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31.05.01
17:01 Uhr
SSW

Gegen eine Erweiterung der Gen-Datei

Südschleswigscher Wählerverband Schleswig-Holsteinischer Landtag im Schleswig-Holsteinischen Landtag Düsternbrooker Weg 70 D - 24105 Kiel Tel. (0431) 988 13 80 Fax (0431) 988 13 82
SSW-Landtagsvertretung
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Kiel, d. 31.05.2001 Silke Hinrichsen Es gilt das gesprochene Wort

TOP 35 Änderung des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes (Drs. 15/982)
Wer sich die Mühe macht, in die Annalen des Landtages einzutauchen und die letzte Debatte über die
kriminalistische Speicherung von Gen-Daten herauszukramen, wird jedenfalls eines bestätigt bekom-
men: Den modernen Techniken wohnt eine erstaunliche Eigenschaft zur Expansion inne, wenn sie erst
einmal in die Welt gesetzt wurden. Hatten wir bei Einführung der Gendatenbank 1998 noch
gemeinsam zur Vorsicht und Beschränkung des Personenkreises gewarnt, kommen jetzt schon wieder
Erweiterungspläne auf den Tisch. Das betrifft leider nicht nur abwegige gentechnische
Allmachtsphantasien, wie den Vorschlag einiger CDU/CSU-Politiker und des FDP (!)-Innenministers
Goll, eine Datei mit den DNA-Profilen aller Männer anzulegen. Viel bedenklicher ist es, dass u. a. die
Innenministerkonferenz über Erweiterungen des Personenkreises nachdenkt, und dass unsere grüne
Justizministerin sich nicht eindeutig davon distanzieren mag.

Zugegeben: Die Gentechnik hat gerade Hochkonjunktur. Es ist beeindruckend, wenn das Bundes-
kriminalamt heute Aussagen über Fälle treffen kann, die vor Jahrzehnten als ungelöst zu den Akten
gelegt wurden. Gerade die Terroranschläge der RAF oder die Taten von Serienmördern haben die
Nation in den Bann gezogen, und es mutet wie Magie an, dass zum Beispiel ein Handtuch heute noch
neue Erkenntnisse über einen Fall liefert. Wer die Klassiker der Kriminalliteratur liest wird feststellen,
dass auch ein großer Teil dieser Fälle vor dem Hintergrund der heutigen Techniken wohl auf den
ersten Seiten gelöst worden wären und kaum noch ein ganzes Buch füllten.



Internet: http://www.ssw-sh.de; e-mail:info@ssw-sh.de Es ist faszinierend, was heute in der Kriminalistik passiert. Aber gerade diese Erfolge der DNA-
Analyse in der Verbrechensbekämpfung können nicht davon ablenken, welche grundlegenden
Probleme diese Technik birgt. Wir dürfen nicht vergessen, dass die heutigen Regelungen zur
Speicherung von menschlichem Erbgut unter erheblichen Bedenken eingeführt wurden und erst nach
langer Debatte und mit Bedacht in die heutigen Grenzen gelegt wurden.

Wer ein genetischen Profil von einem Menschen hat, kann wesentlich mehr damit anstellen, als die
Identität festzustellen. Deshalb kann niemand ein Interesse daran haben, dass massenhaft Genprofile
gespeichert werden. Zum einen nicht, weil diese Daten auch für eine Menge anderer Dinge
missbraucht werden könnten. Deshalb ist es besser, sie erst gar nicht anzusammeln. Zum anderen
droht die neue Technologie eine der Grundfesten unseres Rechtssystems zu sprengen: Die
Unschuldsvermutung. Wenn wir nicht gut aufpassen mit der Gentechnik droht eine Verkehrung der
Beweislast, die wir unbedingt verhindern müssen. Hier ist ein grundlegender Wert des
gesellschaftlichen Zusammenlebens in Deutschland gefährdet, wie die CDU sagen würde.

Daher haben wir auch bisher entschieden, dass ein Genprofil nur jenen Straftätern abgenommen
werden kann, die schwere Straftaten begangen haben, und bei denen eine individuelle Begutachtung
ergibt, dass eine Rückfallgefahr besteht. Schon diese Regelung ist umstritten gewesen. Gerade deshalb
liegt ja auch schon ein Bundesverfassungsgerichtsurteil vor, das einer erneuten Erweiterung der
Speicherung von Genprofilen eindeutig widerspricht. Die heutige Regelung wurde vom Gericht nur
mit der Maßgabe als verfassungskonform anerkannt, dass es eben die Bedingung der individuellen
Prognose gibt. Wenn die Innenministerkonferenz - ebenso wie der Generalstaatsanwalt oder die CDU-
Landtagsfraktion – über zusätzliche Möglichkeiten berät, bei bestimmten Delikten obligatorisch den
genetischen Fingerabdruck der Straftäter zu speichern, dann werden also die verfassungsmäßigen
Grenzen in Frage gestellt. Wir meinen, dass man sich nicht weiter an die absolut äußersten Grenzen
unserer Verfassung herantasten sollte, sondern sich einfach mit den heutigen Möglichkeiten zufrieden
stellen muss.

Der SSW hat es bereits vor 3 Jahren gesagt: Wir brauchen glasklare Regelungen, Transparenz für die
Bürger und nicht die transparenten Bürgerinnen und Bürger! Deshalb sind wir ohne wenn und aber
gegen eine weitere Ausweitung der Speicherung von Gendaten für den kriminologischen Abgleich.

Internet: http://www.ssw-sh.de; e-mail:info@ssw-sh.de