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21.03.01
13:11 Uhr
CDU

Jost de Jager: Regierung hat ihre Chance verpasst

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.landsh.de/cdu-fraktion/ e-mail:fraktion@cdu.landsh.de
PRESSEMITTEILUNG Nr. 130/01 vom 21. März 2001

TOP 21 Jost de Jager: Regierung hat ihre Chance verpasst
SPD und Grüne tun sich schwer mit der Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur. Eigentlich wollen sie es gar nicht, das Abitur in 12 Jahren. Widerwillig und zögernd nur hat die Bildungsministerin einen eigentlich vollkommen unnötigen Modellversuch zur Schulzeitverkürzung auf den Weg gebracht. Das zeigt sich u. a. darin, dass bislang zu diesem Modellversuch den Schulen, den Eltern, den Schülern und dem Parlament weniger vorliegt als drei oder vier DIN A 4-Seiten bedrucktes Papier.

Und mit dieser Halbherzigkeit, diesem Mangel an politischer Überzeugung hinter dem Modellversuch droht der Modellversuch nun auch zu scheitern. Nachdem – peinlich genug – sich zunächst nicht genügend Schulen fanden, die an diesem Modellversuch teilnehmen wollten, fehlt es nun an Anmeldungen durch Schülerinnen und Schüler. Notgedrungen musste die Ministerin die Meldefrist bis Mitte dieser Woche verlängern.

Diese Zurückhaltung von Schulen und Schülern spricht aber keineswegs gegen die Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur, sondern sie spricht gegen die Art und Weise, wie Sie diesen Modellversuch umsetzen wollten. Von vornherein gab es weder eine konzeptionelle Klarheit der Landesregierung über das was sie wollte, noch eine professionelle Vorbereitung des Modellversuchs. Das Ergebnis war Unsicherheit und Verwirrung bei Eltern, Schülern und Schulen. Viele Eltern – das wissen wir aus erster Hand – haben ihre Kinder auch deshalb nicht angemeldet, weil sie vermuten, dass die Schulzeitverkürzung in Schleswig-Holstein am Ende keine Perspektive haben wird. Viele Schulen haben sich an dem Modellversuch nicht beteiligt, weil sie Angst hatten, dass die Schüler und Schülerinnen an Schulen abwandern, an denen das Abitur in 13 Jahren noch angeboten wird. All dies hätte man vermeiden können, wenn man von vornherein sich für die generelle Einführung der Schulzeitverkürzung entschieden hätte. Dann hätte es keinen Wettlauf der Schulen um die Schüler gegeben. Man hätte sich dann aber die Mühe machen müssen, das Gymnasium insgesamt den Bedingungen der Schulzeitverkürzung anzupassen. Das beginnt mit der Überarbeitung der Lehrpläne. Diese, meine Damen und Herren, ist nämlich keine Folge der Schulzeitverkürzung, sondern deren Voraussetzung.

Eine Schulzeitverkürzung muss man richtig angehen, man muss sie grundsätzlich angehen. Und hier haben Sie eine Chance verpasst. Aus diesem Grund nehmen wir den Fehlstart bei der Schulzeitverkürzung zum Anlass, eine Grundsatzdebatte zur Weiterentwicklung des Gymnasiums herbeizuführen. Es ist unsere feste Überzeugung, dass man es nicht allein bei einer Verkürzung der Schulzeit auf organisatorischem Wege belassen kann, sondern dass man die Gelegenheit nutzen muss, um weitere zwingend notwendige Weiterentwicklungen am Gymnasium anzupacken. Man kann nicht im 12-Monats-Rhythmus Schularten verändern und deshalb sollten wir diese Gelegenheit nicht verstreichen lassen, wenn wir nicht wollen, dass sich der qualitative Abstand zu anderen Bundesländern auch vergrößert.

Der Ausgangspunkt unserer Überlegungen ist ein inhaltlicher. Es ist die Frage, ob vor allem die durch die Reformen der 70er Jahre geprägte reformierte Oberstufe noch den Anforderungen einer neuen Zeit genügt. Diese neue Zeit ist geprägt durch schnelle Verfallszeiten spezialisierten Wissens und der Erkenntnis, dass wir bei internationalen Vergleichsstudien vor allem für die mathematischen naturwissenschaftlichen Fächer bestenfalls nur noch für mittlere Plätze gut sind.

Als CDU-Fraktion ziehen wir daraus die Schlussfolgerung, dass wir eine Schwerpunktverlagerung brauchen, nämlich von der frühen fachlichen Spezialisierung in der Oberstufe hin zu einer breiteren Grundlagenbildung. Aus diesem Grund wollen wir, wohl wissend, dass die Wahlfreiheiten bereits eingeschränkt wurden, einen noch breiteren Pflichtfächerkanon bis zum Abitur, indem wir dafür sorgen wollen, dass noch eine weitere Fremdsprache bzw. Naturwissenschaft bis zum Abitur belegt werden muss. Und durch die Einführung eines fünften Abiturprüfungsfaches, wobei wir es bei den weiteren Beratungen anheim stellen wollen, ob es ein mündliches oder schriftliches sein soll, wobei wir derzeit stärker für ein mündliches tendieren. Zweck dieser Forderungen ist es vor allem den Fremdsprachen und fast noch wichtiger den Naturwissenschaften einen breiteren Raum zu geben.

Dies folgt zum einen der Erkenntnis, dass es sich ein Industrieland wie Deutschland nicht dauerhaft erlauben kann, dass wir massenhaft Studienplätze in den Naturwissenschaften und in den technischen Studiengängen zur Verfügung stellen, ohne dass sich genügend Nachwuchsakademiker dafür interessieren. Wenn wir diesem Trend nicht entgegensteuern, kriegen wir bald eine Green-Card für alles was mit Technik zu tun hat.

Doch die Forderung nach der Stärkung der Naturwissenschaften ist keineswegs allein ein ökonomischer Reflex, wie uns ja immer unterstellt wird, sondern mehr. In einer immer stärker naturwissenschaftlich und technisch geprägten Welt gehören Naturwissenschaften und Technik in einem stärkeren Maße zur Grundlagenbildung, als es vielleicht bis dato der Fall war. Ein weiterer Punkt ist ebenso von Bedeutung, nämlich der Übergang von dem Gymnasium zur Hochschule. Neuesten Statistiken der KMK konnten wir entnehmen, dass die Zahl der Abiturientinnen und Abiturienten, die später studieren werden und wollen, in fast schon dramatischer Weise gesunken ist – von 82 auf jetzt 68 %. Wir meinen, dass es zum Profil des Gymnasiums gehören muss, Schülerinnen und Schüler nicht nur zum Studium zu befähigen, sondern sie auch zum Studium hinzuführen. Aus diesem Grund glauben wir, dass eine verbindliche Studienberatung an den Schulen durch die Hochschulen eine Orientierung über Möglichkeiten und Auswahl von Studiengängen geben kann. Im optimalen Fall kann daraus eine Verkürzung der Studienzeiten das Vermeiden von Studienabbruch und eine bessere Information über spätere Arbeitsmarktaussichten resultieren.

Mit diesem Antrag wollen wir eine Diskussion über das Profil der Schulart Gymnasium mit ihnen beginnen. Wir wissen, dass das ein weiter Weg ist und dass wir unterschiedliche Herangehensweisen haben. Wir sind ermutigt dadurch, dass unsere Initiative zum Profil der Hauptschule am Ende ja doch zu Bewegung zu führen scheint. Gleiches haben wir mit dem Gymnasium vor und deshalb wollen wir als ersten Schritt heute diese Grundsatzdebatte initiieren.