Untersuchungsausschuss: Dicke Bretter sind in Wirklichkeit aus Pappe
Südschleswigscher Wählerverband Schleswig-Holsteinischer Landtag im Schleswig-Holsteinischen Landtag Düsternbrooker Weg 70 D - 24105 Kiel Tel. (0431) 988 13 80 Fax (0431) 988 13 82PRESSEINFORMATION SSW-Landtagsvertretung Norderstr. 74 D – 24939 Flensburg Tel. (0461) 14 40 83 00 Fax (0461) 14 40 83 05 Kiel, d. 15.11.2000 Es gilt das gesprochene Wort Anke Spoorendonk: „Hier sollen dicke Bretter gebohrt werden, die in Wirklichkeit aus Pappe sind.“TOP 11 Erster parlamentarischer Untersuchungsausschuss (Drs. 15/500)Der SSW hat keinen Hehl daraus gemacht, dass wir die Pläne von CDU und FDP, zudem von ihnen sogenannten „Fall Rohwer-Mantik" einen Untersuchungsausschusseinzurichten, mit Skepsis sehen. Es ist das gute Recht der CDU und FDP Landtags-fraktionen einen Untersuchungsausschuss zu beantragen. Allerdings sehen wir immernoch keinen Bedarf für einen solchen Ausschuss. Das Instrument des parlamen-tarischen Untersuchungsausschusses wird hier wirklich strapaziert.Untersuchungsausschüsse sind das schärfste Schwert des Parlamentarismus. So istjedenfalls die Theorie. Das Vertrauen in dieses Instrument ist allerdings nicht mehrbesonders groß, denn nicht zuletzt die vielfältigen Untersuchungsausschüsse inSchleswig-Holstein haben den berechtigten Eindruck erweckt, es ginge hier um einpolitisches Kampfinstrument. Sicherlich wäre es naiv anzunehmen, es könne imUntersuchungsausschuss ausschließlich um objektive Wahrheitsfindung gehen. Wennin diesen Ausschüssen aber das Ansinnen, den politischen Gegner anzuschwärzen, der Internet: http://www.ssw-sh.de; e-mail:info@ssw-sh.de aufklärerischen Tätigkeit so gut wie keinen Raum mehr lässt, dann wird diese Arbeitsinnlos. Sie wird sogar schädlich, weil sie zum negativen Image von Politikerinnenund Politikern beiträgt und damit der Demokratie schadet.Aus unserer Geschichte müssten wir eigentlich lernen, dieses Instrument wirklich nuranzuwenden, wenn die Schwere des Vorfalls es begründet und keine andere Möglich-keit zur Aufklärung besteht. Diese anderen Möglichkeiten sind im vorliegenden Fallnicht ausgeschöpft worden. Es wäre klüger gewesen, die von der CDU angegebenenoffenen Fragen durch eine erneute Vorladung des Wirtschaftsministers Rohwer imInnen- und Rechtsausschuss zu klären, bevor wir zum schärfsten Schwert greifen. Mansollte die Proportionen wahren. Hier sollen aber dicke Bretter gebohrt werden, diein Wirklichkeit aus Pappe sind.Sicherlich, auch wir wissen nicht, wie es wirklich zugegangen ist in jenen Tagen imMai. Aus unserer Sicht deutet zur Zeit aber nichts darauf hin, dass etwas vorgefallensein könnte, was die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum jetzigenZeitpunkt begründet.Selbstverständlich hat die Vermutung des Kollegen Kubicki, die Treffen nach dem 11.Mai seien für Verschleierungsmaßnahmen der Landesregierung genutzt worden, etwasBestechendes. Sie ist allemal spannender als die Darstellung des Wirtschaftsministers.Der Kollege Kubicki bekommt jetzt die Gelegenheit, seine These im Untersuchungs-ausschuss zu verfolgen. Ob sie sich wirklich im Rahmen dieses Gremiums belegenlässt, ist aber sehr fraglich. Internet: http://www.ssw-sh.de; e-mail:info@ssw-sh.de Die Fragestellung des Ersten Parlamentarischen Untersuchungsauschusses lässterwarten, dass die ominösen Tage im Mai minutiös durchleuchtet werden. DieKolleginnen und Kollegen im Ausschuss werden reichlich Gelegenheit bekommen,jedes Detail zu drehen und zu wenden. Ich hoffe, dass man es trotzdem noch schafft,ab und zu die Lupe wegzulegen und den großen Zusammenhang nicht aus den Augenzu verlieren. Die bisherigen Erfahrungen mit Untersuchungsausschüssen habengezeigt, dass es nicht leicht ist, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Genau dieseLeistung wird den Ausschussmitgliedern aber abverlangt. Jede Information wird ander zentralen Frage zu messen sein, ob Herr Rohwer im Umgang mit den Ermittlungengegen Staatssekretär Mantik falsch gehandelt hat. Allein darum muss es gehen. HerrMantik wird bereits von der Staatsanwaltschaft in Lübeck betreut. Gegenstand desUntersuchungsausschusses kann daher nur sein, ob möglicherweise Minister Rohwerund/oder anderen Mitglieder der Landesregierung in diesem Zusammenhangerhebliche Verfehlungen vorzuwerfen sind.Ich hoffe, dass alle Mitglieder des Ersten Parlamentarischen Untersuchungs-ausschusses ihre Rolle als Aufklärerinnen und Aufklärer ernst nehmen. Ich appellierewirklich an alle, nicht schon während der Ausschussarbeit politische Bewertungen insSpiel zu bringen, wie es teilweise vorher in anderen Untersuchungsausschüssengeschehen ist. Es wäre fatal, wenn der Eindruck entsteht, dass hier ein Ausschussgegründet worden ist, um eine zusätzliche Bühne für politische Profilierung zubekommen. Damit schaden wir nur uns selbst, denn das Schwert Untersuchungs-ausschuss wird stumpf, wenn es als Forum seriöser Aufklärungsbemühungen keineAchtung mehr findet. Zudem wird, wer bei jeder mutmaßlichen Verfehlung gleichnach einem Untersuchungsausschuss ruft, irgendwann einmal nur schwer vermittelnkönnen, dass wirklich ein bedeutender Vorfall vorliegt. Internet: http://www.ssw-sh.de; e-mail:info@ssw-sh.de Deshalb wollen wir nicht hinnehmen, dass parlamentarische Untersuchungsausschüssezum reinen politischen Kampfinstrument verkommen. Sollte sich wirklich heraus-stellen, dass im Ausschuss wieder nur die Parteitaktik im Vordergrund steht, dann wirdder SSW sich dafür stark machen, über eine neue Form der Untersuchung nachzu-denken. Abgeordnete des SSW haben in diesem Haus bereits mehrfach darauf hinge-wiesen, dass Untersuchungen durch unabhängige Dritte einen höheren Gehalt anAufklärung versprechen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der SSW in diesem Hausganz allein darum bemüht ist, eine faire Aufklärung politischer Affären undangeblicher „Fälle“ zu sichern.Wir werden der Einsetzung des Untersuchungsausschusses zustimmen, weil wir sehen,dass der politische Wille zu diesem Ausschuss besteht - auch wenn wir die objektiveNotwendigkeit nicht unbedingt zu erkennen vermögen. Als Minderheit sind wir abergewohnt, Mehrheitsentscheidungen zu achten, und deshalb werden wir selbstverständ-lich auch konstruktiv in dem Untersuchungsausschuss mitarbeiten.Ich hoffe, dass man dort trotz unterschiedlicher Parteiinteressen gemeinsam an derKlärung der Sachverhalte arbeitet und zu angemessenen Konklusionen kommt, die ineinem vernünftigen Verhältnis zu diesen Sachverhalten stehen. Eine Schlussfolgerungist jetzt schon vorauszusehen: Am Ende der Ausschussarbeit wird die Konklusionstehen, dass „Bestra-Vermerke“ zukünftig in keinem Fall mündlich oder schriftlichweitergegeben werden dürfen. Wenn das aber alles ist, was der Untersuchungs-ausschuss produziert, wenn weitere Konsequenzen nicht erforderlich oder erwünschtsind, dann war der heutige Beschluss ein Fehler. Internet: http://www.ssw-sh.de; e-mail:info@ssw-sh.de