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11.05.01
12:07 Uhr
CDU

Klaus SchlieSchlussfolgerungen aus Pallas-Havarie zu zögerlich umgesetzt

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.cdu.ltsh.de e-mail:info@cdu.ltsh.de
PRESSEMITTEILUNG Nr. 201/01 vom 11. Mai 2001


TOP 15, 26, 27 Klaus SchlieSchlussfolgerungen aus Pallas-Havarie zu zögerlich umgesetzt
Die Havarie der Pallas im Jahr 1998 war wieder einmal Anlass, um über die Verbesserung der Schadensabwehr an den schleswig-holsteinischen Küsten zu diskutieren und wieder einmal Beschlüsse zu fassen.
In der Debatte zum Abschlußbericht des Pallas-Untersuchungsausschusses am 26. Januar 2000 habe ich u. a. ausgeführt, „dass unabhängig von bestehenden Strukturen über Maßnahmen nicht nur nachzudenken ist, sondern diese auch umgesetzt werden müssen.“
Was ist nun tatsächlich geschehen? Was ist wirklich von den damals ja zum großen Teil auch einstimmig gefassten Beschlüssen umgesetzt worden?
Der Bericht der Landesregierung – Konsequenzen aus der Havarie der Pallas vom 7. November 2000 – macht deutlich, dass leider die wesentlichen Anliegen des Landtages immer noch nicht umgesetzt worden sind.
Die Regierungsfraktionen sind nun in ihrem Antrag vom 14. November 2000, Drucksache 15/532, ehrlich genug, dies teilweise auch einzugestehen. Sie sprechen selbst davon, dass mit einer „Neuausrichtung des Unfall- und Katastrophenmanagements“ für die Nord- und Ostsee begonnen wurde“, „erste wichtige Teilschritte zur Straffung der Entscheidungsstrukturen und zur Verbesserung der Feuerlöschfähigkeit eingeleitet werden.“
Fast drei Jahre nach dieser Havarie ist das zu wenig. Es gibt auch heute noch erhebliche strukturelle Defizite im Rahmen einer zielgerichteten und konsequenten See-Katastrophenhilfe.
Das Nebeneinander von auf vier Bundesministerien verteilten Zuständigkeiten – BGS- Boote beim Bundesinnenministerium, Zoll-Boote beim Bundesfinanzministerium, Fischereischutzboote beim Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft sowie der Boote unter Obhut des Bundsverkehrsministeriums und der Wasser- und Schifffahrtsdirektion – führt zu einer Verantwortungsteilung, nicht zu einer Führungskonzentration.
Die im Katastrophenfall zusätzliche Berücksichtigung der Wasserschutzpolizei-Boote der Länder und der auch dort im Regelfall auf mehrere Ministerien verteilten Kompetenzen für Küstenaufgaben erschwert trotz aller Bereitschaft zur Kooperation eine effiziente Führung.
Nimmt man von den Schleppern bis hin zu den Ölbekämpfungsschiffen allein die Boote des Bundes zusammen, kommt man auf von fast 100 Schiffe.
Der Bundesrechnungshof hat, wie auch der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages, die Bundesregierung mehrfach auf die Notwendigkeit der Konzentration aller Seedienste hingewiesen, auch aus fiskalisch-ökonomischen Überlegungen. Das Management aller Boote aus einer Hand im Krisenfall wurde als Zielmarke herausgestellt.
Handlungsdruck kommt auch von der EU-Kommission und durch das Europäische Parlament. Die EU will eine europäische Küstenwache. Deutschland kann aber diesem Erfordernis nur dann entsprechen, wenn es zuerst einmal eine nationale See- und Küstenwache schafft. Auf ihrer Konferenz am 20./21. Dezember 1999, wenige Wochen nach dem Erika-Unfall vor der Bretagne, hat die Kommission deutlich gemacht, dass man eine einheitliche Schiffssicherheitsbehörde, ein Amt für Seesicherheit, mit Kompetenzen im Katastrophenfall benötigt. Leider verringert sich die Umsetzungsbereitschaft kluger Ideen mit dem zeitlichen Abstand zum vorangegangenen Unglück.
Der von der „Grobecker-Kommission“ vorgelegte Vorschlag zur Schaffung eines Havariekommandos, der Zusammenfassung aller Bundesdienste im Katastrophenfall wird von vielen Fachleuten der Küste als Alibi-Aktion abgelehnt. So kritisiert der Nautische Verein Nordfriesland den Vorschlag als unzureichend, als „höchstens ammerseetauglich“, weil es zu keiner tatsächlichen einheitlichen Führung von Küstenwachkräften des Bundes und der Länder käme. Auch viele andere Vorschläge der „Grobecker-Kommission“ sind nur kosmetischer Natur.
Delegiert von den beteiligten Bundesbehörden wird im Katastrophenfall beim Havariekommando auch nur auf Zeit. Die Abgabe von Kompetenzen kann kurzfristig widerrufen werden. Auch wechseln die verantwortlichen Personen erst im Notfall ihre Position unter das Dach des Kommandos. Eine Kontinuität der Zusammenarbeit ist trotz vorgesehener Trainingsperioden nicht gegeben.
Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste in Husum hält die Neukonzeption für einen Flickenteppich und fordert dagegen ein Unfallmanagement aus einem Guss mit klaren Zuständigkeiten, einheitlicher Führung und dem Recht des direkten Zugriffs auf alle Einheiten.
Voraussetzungen für diese Überlegungen sind: • die Änderung des Grundgesetzes, um die bisher getrennte Aufgabenzuordnung an Bund und Ländern im See-Katastrophenfall zusammenzufassen; • die Vorlage eines Gesetzentwurfs durch die Bundesregierung mit dem Ziel, alle bisher verteilten Zuständigkeiten – Zoll, Fischereiaufsicht, Bundesgrenzschutz, einschließlich SAR-Hubschrauber, Ölaufklärungsflugzeuge – auf eine Leitstelle in einem Bundsministerium mit der Entscheidungszuständigkeit einer Person, entsprechend der Institution des Duty Commander bei der Bundesmarine zu konzentrieren; • die Schaffung von Rechtsklarheit, um gegebenenfalls mit der Bundsmarine im See- Katastrophenfall eine gemeinsamen Einsatz sicherzustellen. Es fehlt auch immer noch die klare Definition, wer im Falle der Gefahrenabwehr denn nun tatsächlich zuständig und verantwortlich ist.
Diese Konzeption ermöglicht die notwendige Kooperation im Katastrophenfall mit unseren Nordseenachbarn Niederlande und Dänemark sowie mit unseren Ostseenachbarn. Eine europäische Seewache muss Fernziel bleiben.
Dies wäre übrigens völlig im Sinne des gemeinsam von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verabschiedeten Antrages zur Einrichtung einer einheitlichen Küstenwache in Schleswig-Holstein. Wir haben ja damals, am 26. Januar 2000, bewusst formuliert, dass dabei auch „notwendige Verfassungsänderungen kein Hindernis sein dürfen.“
Sie, Herr Kollege Hentschel, waren vorgestern ja nicht so besonders freundlich zu mir. Trotzdem möchte ich Ihnen gerne bescheinigen, dass Sie bei der Forderung nach einer einheitlichen Küstenwache derjenige zu sein scheinen, der hier im Regierungslager am beharrlichsten ist.
Ich finde es gut, dass Sie auch die Ministerpräsidentin öffentlich auffordern, unmittelbar beim Bundeskanzler Druck in dieser Angelegenheit zu machen.
Wir stimmen deshalb auch dem ersten Teil des Antrages Drucksache 15/532 zu. Bedauerlich ist nur, dass zwischenzeitlich kaum etwas mit Substanz geschehen ist, um die Folgen einer Havarie vor den deutschen Küsten zu minimieren oder eine Havarie zu vermeiden.
Den zweiten Teil Ihres Antrages, der sich mit der Einrichtung einer PSSA (Particulary Sensitive Sea Area) Wattenmeer befasst, lehnen wir ab.
Die dort aufgezählten Regelungen sind teilweise eine Fata Morgana und teilweise entsprechen sie in der Einzelforderung nach der Prüfung der Verlegung der Schifffahrtswege im größeren Abstand von den Küsten und dem Wattenmeer sogar einer Forderung der CDU aus unserem Antrag Drucksache 14/2692 vom 26. Januar 2000, den Sie abgelehnt hatten.
Wir bleiben bei unserer Forderung nach einer einheitlichen deutschen Küstenwache als wirksamstes Instrument bei der Vermeidung und Bekämpfung von Havarien.
Die von Ihnen hochstilisierte Diskussion über ein PSSA-Gebiet in der Nordsee verfolgt zwei Zielsetzungen. Einmal wollen Sie von ihrem bisherigen Versagen ablenken. Viele der vom WWF aufgegriffenen Forderungen sind natürlich überhaupt nicht davon abhängig, ob ein PSSA-Gebiet ausgewiesen wird oder nicht. Sie hängen die Diskussion nur darüber, weil Sie verschleiern wollen, dass die notwendigen Maßnahmen bisher nicht umgesetzt wurden.
Die andere Zielsetzung, die Sie verfolgen, ist allerdings doch die einer neuen Schutzgebietskategorie. Der Vorsitzenden des Nautischen Vereins Nord Friesland, Olaf Hellwinkel, hat recht, wenn er in der Deutschen Schiffahrtszeitung vom 18. April 2001 folgender Maßen formuliert: „Es gelte in einer Demokratie die Notwendigkeit einer Maßnahme und ihre Zweckmäßigkeit zu prüfen und sich eine geringst mögliche Beeinträchtigung der Handlungsfreiheit von Menschen, Seefahrt und Gewerbe zum Ziel zu setzen, auch wenn es um die Erfordernisse des Naturschutzes geht.“