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01.12.00
10:51 Uhr
Landtag

Arens zur "Jugend im Landtag": "Aufstehen und sich einmischen ist erwünscht!"

D E R L A N D T A G SCHLESWIG - HOLSTEIN 159/2000 Kiel, 1. Dezember 2000

S p e r r f r i s t : Redebeginn Es gilt das gesprochene Wort!


Landtagspräsident Heinz-Werner Arens: „Aufstehen und sich einmischen ist erwünscht!“
Kiel (SHL) – Am Sonnabend, 2. Dezember 2000, kommen ab 10:00 Uhr im Plenarsaal des Landtages über 60 Jugendliche aus dem ganzen Land zur 14. Veranstaltung von „Jugend im Landtag“ zusammen. In sei- ner Begrüßung sagt Landtagspräsident Heinz-Werner Arens:

„Ein so jugendliches Plenum darf ich genau einmal im Jahr hier begrüßen – nämlich immer, wenn ‘Jugend im Landtag’ tagt. Ich freue mich, dass es nun schon zum 14. Mal gelungen ist, die Sessel der Landtagsabgeordneten mit Jugendlichen aus dem ganzen Lande zu besetzen. Die Veranstaltung hat schon eine gewisse Tradition in unserem Landtag, aber zur Routine unter dem bekannten Motto ‘same procedure as every year’ wird sie nicht werden.
In diesem Jahr haben wir Neuland betreten, indem wir 20 Plätze der 75 frei ausgeschrieben haben. Die Resonanz darauf war gut und mit Jan Junge ist einer von diesen Jugendlichen sogar zum Präsidenten der heutigen Veran- staltung gewählt worden. Das nennt man wohl eine Blitzkarriere! Herzlichen Glückwunsch auch von mir dazu!
Aufgrund der guten Erfahrung mit dem neuen Verfahren fühlen wir uns ermu- tigt, über die Vereine, Verbände und Schülervertretungen hinaus auch Ju- gendliche über die Medien anzusprechen und einzuladen. Und noch etwas ist in diesem Jahr als neue Entwicklung hervorzuheben: So international wie heute war ‘Jugend im Landtag’ noch nie: Gäste vom Jugendparlament aus Kaliningrad, aus Polen und aus Schweden sind unserer Einladung gefolgt. 2

Darüber freue ich mich sehr und darf die Sie ausdrücklich und herzlich bei uns begrüßen!
Ein solcher Besuch ist lebendiger Ausdruck der Zusammenarbeit im Ostsee- raum. Das gegenseitige Kennenlernen von Jugendlichen aus den Ländern um die Ostsee ist eine wichtige Voraussetzung für die wachsende Partnerschaft. Die Ostseekooperation ist ein politisches Anliegen, das dem Schleswig- Holsteinischen Landtag insgesamt sehr wichtig ist. Denn: Sie ist ein Projekt der Zukunft – und damit ganz besonders der Jugend.
Den hohen Stellenwert der Jugendpolitik im Ostseeraum können Sie auch daran ablesen, dass die 10. Konferenz der Ostseeparlamentarier im Sep- tember nächsten Jahres in Greifswald sich insbesondere mit den Erwartungen junger Menschen an die Politik befassen wird. Wir sind außerdem dabei, eine Ostseejugendstiftung ins Leben zu rufen, um Jugendaustausch und - begegnung in den Ostseeanrainerstaaten zu unterstützen. Hierbei leistet das Ostseejugendbüro in Kiel wertvolle Arbeit, um das Projekt mit Leben zu füllen.
Es tut sich also viel in Sachen Jugend und Europa – und wir aus Schleswig- Holstein sind aktiv dabei. Aktiv sein und Politik durch eigene Beiträge zu gestalten ist etwas, von dem eine Bürgergesellschaft zehrt, wenn sie ihrem Namen Ehre machen will. Die Bürgergesellschaft müssen wir uns durch Enga- gement immer wieder erarbeiten. Sie ist ein demokratisches und zugleich dy- namisches Gesellschaftsmodell, das vom Mitmachen lebt.
Das Gegenmodell ist die Zuschauergesellschaft, in der sich die Masse der Bevölkerung die Wirklichkeit aus den diversen Medien holt. Diese Realität a- ber ist gefiltert und vorsortiert. Die Bürgerinnen und Bürger sind dabei dann nicht die Subjekte, sondern die Objekte von Politik. Alle, die heute hier sitzen, geben sich mit einem Platz auf dem Fernsehsessel nicht zufrieden, auch wenn er in der ersten Reihe steht. Sie wollen direkte Interaktion und Aktion. Dabei wollen wir sie als Landesparlament gerne unterstützen und Ihnen den Rahmen dafür zur Verfügung stellen.
Alle, die heute hier mit diskutieren und beschließen, bekunden damit ihr Inte- resse, sich einzumischen. Ein großer Teil von Ihnen hat in Borgwedel die An- träge erarbeitet, zu denen noch eine Vielzahl von Änderungsanträgen vorge- legt wurden. Für Diskussionsstoff ist heute also gesorgt.
Lassen Sie mich aus aktuellem Anlass noch etwas zum Rechtsextremismus in unserer Gesellschaft sagen. Wir haben in der vergangenen Woche dazu ein Forum veranstaltet, an dem auch viele Schülerinnen und Schüler beteiligt wa- ren. In der Vorbereitung zur heutigen Veranstaltung haben Sie sich ebenfalls damit beschäftigt, wie man den Rechtsextremismus politisch und gesellschaft- 3

lich bekämpfen kann. Die rechtsextreme Szene hat mit Unterstützung durch die NPD einen von ihnen so genannten ‘Kampf um die Straße’ ausgerufen. Diese Szene hat zwar offenkundig nicht an Masse zugenommen, aber die Brutalität der Auseinandersetzungen ist gewachsen. Neben dem, was Politik an Jugendarbeit und Politischer Bildungsarbeit unterstützen kann, ist jede und jeder Einzelne von uns gefordert, rechtsextremem Tun nicht tatenlos zuzu- schauen. Es ist verständlich, wenn man sich nicht traut, in beobachtete Ge- walttaten einzugreifen. Aber es muss in unserem Handy-Zeitalter doch möglich sein, die bekannte Rufnummer der Polizei zu wählen und dort Hilfe anzufor- dern.
Auch hier ist also aufstehen und sich einmischen erwünscht! Insofern ist das erhoffte Verbot der NPD allenfalls ein Teilstück in der Strategie gegen den Rechtsextremismus. Ebenso wichtig ist es, in der Gesellschaft präventive Ar- beit zu unterstützen und die Integration von Menschen aus anderen Ländern weiter voran zu bringen. Ganz entscheidend wird sein, dass es immer wieder gelingt, Jugendlichen eine Perspektive zu geben – beruflich und gesellschaft- lich. Dazu müssen vorhandene Mitspracherechte genutzt und sinnvoll erweitert werden. Jugendliche verlangen zu recht, ernst genommen und in Entscheidun- gen, die sie betreffen, einbezogen zu werden. Ihr Interesse daran haben Sie auch in Ihren Anträgen für die heutige Sitzung zum Ausdruck gebracht. Ich denke, wir Politiker sind gut beraten, diese Anregungen in unsere Arbeit mit einzubeziehen!
Nicht zuletzt dafür stehen die anwesenden Abgeordneten des ‘echten’ Land- tags Ihnen zur Verfügung. Auch aus dem Präsidium des Altenparlamentes sind Vertreterinnen und Vertreter heute wieder dabei, um den Kontakt zwischen beiden Generationen zu pflegen und ihre Erfahrungen euch jungen Menschen anzubieten. Ich begrüße Sie alle ganz herzlich hier!
Abschließend möchte ich Sie mit einem Zitat von Kurt Tucholsky ermuntern, sich selbstbewusst in die Politik einzubringen. Tucholsky sagte: ‘Lass dir von keinem Fachmann imponieren, der dir erzählt: ‘Lieber Freund, das mache ich schon 20 Jahre so!’ Man kann eine Sache auch 20 Jahre lang falsch machen!’
In diesem Sinne wünsche ich uns allen einen produktiven Tag!“
Herausgeber: Pressestelle des Schleswig-Holsteinischen Landtages, Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel, Postf. 7121, 24171 Kiel, Tel.: (0431) 988- Durchwahl -1163, -1121, -1120, -1117, -1116, Fax: (0431) 988-1119 V.i.S.d.P.: Dr. Joachim Köhler, E-Mail: Joachim.Koehler@ltsh.landsh.de. Internet: http://www.sh-landtag.de