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12.07.00
15:35 Uhr
CDU

TOP 16, 19 und 29 Martin Kayenburg: Ostseekooperation an harten S tandort-faktoren messen

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.landsh.de/cdu-fraktion/ e-mail:fraktion@cdu.landsh.de
PRESSEMITTEILUNG Nr. 222/00 vom 12. Juli 2000
TOP 16, 19 und 29 Martin Kayenburg: Ostseekooperation an harten Standort- faktoren messen
Im Jahre 1989 hatte der damalige Ministerpräsident Björn Engholm eine Vision: vom Wiedererstarken des Mare Balticum.
Nach dem Fall der Mauer und des Eisernen Vorhanges wollte Engholm die Idee der Hanse wiederbeleben und mit einer „neuen Hanse“ an alte Wirtschaftsbeziehungen und kulturelle Bindungen im Ostseeraum anknüpfen. Ein grundsätzlich richtiger erster Schritt in Richtung Ostseekooperation.
Seit den Zeiten Björn Engholms versucht nun die Landesregierung den Eindruck zu erwecken, als mache allein die Wiederbelebung des Hanse-Gedankens Schleswig- Holstein zum Zentrum einer neuen Boom-Region in Europa. Die Bilanz der bisherigen Ostseekooperation ist jedoch für Schleswig-Holstein eher ernüchternd.
Was ist eigentlich aus der Vision von damals geworden? Wo hat ein rasanter wirtschaftlicher Aufschwung stattgefunden? Wer hat die richtigen verkehrlichen Antworten gegeben? Wo haben sich Boom-Regionen entwickelt?
Zunächst einmal muss festgehalten werden, dass Sie, Frau Simonis, sich seit Ihrem Amtsantritt als Ministerpräsidentin im Jahre 1993 bis heute überhaupt nicht um dieses Thema gekümmert. Sie haben das Feld weitgehend Ihrem damaligen Minister Gerd Walter überlassen haben. Der ist dann viele Jahre fleißig in Europa und insbesondere in den Ostseeanrainerstaaten herumgereist und hat sich - ich meine auch verdientermaßen - bei unseren Nachbarn einen Namen als „Mister Ostsee“ gemacht.
Doch was hat er für Schleswig-Holstein wirklich bewegt? Was ist in den vergangenen Jahren an wirkliche Greifbarem für die Menschen in unserem Lande, für ihre Arbeitsplätze und vor allem an neuer Beschäftigung wirklich dabei herausgekommen? Gibt es denn messbare Ergebnisse oder ist Schleswig-Holstein bei den Nachbarn nur bekannter geworden, ohne dass es zu wirklichen Kooperationen auf Länderebene geführt hat? Die bisherigen Ostseeberichte der Landesregierung lesen sich eher wie Konferenzaufzählungen. Da ist von Komitees, Begegnungen, Konferenzen, Jugendaustausch, Task Forces, Arbeitsgemeinschaften und Kulturaustausch die Rede. Da werden schön die Programme der Europäischen Union noch einmal aufgezählt als wären sie das Verdienst der Landesregierung. Von wirklichen Fortschritten in der wirtschaftlichen Entwicklung und Zusammenarbeit in der Ostseeregion und deutlichen Verbesserungen der Infrastruktur in Schleswig-Holstein kann ich jedenfalls nichts erkennen. Außer Spesen nichts gewesen!
Auch in der Sicherheitskooperation im Ostseeraum haben wir bisher den Eindruck, dass sich nicht viel getan hat. Die Landesregierung betont zwar immer wieder, dass in der polizeilichen Zusammenarbeit im Ostseeraum die demokratischen Staaten gegenüber der organisierten Kriminalität Stärke demonstrieren müssten. Dies erreiche man nur durch konkrete Maßnahmen und pragmatisches Handeln. Gerade diese konkreten Maßnahmen werden in den bisherigen Berichten der Landesregierung jedoch nicht nachgewiesen. Wir haben den Eindruck, dass über freundliche, partnerschaftliche Treffen hinaus kaum wirkliche Handlungsvereinbarungen getroffen wurden. Wir haben deshalb den Berichtsantrag „Sicherheitskooperation im Ostseeraum“ gestellt und warten gespannt darauf, ob uns der Herr Innenminister heute mit konkreten Maßnahmen und entsprechenden Erfolgen in der Kriminalstatistik vom Gegenteil überzeugen kann.
Auch Kulturaustausch und Politikerreisen werden uns auf Dauer nicht voranbringen!, meine Damen und Herren. Während unsere Minister staunend durch die skandinavischen Länder reisen und deren wirtschaftlichen Fortschritt und deren Erfolge nicht genug loben können, ist Schleswig-Holstein schon längst von deren wirtschaftlichen Entwicklung abgehängt.
Die Øresundregion ist zum zwölftgrößten Wirtschaftszentrum Europas aufgestiegen. Finnland hat sich zu einem bedeutenden Hochtechnologiestandort entwickelt, Dänemark hat mit der Großen Beltbrücke, der Øresundbrücke und dem Ausbau seines Autobahnnetzes die Infrastruktur zukunftsfähig gemacht. Die baltischen Staaten orientieren sich in ihrer ökonomischen Entwicklung ebenfalls an den skandinavischen Staaten. Schleswig-Holstein ist für die Skandinavier doch nur noch das hinderliche Nadelöhr im Transitverkehr nach Europa. Hier sind Sie wirklich gefordert, Frau Simonis, und nicht nur bei Empfängen und Good-will-Reisen.
Die „Neue Hanse“ des 21. Jahrhunderts ist damit in Schleswig-Holstein bisher von dieser Landesregierung verschlafen worden. Und so wundert es nicht, dass „Mister Ostsee“ gleich nach der letzten Landtagswahl das Handtuch geworfen hat. Wenn Minister Walter in dieser Legislaturperiode die Früchte seiner Arbeit hätte ernten können, wäre er sicher noch geblieben. Aber auch er sah wohl ein, dass wirkliche Fortschritte über gut geknüpfte Kontakte hinaus wohl nicht zu erzielen waren, jedenfalls nicht mit Ihrer rot/grünen Landesregierung, Frau Simonis.
Und so wurde die Ostseekooperation zur Chefsache. Nachdem Sie, Frau Simonis, in der Haushalts- und Finanzpolitik kläglich gescheitert sind und der Konkurs des Unternehmens Schleswig-Holstein kurz bevor steht, haben Sie plötzlich Ihr Herz für die Ostsee entdeckt. Bis heute haben Sie aber keinen beeindruckenden Einstieg in die Chefsache „Ostseepolitik“ geliefert! Und gewissermaßen zur Begrüßung hagelt Ihnen jetzt auch noch eine niederschmetternde Kritik von Seiten der Wissenschaft ins Kontor.
Eine vernichtende Einschätzung Ihrer Ostseepolitik kam nämlich in den letzten Wochen vom Präsidenten des Institutes für Weltwirtschaft, dem Wirtschaftswissenschaftler Professor Horst Siebert: „Grundlegende Verbesserungen der Entwicklungsperspektiven Schleswig-Holsteins“, so urteilte das Mitglied des Sachverständigenrates, „seien vom Ostseeraum auf absehbare Zeit nicht zu erwarten.“
Sieberts Analyse macht deutlich, dass allein die Verbesserung der Standortbedingungen in Schleswig-Holstein für den künftigen Wettbewerb entscheidend sein werden. Wenn also die wirtschaftlichen Standortbedingungen in Schleswig-Holstein nicht unverzüglich verbessert werden und ergänzend hierzu nachhaltige Wirtschaftsbeziehungen in den Ostseeraum sowie eine leistungsfähige Infrastruktur aufgebaut werden, wird Schleswig-Holstein ein weißer Fleck auf der Landkarte der wirtschaftlichen Entwicklung der Ostseeregion bleiben.
Es ist zwar verständlich, dass SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit ihrem Antrag zur Ostseekooperation der Landesregierung etwas Schützenhilfe geben wollen. Aber auch dieser Antrag ist über den üblichen Gemischtwarenladen an Forderungen nicht hinausgekommen.
Nein, meine Damen und Herren, mit solchen Aktivitäten wird Schleswig-Holstein keinesfalls - wie von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gewünscht - „Europa-Motor“, sondern bestenfalls „Europa-Reserverad“. Der Antrag sorgt sich um Minderheitenschutz, die Tätigkeit nichtstaatlicher Organisationen, die Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik und die Förderung von Jugendreisen. Die wirklich wichtigen Themen der eigenen schleswig-holsteinischen Standortbedingungen und die Förderung der wirtschaftlichen Kontakte in den Ostseeraum hinein werden weitgehend ausgeklammert. Und statt eines klaren Wortes zur Fehmarnbelt-Querung und zum Ausbau des Autobahnnetzes lediglich ein paar obligatorische aber fehlsteuernde Sätze zum Vorrang von Schienen- und Schiffsverkehr.
Soll die Ostseekooperation wirklich Erfolg haben, sind vor allem die besseren Standortbedingungen in Schleswig-Holstein, die telekommunikative, verkehrs- und energiepolitische Vernetzung, der Abbau von Handelsschranken, der enge Waren-, Güter- und Wissensaustausch von schleswig-holsteinischen Unternehmen mit Unternehmen im Ostseeraum, der Aufbau einer leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur, die Entwicklung der Ostseeregion zu einem Wissenschafts- und Forschungszentrum Europas und konkrete Maßnahmen in der Sicherheitskooperation unverzichtbar.
Nur so kann auch Schleswig-Holstein eine erfolgreiche Zukunft in der Ostseeregion haben. Die Fortsetzung rot/grüner Standortpolitik wird uns hingegen eher zum Schlusslicht der Entwicklung in der Ostseeregion machen. Dem Antrag von Rot/Grün fehlen die Visionen; er spielt auf den Nebenplätzen, beschäftigt sich mit dem „Nice to have“ und überlässt das Hauptspielfeld unseren Nachbarn. Wir lehnen Ihren Antrag deshalb ab!