TOP 3 und 25: Klaus Schlie: Eingriff bleibt sachlich nicht gerech tfertigt
LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.landsh.de/cdu-fraktion/ e-mail:fraktion@cdu.landsh.dePRESSEMITTEILUNG Nr. 421/00 vom 15. November 2000TOP 3 und 25 Klaus Schlie: Eingriff bleibt sachlich nicht gerechtfertigtIn der Regierungserklärung hatte die Ministerpräsidentin zum Verhältnis zu den Kommungen u. a. folgendes ausgeführt: „Und schließlich müssen wir auch mit den Kommunen darüber sprechen, welchen Teil sie zu diesem Kraftakt für Schleswig-Holstein beitragen werden. Mir liegt an einer sachlichen Diskussion um eine gerechte Finanzverteilung zwischen Land und Kommunen“.Die Kernaussagen einer „sachlichen Diskussion“ und einer „gerechten Finanzverteilung“ zwischen Land und Kommunen waren aber offensichtlich nur Floskeln. Bereits bei der Frage, ob eine mit Fachleuten besetzte Enquete-Kommission in einem sachlichen Beratungsprozess über die „Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen dem Land und den Kommunen und den Kommunen untereinander“ beraten und Ergebnisse vorlegen sollte, oder ob ein von der SPD eilig aus dem Hut gezauberter Sonderausschuss im Schnelldurchgang Ergebnisse für den Landeshaushalt 2001 fabrizieren sollte, düpierten die Sozialdemokraten im Hohen Haus nicht nur die Kommunalpolitiker und wie üblich die Opposition, sondern auch den grünen Koalitionspartner.Wir erinnern uns noch sehr gut, dass am Anfang auch die Grünen für eine sachgerechte Beratung der Problematik nur in einer Enquete-Kommission waren. Der im Koalitionszwang durchgesetzte Sonderausschuss sollte dann das von der Landesregierung vorgegebene Ziel argumentativ begründen, dass es den Kommunen im Land angeblich finanziell besser gehe als dem Land selbst.Den Beteiligten im Sonderausschuss sind sicher noch die wenig glorreichen Auftritte des Finanzministers Klaus Möller und des sogenannten Kommunalministers Klaus Buß in Erinnerung, als sie nacheinander zwei grandiose politische Bauchlandungen machten und sich von den Vertretern der Kommunalen Spitzenverbände und den Oppositionsvertretern dezidiert nachweisen lassen mussten, dass die These, dass es den Kommunen finanziell besser gehe als dem Land, falsch ist. Die Auftritte der Minister waren einerseits entlarvend peinlich, andererseits konnte jedoch der Beweis dafür erbracht werden, dass ein Eingriff in die Finanzen der Kommunen – gleich in welcher Höhe – sachlich nicht gerechtfertigt war und ist.Trotzdem beschloss der Sonderausschuss, dass „unter Berücksichtigung der dramatischen Haushaltssituation des Landes den kommunalen Gebietskörperschaften ein Beitrag zur Konsolidierung des Landeshaushalts ohne Änderung des Verbundsatzes im kommunalen Finanzausgleich zugemutet werden muss.“Die Grünen, dies möchte ich auch heute nochmals betonen, waren dabei allerdings wenigstens ehrlich, indem Frau Heinold und Herr Steenblock im Pressedienst vom 10. 07. 2000 u. a. erklärten: „Aus Grüner Sicht gibt es hierfür „nur“ eine politische Begründung, die in der Schwerpunktsetzung und in der Nettoneuverschuldung des Landes liegt.“ Dies ist das ehrliche Bekenntnis, dass Rot-Grün Landespolitik auf Kosten der Kommunen gestalten will und dass die Finanzpolitik der letzten Jahre keine Konsolidierungs-, sondern eine Verschuldungspolitik war.Dieses Eingeständnis der Grünen ist zwar für die Kommunen auch nicht hilfreich, immerhin aber ehrlich.Schon der Sonderausschuss beschloss dann einen Prüfungsauftrag an die Landesregierung. Das Ergebnis liegt uns im vorliegenden Bericht vor.In der Folge zu diesem Willkürbeschluss des Sonderausschusses beschloss die Landesregierung dann ebenso willkürlich, die Höhe des Eingriffs in die kommunalen Kassen auf 4 x 100 Millionen DM festzulegen. Es hätten auch 4 x 140 Millionen DM sein können - vielleicht tut das dem Finanzminister heute schon leid, dann hätte er bei dem Sonderparteitagsverhinderungsbetrag von 40 Millionen DM immer noch 4 x 100 Millionen DM gehabt, um eine zehn Jahre andauernde verfehlte Finanzpolitik zu kaschieren.Der Sturm der Entrüstung war in der kommunalen Familie gewaltig. Spitzenverbände, Gemeindevertretungen, Kreistage, Kreispräsidenten, Landräte, Bürgermeister protestierten – parteiübergreifend - mit einer Stimme, machtvoll und ohne Ansehen der Person.Die Ministerpräsidentin interessierte das alles nicht, in einer dem Amt nicht angemessenen Arroganz verkündete sie noch am 12. 10. 2000 trotz sich schon abzeichnender erheblicher Steuermehreinnahmen für das Land in der Dithmarscher Landeszeitung u. a. „Wenn es Mehreinnahmen gibt, dann zur Senkung der Neuverschuldung. Und nicht zur Versöhnung der Kommunen. Also: Wir müssen Nerven behalten – und durch.“Wenn man diese Aussage der Ministerpräsidentin in Beziehung zu Artikel 49 der Landesverfassung stellt, in dem der verfassungsmäßige Anspruch auf einen angemessenen und aufgabenbezogenen Finanzausgleich festgeschrieben ist, dann muss man daran zweifeln, Frau Simonis, ob Sie Ihren Amtseid verstanden haben. Durch den unbegründeten Eingriff in die Finanzausgleichsmasse, gleich in welcher Höhe, ist die Arbeit der Enquete-Kommission ad absurdum geführt, der in der letzten Legislaturperiode gemeinsam formulierte Kostenausgleichsgrundsatz des Artikels 49 Abs. 2 ist ausgehöhlt und somit bedeutungslos geworden und die sich aus unserer Landesverfassung und dem Grundgesetz abgeleitete Finanzausstattungspflicht der Kommunen seitens des Landes ist gravierend verletzt worden.Der nun am Wochenende auf einer SPD-Sonderkonferenz ausgehandelte sogenannte Kompromiss mag vordergründig als ein Sieg der SPD-Kommunalpolitiker über die rot-grüne Landesregierung betrachtet werden.Bei einer nüchternen und sachlichen Bewertung der Ergebnisse dieser außerparlamentarischen Konferenz kann man die Ergebnisse weder als Kompensationen noch als Erfolg der Kommunalpolitik bewerten.• Verzicht des Landes auf die Beteiligung der Kommunen an der Unterhaltsvorschusskasse; diese Beteiligung wäre ohnehin nach unserer Verfassungssystematik ungerechtfertigt und somit unzulässig gewesen, weil es sich hier völlig unzweifelhaft um eine durch Landesgesetz veranlasste Erweiterung der zur Erfüllung nach Weisung übertragenen Aufgabe, nämlich „Durchführung des UVG“ handelt, auf die das Konnexitätsprinzip Anwendung findet.• 15 Millionen DM aus dem KIF in das FAG; die Mittel des KIF sind ohnehin kommunale Eigenmittel. Hier und bei dem nächsten Punkte wäre es so, als würde der Dieb versuchen, den Diebstahl dadurch wieder gutzumachen, dass er dem Bestohlenen Geld von dessen Sparbuch überweist.• 500 Millionen DM in den nächsten 5 Jahren für die Sanierung der Schulen; 50 % aus den Schulbaufördermitteln, 50 % aus dem KIF; dies ist keine Kompensation, sondern ohnehin eine sachliche Notwendigkeit – oder hätten wir vielleicht unsere Schulen verrotten lassen wollen? Mittelfristig führt dieser Vorschlag dazu, dass der KIF geplündert wird und somit die dauerhafte Investitionskraft der Kommunen geschmälert wird. Wir brauchen in diesem Land tatsächlich eine wirksame und durchgreifende Deregulierung und eine Funktionalreform. Durch die von Rot-Grün geplante Doppelsicherung bei einer möglichen Freigabe von Standards ist aber schon jetzt klar, dass antragstellende Kommunen sowohl die Zustimmung des Innenministers als auch des zuständigen Fachministeriums beantragen müssen. Damit ist schon jetzt klar, dass es zu einer politisch ideologischen Blockade seitens des Landes kommen wird. Die dicken Brocken bei der Deregulierung liegen u. a. in den Bereichen Umwelt, Gleichstellung, Mitbestimmung, Kindertagesstätten und Jugendzahnpflege. Wenn Sie es ehrlich meinen würden, würden Sie keinen Genehmigungsvorbehalt des Landes in dieser Weise einbauen. Mit dieser auch von Herrn Hay verbündeten Regelung wäre eine grüne oder rot-grüne Blockade bei bestimmten Politikfeldern vorprogrammiert und die groß verkündete „Standardöffnung“ wäre einmal wieder eine Nullnummer.• Vorgezogene Auszahlung von 25 Millionen DM Steuermehreinnahmen an die Kommunen, statt 2002 schon 2001; ein Entgegenkommen – aber bei weitem keine Kompensation, weil dies Geld ohnehin den Kommunen zusteht;• und die Freigabe von Standards bei über 1.000 Verordnungen; dies ist nun allerdings überhaupt keine Maßnahme, um den Griff in die kommunalen Kassen zu kompensieren.Die Deregulierung, die Standardabsenkung und die Aufgabenübertragung im Zuge der Funktionalreform sind notwendige Strukturentscheidungen, um die kommunale Selbstverwaltung zu stärken und die politischen Handlungsspielräume zu erweitern.Die Aussage des SPD-Fraktionsvorsitzenden Lothar Hay in einem RSH-Interview am Sonntag, dass er sich nach der möglichen Standardfreigabe und sich daraus ergebenden Einschränkungen – etwa in Kindertagesstätten - darauf freue, dass die Demonstrationen dann nicht mehr vor dem Landeshaus, sondern vor den Rathäusern stattfinden, ist blanker Zynismus und entlarvt die wahre Absicht. Die Verantwortung des Landes soll auf die Kommunen abgeschoben werden. Aufgabenwegfall und – reduzierung müssen das Land und die Kommunen gemeinsam definieren, gemeinsam festlegen und gemeinsam politisch verantworten und gegenüber den Bürgern gemeinsam vertreten, ansonsten verkommt die so oft beschworene Schicksalsgemeinschaft zwischen dem Land und den Kommunen völlig.Dies gilt vor allem dann, wenn das Land die Kommunen finanziell ausblutet und ihnen die Grundlage nimmt, um die ihnen zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen.Kurz hinweisen möchte ich noch darauf, dass eine Verlagerung der Jugendhilfekostenbeteiligung des Landes in das FAG für Kreise und kreisfreie Städte den Charakter von „allgemeinen Deckungsmitteln“ hätte, was Nachteile vor allem hinsichtlich der Verbindlichkeit des Kostenersatzes nach sich ziehen könnte.Wir lehnen es ab, dass die Jugendhilfekosten als neuer Vorwegabzug in das FAG aufgenommen werden, weil dadurch die eindeutige Mitverantwortung des Landes in diesem Bereich unkenntlich wird.Bezogen auf den Bericht der Landesregierung möchte ich nur zwei weitere Bereiche kurz ansprechen:Erstens: Zum einen die sachlich begründete Notwendigkeit, im interkommunalen Finanzausgleich eine Regelung zu finden, um die objektiv festgestellte Benachteiligung einzelner Kreise im Hamburger Randgebiet innerhalb des gültigen Finanzausgleichssystems zu beseitigen. Die von der Landesregierung dargestellten Lösungsmöglichkeiten haben alle erhebliche Probleme und Wirkungen für das gesamte Finanzausgleichssystem. Diese Problematik kann nur im Rahmen der Beratungen der Enquete-Kommission aufgrund des in Auftrag gegebenen Gutachtens zum FAG abschließend beraten werden.Zum anderen ist der rot-grüne Vorschlag aus dem Sonderausschuss zur Einführung einer differenziert zu erhebenden Kreisumlage zu bewerten. Wir lehnen dies grundsätzlich ab. Eine der politischen Entscheidung unterworfenen unterschiedlichen Erhebung der Kreisumlage hat nur ein Ziel, diejenigen, die so etwas vorschlagen, rechnen damit, dass hierdurch Streit innerhalb der kommunalen Familie entsteht, der von der Grundsatzproblematik - nämlich der mangelnden Finanzzuweisung durch das Land – ablenkt.Zusammenfassend stelle ich fest:1. Die SPD-Kommunalpolitiker, die noch vor wenigen Tagen getönt haben, dass sie den Eingriff ins FAG verhindern werden, haben den Mund zu voll genommen, allen voran der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik, der Stormarner Landrat Klaus Plöger.2. Die als Erfolg der Kommunalpolitiker verkauften Maßnahmen stellen keine Kompensation des 240-Millionen-DM-Eingriffs dar.3. Der Eingriff, gleich in welcher Höhe ist sachlich nicht gerechtfertigt und verstößt gegen Verfassungsgrundsätze und engt den politischen Handlungsspielraum der Kommunen in unverantwortlicher Weise ein.4. Die gesamte Aktion ist ein Eingeständnis einer jahrelangen völlig verfehlten Finanzpolitik des Landes.5. Der sogenannte Kommunalminister hat in dieser gesamten Debatte völlig versagt – er war auf politischer Dauertauchstation.6. Bei aller nüchternen Betrachtung – ich empfinde es als unverfroren, Herr Minister Möller, wenn Sie den Eingriff des Landes in die kommunalen Kassen in Ihrer gestrigen Pressemitteilung zur Nachschiebeliste als so wörtlich „Entlastung für die Kommunen“ bezeichnen. Wie weit weg sind Sie doch schon von der politischen Wirklichkeit in diesem Land. Man kann sich ja im Zuge des politischen Überlebenskampfes selbst belügen, aber man darf Tausende von ehrenamtlich tätigen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker nicht verhöhnen. Und es ist eine Verhöhnung und Verdummung sondergleichen, wenn Sie schreiben, dass die Umsetzung Ihrer Verneblungsmaßnahmen dazu führen wird, dass die Finanzausgleichsmasse 2001 um 9,7 Millionen DM steigen und danach wieder übliche Steigerungsraten aufweisen wird. Ein wenig tun Sie mir auch leid, Herr Möller.7. Die Ministerpräsidentin ist nun endgültig demontiert. Frau Simonis: Sie sind handlungsunfähig, Ihre Zeit ist vorbei.8. Der angeblich neue Star der Sozialdemokraten im Land, der SPD- Fraktionsvorsitzende Lothar Hay trägt die gesamte Verantwortung mit. Sie, Herr Hay, sichern doch mit der SPD-Fraktion hier im Landtag die Politik dieser Landesregierung ab. Sie sind in dieser Angelegenheit nicht unbeteiligter Moderator, Sie sind voll verantwortlich Handelnder.