Wolfgang Kubicki: Haushalt ist der in Zahlen gegossene Beweis des politischen Scheiterns von ROT-GRÜN
F.D.P. L a n d t a g s f r a k t i o n Schleswig-Holstein 1 Christian Albrecht Pressesprecher V.i.S.d.P. F.D.P. Fraktion im Nr. 191/2000 Schleswig- Holsteinischen Landtag Landeshaus, 24171 Kiel Kiel, Mittwoch, 27. September 2000 Postfach 7121 Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497 Sperrfrist: Redebeginn E - Mail: fraktion@fdp-sh.de Internet: http://www.fdp-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!Wolfgang Kubicki: Haushalt ist der in Zahlen gegossene Beweis des politischen Scheiterns von ROT-GRÜNIn seiner Rede zu TOP 2 und 44 (Erste Lesung Haushalt 2001) sagte der vorsitzende der F.D.P.-Landtagsfraktion, Wolfgang Kubicki: Presseinformation „Es stimmt tatsächlich. Die Welt ändert sich rasend schnell.Zu Beginn dieses Jahres war Schleswig-Holstein noch ganz vorne. Die wahlkämpfenden Sozialdemokraten mit der Ministerpräsidentin an der Spitze zogen durchs Land und verbreiteten ihre Erfolgsmeldungen. Schleswig-Holstein überall vorn, egal ob Wirtschaft, Soziales oder öffentliche Verwaltung.Blühende sozialdemokratische Landschaften so weit das Auge reichte.Und heute? - Wo steht das Land? Oder besser gefragt: Wo steht das Land tatsächlich?Wie viel sind die Jubelmeldungen heute noch wert? Wenn wir uns die Presse der letzten Tage und Wochen so anschauen, dann befürchte ich: nicht viel.Frau Ministerpräsidentin, wie erklären sie sich die Tatsache, dass sich die finanzielle Situation des Landes seit Jahren relativ zu den anderen Bundesländern verschlechtert?Warum stimmen die „Schleswig-Holstein-vorn-Erklärungen“ immer weniger mit der Wirklichkeit überein?Im Mai 2000 sagte der ansonsten sehr geschätzte Wirtschaftsminister dieses Landes noch, dass er für das Jahr 2000, so wörtlich „eine Wachstumsrate von über drei Prozent für Schleswig-Holstein für erreichbar“ halte.Warum ist Schleswig-Holstein plötzlich das Schlusslicht bei der Wirtschaftsentwicklung im ersten Halbjahr 2000 mit real 1,3 % Wachstum? 2 Warum hat das Bauhauptgewerbe in Schleswig-Holstein mit einem Minus von 5 % den größten Rückgang aller westdeutschen Länder bei der Bruttowertschöpfung zu beklagen, während selbst Länder wie das Saarland noch Zuwächse zu verzeichnen haben?Das muss etwas mit Ihrer Politik zu tun haben, denn wenn es ausnahmsweise einmal gut läuft, dann ist dies doch auch nur der großen Weitsicht der Landesregierung zu verdanken.Die F.D.P. ist in der Tat der Meinung, dass diese Entwicklung etwas mit der Politik der Landesregierung zu tun hat.Wer jahrelang wichtige Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen zerredet, wer Zukunftstechnologien wie die Gen- und Biotechnik einseitig verteufelt, wer in einer international verflochtenen Welt auf provinzielle Sonderwege setzt, der darf sich nicht wundern, wenn die Ergebnisse genau so sind, wie sie eben sind.Es steht zu befürchten, dass wir es nicht mit statistischen Ausreißern zu tun haben. Das wissen Sie wohl selbst. Denn die Erklärungen des Wirtschaftsministers, die ihm vorliegenden Eingangszahlen aus dem verarbeitenden Gewerbe ließen auf eine baldige wirtschaftliche Erholung schließen, sind genauso seriös wie ein Blick in die Glaskugel.Nein, hier verfestigen sich Tendenzen.Warum entwickelt sich Schleswig-Holstein im Länderfinanzausgleich denn nach einem kurzen Intermezzo bei den Gebern seit Jahren mit immer größeren Beiträgen zum Nehmerland? Doch bestimmt nicht, weil wir besser geworden sind und die anderen uns eine Erfolgsprämie zahlen.Im Gegenteil. Der Länderfinanzausgleich zeigt es überdeutlich. Unsere Position verschlechtert sich relativ zu den anderen Bundesländern.Wir haben diese Debatte schon so oft geführt, Frau Ministerpräsidentin. Ohne Erfolg, wie man sieht.Natürlich findet in Schleswig-Holstein Strukturwandel statt. Das bestreitet doch auch niemand. Aber das ist nicht der Kern des Problems. Wir werden in Itzehoe mit Unterstützung des Landes eine Chipfabrik bekommen, die 200 Arbeitsplätze schafft. Das ist gut, das ist richtig. Aber es reicht nicht.In Sachsen hat die Firma AMD mit massiver Unterstützung des Freistaates eine Fabrik mit 1200 Arbeitsplätzen errichtet. Die Frage ist doch, ob der Strukturwandel so schnell erfolgt, dass das Land seine relative Position im Vergleich zu anderen zumindest halten kann. Noch nicht einmal das gelingt.Es ist langsam auffallend, dass Schleswig-Holstein immer nur in regierungsamtlichen Statistiken auf dem vorderen Rang liegt.Es sind die kleinen und unspektakulären Erklärungen, Frau Ministerpräsidentin, die so entlarvend sind. So war vor wenigen Tagen von Ihnen eine Äußerung zu lesen, dass künftig kein Vorhaben mehr vom Kabinett verabschiedet werden wird, das nicht auf die Möglichkeit der Mitfinanzierung durch die EU geprüft wurde.Nachdem die Kompetenz für die Europapolitik auf die Staatskanzlei übertragen wurde, liegt der Politikschwerpunkt auf der Überprüfung, wo man noch 3 Mark 50 für das Land herausholen kann, nicht etwa auf der Sinnhaftigkeit oder der Zukunftsfähigkeit des Projekts. 3 Es ist bezeichnend, dass ihr erster Gedanke nicht darauf zielt, Schleswig-Holstein unabhängig von Fördertöpfen zu machen. Sie sind jetzt auch gedanklich bei den Verlieren angekommen. Deutlicher hätte man die inhaltliche und finanzielle Bankrotterklärung nicht machen können.Wie will diese Landesregierung Aufbruchstimmung erzeugen, wie will sie die Wirtschaft überzeugen, dass sie hier im Land investiert, wenn sie in ihrem eigenen Beritt mit ihren Reformvorhaben scheitert.Schleswig-Holstein hat sich sehr früh mit dem Thema Verwaltungsmodernisierung auseinandergesetzt. Was ist passiert?Statt Vorteile für das Land zu erarbeiten wurden Vorurteile auf Kosten des Landes umgesetzt.Das Leitbild: War da noch was? Der Pensionsfonds: Sang und klanglos aufgelöst. Die Funktionalreform: Eingeschlafen. Der Immobiliendeal: Vom Bundesverfassungsgericht gestoppt. Die Entbeamtung: Mit 300 Millionen Mark Miesen wieder einkassiertUnd zu allem Überfluss hat die Landesregierung in der inneren Sicherheit auch noch den COMPAS verloren.Alle zentralen so genannten Modernisierungsvorhaben sind an der Normativität der Fakten oder durch Entscheidungen oberster Gerichte gestoppt worden.Einzig und allein die Modernisierungsrhetorik ist übrig geblieben. Auf Dauer wird das als Ersatz für Politik zu wenig sein.Schleswig-Holstein ist das Land, das Heißluft atmet, nicht Zukunft. Marketing statt Marktorientierung, Wellness statt Bildung.Zitat: „Wann immer Politiker Zahlen zu Papier bringen, ist Vorsicht angebracht – vor allem, wenn das Zahlenmaterial nicht etwa ordentlich und möglicherweise in Tabellenform als Anlage beigefügt ist, sondern wenn die Zahlen mit hohem Aufwand und ausschnittweise in den Text eingearbeitet sind.“„Das vielleicht beste Beispiel dafür sind die Informationen rund um die Haushalte in Bund und Ländern.“ „Geradezu legendär ist auch die semantische Grobheit, mit der Steuereinnahmen, deren Zuwachs geringer ausfällt als vor Jahresfrist prognostiziert, zu >Mindereinnahmen< umgepolt werden.“Meine sehr verehrten Damen und Herren, dies ist eine Passage aus einem Beitrag des in diesem Haus nicht unbekannten Journalisten Ludger Fertmann.Unter der Überschrift „Auf Manipulation gefasst sein“ beschreibt er in der SAGE & SCHREIBE Werkstatt für angehende Journalisten die Möglichkeiten der Manipulation des Lesers durch Sprache.Ich verzichte darauf, Herrn Minister Möller eine Kopie des Artikels zukommen zu lassen. Das wäre pure Zeitverschwendung, denn zur Illustration der beschriebenen Praktiken greift der Autor auf eine Erklärung des Finanzministers des Landes Schleswig-Holstein zurück.Dieser schönen Tradition der Sprachverkleisterung fühlt sich der Minister bis heute verpflichtet. 4Vor gar nicht all zu langer Zeit zogen die Ministerinnen und Minister durchs Land und kündigten die vielen Wohltaten an, die im kommenden Haushaltsjahr zu erwarten seien. Als es nichts mehr Großartiges zu verkünden gab, hat man sich zum „Modell Schweigen“ durchgerungen und der geneigten Öffentlichkeit nur noch das Nötigste mitgeteilt.Jetzt ist man in der dritten Phase angelangt.Claus Möller ist nun der selbsternannte brutalst mögliche Sparer.Der Imagewechsel weg vom Herrn der Löcher weist allerdings eine Konstante auf:Er beruht auf Zahlenschrott.Im Frühjahr des Jahres musste die geneigte Öffentlichkeit wahre Horrormeldungen aus dem Finanzministerium verdauen. Woche für Woche wurde die Haushaltslücke größer und endete letztendlich bei einer Deckungslücke von fast einer Milliarde Mark.Aber wie Scotty, der legendäre Chefingenieur des Raumschiffes Enterprise, hat sich der Finanzminister auf einen alten Trick besonnen.So wie Scotty seinem Chef Captain Kirk immer mitgeteilt hat, die Reparatur dauere mindestens 10 Stunden, obwohl er sich im Klaren darüber war, dass er es auch in 1 ½Stunden hinbekommen kann, hat der Finanzminister einfach zusammengerechnet, was die Ressorts denn so alles bei ihm angemeldet haben. Er hat dazu die globalen Mindereinnahmen der Mittelfristigen Finanzplanung addiert und mit den „Mindereinnahmen“ der Steuerreform verrührt, und fertig war das vermeintliche Milliardenloch.Heldenhaft hat Scotty Möller diese Lücke geschlossen und kräftig eingespart indem er mit den Ressorts aushandelte, dass diese das Geld, das das Land sowieso nicht hat, auch nicht ausgeben können.Dieser Weg sollte vom Finanzminister konsequent weiter gegangen werden. 2002 schließt er dann eine Deckungslücke von 1,5 Milliarden und peilt in der Folge den Sprung über die 2 Milliarden Marke an.Ich möchte die Analogien nicht übertreiben, aber in der Fortsetzung der berühmten Serie ist der Captain des Raumschiffes eine Frau und der Bordingenieur hat einen Sehfehler. Er kann nur mit Hilfe einer Spezialbrille etwas sehen, wobei Gerüchte besagen, dass der bessere Durchblick durch einen besonderen gelben Filter erzeugt wird.Aber im Ernst. Was ist denn aus dem großen Sparprogramm geworden, Herr Minister?Unter der Überschrift „Finanzminister stellt Liste der gekürzten Förderprogramme vor“ findet sich folgende Berechnung der „Einsparung“:Im Jahr 2000 stehen 898,086 Millionen Mark für Förderprogramme zur Verfügung. Die Anmeldungen der Ressorts für 2001 betrugen 974, 353 Millionen. Macht Mehranmeldungen gegenüber dem Plan 2000 von rund 76,2 Millionen Mark. Diese Mehranmeldungen wurden durch den nimmermüden Einsatz des Kabinetts um 69,447 Millionen gekürzt.Wo ist nun die Einsparung? 5 Das weiß der Finanzminister allein, den ein Mehr von 76,2 Millionen verringert um 69,447 Millionen macht immer noch ein Plus von rund 6,8 Millionen Mark im Jahr 2001 gegenüber der Veranschlagung 2000. - Ludger Fertmann, übernehmen Sie.Der Finanzminister macht doch nur das, was wir in jedem Politikbereich dieses Landes begutachten können. Ganz nach dem Motto: Alles wird anders, aber es ändert sich nichts haben Sie das Gewurstel der vergangenen Jahre einfach fortgesetzt. Nur das Marketing hat sich geändert.Neu im Angebot ist die Aussage, man wolle bis 2010, 2008, 2007 oder wann auch immer einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen.Seit 1988 gibt es in diesem Land Mittelfristige Finanzplanungen von Sozialdemokraten, die einen Ausstieg aus dem Schuldenanstieg ankündigen.Die Mittelfristige Finanzplanung 1990 erwartet für 1994 einen Nettoneuverschuldung in Höhe von 657 Mio. DM, heraus kamen 1279 Millionen. 1995 ging die MifriFi von einer Nettoneuverschuldung in 1999 von 680 Mio. aus, erreicht wurden inklusive Immobilien- deal 1175 Mio. Aktuell sind wir ungefähr da, wo wir im Jahr 1994 schon einmal hätten sein sollen: Bei einer Prognose von 634 Mio. Nettoneuverschuldung für das Jahr 2004. Übrigens einschließlich der Einsparungen aus Verbeamtung der Lehrerinnen und Lehrer.Und ich kann weit und breit keinen auch nur näherungsweise nachvollziehbaren Grund erkennen, warum sich die Erfolglosigkeit der Landesregierung in der Vergangenheit plötzlich in das genaue Gegenteil verkehren soll.Es reicht auf jeden Fall nicht aus, den verbalen Schulterschluss mit Berlin zu üben und von der neuen sozialdemokratischen Solidität zu sprechen. Man muss dafür auch etwas tun.Man muss dafür etwas tun, liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen.Von Ihnen habe ich in diesem seltsamen Verfahren bis zur offiziellen Bekanntgabe der Haushaltsansätze des Finanzministers nicht viel gehört.Die Aufstellung des Haushaltes ist exekutives Handeln, kein Zweifel. Das wäre auch so lange unbedenklich, wie die regierungstragenden Fraktionen im Beratungsverfahren tatsächlich Änderungen am Entwurf vornehmen. Die kläglichen Änderungsanträge aus dem letzten Jahr zeigen aber, dass sie überhaupt kein Interesse an eigener Gestaltung mehr haben.Sie ducken sich lieber weg und nicken die Beschlüsse des Kabinetts brav ab. Deren Zustandekommen ist übrigens einem sehr interessanten Verfahren zu verdanken. Der Finanzminister kennt nicht nur jeden Haushaltstrick, er hat auch ungeahnte sprachschöpferische Talente.Er hat die Ansätze für das Jahr 2001 nicht mit dem Rasenmäher gekürzt, nein. Nobel geht die Welt zu Grunde, er hat den „Rasenmäher de luxe“ zum Einsatz gebracht. Das Edelmodell ist ein wenig stumpf, denn die Einsparungen von 70 Mio. wurden nur gegenüber den Anmeldungen und nicht gegenüber dem Soll 2000 erreicht, aber sei`s drum.Entscheidend ist das Verfahren. Und das hat mit politischen Prioritäten nun überhaupt nichts zu tun.Das Kabinett hat sich bei der Bemessung des Kürzungsvolumens an den jeweiligen Anteilen der Einzelhaushalte am Gesamthaushalt orientiert. 6 Vielleicht erklärt mir die Ministerpräsidentin oder der Finanzminister einmal, was ein solches Vorgehen mit Prioritätensetzung zu tun hat. Das ist gehobene Prozentrechnung, aber nicht mehr.Eines allerdings muss ich meinen sozialdemokratischen Kampffreunden lassen. Sie dünnen mit dieser Aktion die Haushalte mit einem hohen Anteil an unbeeinflussbaren Posten schleichend aus, denn diese müssen ihren Einsparanteil dann überproportional aus ihren disponiblen Mitteln erbringen.Damit aber nicht genug.Weiter ist in der besagten Presseerklärung zu lesen, das Finanzministerium habe alle Förderprogramme einzeln geprüft und zu dieser Prüfung einen Kriterienkatalog entwickelt. Das ist äußerst bemerkenswert. Jahrelang sah sich die Landesregierung nicht in der Lage, Aussagen über Zielerreichungsgrade oder Mitnahmeeffekte zu machen. Und jetzt das.Ich wundere mich nur, dass das Finanzministerium diesen bundesweit einmaligen Durchbruch auf dem Gebiet der Messung der Wirkungen des staatlichen „outputs“ für sich behalten hat.So viel Bescheidenheit ist für eine Regierung, die ja bekanntlich immer vorn ist, seltsam.Könnte es sein, Herr Minister, dass Sie der Öffentlichkeit und dem Parlament einen ganz großen Bären aufbinden und uns mit viel BoHay und wenig Inhalt Scheinerklärungen für ihre ganz profane Rasenmähersparmethode aufschwatzen wollen?Ich bin jedenfalls sehr gespannt, was die Landesregierung auf die Kleine Anfrage der F.D.P. zu diesem Thema zu antworten hat.Die Finanzpolitik in diesem Land leidet seit Jahren unter ein und demselben Phänomen, nur die Trikotfarbe des Bremsers ändert sich ab und an.Der Kollege Hay hat dies in einem Presseinterview in bemerkenswerter Offenheit analysiert und festgestellt, in der Vergangenheit habe die Kraft für wirkliche strukturelle Einschnitte gefehlt. Das räche sich nun. - Das stimmt.Was immer in den letzten Jahren angepackt wurde, es geschah nicht aus freien Stücken.Nicht das Ziel, durch strukturelle Veränderungen im Haushalt langfristig wieder mehr Bewegungsspielraum zu schaffen war die Triebfeder des Handelns. Nein, getrieben hat die Finanzpolitik dieses Landes immer nur eines: Das nächste Haushaltsloch.Dieses Handlungsschema wiederholt sich mit geradezu beängstigender Regelmäßigkeit.Und ewig grüßt das Haushaltsloch. Die Filmliebhaber unter uns wissen, wovon ich spreche.Jahrelang lassen sich Sozialdemokraten und Grüne für ihr Festhalten an eigentlichen unerfüllbaren Standards, Vorgaben oder Gesetzen loben. Und wenn sie sich dann endlich dazu durchgerungen haben, ihren Sonderweg zu beenden, dann ist das Zuckerl für die neugewonnene Realitätsnähe fällig.Wo stünden wir heute, wenn wir mit dem Entbeamtungsspielchen der Ministerpräsidentin überhaupt nicht erst begonnen hätten? 300 Millionen Mark sind in die Kassen der Sozialversicherungsträger geflossen, ohne dass den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landes daraus ein Vorteil entsteht. 7Jahrelang mussten sich die Oppositionsparteien beschimpfen lassen, sie würden mit der Beibehaltung des Beamtenstatus für Lehrer kommende Generationen belasten. Heute weist der Finanzminister die Einsparungen aus der Verbeamtung in der Mittelfristigen Finanzplanung aus und die Bildungsministerin erklärt, man müsse künftig keinen Lehrermangel befürchten, da die Lehrer wieder als Beamte eingestellt würden.Jahrelang war die F.D.P. die kalte Wirtschaftspartei, die alles dem Markt überlassen wollte.Jetzt, nach dem die Sozialdemokraten über lange Jahre mit viel Aufwand die ineffizienten Strukturen erhalten haben und nun langsam das Geld ausgeht, wird die Liebe zum Markt entdeckt.Telekommunikation, Bahnstrecken, Buslinien oder privat finanzierte Straßen und Brücken. Diese Politik ist, wenn sie denn konsequent umgesetzt wird, richtig.Was hätten wir uns an Zeit, Geld und vor allem unnötigen Debatten sparen können, wenn rot und grün schon früher vom Baum der liberalen Erkenntnis genascht hätten.Das Land wäre bei einer vorausschauenden Finanzpolitik überhaupt nicht in die Lage gekommen, auf Teufel komm raus alles zu verkaufen. Sturzgeburten wie der Immobiliendeal wären in dieser Form nie über das Planungsstadium hinaus gekommen.Wir hätten genügend Zeit gehabt, Modelle zur langfristigen Einsparung zu konzipieren anstatt kurzatmige Verschuldungspolitik am Haushalt vorbei zu betreiben, die in letzter Minute mit Hilfe des Bundesverfassungsgerichts gestoppt werden konnte.Oder denken wir nur an die Diskussion um die Freigabe von Standards.Jahrelang wurde den Bürgerinnen und Bürgern eingeredet, nur wenn das Land alles regelt, seien die sozialen Errungenschaften vor den bösen Haien des Kapitalismus in Form der F.D.P. sicher. - Und jetzt?Jetzt sitzen Sie in der selbst gegrabenen Falle.Die Menschen begreifen die Standardfreigabe nicht als Chance auf mehr kommunale oder persönliche Freiräume. Sie setzen die jetzige Regelung mit Besitzstandsgarantie gleich und sehen in jedweder Form der Standardfreigabe lediglich eine Standardsenkung.Es wird nicht ausreichen, verbale Freischwimmerübungen zu machen und wie der Innenminister in Interviews die Segnungen der Standardöffnung zu preisen, wenn der eigene Koalitions- partner bereits den Beton in der Frage der Gruppengröße in Kindertagesstätten anrührt.Wie viel weniger Bürokratie könnten wir heute haben, wenn wir diese Diskussion in einer Zeit begonnen hätten, in der die Kommunen nicht hinter jedem Vorschlag des Landes einen Griff in ihre Taschen vermuten hätten müssen.Mit großer Wahrscheinlichkeit hätte die Landesregierung den Kommunen und auch sich selbst den Griff in die Kasse sparen können.Das kleine Land Schleswig-Holstein hält die verbale Kraftmeierei aus, die finanziellen Folgen der roten und grünen Sonderwege aber nicht. 8 Die Finanzen des Landes sind und bleiben fußkrank.Der Haushalt für das kommende Jahr ist noch nicht einmal auf den ersten Blick ein Sparhaushalt. Die Eckdaten sind ernüchternd.Die tatsächliche Nettoneuverschuldung liegt auch im kommenden Haushaltsjahr mit 1,13 Mrd. Mark deutlich über der Milliardengrenze, da selbstverständlich die 200 Millionen aus dem Immobiliendeal mit einberechnet werden müssen.Aber selbst diesen Wert schafft der Finanzminister nur mit Hilfe einer Luftbuchung von über 400 Millionen Mark.Der Minister will, korrigieren Sie mich, Herr Minister Möller, wenn ich mich irre, LEG-Anteile im Wert von 200 Millionen Mark veräußern. Dieses Jahr haben sie es nicht geschafft, einen Anteil von 100 Millionen Mark loszuschlagen. Warum soll ihnen im kommenden Jahr der Verkauf eines noch größeren Anteils gelingen?Das Land hat die LEG durch das Notopfer von 250 Millionen so ausgequetscht, dass die Gutachter von einer 10-jährigen Konsolidierungsphase ausgingen. Hat der Ausstieg des Bundes aus der Landgesellschaft und genügt, um aus dem hässlichen Entlein LEG ein Schnäppchen für alle Jünger des shareholder-value zu machen? Oder stehen schon wieder die üblichen Verdächtigen aus der öffentlich-rechtlichen Familie bereit, um dem Land wieder einmal unter die Arme zu greifen?Noch unseriöser ist die Veranschlagung der zweiten großen Einmaleinnahme.200 Millionen Mark sind im Zusammenhang mit der EU-Entscheidung über die Inanspruch- nahme von Haftkapital durch die Landesbank veranschlagt.Im Entwurf des diesjährigen Haushalts war eine Erhöhung der Vergütung auf 68 Millionen vorgesehen. Diese Erhöhung konnte der Finanzminister gegenüber den anderen Anteilseignern nicht durchsetzen und musste sich am Ende mit 28 Millionen bescheiden.Es ist, so meine ich, unbestritten, dass die bisherige Vergütungsregelung völlig zu Recht keinen Bestand haben wird. Aber die Zahlen des Finanzministers sind völlig aus der Luft gegriffen.Herr Finanzminister, was sagen eigentlich die anderen Anteilseigner der Landesbank zu dieser Vorwegnahme der Entscheidung der EU-Kommission? Und wie verträgt sich diese Veranschlagung mit ihren glühenden Plädoyers für den Erhalt der Landesbanken und Sparkassen in Deutschland?Sie werden wohl den doppelten Doppelmöller geben müssen.So wie der Energieminister Möller aus der Atomenergie aussteigen und der Finanzminister die Atomkraftwerke möglichst lange über die Öberflächenwasserentnahmeabgabe schröpfen will, will der Beteiligungsminister den Wert der Landesbank mehren und ihr gleichzeitig als Finanzminister in die Tasche greifen.Trotz dieser windigen Operation sinkt die Investitionsquote weiter und erreicht traurige 10,1% in der Veranschlagung. Damit ist das Absacken unter die 10-Prozent-Marke im Vollzug bereits vorprogrammiert. Wie lange hält die Infrastruktur des Landes diese Politik noch durch? Wann sind die Straßen, Brücken und Gebäude so marode, dass sie überhaupt nicht mehr benutzt werden können? 9 Dies ist kein unrealistisches Horrorszenario, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ein Anruf bei der Investitionsbank genügt. Die dritte Tranche der Gebäude, die auf die I-Bank übertragen werden, enthält Gebäude mit einem negativen Wert. Die Gebäude sind so heruntergekommen, dass das Land noch dazuzahlen muss, damit sie von der I-Bank überhaupt übernommen werden.Frau Kollegin Heinold, sie äußern immer wieder, der Investitionsbegriff müsse geändert werden. Das stimmt. Aber nicht wie sie es sich vorstellen.Es hat Sinn, dass mit Investitionen weitestgehend die Anlage in Sachkapital und damit die Bildung von Kapitalvermögen gemeint ist. Wenn ich von Ihnen nun höre, man müsse etwa auch Ausgaben für Bildung als Investition klassifizieren, dann bekomme ich das kalte Grausen.Warum nur Bildungsausgaben. Auch die Kosten für die Polizei sind Investitionen: in die Zukunft, in die Sicherheit, in die körperliche Unversertheit. Eigentlich sind alle Ausgaben des Landeshaushaltes Investitionen in irgend etwas.Das Gegenteil ihrer Auffassung ist richtig. Der Investitonsbegriff müsste vom Brutto- auf das Nettoprinzip umgestellt werden. Nur dann kann er seinen Zweck, den Belastungen aus zukünftigen Zins- und Tilgungszahlungen Entlastungen aus Zukunftserträgen aus Investitionen gegenüberzustellen, auch erfüllen.Im Augenblick ist es doch so, dass wir Desinvestionen durch Vermögensverkäufe in großem Umfang haben. Diese müssen von den tatsächlich getätigten Investitionen abgezogen werden, damit ein realistisches Bild der Vermögenslage der öffentlichen Hand gezeichnet wird.Eine enge Auslegung des Vermögensbegriffs und die Anwendung des Nettoprinzips sind nötig, keine Aufweichung des Investitionsbegriffs. Sonst können wir uns die Verschuldungsgrenze des Artikels 53 der Landesverfassung gleich ganz sparen.Der Landeshaushalt verliert sowieso schon an Aussagekraft. Das lässt sich auch am Stellenhaushalt ablesen.Rein rechnerisch entfallen 146 Stellen im Landeshaushalt. Angesichts von 200 zusätzlichen Lehrerstellen wäre das zwar nicht weltbewegend, aber immerhin besser als nichts.Tatsächlich wurde die Zahl der Stellen im Haushalt aber erhöht, denn von den 146 im Landeshaushalt eingesparten Stellen gehen 153 auf Übertragungen zur GMSH zurück. Das sind keine Einsparungen, denn es ist völlig unerheblich, ob die Stellen direkt über den Haushalt oder indirekt durch Mieten des Landes bezahlt werden. Die Richtigkeit der Aussage des früheren Finanzstaatssekretärs Lohmann, in der Miete sei schon alles drin, wird damit wieder einmal eindrucksvoll, wenn auch auf andere Art und Weise als von ihm gedacht, bestätigt.Rechnerisch 146 Stellen eingespart, real 7 neu geschaffen.Genau so hat es die F.D.P. vorausgesagt. Einsparungen erreichen sie mit der verfehlten Ausgestaltung der GMSH keine, aber sie schaffen es, viele Stellen geräuschlos aus dem Haushalt des Landes zu entfernen und hinter dem Ausgabentitel „Mieten an die GMSH“ zu verstecken.Bei näherer Betrachtung entwickeln sich im Jahr 2001 nur zwei Posten erfreulich. Jedenfalls dann, wenn man sie nur unter dem Aspekt der Haushaltswirksamkeit betrachtet. Die Bundesergänzungszuweisungen steigen wie auch die Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich um jeweils etwa 50 Millionen Mark gegenüber dem Soll 2000. 10 Nur mit dem Geld des Bundes und der anderen Bundesländer kommt Schleswig-Holstein überhaupt über den Berg. Das ist alles, aber kein Ausweis für eine erfolgreiche Politik.Die Debatte um diesen Haushalt ist äußerst diffus. Die Regierung kürzt zunächst mit dem Rasenmäher, eine Linie ist nicht zu erkennen. Dafür waren sich die Regierungsfraktionen einig, dass die nicht vorhandene Linie mit großer Einigkeit mitgetragen wird.In der Folgezeit bröckelt dann die rot-grüne Einheitsfront beträchtlich. Ministerin Franzen will nachverhandeln, die SPD-Fraktion will nachbessern und die Grünen wollen höchstens umschichten, aber auf keinen Fall nachlegen.Der Finanzminister will bis 2008 - oder war es 2010 - einen ausgeglichenen Haushalt und die Ministerpräsidentin will nur eines: Ihre Ruhe, von ihr habe ich nichts Substanzielles zum Thema gehört. Sie ist wohl, lustlos wie ihre öffentlichen Auftritte der Wochen nahelegen konnten, bereits auf innerer Wellness-Tour.Wie soll es jetzt weiter gehen? Was ist die Linie dieser Landesregierung und der regierungstragenden Fraktionen? Sparen, umschichten, nachbessern, weiterwursteln?Man wird den Eindruck nicht los, diese Koalition weiß schon ein halbes Jahr nach ihrer Neuauflage nicht mehr, wohin sie möchte.Sie will den Rechtsradikalismus bekämpfen und kürzt bei der Jugendbildung. Sie will die innere Sicherheit stärken und blutet die Polizei seit Jahren personell aus. Sie will die Bildung im Land verbessern und stattet die Personaletats der Universitäten und Fachhochschulen mit viel zu geringen Mitteln aus. Sie will die Pflegequalität besser überwachen und stellt keine Mark zusätzlich bereit. Sie fordert von der Wirtschaft mehr Engagement und fährt die Investitionen Jahr für Jahr weiter nach untenUnd wo findet sich bitte schön das Herzstück der Regierungserklärung der Ministerpräsidentin, der Ausbau des Wellness-Standortes Schleswig-Holstein, in diesem Haushalt wider?Was nun, liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen?Der Haushalt ist das in Zahlen gegossene Regierungsprogramm. Sie müssen sich entscheiden. Die alte Binsenweisheit, dass man jede Mark nur einmal ausgeben kann, zeigt sich jedes Jahr bei den Haushaltsberatungen. Anstatt in ihren Partizipations- und Nachhaltigkeitsorgien zu schwelgen, sollten sie endlich den Blick auf das Nötige und das Machbare richten.Mehr denn je ist eine Beschränkung auf die Kernaufgaben des Landes notwendig: Bildung, Polizei und Justiz, Infrastruktur.Das Land wird zukünftig nicht mehr leisten können, wenn auch nur der Ausstieg aus dem Anstieg der Verschuldung gelingen soll. Mit ihren ewigen Versprechungen auf mehr staatliche Unterstützung, die sie doch nicht leisten können, tragen sie in einem Umfang zur Politikverdrossenheit bei, der ihnen ganz offensichtlich noch nicht einmal in Ansätzen bewußt ist.Sie hatten in den vergangenen vier Jahren nicht die Kraft, sich auf das zu beschränken, was die Finanzkraft des Landes hergibt, um diese Finanzkraft langfristig zu stärken. Sie werden es auch in Zukunft nicht besser machen. Dieser Haushalt ist der in Zahlen gegossene Beweis ihres politischen Scheiterns.“