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17.11.00
10:38 Uhr
CDU

TOP 20 Heinz Maurus: Nach zwei Jahren nicht besser gewappnet

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.landsh.de/cdu-fraktion/ e-mail:fraktion@cdu.landsh.de
PRESSEMITTEILUNG Nr. 436/00 vom 17. November

TOP 20
Heinz Maurus: Nach zwei Jahren nicht besser gewappnet
Am 25. Oktober 1998 geriet der Holzfrachter „Pallas“ vor der dänischen Küsten in Brand und strandete vier Tage später vor Amrum, ein Mensch verlor sein Leben, nur 100 Tonnen ausgelaufenes Öl verunreinigte Strände und brachte 60.000 Vögel in den Tod. Ein relativ kleines Schiff und ein relativ kleiner Seeunfall brachte monatelang Stoff für die Medien, beschäftigte einen Untersuchungsausschuss, zahlreiche Arbeitsgruppen, Kommissionen und Ausschüsse. Es sollte eigentlich allen Beteiligten und Verantwortlichen doch aufgezeigt haben, wo die Schwachstellen im Seeunfallmanagement und die damit zusammenhängenden Handlungserfordernissen liegen.
Doch was ist? Wir müssen zwei Jahre nach der Havarie der Pallas feststellen, dass wir heute nicht viel besser zur Bewältigung solcher Seeunfälle gewappnet sind, als vor zwei Jahren. Und wenn es hierfür noch eines letzten Beweises bedurft hätte, dann liegt er nun in Form des vorgelegten Antrages der Regierungsfraktionen, Drucksache 15/533, vor.
Deutlicher kann man es doch schon gar nicht mehr machen. Mit Formulierungen wie - der Landtag begrüßt, dass mit einer Neuausrichtung des Unfall- und Katastrophenmanagement für die Nord- und Ostsee begonnen wurde, oder - erste wichtige Teilschritte zur Schaffung der Entscheidungsstruktur zur Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit und zur Verbesserung der Feuerlöschfähigkeit eingeleitet wurden, oder - eine Initiative zur Neuorganisation des Unfallmanagements und zur Verbesserung der Schiffsicherheit im Bereich des Tankschiffverkehrs ergriffen wurde,
und mit der Bekräftigung zum Teil mehrfach in diesem Hause bereits gefasster Beschlüsse, wird doch nur eines deutlich, nämlich dass wir unser Ziel zur Optimierung des Managements der Organisation und der Handlungskonzepte zur Bewältigung von Seeunfällen bisher nicht erreicht haben.
Also weiß Gott kein Grund zum Begrüßen und zum Jubeln, sondern eher zum mit Nachdruck tätig werden. Ich sage Ihnen auch für meine Fraktion klar und deutlich, wir haben kein Verständnis mehr für die immer wieder aufflammenden Kompetenzstreitigkeiten, Ressortegoismen und engstirniges Kirchturmdenken, wenn es darum geht Kräfte und Mittel zu bündeln.
Es ist schlichtweg nicht nachvollziehbar, weshalb die geforderte einheitliche Küstenwache neuer Art noch keinen Millimeter vorangekommen ist und nicht einmal die Kompromissempfehlung der Grobecker-Kommission abschließend bewertet sind. Es kann doch nicht sein, dass Sie zur beschlossenen einheitlichen Küstenwache neuer Art trotz eines klaren Auftrages des Parlaments bis heute keine konzeptionellen Überlegungen angestellt haben.
Und wenn ich mir den uns vorliegenden Bericht der Landesregierung ansehe, dann frage ich mich auch, ob Sie überhaupt richtig davor sind. Mit Drucksache 14/2515 vom 4. November 1999 haben wir beschlossen, dass die Landesregierung beim Bund darauf hinwirken möge, dass in der Deutschen Bucht ein leistungsfähiger Hochseeschlepper dauerhaft stationiert wird. Sie berichten, dass der Wirtschaftsminister Schleswig-Holsteins am 9. Dezember 1999 seinen Bundeskollegen gebeten habe, im Hinblick auf die Pallas-Havarie einen lückenlosen Übergang für ausreichende Notschleppkapazitäten in der Deutschen Bucht sicherzustellen . - Was ist das denn? - Es ging uns gemeinsam um die dauerhafte Bereitstellung eines leistungsfähigen Hochseeschleppers und nicht die Schaffung eines Übergangs für ausreichende Notschleppkapazitäten. „Neuwerk“, „Mellum“, „Scharhörn“, diese sogenannten Mehrzweckschiffe, die Tonnen legen, Öl sammeln und vieles mehr und dann auch noch als Notschlepper konzipiert sind, sind nicht in der Lage bei schwerem Wetter das Geschäft eines professionellen Hochseeschleppers auf der Nordsee zu erfüllen. Dies hat sich mehrfach bestätigt. Oder glauben Sie etwa im Ernst, dass es zum Beispiel am 3. Dezember letzten Jahres einem dieser Schiffe gelungen wäre, bei Windstärke von mehr als 12 die „Lucky Fortune“, die manövrierunfähig vier Seemeilen vor Sylt trieb, auf den Haken zu bekommen? Hierzu war nur ein leistungsfähiger Hochseeschlepper in der Lage.
Ich kann Ihnen hier nur sagen, ich wundere mich denn doch, wie mit den von uns gefassten Beschlüssen von dieser Landesregierung umgegangen wird. Es bedarf hier nun nicht einer erneuten Beschlussfassung, die ist bereits dreimal zu diesem Punkt - präzise formuliert - hier in diesem Hause und in nahezu allen Westküstengemeinden und –kreistagen erfolgt. Hier bedarf es jetzt der politischen Zielvorgabe und Umsetzung durch die Regierung. Es kann doch nicht sein, dass die alten Diskussionen um Schleppkapazitäten oder Notschleppkapazitäten, die in Konzepten des Bundes durch Verwaltungsjuristen und Baudirektoren dort eingebracht, jetzt wieder Eingang in Beschlusslagen findet. Es kann doch nicht sein, dass wieder Verwaltungsbürokratie sich entgegen aller gemachter praktischer Erfahrung und auch einvernehmlicher Beschlüsse durchsetzt. Kurzum – der hier vorgelegte Bericht macht deutlich, dass unser gemeinsames Ziel zur Optimierung der Bewältigung von Seeunfällen im Sinne der von uns gefassten Beschlüsse noch nicht erreicht ist.
Im übrigen bleibt der Bericht in Teilen selbst hinter dem der England-Delegation zur Verfügung gestellten Vermerken zur Pallas-Havarie zurück.
Das Thema „Küstenwache“ und „Hochseeschlepper“ habe ich angesprochen. Auf die geplanten Zuständigkeiten und die Alarm- und Ausrückeordnung für den Bereich „Brandschutz“ sind Sie im Bericht eingegangen, die für den Bereich der medizinischen Versorgung Verletzter haben Sie mit keinem Wort erwähnt. Beides ist bisher nicht abschließend geregelt.
Ebenso vermisse ich eine Stellungnahme zum Positionspapier der Innenminister und Senatoren der Küstenländer zur Verbesserung des Unfallmanagements im Bereich Nord- und Ostsee, insbesondere hinsichtlich seiner Umsetzung.
Landes- und Bundesregierung bleiben also nach wie vor gefordert, unserem berechtigten Anliegen und Auftrag Rechnung zu tragen im Interesse der Menschen und der Umwelt an unseren Küsten.
Wir haben bei der Bewältigung von Seeunfällen kein Beschlussproblem, sondern Landes- und Bundesregierung haben ein Umsetzungsproblem.
Von daher erachten wir es auch nicht für notwendig, bereits gefasste Beschlüsse nochmals zu bekräftigen.
Auch der von SPD und Grünen nun neu aufgeworfene Prüfauftrag zur Einrichtung eines PSSA (Particulary Sensitiv Sea Area) ist Schnee von gestern.
Die Trilaterale Wattenmeergruppe hat auf ihrer Septembersitzung unter Tagesordnungspunkt 6 beschlossen, dass von einem externen Experten eine Durchführbarkeitsanalyse zur Einrichtung einer PSSA im Wattenmeer erarbeitet werden soll. Diese Studie soll im April 2001 vorgelegt werden.
Es bedarf also keines neuen Prüfauftrages, sondern ich empfehle Ihnen einfach, im April das Papier über Ihre beteiligten Landesministerien abzufordern.
Machen wir uns aber nichts vor, nur durch die Ausweisung eines neuen Schutzgebietes wird der Schutz der Küste nicht sicherer, wie auch die Strandung eines Chemiefrachters im PSSA „Great Barrier Reef“ zeigt.
Wir beantragen die Überweisung des Berichtes sowie des Antrages von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN federführend in den Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend in den Wirtschaft- und Umweltausschuss.
Für die CDU-Landtagsfraktion erkläre ich noch einmal deutlich: „Jetzt müssen den Worten endlich Taten folgen.“