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17.11.00
11:21 Uhr
CDU

TOP 21 Jost de Jager: Nichtverbeamtung kostet den Bildungshaushal t 120 Mio. DM

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.landsh.de/cdu-fraktion/ e-mail:fraktion@cdu.landsh.de
PRESSEMITTEILUNG Nr. 437/00 vom 17. November 2000
TOP 21 Jost de Jager: Nichtverbeamtung kostet den Bildungshaushalt 120 Mio. DM im Jahr 1995 zog die Regierung Heide Simonis aus, die Welt zu verbessern. Lehrer, so das Reformkonzept, sollten keine Beamte mehr sein, sondern Angestellte – koste es, was es wolle. Den Anfang unter den alten Bundesländern würde Schleswig-Holstein machen und mit dem Haushaltsjahr 1995 wurden junge Lehrer dann auch nicht mehr als Beamte eingestellt, sondern ausschließlich als Angestellte und oft auch nur mit ¾- Verträgen, der sogenannten Zwangsteilzeit.
Aber der Plan war noch ehrgeiziger. Bundesweit sollte die Entbeamtungspolitik Schleswig-Holsteins Schule machen. Deshalb wurde 1996 eine Bundesratsinitiative gestartet.
Das trostlose Ende dieses ehrgeizigen Plans findet sich auf Seite 7 des Berichts der Landesregierung „Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern“. Dort heißt es: „Allerdings gibt die bisherige Behandlung der schleswig-holsteinischen Gesetzesinitiative für eine Änderung dieser (erforderlichen) Verfassungsbestimmung wenig Anlass, kurz- oder mittelfristig eine Verständigung auf Bundes- und Länderebene zu erwarten, die die für eine Verfassungsänderung erforderlichen Mehrheiten gewährleisten würde“. Und der allerletzte Satz dieses knappen Berichts heißt schlicht und trübe „Auch unabhängig von verfassungsrechtlichen Fragestellungen dürfte daher die Bereitschaft sich einschränkend auf ein Status festzulegen (unter den anderen Bundesländern) nicht vorhanden sein“.
In der Tat: Abgesehen von den neuen Bundesländern, in denen in punkto Schülerentwicklung und Lehrerbedarf komplett andere Verhältnisse herrschen als in den alten Bundesländern, praktiziert jedes Bundesland die eine oder andere Form der Verbeamtung bei der Einstellung von Lehrern. Entweder werden junge Lehrer von vornherein verbeamtet oder sie werden zwar als Angestellte eingestellt, erhalten aber eine sichere Option auf die Verbeamtung. Ich sage das ohne Triumphgeheul, sondern eher als eine Feststellung und damit als schlichtes Fazit unter einem jahrlangen Streit, den wir auch hier im Parlament des öfteren geführt haben. Ich weiß, dass insbesondere die Ministerpräsidentin für sich selbst immer noch der Auffassung ist, dass sie Recht hatte und alle anderen Länder falsch liegen. Nur muss die Frage erlaubt sein, warum sich keiner ihrer Parteikollegen dieser Initiative anschließen wollte. Das Scheitern der Entbeamtungspolitik auf Bundes- und Landesebene festzustellen, hat eine schwerwiegendere Bedeutung als nur parteipolitisches Geplänkel. Denn die Entbeamtungspolitik hat in Schleswig-Holstein für die Schulen bleibende Schäden hinterlassen:
1. Über 5 Jahre hinweg sind dem Bildungshaushalt insgesamt 120 Mio. DM vorenthalten worden, die an den Schulen und an den Hochschulen dringend gebraucht worden wären. Ich weiß, dass Sie jetzt mit Ihren Pensionskosten und Rentenbeiträgen kommen. Doch festzuhalten bleibt: Zu einem Zeitpunkt, wo Investitionen in das Bildungswesen in Schleswig-Holstein dringend erforderlich gewesen wären, in einem Zeitraum, wo man Planstellen hätte schaffen müssen, wo man Lehrstühle hätte halten müssen, wo man in die Multimedia-Ausstattung hätte investieren müssen, haben Sie das Geld lieber in das Experiment Ihrer Entbeamtungspolitik gesteckt als in die vorgesehenen Haushalte. Das nicht einmal die 1.000 Lehrerstellen, die mittelfristig geschaffen werden sollen, nicht ausreichen werden, um die Unterrichtsversorgung zu verbessern, ist ein Versäumnis aus diesen Jahren. Wenn man rechtzeitig vorgebeugt hätte, hätte es zu dieser Unterrichtsunterversorgung im Lande nicht kommen müssen und insofern sind die 5 Jahre Entbeamtungspolitik ursächlich mitverantwortlich für die Defizite in der Unterrichtsversorgung hier im Lande.
2. Der Bericht stellt im Fazit auf Seite 6 zu Recht fest: „Der Beschäftigungsstatus ist für Länder ein Instrument, mit dem sie auf die Bedingungen des Arbeitsmarktes für Lehrkräfte reagieren. Parallel zu den Veränderungen bei Angebot und Nachfrage wird dieses Instrument in erster Linie pragmatisch eingesetzt.“ Stimmt. Nur das Land Schleswig-Holstein hat über Jahre hinweg dieses Instrument falsch und eben nicht pragmatisch eingesetzt mit der Folge, dass junge Lehrer, die wir dringend gebraucht hätten, abgewandert sind. Den Fehlbedarf, vor allem an jungen Berufsschullehrern, den Umstand, dass es uns in den vergangenen Jahren nicht gelungen ist, die Referendariatsplätze im berufsbildenden Bereich zu besetzen, die Tatsache, dass wir jetzt die Diplomingenieure zu Lehrern machen müssen, um den Bedarf zu decken, rührt alles aus der Zeit. In Niedersachsen und auch in Hamburg wurden den jungen Berufsschullehrern Beamtenplanstellen angeboten und sie haben sie wahrgenommen.
Und wer in der Einstellungspraxis von jungen Lehrkräften solche Bedingungen schafft wie das Land Schleswig-Holstein zwischen 1995 und 1999, der darf sich nicht darüber wundern, dass junge Menschen davon Abstand nehmen, ein Lehramtsstudium aufzunehmen.
Ergebnis ist ein absehbarer Lehrermangel – nicht nur in dem Bereich der beruflichen Schulen, sondern, mit Händen zu greifen, auch für die Grund- und Hauptschulen. Und er wird sich ausbreiten. Es wird Jahre dauern, bis wir die abschreckenden Signale aus der Zeit zwischen 1995 und 1999 abgebaut und umgekehrt haben. Und insofern hat die Entbeamtungspolitik auch hier eine Mitverantwortung für den Lehrermangel, den es geben wird, ich sage nicht die alleinige, aber die Mitverantwortung.
Wir wollen in den künftigen Bildungsdebatten, auch hier im Landtag, nicht die Schlachten der Vergangenheit schlagen. Wir werden sie aber sehr wohl an Ihrer Verantwortung für Ihre bildungspolitischen Entscheidungen erinnern, sei es, dass sie von der Ministerpräsidentin getroffen oder von der ehemaligen Fraktionsvorsitzenden unterstützt wurden. Und nach diesem Bericht, meine Damen und Herren, fordern wir Sie auf, ziehen Sie Ihre glücklose Bundesratsinitiative doch einfach zurück.