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23.03.01
12:29 Uhr
Landtag

Kommunalverfassung muss fortgeschrieben werden

37/2001 Kiel, 23.03.01 Sperrfrist: 24.03.01, 10:30 Uhr Es gilt das gesprochene Wort


"Kommunalverfassung muss fortgeschrieben werden“


Kiel (SHL) – In seiner Rede anlässlich des Kommunalen Forums des Landtages Schleswig-Holstein am 24. März 2001 in der Stadthalle Neu- münster sagte Landtagspräsident Heinz-Werner Arens unter anderem:

„Das Forum als Form der politischen Veranstaltung hat der Schleswig- Holsteinische Landtag sehr bewusst gewählt: Mit dieser Veranstaltung soll insbesondere die Möglichkeit der Begegnung und der ergebnisoffenen Dis- kussion über Themen hier und heute aus dem kommunalen Bereich gegeben werden. Mit der Form des Forums ist auch die Möglichkeit geschaffen, über parteipolitische oder gruppenspezifische Grenzen hinaus am Diskurs teilzu- nehmen und eigene Standpunkte zu überprüfen beziehungsweise zu verän- dern. Ich kann an dieser Stelle nur dafür werben, von dieser Möglichkeit regen Gebrauch zu machen.

Ich denke, dass das heutige Thema dazu auch ausreichend Anlass gibt bezie- hungsweise es hat schon reichlich die Gemüter bewegt. Wir werden vor dem Meinungsaustausch grundsätzliche Statements von den Parteien und den Be- troffenen zu hören bekommen.

Ich möchte ausdrücklich betonen, dass die Platzierung lediglich der beiden großen Landtagsfraktionen an dieser Stelle ausschließlich etwas mit den Ta- gungsverlaufszwängen zu tun hat. Es muss genügend Freiraum für die allge- meine Diskussion freigehalten werden. Die Fraktionen mit ihren erarbeiteten Positionen finden also heute morgen beziehungsweise im Verlauf der allge- 2

meinen Diskussion statt. Nur so war und ist auch zu gewährleisten, dass Sie als Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Mittelpunkt des Forums stehen. Nun aber genug der redaktionellen Vorbemerkungen, zur Sache:

In der vergangenen 14. Wahlperiode wurde 1997 die dritte Stufe einer umfas- senden Kommunalverfassungsreform beschlossen. Die Entscheidung dafür hatte gewichtige Gründe. Die Kommunen sollten durch die Reform fit gemacht werden für die verstärkten Herausforderungen, denen sich die Kommunen ge- genüber sahen beziehungsweise sehen. Als Stichworte oder mittlerweile in den Augen vieler auch Reizworte seien genannt: Internationale und überregio- nale Zusammenarbeit in einem zusammen-wachsenden Europa, Ostsee- und neuerdings auch Nordseekooperation sowie - gerade in jüngster Vergangen- heit sehr kontrovers diskutiert - interkommunale Zusammenarbeit. Gemeint ist natürlich das Gutachten des Städteverbandes, welches die notfalls erzwunge- ne Zusammenarbeit zwischen Städten und Umlandgemeinden empfiehlt. Das soll uns heute jedoch nicht primär bewegen. Herauszustellen ist jedoch, dass insbesondere auch der Gedanke der verstärkt notwendigen und gewollten Kooperation zwischen Kommunen seinerzeit zur Kommunalverfassungsreform geführt hat.

Um dies zu erreichen, wurde mit der Einführung der Direktwahl bewusst die hauptamtliche Verwaltung gestärkt. Zudem wurde eine klare Trennung zwi- schen den Aufgabengebieten der Verwaltung und Selbstverwaltung herbeige- führt. Alle Maßnahmen im einzelnen aufzuzählen, tut hier nicht not.

Festzuhalten gilt es, dass sowohl die Stärkung des Hauptamtes und des Eh- renamtes gewollt war. Dies wurde von vorn herein kritisch als Versuch der Quadratur des Kreises angesehen. Und als solche hat es sich herausgestellt. Wenn man jedoch mit dem Schlagwort keine Stärkung gemeint war, so ist ei- ne Aufgabenbeschreibung erfolgt, die zu einer Klärung der Kompetenzen zwi- schen Haupt- und Ehrenamt geführt hat. Diese sollte zur Zufriedenheit von Haupt- und Ehrenamt, präziser: zwischen Verwaltung und Selbstverwaltung, ausfallen. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass diese Rechnung nicht auf- gegangen ist. Die Praxis hat ein anderes Ergebnis als das beabsichtigte zu Tage treten lassen, da das Ehrenamt zu stark in seinen Möglichkeiten und Kompetenzen beschnitten worden ist. Dies Ergebnis entgegen der Zielset- zung wurde bereits in der 14. Wahlperiode parteiübergreifend erkannt und 3

dementsprechend eine zügige Novellierung innerhalb der 15. Wahlperiode vorgesehen.

Das Thema „Kommunalverfassung auf dem Prüfstand“ soll uns heute als eine Art retrospektive Gesetzesfolgenabschätzung Gelegenheit geben, neben ei- nem Problemaufriss über Möglichkeiten der Verbesserung der Kompetenz- verteilung im kommunalen Bereich zu sprechen. Viele Vorschläge sind bereits auf dem Tisch und bedenkenswert. Ich will nicht Partei ergreifen, für diese o- der jene Lösung. Festzustellen ist aber, dass ein Königsweg, der einen von allen Seiten akzeptierten Ausgleich der Interessen zwischen Haupt- und Eh- renamt herbeiführt, bisher nicht aufgezeigt worden und auch nicht aufzeigbar ist. Dennoch muss es unser Ziel sein, eine angemessene Balance zwischen Kompetenz und Verantwortung herzustellen, die den Interessenlagen zwischen Verwaltung und Selbstverwaltung gerecht wird.

Selbstverwaltung - das ist Ehrenamt. Auch dies gilt es, nie aus dem Auge zu verlieren. Ganz besonders nicht in diesem Jahr des Ehrenamtes. Aufgrund al- ler Umstände ist besonderer Wert darauf zu legen, dass das Ehrenamt attrak- tiv bleibt. Auch unter diesem Aspekt wird die kritische Elle an die Ergebnisse der Kommunalverfassungsreform von 1997 zu legen sein. Behält das Ehren- amt in der Gestaltung der Rahmenbedingungen für die Selbstverwaltung seine Attraktivität oder kann diese sogar gesteigert werden? Ich bin mir sicher, dass die klare Kompetenz- und Verantwortungstrennung zwischen Selbstverwaltung und Verwaltung eine Chance für eine Attraktivitätssteigerung ist.

Im Bereich der inneren Machtbalance zwischen Hauptausschuss einerseits und den Fachausschüssen andererseits sowie der äußeren Machtbalance zwischen Selbstverwaltung einerseits und Verwaltung andererseits ist dabei Reform-, also Novellierungsbedarf signalisiert worden. Diese Signale müssen wir ernst nehmen, wenn es um die weitere Attraktivität ehrenamtlicher Betäti- gung im kommunalen Bereich geht. Wir sind also gut beraten, Voraussetzun- gen zu schaffen, die die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes dazu animie- ren, sich im kommunalpolitischen Bereich einzubringen und Verantwortung zu übernehmen. Das muss sich auch in den Möglichkeiten der Einbringung des Ehrenamts und in der Verantwortung in den Kommunen widerspiegeln. Natür- lich gilt dies nicht um jeden Preis, sondern in Herstellung einer ausgewogenen Balance zwischen Verwaltung und Selbstverwaltung. Hierbei besteht Spiel- raum und auch guter Willen aller Seiten. 4

Wesentliche Voraussetzung ist, dass die Notwendigkeit von Änderungen schon mal unumstritten sind. Dementsprechend haben sich die Parteien und Betroffenen bereits mit Vorschlägen in Stellung gebracht. Die Aktualität und Wichtigkeit des Themas zeigt sich auch darin, dass im Landtag Schleswig- Holstein ein Sonderausschuss eingerichtet worden ist, der sich mit der Fort- schreibung des kommunalen Verfassungsrechts auseinandersetzt und mittler- weile seine Arbeit aufgenommen hat. Dabei sollen alle Lösungsvorschläge umfassend beleuchtet und Ergebnisse zeitnah umgesetzt werden.

Ich will hier weder auf die entwickelten Vorstellungen in den Fraktionen noch der Landesregierung eingehen, weil mich das doch den entscheidenden Schritt aus der mir auferlegten Überparteilichkeit machen ließe.

Ein wenig werben will ich für die Meinung der Landesregierung nur, in dem ich um Verständnis für ihre Position bitte: Der Landesregierung können nur Vor- schläge auf Basis des Gesetzes abverlangt werden. Wer Lösungen darüber hinaus anstrebt, muss sie nicht im exekutiven, sondern im legislativen Bereich suchen und dort abfordern. Damit will ich keine inhaltliche Ausgrenzung betreiben, sondern lediglich die Rahmenbedingungen der Diskussion um die Fortschreibung der Kommunalverfassungsreform feststellen. Den weiteren in- haltlichen Rahmen werden uns jetzt die folgenden Statements liefern.

Diese Referate werden uns genügend Material für eine sachliche und zielge- richtete Diskussion mit Lösungsansätzen der Herstellung von Balance zwi- schen Verwaltung und Selbstveraltung liefern. Letztlich ziehen alle an einem Strang, zumindest in der Beurteilung über die Notwendigkeit der Nachbesse- rung der Kommunalverfassung.

Daher freue ich mich mit Ihnen auf die nun folgenden Statements und auf einer anregende Diskussion mit weiterführenden Ergebnissen.“