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29.09.00
11:16 Uhr
SPD

Hermann Benker zu TOP 13: Bundeswehrstrukturreform

Sozialdemokratischer Informationsbrief


Landtag Kiel, 29.09.00
aktuell Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn



Hermann Benker zu TOP 13:

Bundeswehrstrukturreform


Es liegen uns heute drei Anträge zu diesem Thema vor, ein Berichtsantrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 29. Juni 2000, eine Ergänzungsfrage des SSW vom 11. Juli.2000 und ein resolutionsartiger Antrag der CDU vom 1. September 2000. Die ersten beiden sind beschlossen und werden umgesetzt. Wozu also der Antrag der CDU?

Eigentlich kann keinem dieser Anträge heute gefolgt werden, weil die Entscheidungen in Berlin noch nicht gefallen sind und der CDU-Antrag zu einseitig nach Parteitaktik riecht. Hier hätte ich mich gefreut, wenn wir eine gemeinsame Resolution hätten errei- chen können. Dennoch muss zu diesem Punkt etwas gesagt werden, weil zwischen- zeitlich bereits eine Reihe von Spekulationen die Runde machen und Abgeordnete, insbesondere der Opposition, sich als Kaffeesatzleser betätigen.

Dies ist kein Begriff von mir, sondern diesen Begriff hat dieser Tage auch Admiral Feist in seiner Abschiedsrede als Kommandeur des WBK I genannt. Aus diesem Grund werden wir uns an Fakten halten, die einmal dargelegt werden müssen. Dazu gehören folgende Tatsachen:
Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion und SPD-Landesvorstand Verantwortlich: Manfred Schröder Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



1. Veränderungen, die sich aus der Strukturkommission ergeben, werden erst am 01. Januar 2002 beginnen und voraussichtlich in einem Zeitraum bis 2004 umgesetzt werden und nicht jetzt.

2. Der Einzelplan 14 des Bundeshaushaltes weist für 2001 im organisatorischen Um- fang lediglich eine Reduzierung um 6.744 Soldaten auf bei einer Stärke von 339.356 Soldaten. Das ist die Stärke nach Art. 87a des Grundgesetzes. Die soge- nannten geheimen Erläuterungen liegen noch nicht vor. Sie würden aber auch nichts an dieser Gesamtzahl verändern, sondern erläutern nur einzelne Titel.

3. Die Grobplanungen für Stationierungsentscheidungen werden Ende September, also in wenigen Tagen, spätestens Anfang Oktober vorliegen. Die Gespräche, die die CDU fordert, werden geführt. Auch deshalb ist dieser Antrag hinfällig.

4. Die endgültige Stationierungsentscheidung, also der Abschluss der Feinplanung, soll zum Ende des Jahres 2000 fallen, d. h. die Umsetzung wird letztlich nicht vor dem Frühjahr 2001 erfolgen. Entscheidend ist in dieser Vorphase: Was können wir bewegen und worauf haben wir uns einzustellen?

Wenn wir von „der Bundeswehr“ sprechen, dann sprechen wir immer

1. Von den Streitkräften mit ihren Soldaten 2. von der Bundeswehrverwaltung mit den zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern 3. von der Wehrtechnik 4. von den Zulieferern.

Der CDU-Antrag spricht nur von der Wehrpflicht, berührt also die Bandbreite der Bun- deswehr überhaupt nicht und ist auch deshalb abzulehnen. Die Bundeswehr ist vielfäl- tiger, als die CDU uns mit ihrem Antrag Glauben machen möchte. -3-



So werden sich die Auswirkungen der Wehrstrukturreform unterschiedlich auf jeden dieser Bereiche darstellen. Für Schleswig-Holstein ist es daher wichtig, dass wir uns nicht nur auf die Zahl der Berufs- und Zeitsoldaten spezifizieren oder auf die Frage „Wehrpflicht ja oder nein“, sondern darauf, welche Auswirkungen Stationierungsent- scheidungen auf die Struktur Schleswig-Holsteins haben werden.

Gehen wir davon aus, dass jedes Land beim Verteidigungsminister dafür werben wird, dass seine Garnisonen erhalten bleiben sollen. Wir werden also über diese allgemeine Forderung hinaus spezifische Faktoren in die Diskussion einbringen müssen, um die negativen Auswirkungen auf Schleswig-Holstein zu mindern. Dazu gehört die Über- zeugung, dass es hier nicht nur um betriebswirtschaftliche Reduzierungen im Sinne der Bundeswehr gehen kann, sondern auch um eine volkswirtschaftliche Betrach- tungsweise bei eventuellen Schließungen.

Gesunde Strukturen sollten nicht auf dem Altar der Konzentrationswünsche geopfert werden, sondern erhalten bleiben. Dazu gehört das Wehrbereichskommando Küste mit seiner einmaligen Struktur: Es sind alte und neue Bundesländer vertreten. Es umfasst den gesamten Bereich der Teilstreitkraft der Marine. Es hat Ausstrahlung, Verbindungen, Kontakte und Integrationsaufgaben in den Ost- seeraum hinein nicht nur nach Dänemark, sondern auch nach Polen und in einem zu- künftigen Friedensprozess auch in die baltischen Staaten. Allein aus diesen sachlichen Argumenten ergibt sich natürlich der Standort Kiel, auch für die dazugehörige Wehrbe- reichsverwaltung. Einmalig ist z. B. die Struktur der wassergebundenen wehrtechnischen Dienststellen in Schleswig-Holstein, weil sie zur maritimen Wirtschaft unmittelbare Verbindungen ha- ben. Es macht Sinn, in der Diskussion mit dem Verteidigungsminister auf lebensfähige Strukturen zu achten. Es kann hier nicht um Willkür oder Gefälligkeitsentscheidungen gehen, wie wir sie bei der Reduzierung der Bundeswehr vor zehn Jahren erlebt haben. Bei allem Sinn für Zentralisierung darf man nicht übersehen, dass die Integration der -4-



Bundeswehr in die Gesellschaft, der Familien von Soldaten und Mitarbeitern der Bun- deswehr in ihren Garnisonstädten in einem Umfang gelungen ist, die es nötig macht, auch diese gewachsenen Strukturen bei der Entscheidung zu beachten. Deshalb kann man nicht nur die Forderung nach einer Panzerbrigade oder dem Wehrbereich Küste in eine Resolution einbringen.

Strukturänderungen, wie sie uns auch in Schleswig-Holstein bevorstehen, eignen sich nicht für den parteipolitischen Streit, sondern hier empfiehlt sich schleswig- holsteinische Geschlossenheit, um die Argumentation glaubwürdiger zu machen. In diesem Sinne fordere ich die Opposition auf, mit ihren Gerüchten und Auf-den-Busch- klopfen aufzuhören. -5-



Anhang:

1. Die zahlenmäßige Stärke der Streitkräfte und hier die Anzahl der Planstellen für Zeit- und Berufssoldaten sind das wesentliche Element in unseren Garnisons- städten. Darüber hinaus ergänzt sie die Zahl der Wehrpflichtigen und der Wehr- übenden.

2. Die Bundeswehrverwaltung, gliedert sich eigentlich in drei Bereiche, nämlich a) die reine Administration, das sind Wehrbereichsverwaltung, Wehrbe- reichsgebührnisamt, Truppen- und Standortverwaltung sowie

b) die Hilfsdienste, auf die die Bundeswehr nicht verzichten kann, die aber der Bundeswehrverwaltung zugeordnet sind. Dazu gehören z. B. der geo- physikalische Beratungsdienst oder zivile Stellen im Sanitätsdienst. Diese Dienste können bei Einsätzen im Ausland durchaus auch militärisch be- setzt werden.

Zur Bundeswehrverwaltung zählen aber auch
c) die Behörden des wehrtechnischen Bereiches, die wehrwissenschaftlichen Institute, die wehrtechnischen Dienststellen und das Marinearsenal.

3. Es ist mit der Bundeswehr immer auch die Wehrtechnik betroffen. Das ist zwar, wenn wir auf die Werften gucken, ein absolut eigenständiger Bereich, aber er ist personell nur durch die Bauaufsichten mit der Bundeswehr verkoppelt, lebt je- doch allein durch die Aufträge der Bundeswehr.

4. Der Zulieferbereich in den Garnisonen wird als erster den Weggang von Bun- deswehreinheiten zu spüren bekommen. Dabei stellt sich für viele Kleinbetriebe manchmal auch die Existenzfrage, sei es für Bäcker oder für Gaststätten. -6-