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28.09.00
10:12 Uhr
Landtag

Ostseeparlamentarierkonferenz: Vorsitz auf Schleswig-Holstein übergegangen

D E R L A N D T A G SCHLESWIG HOLSTEIN M I T T E I L U N G E N

123/2000 Kiel, 27. September 2000 S p e r r f r i s t : Redebeginn Donnerstag, den 28. Sept. 2000, 10:00 Uhr Es gilt das gesprochene Wort



Ostseeparlamentarierkonferenz: Vorsitz auf Schleswig-Holstein übergegangen
Kiel (SHL) – In seiner Rede vor dem Schleswig-Holsteinischen Landtag berichtete Landtagspräsident Heinz-Werner Arens über die Teilnahme an der diesjährigen Ost- seeparlamentarierkonferenz im schwedischen Malmö:
„Die 9. Ostseeparlamentarierkonferenz vom 4. und 5. September dieses Jahres war nicht nur durch ihre Ortswahl von besonderer Bedeutung, sondern auch vom Zeitpunkt her, an dem sie stattfand.
Das Motto der Konferenz war: Ostseekooperation – Brücken in die Zukunft. Was lag näher, als das eigentliche Konferenzgeschehen auf der einen Seite der neuen Brücke über den Öresund stattfinden zu lassen – in Malmö –, und mit einem Empfang auf der anderen Seite – in Kopenhagen auf Christiansborg – zu beginnen?
Diese Brücke ist, wie eine amerikanische Zeitung es formulierte, ein „Symbol für ein ver- eintes Europa“. Sie ist in der Tat ein Sinnbild für die Annäherung von Schweden und Dä- nen, ein Sinnbild für die Anbindung des skandinavischen Raumes an Mitteleuropa und ein Sinnbild für die Regionen in Europa als die eigentlichen Kraftzentren. Zu diesem Sinnbild für die Regionen passte auch die inhaltliche Orientierung der 9. Ostseeparlamentarier- konferenz auf die Nördliche Dimension und deren Chancen und Herausforderungen für die regionale und subregionale Zusammenarbeit.
Der Verlauf der Konferenz war stärker parlamentarisch geprägt, als dies in der Vergan- genheit der Fall war. Zum ersten Mal wurde zeitweilig in zwei Arbeitsgruppen getrennt be- raten, mit den Themenschwerpunkten ‘Transeuropäische Netze’ und ‘Grenzüberschreitende Zusammenarbeit’. Aus den Delegationen und aus den Arbeits- gruppen flossen die Beratungsergebnisse in die Schlussresolution ein.
Lassen sie mich die wichtigsten Punkte dieser Resolution nennen: Neben der grundsätzli- chen Forderung nach der Stärkung und dem Ausbau der regionalen und subregionalen -2-


Zusammenarbeit finden Sie die Forderung nach einer Intensivierung des Jugendaustau- sches und der Schaffung einer Ostseejugendstiftung. Als Keimzelle dieser Stiftung kann möglicherweise das schon bestehende Ostsee-Jugendsekretariat in Kiel dienen, auf das die Resolution ausdrücklich Bezug nimmt.
Weiterhin wird die Bildung einer Ring-Universität rundherum um die Ostsee vorgeschla- gen. Teilnehmen soll mindestens je eine Hochschule aus den zehn Ostsee- Anrainerstaaten.
Eingebettet in den Bereich der Bildung ist auch die Forderung nach einer Internationalen Sommerakademie zum Thema „Die Ostseeregion im neuen Europa“. Zu dieser Idee der Sommerakademie für junge Führungskräfte aus dem Ostseeraum hat bekanntlich das Schleswig-Holsteinische Institut für Friedenswissenschaften, kurz SCHIFF, den Anstoß gegeben und der Konferenz eine grundlegende Ausarbeitung vorgelegt.
Ich habe Sie, Frau Ministerpräsidentin, hierauf in einem Schreiben besonders aufmerksam gemacht und in zweifacher Hinsicht um Unterstützung gebeten:
Zum einen, die Förderung des Projektes in Gestalt von Stipendien seitens der schleswig- holsteinischen Wirtschaft im Initiativkreis Ostsee zu erörtern, und zum andern, in einer kon- zertierten Aktion von Landtag und Landesregierung dem Bundesaußenminister als derzei- tigem Vorsitzenden des Ostseerates vorzuschlagen, dass dieser die Schirmherrschaft übernimmt. Denn hier – beginnend in Schleswig-Holstein, in der Europäischen Akademie Sankelmark – soll ein Ostseeprojekt vom Stapel laufen, das über Jahre angelegt und un- abhängig vom jeweiligen Vorsitz im Ostseerat in den ganzen Ostseeraum hineinwirkt.
Weitere Themen der Resolution sind die Kooperation im Bereich der Energie, nicht zuletzt im Bereich der erneuerbaren Energien, die Verbesserung der Transportsysteme rund um die Ostsee, der Abbau noch bestehender Handelsbarrieren und der grenzüberschreitende Kampf gegen das organisierte Verbrechen.
Eine deutliche Erweiterung erfuhr der Antrag Mecklenburg-Vorpommerns für einen besse- ren Schutz und mehr Sicherheit im Schiffsverkehr. Dieses Anliegen wurde um die Forde- rung nach einem abgestimmten internationalen Krisenmanagement erweitert.
Ich will in diesem Zusammenhang einige Sätze zu dem Vortrag von Konstantin Kosatschew, Stellvertretender Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses in der russi- schen Duma und enger Mitarbeiter des früheren russischen Ministerpräsidenten Jewgenij Primakow, sagen.
Sein Beitrag zum Konferenzbeginn wirkte wie ein Paukenschlag, als er in der Palette rus- sischer Reaktionsmöglichkeiten auf eine angeblich fortgesetzte Missachtung seiner Nation bei wichtigen internationalen Entscheidungen das Mittel der Aggression nicht ausschloss. -3-


Er beklagte aber nicht nur die Isolation Russlands: die letzte Entscheidung, an der Russ- land gleichberechtigt beteiligt worden sei, sei die Entscheidung zur Wiedervereinigung Deutschlands gewesen. Er lehnte auch den Beitritt weiterer Länder zur Nato ab.
Gleichwohl betonte der Duma-Abgeordnete, dass eine Vertiefung der europäischen Integ- ration, die einher gehen müsse mit dem Ausschöpfen des Vertrages über die Zusammen- arbeit und Partnerschaft zwischen Russland und der Europäischen Union, gute Vorausset- zungen für eine gesamteuropäische Wirtschafts- und Rechtsstruktur berge.
Alles in allem bin ich optimistisch, dass die Zusammenarbeit mit Russland – auch und be- sonders im Rahmen der Ostseeparlamentarierkonferenz – eine positive Dimension hat. Russland ist nicht die erste Großmacht in der Geschichte, die Probleme hat, ihre neue Rolle in der Weltpolitik zu finden und zu akzeptieren.
Die 9. Ostseeparlamentarierkonferenz begreift die in der Abschlussresolution enthaltenen Forderungen nicht als Selbstzweck. Sie sind, wie es in der Resolution heißt, Forderungen, die sich an die eigenen Parlamente und Regierungen richten. Und ich will hinzufügen, auch an die Europäische Union.
Und damit möchte ich auch etwas zu dem Zeitpunkt bemerken, an dem die Konferenz stattgefunden hat. Einen Tag vor Beginn der Konferenz erschien in der Süddeutschen Zei- tung das Interview mit EU-Kommissar Günther Verheugen. Betrachtet man dieses Inter- view unter dem Gesichtspunkt publizistischer Reaktionen, so war es ein gewaltiger Erfolg – aber es ist ein zwiespältiger Erfolg: Bewertet man dieses Interview und die von ihm aus- gelösten Reaktionen unter dem Gesichtspunkt der Erwartung der Beitrittsländer, ist eine Konsequenz aus meiner Sicht unabdingbar:
Die Europäische Union und ihre zuständigen Gremien sind gut beraten, alsbald einen rea- listischen Fahrplan für die Erweiterung der EU vorzulegen. Es kann nicht sein, dass jede Jahreszahl genannt werden darf, aber keine konkret oder nachvollziehbar ist. In den bei- trittswilligen Ländern führt dies zu Verunsicherung, Misstrauen und letztlich zu Resignation.
Ich möchte an dieser Stelle Bronislaw Geremek zitieren. Er war von 1997 bis zum Juni 2000 polnischer Außenminister und leitet seitdem im Sejm den Parlamentsausschuss für die Angleichung an das EU-Recht. In einem Gastkommentar vom 16. September 2000 in der Zeitung DIE WELT schreibt Geremek:
‘Der polnischen Öffentlichkeit stellt sich immer wieder die Frage – und ich füge hinzu: nicht nur der polnischen Öffentlichkeit: Warum kommen im Erweiterungsprozess gerade jetzt ständig neue Schwierigkeiten auf? Da wird gesagt, erst müssten die Institutionen der Uni- on reformiert werden; auch müsse die Öffentlichkeit überzeugt werden, dass der Beitritt den heutigen Zustand der Union nicht gefährdet. Ich halte beide Fragen für begründet; bei- des ist notwendig. Und beides ist gerade eine Aufgabe der politischen Eliten, der Instituti- onen, der Regierungen und der Kommission.’ -4-


Dieser Ansicht kann ich nur voll und ganz zustimmen. Und ich füge hinzu: Es ist eine Her- ausforderung auch an die Parlamente und ihre internationale und interregionale Zusam- menarbeit.
Vor uns liegt nun nicht nur die Aufgabe, die Umsetzung der Forderungen von Malmö bei Parlamenten, Regierungen und EU einzufordern. Wir müssen der Ostseeparlamentarier- konferenz und ihrer Arbeit auch ständig ein Sprachrohr und eine Sprecherrolle geben. Ge- spräche mit dem Ostseerat, mit den Brüsseler Institutionen, aber auch mit Nichtregie- rungsorganisationen stehen im Arbeitsprogramm des Standing Committee, des perma- nenten Lenkungsgremiums der Ostseeparlamentarierkonferenz.
Mit der Konferenz von Malmö sind bis zur 10. Ostseeparlamentarierkonferenz in Greifwald am 3. und 4. September 2001 der Vorsitz in der Konferenz und das Sprecheramt für das Standing Committee auf Schleswig-Holstein übergegangen.
Dies ist viel Ehre, aber auch viel zusätzliche Arbeit für mich und meine Mitarbeiter. Aber eben auch: eine Chance für Schleswig-Holstein.
Schleswig-Holsteins Rolle in der Ostseekooperation ist ja bekannt und anerkannt. Ich will meinen Vorsitz nutzen, um in der Vorbereitung der nächsten Konferenz möglichst umfas- send den in unserem Land vorhandenen Sachverstand in Sachen Ostseekooperation zu nutzen. Damit meine ich nicht nur das Parlament, sondern alle Bereiche in unserem Land, soweit sie sich mit der Ostseekooperation befassen.“



Herausgegeben von der Pressestelle des Schleswig-Holsteinischen Landtages, Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel, Postfach 71 21, 24171 Kiel, Tel. (0431) 988- Durchwahl App. -1163, -1121, -1120, -1117, -1116, Fax (0431) 988-1119 V.i.S.d.P. Dr. Joachim Köhler, Internet: http://www.sh-landtag.de - E-Mail: Joachim.Koehler@ltsh.landsh.de