und Beamten des mittleren Dienstes in den gehobe- nen Dienst würde nach Berechnungen des Innenministeriums bis zum Jahr 2010 ca. 90 Mio. DM kosten. Das Geld haben wir einfach nicht. Auch wenn SPD-geführte Län- der sich als erste dem Ziel der zweigeteilten Laufbahn verschrieben hatten, trifft uns jetzt ein weinig der Fluch der guten Tat. Es bleibt notwendig, in diesem Bereich eine Perspektive zu entwickeln. Insbesondere die älteren Beamtinnen und Beamten des mittleren Dienstes müssen die Sicherheit haben, am Ende ihrer Laufbahn die Zulage zur Besoldungsstufe A 9 zu erreichen. Die rechtlichen Möglichkeiten – 30 Prozent aller A 9er dürfen ja nur eine Amtszulage erhalten - sind auszuschöpfen.

Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, einige grundlegende Ergebnisse der Antwort festzuhalten und als Leitlinie für künftige Haushalte festzustellen:

• Die schnellen Reaktionszeiten der Polizeidienststellen sind zu erhalten – sie haben sich ja sogar verbessert.

• Die Budgetierung darf auch weiterhin nicht dazu führen, dass polizeiliche Ausga- ben nicht uneingeschränkt wahrgenommen werden können.

• Die Bürgernähe der Polizei darf nicht durch Aufgabenabbau im Bereich der Präven- tion oder bei der Aufnahme von Verkehrsunfällen gefährdet werden. -5-



• Gegenüber dem Bund ist die gute Zusammenarbeit mit Zoll und BGS und bei der Bereitschaftspolizei aufrechtzuerhalten.

• Die Organisations- und Strukturanalyse bei der Wasserschutzpolizei ist umzuset- zen, der Bootspark zu modernisieren. Wichtig gerade für die Kollegen: Wir beken- nen uns zur Wasserschutzpolizei im Rahmen einer wirksamen Küstenwache. Dar- über werden wir ja beim Thema „Schiffssicherheit in der westlichen Ostsee“ noch reden.

• Moderne Strukturen, Modernisierungsvorhaben und hoher technischer Standard gehören zusammen.

• Die Erfolge in der Frauenförderung müssen fortgesetzt werden (schauen Sie mal auf Seite 198 der Antwort – das kann sich wirklich sehen lassen!).

• Das hohe Niveau im Bereich der Fortbildung muss gehalten werden.

• Die Zusammenarbeit mit Investitionsbank und GMSH muss im Auge behalten wer- den. Die Erfolge – ersten Erfolge - im Bereich der Bauunterhaltung müssen auch im Beschaffungsbereich wirksam werden.

• Das Ziel der zweigeteilten Laufbahn darf nicht aus dem Auge verloren werden. Ich sagte ja schon: Insbesondere ältere Beamtinnen und Beamte müssen die Besol- dungsstufe A 9 mit Zulage erreichen können. Die Motivation der Beamten ist – be- legt auch durch die Ergebnisse der Bertelsmann-Studie – vorhanden (Seite 214f); bemängelt werden ja überwiegend die Karriereaussichten – trotz rund 1.000 Beför- derungen jährlich in den letzten Jahren.

Über die Umsetzung dieser Punkte werden wir ab September im Zuge des Haushalts- verfahrens weiter diskutieren. -6-



Unser grundlegendes Ziel bleibt die Vereinbarung einer liberalen Innenpolitik mit kon- sequentem Handeln gegen Kriminalität und ihre Ursachen. Die neuen Leitlinien der CDU zur inneren Sicherheit, an denen ja auch Herr Wadephul mitgewirkt hat, passen dazu nicht. Strafverschärfungen, Rundum-Videoüberwachung oder Sonderstrafrecht für Ausländer, halt eine besonders harte Hand schon bei geringfügigen Straftaten, ma- chen den Kurswechsel deutlich. Mit der bisherigen oftmaligen Übereinstimmung in den grundlegenden Positionen zur inneren Sicherheit im Landtag hat dies nichts mehr zu tun. Erinnern wir uns beispielsweise an die Debatte zur DNA-Analyse während der letzten Tagung. Vielleicht war’s ein Auftakt für Schlimmeres.

Und, Herr Kubicki, an dieser Stelle möchte man echt um Hilfe schreien. (Leider auch bei manchen Ausführungen des Bundeskanzlers.)

Der Landespolizei gebührt großer Dank für die geleistete Arbeit, aber natürlich auch eine ausreichende Personalausstattung mit anständiger Besoldung und gute, moderne Arbeitsbedingungen. Lassen Sie uns zusammen daran arbeiten.

Sicher sollten wir die Antwort zur abschließenden Beratung an den Innen- und Rechtsausschuss überweisen und dabei auch die beiden Anträge zu den Personalver- teilungskriterien bei der Schutzpolizei aus der letzten Landtagssitzung einbeziehen.