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31.05.01
10:13 Uhr
CDU

Uwe Eichelberg: Wo bleibt das Konzept der Landesregierung?

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.cdu.ltsh.de e-mail:info@cdu.ltsh.de
PRESSEMITTEILUNG Nr. 234/01 vom 31. Mai 2001
TOP 8 und 21 Uwe Eichelberg: Wo bleibt das Konzept der Landesregierung? Mit dem Regionalisierungsgesetz hat unser Land die Kompetenz für den regionalen Schienenverkehr und den ÖPNV in umfassender Form übertragen bekommen. Mit der LVS haben wir Strukturen analysiert und Ziele definiert für die regionale Verkehrsversorgung im SPNV und ÖPNV.
Seit die rot-grüne Bundesregierung und der von ihr mit allen Vollmachten ausgestatte Bundesbahnchef mit aller Kraft zur Zerschlagung der Schienenpersonenfernverkehrs- und Frachtverkehrsstrukturen in der Fläche ansetzen, fügt sich unsere Landesregierung, - abgesehen von kleinen verbalen Attacken, - anscheinend dem Schicksal in falsch verstandener Parteisolidarität.
Hat man denn vergessen, dass der Bund, also Ihr Kanzler, - meine Damen und Herren der rot-grünen Koalition -, im Rahmen der Daseinsvorsorge gemäß Art. 87 e Abs. 4 GG verfassungsrechtlich die Gewährleistungspflicht für den Schienenverkehr hat? Doch was macht diese Bundesregierung? Und was macht Kiel? Wir wollen nach über einem Jahr der Diskussionen von der Landesregierung endlich wissen, was sie gedenkt zu tun.
Das Ablehnen des Transrapids kann ja wohl nicht die einzige Entscheidung für ein Zukunftspersonenfernverkehrskonzept sein, zumal der Ausbau der Strecke Hamburg- Berlin keineswegs plangemäß verläuft und die Fernverkehrsverbindungen in Schleswig-Holsteins Städte im Fahrplan demnächst nur noch durch Regionalzüge ersetzt werden.
Die CDU will nun endlich das umfassende und finanziell dauerhaft abgesicherte Konzept der Landesregierung sehen, und endlich einmal hören, was von den vielen Versprechungen der Vorfahren, wie mehr durchgehende Züge nach Flensburg, Kiel und Lübeck sowie von den vielen neu zu eröffnenden Strecken übrigbleibt.
Zu dem Konzept gehört auch der reale Blick bei den Anmeldungen für den BVWP. Ist es nicht illusorisch, weitere Elektrifizierungsmaßnahmen für Strecken wie zwischen Kiel und Lübeck zu fordern, wenn kaum Personenfernverkehr im Land stattfindet? Die feste Fehmarn Belt Querung bei einer Verzinsung von 7 % im besten Fall und Kosten für die Vorlaufstrecke von 1,8 Mrd DM schaffen wir als Land mit dem fixierten %-Satz an den BVWP-Geldern nie ohne die Gefährdung unseres zentralen Projektes dem Bau der A20 mit der Querung der Elbe bei Glückstadt. Lassen Sie uns darauf konzentrieren sowie auf den sechsspurigen Ausbau von A7 und A23, einigen Ortsumgehungen und der Ertüchtigung der Schienenverkehrsstrecken! Das wäre ehrlich!
In der Betrachtung der ÖPNV/SPNV-Pläne tun die Grünen wie auch die Landesregierung so, als hätte sich das Umfeld nicht völlig verändert.
Die Zukunft verlangt neue Richtungsentscheidungen:
1. Wegen des Rückzugs der DB-A.G. muss das Land im Schienennahverkehr zusätzliche Ersatzleistungen zukaufen zu Lasten anderer Maßnahmen, die wir in den ÖPNV/SPNV-Zielen definiert hatten. Das geht zu Lasten unserer Bevölkerung und die SPD schweigt!
2. Mit dem Konzept MORA versucht die DB A.G. in Schleswig-Holstein über die DB ZugBus und die Stadt Hamburg mit der HHA ihren Einfluss auf die regionalen Strukturen in wesentlichen zu festigen und so den Wettbewerb zu kontrollieren.
Bisherige Ausschreibungen waren erfolgreich sowohl in der Qualität des Zugmaterials wie in der Leistungssteigerung wie im Preis. Warum zögern wir vor weiteren Ausschreibungen? Warum ist eigentlich der Zugverkehr zwischen Sylt und Niebüll kein Regionalverkehr, den wir ausschreiben sollten? Warum zögern wir bei Strecken wie Lübeck – Hamburg
3. Der von Hamburg dominierte Hamburger Verkehrsverbund (HVV) versucht sich weit in das Land hinein und in die verkehrsmäßig interessantesten Strecken auszudehnen. Ich habe den Eindruck, dass die Verkehrsträger des straßengebundenen ÖPNV, die Kreise und kreisfreien Städte, gerade des Hamburger Umlandes den Verlockungen erliegen ohne Rücksichtnahme auf die Interessen des Landes.
a. Schwächt das nicht unsere Konzepte für die Versorgung des gesamten Landes und zudem unsere Verhandlungsposition gegenüber der Hansestadt Hamburg gerade im Hinblick auf die Durchfahrtsrechte der AKN oder den Anschluss an den Flughafen Hamburg oder die gemeinsame Ausschreibung von S-Bahnstrecken oder die Erweiterung des U-Bahn-Netzes?
b. Verhindert dies nicht unser Konzept der Einführung eines gemeinsamen Schleswig-Holstein Tickets, das auch in Hamburg zu kaufen sein müsste?
4. Die Regionalisierungsmittel, die das Land vom Bund für den ÖPNV und dabei insbesondere für die Gestaltung der SPNV erhält, erlauben z.Zt. sogar noch die Wiedereröffnung von Strecken, wie die von Segeberg nach Neumünster oder die von Niebüll nach Tondern.
Sie erlauben sogar, dass wir dem Lieferanten von Leistungen noch Hilfen zur Modernisierung des Zugmaterials geben wie z.B. der DBZugBus 70 Mio. DM für die Überholung der Silberlinge und für Geldzahlungen an Busunternehmer von 70 TDM pro neu angeschafftem Bus. Mit welchem Recht geben wir den Kreisen eine Kostenpauschale von 150 TDM für die Administration von deren ÖPNV?
Meine Damen und Herren, abgesehen davon, dass derartige Subventionen wirklich nicht mehr in die Landschaft passen, wird die Verteilung der Regionalisierungsmittel auf Bundesebene und sogar auf Drängen verschiedener Länder hin überprüft und das endet sicher nicht mit einer Aufstockung sondern mit einer Senkung der Mittel für unser Land. Wir sind darauf nicht vorbereitet.
5. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man die ÖPNV-Studie der Fa. Mobilité kritisch liest, so kann man aus den vorsichtigen Hinweisen deutlich heraus lesen, dass wir dringend die Sinnhaftigkeit unseres ÖPNV-Gesetzes überprüfen sollten. Ländervergleiche wurden gleich mitgeliefert. Sind die derzeitigen Strukturen der Aufgabenteilung zwischen Landesregierung bzw. LVS und den Kreisen / Kreisfreien Städten bei den Herausforderungen nicht zu eng gefasst?
6. Wird in der Studie nicht auch deutlich, dass gesonderte Schwerpunkte im ÖPNV/SPNV gebildet werden müssen wie a. für den Raum „Metropolregion Hamburg“, wo ein Drittel aller Bürger aber weit über 50 % aller Fahrgäste des ÖPNV von ganz Schleswig-Holstein wohnen.
In Stormarn sind 80 % aller Arbeitnehmer Pendler überwiegend nach Hamburg wobei auch fast 40.000 Pendler aus Hamburg nach Schleswig- Holstein kommen. Allein mit der Verlängerung einer U-Bahn Strecke nach Glinde/Schönningstedt könnten nach Angaben der Regierung in einer Kleinen Anfrage gut 4000 neue Fahrgäste gewonnen und somit Straßenengpässe entlastet werden. Wären da Regionalisierungsmittel nicht effizienter eingesetzt?
7. Andere Akzente müssen für den ÖPNV gesetzt werden für die Städte, denn 40 % aller Bürger unseres Landes wohnen in Städten mit über 20.000 Einwohnern und haben somit mit ganz andere ÖPNV-Strukturen und Probleme als auf dem flachen Land.

8. Das Thema Ausgleichszahlungen für Schüler- und Schwerbehindertenverkehre ist zu überprüfen! 80 % aller Busleistungen im Lande sind Schülertransporte. Sollte man nicht gerade im Schülerverkehr größerer zentraler Orte einmal modellhaft das System getrennter Leistungsbestellung und -erbringung wie in den USA und Schweden überprüfen? Ich erwarte dort Synergien z.B. unter Einschaltung von Taxiunternehmen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich zusammenfassen: Die Bundesregierung erzwingt ein neues Bahnkonzept für unser Land, welches das in den vergangenen Jahren entwickelte ÖPNV- und SPNV-Konzept gefährdet. Um nun die Zukunft unter veränderten Rahmendaten und starkem Außeneinfluss zu meistern, brauchen wir eine wirklichkeitsnahe Analyse und klare Entscheidungen.
Im Wirtschaftsausschuss werden wir das Thema weiter vertiefen müssen.