Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
08.06.00
11:37 Uhr
CDU

Dr. Johann Wadephul: Videoüberwachung ermöglicht bessere Gefahrenabwehr

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.landsh.de/cdu-fraktion/ e-mail:fraktion@cdu.landsh.de
PRESSEMITTEILUNG Nr. 173/00 vom 8. Juni 2000
TOP 19 Dr. Johann Wadephul: Videoüberwachung ermöglicht bessere Gefahrenabwehr
An vielen Stellen des täglichen Lebens begegnet uns heutzutage Videoüberwachung. Wir haben uns so sehr an sie gewöhnt, dass wir sie häufig nicht mehr bewusst wahrnehmen. Denken Sie an Videoüberwachung, wenn sie Ihre Überweisung in einer Bank abgeben, Bares vom Geldautomaten abheben, den Bahnsteig im Bahnhof betreten oder vor dem Landeshaus stehen, denn auch dieser Bereich wird wie das Parkhaus videoüberwacht.
Videoüberwachung , meine Damen und Herren, ist ein Teil unseres täglichen Lebens geworden, und gerade private Institutionen machen von ihr aus Sicherheitsgründen zunehmend Gebrauch. Die Sicherheitslage ist jedoch nicht von der Rechtsform des Raumes, ob privat oder öffentlich abhängig. Sie wird vielmehr bestimmt von der Frage, wozu der für den jeweiligen Raum Verantwortliche bereit ist, um sie zu erhalten bzw. wiederherzustellen.
Dies erkennend, ist es erfreulich, dass die Innenministerkonferenz am 5. Mai d.J. übereinstimmend zu der Ansicht gelangt ist, dass (ich zitiere) ”durch den offenen Einsatz von Videotechnik an Kriminalitätsbrennpunkten im Rahmen eines den jeweils spezifischen Gegebenheiten Rechnung tragenden Konzeptes die Prävention verstärkt, die Kriminalitätshäufigkeit reduziert, die Aufklärung von Straftaten gesteigert und das Sicherheitsgefühl verbessert werden” können. In diesem Sinne ist, wie die Innenministerkonferenz in ihrem einstimmig gefassten Beschluss festhielt, die Videoüberwachung an Kriminalitätsbrennpunkten im öffentlichen Raum ein geeignetes Mittel, ”um die Wahrnehmung der polizeilichen Aufgaben im Rahmen der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung wirksam zu unterstützen”. Wir freuen uns über diese klaren Worte der Innenminister. Und wir freuen uns besonders darüber, dass die rot-grüne Landesregierung diesen Beschluss mitträgt. Denn sie hat damit einer Empfehlung des Arbeitskreises II der IMK zugestimmt, die auch die
Forderung nach zusätzlicher rechtlicher Absicherung der Videoaufzeichnung in den Polizeigesetzen der Länder aufgestellt hat. Diese ist, gerade wenn es um die Frage der Aufzeichnung geht, zumeist unzureichend. Nicht umsonst hat deshalb Hessen sein Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung am 17. Mai geändert und Baden- Württemberg eine entsprechende Gesetzesänderung in Vorbereitung.
Einer Anpassung an die Ziele der IMK bedarf auch das Landesverwaltungsgesetz in Schleswig-Holstein, dass im Bereich der Regelungen zur Gefahrenabwehr eine Videoaufzeichnung nur bei Vorliegen einer konkreten Gefahr für die Begehung von Straftaten zulässt. Die abstrakte Gefährdung im Vorfeld von Straftaten ist davon bisher nicht erfasst. Genau dieser Umstand ist es jedoch, der die Wirksamkeit von Videoüberwachungsmaßnahmen erheblich einschränkt. Denn um eine Straftat im öffentlichen Raum wirklich beweiskräftig ahnden zu können, ist es notwendig, sie schon in ihrer Entstehung auswerten zu können. Daraus gewonnene Erkenntnisse würden zudem der Kriminalprävention, die wir alle wollen, erheblich nützen. Es gibt also wirklichen Handlungsbedarf in Schleswig-Holstein.
Lassen Sie mich dies an einem einfachen Beispiel verdeutlichen: Ein Handtaschenraub, der an einem als Kriminalitätsbrennpunkt erkanntem videoüberwachten öffentlichen Raum stattfindet, fällt in der Regel erst dann auf, wenn die Tat begangen wurde und das Opfer sich, entweder schon auf den überwachten Monitoren erkennbar oder im nachhinein, meldet. Für die Aufzeichnung zur Identifizierung des Täters ist es dann zu spät. Eine Auswertung der Überwachung kann nicht mehr stattfinden, weil die Entstehung und der Tatverlauf nicht aufgezeichnet wurden. Eine Rekonstruktion des Tathergangs ist nicht mehr möglich. Beweismöglichkeiten, die die Videoüberwachung an sich bietet, gehen damit ebenso wie die beabsichtigte abschreckende Wirkung der Videoüberwachung auf potentielle Täter verloren.
Wenn es Ihnen, sehr geehrter Herr Innenminister, also tatsächlich um die Schaffung eines effektiven, gezielten Instrumentariums zur Gefahrenabwehr für unsere Bürgerinnen und Bürger geht, dann müssen Sie mit uns gemeinsam handeln.
Mit unserem Antrag wollen wir die Voraussetzungen dafür schaffen. Wir wollen die Videoüberwachung einschließlich der Aufzeichnung auf ein rechtlich sicheres Fundament stellen. Nicht zuletzt deshalb, weil wir wissen, dass es sich bei der Videoüberwachung um einen Grundrechtseingriff handelt, der nur auf der Grundlage eines Gesetzes erfolgen darf. Wir brauchen sowohl im Interesse der betroffenen Bürger als auch im Interesse der handelnden Beamten eine klare gesetzliche Grundlage.
Die rechtliche Absicherung dieser Maßnahme zur Gefahrenabwehr im öffentlichen Raum hat aber noch einen anderen Sinn: Wir wollen durch konkrete Formulierungen im Gesetz zugleich verhindern, dass die Videoüberwachung als falsch verstandenes Allheilmittel allerorten missbraucht wird. Deshalb ist es notwendig, die Videoüberwachung einsatzmäßig zu begrenzen.
Nach unseren Vorstellungen soll sie nur an solchen Orten zulässig sein, an denen es in der Vergangenheit überproportional und schwerpunktmäßig zu Gefährdungen der Sicherheit oder strafbaren Handlungen gekommen ist. Gemeint sind damit z.B. Treff
punkte der Drogenszene, die wir alle kennen, und die häufig auch Ausgangspunkte der Begleit- und Beschaffungskriminalität sind. Wir wollen Videoüberwachung nur dort zulassen, wo es sich auf Grund der Erfahrungen von Polizei und Ordnungsbehörden um einen sogenannten Kriminalitätsbrennpunkt handelt, also einen Ort, der nach der Kriminalitätslage als ”gefährlich” eingestuft werden kann. Wo das letztlich der Fall sein würde, hätte nach unseren Vorstellungen das Innenministerium zu entscheiden.
Wir plädieren auch dafür, die Videoüberwachung offen, d.h. sichtbar und für alle erkennbar durchzuführen. Verdeckte, also geheime Aufnahmen ohne sichtbare Geräte und entsprechende Hinweise lehnen wir ab. Das Ziel der spürbaren Gefahrenabwehr wird unseres Erachtens nur dann erreicht, dass ein jedermann weiß, dass er sich zur Zeit in auf einem videoüberwachten Platz oder in einer videoüberwachten Zone befindet.
Weil Transparenz für uns wichtig ist, wollen wir durch gesetzliche Bestimmungen die Information der Bevölkerung vor Ort ebenso sicherstellen wie die Einbindung der kriminalpräventiven Räte. Beides ist für uns von besonderer Wichtigkeit, zumal die Maßnahme nur Sinn macht, wenn sie auf Verständnis auch derjenigen trifft, die sich nichts zu schulden kommen lassen und die von der Überwachung gleichwohl mitbetroffen sind. Außerdem wird jede Anordnung einer Videoüberwachung eine Einzelfallentscheidung nach sorgfältiger Abwägung sein. Um letztere sachgerecht durchführen zu können, bedarf es der Abstimmung mit dem vor Ort tätigen kriminalpräventiven Rat und der Einbindung der Maßnahme in die Kriminalprävention an sich.
Meinen Worten können Sie entnehmen, dass ich mich hier nicht für eine flächendeckende Videoüberwachung einsetze. Auch wenn diese wie z.B. in Newcastle/Großbritannien sehr erfolgreich mit einem Rückgang der Kriminalität um fast 50 % durchgeführt wird, sehe ich für sie in unserem Lande keinen Bedarf. Ich halte sie auch nicht für wünschenswert, weil für mich die Videoüberwachung die Ausnahme zum unbeobachtetem Aufenthalt in der Öffentlichkeit, nicht die Regel sein sollte.
Ebenso hält es die CDU für erforderlich, die Aufzeichnungen, die gemacht wurden, aus Datenschutzgründen binnen weniger Tage zu löschen, wenn sie nicht für die weitere Verfolgung von Straftaten benötigt werden. Maßstab für uns könnte § 20 Abs.2 Landesdatenschutzgesetz sein, der einen Löschungsfrist für Videoaufzeichnungen spätestens nach sieben Tagen vorsieht.
Im weiteren ist das Landesdatenschutzgesetz jedoch keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die Videoüberwachung im öffentlichen Raum zur Gefahrenabwehr. Ich sage dies nur, weil das Landesdatenschutzgesetz gerade hinsichtlich der Aufzeichnungsmöglichkeit mehr Spiel gibt als das Landesverwaltungsgesetz. Rechtlich geht letzteres jedoch eindeutig vor, und auch deshalb ist es sinnvoll, dies des Anforderungen gemäß zu ändern. Schließlich wollen wir unbedingt die Anhörung des Landesdatenschutzbeauftragten im Gesetz vor Anordnung einer Videoüberwachung verankern. Wir halten dies für sinnvoll, damit die Angemessenheit der Maßnahme immer wieder überprüft und Wildwuchs verhindert wird. Außerdem sollte mit dem Datenschutzbeauftragten auch die
technische Sicherheit, insbesondere was die Aufzeichnung angeht, schon im vorhinein erörtert werden.
Sie sehen also, dass die CDU nicht – wie hier im Hause sicherlich schon einige vermutet haben – der unbegrenzten Videoüberwachung das Wort redet. Wir setzen uns vielmehr für den angemessenen Einsatz eines geprüften Mittels zum Schutz von Personen und Rechtsgütern ein. Wir wollen damit - die Prävention stärken, - die Kriminalitätshäufigkeit reduzieren, - die Aufklärung von Straftaten erleichtern - und das Sicherheitsgefühl aller verbessern.
Nicht nur Erfahrungen im Ausland, sondern auch im Inland wie in Leipzig oder in Halle haben gezeigt, dass kontrollierte Videoüberwachung ein adäquates Mittel der Kriminalitätsbekämpfung ist. In Leipzig, wo die Videoüberwachung im Bereich des Hauptbahnhofes als einem Kriminalitätsbrennpunkt seit 1995 durchgeführt wird, reduzierten sich beispielsweise die Fälle der Kfz-Diebstähle und der Taschendiebstähle um die Hälfte. Verdrängungseffekte wurden nicht festgestellt. Auch war ein Rückgang der Rauschgiftkriminalität zu verzeichnen. Gerade wegen dieser Erfolge wurde das ursprünglich als Versuch gestartete Projekt zwischenzeitlich zu einer Dauereinrichtung.
Auch wenn eine Überwachung dauerhaft durchgeführt wird: Nach unserer Ansicht muss sie ständig auf ihre Wirksamkeit und Notwendigkeit hin überprüft werden. Auch dies wollen wir gesetzlich festschreiben. In gleichem Maße, wie die Überwachung mit Aufzeichnung nach Lagebild flexibel eingerichtet werden können muss, muss auch ihre Einstellung vonstatten gehen. Videoüberwachung als Symbolik zum Selbstzweck lehnt die CDU ab.
Wir sind es unseren Bürgerinnen und Bürgern schuldig, an Kriminalitätsbrennpunkten Gefährdungen abzubauen und die öffentliche Sicherheit zu erhöhen. Die Videoüberwachung ist kein Allheilmittel, aber sie ist ein geeignetes Mittel dazu im Verbund mit weiteren Maßnahmen wie z.B. verstärkte Bestreifung. Ihre Anordnung bedarf klarer gesetzlicher Grundlagen: Sowohl zum Schutze der Betroffenen als auch der handelnden Beamten. Hierfür bildet unser Antrag eine verlässliche Grundlage: Nicht ”Big Brother” im rechtsfreien Raum, sondern ernsthafte und ernstzunehmende Gefahrenabwehr zum Schutze unseres Gemeinwohls. Ich bitte um Ihre Zustimmung.