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07.06.00
12:53 Uhr
FDP

Heiner Garg zum Zivildienst in Schleswig-Holstein

F.D.P. L a n d t a g s f r a k t i o n Schleswig-Holstein 1 Christian Albrecht Pressesprecher
V.i.S.d.P.


F.D.P. Fraktion im Nr. 95/2000 Schleswig- Holsteinischen Landtag Landeshaus, 24171 Kiel Kiel, Mittwoch, 7. Juni 2000 Postfach 7121 Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497 Sperrfrist: Redebeginn E - Mail: fraktion@fdp-sh.de Internet: http://www.fdp-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!
In seinem Redebeitrag zu TOP 16 (Zivildienst in Schleswig-Holstein) sagte der sozialpolitische Sprecher der F.D.P.-Landtagsfraktion, Dr. Heiner Garg:
„Immer wieder können wir überrascht feststellen, welch erstaunliche Wendung die ‚Wahrheit‘ im Laufe der Zeit nehmen kann.



Presseinformation Waren sich manche konservativen Kreise in Deutschland noch bis weit in die achtziger Jahre einig, dass es sich bei den Zivildienstleistenden um Drückeberger handelt, so sehen die gleichen konservativen Kreise heute den Sozialstaat bedroht, sollte der Zivildienst durch eine Änderung der Wehrpflicht in Dauer und Umfang eingeschränkt werden.
Eines liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union will ich gleich zu Beginn auch ganz deutlich sagen: Ich halte die Begründung mit der sich die CDU/CSU Bundestagsfraktion derzeit gegen die Reduzierung der Zivildienstdauer von 13 auf 11 Monate ausspricht, für unerträglich!
Wenn Ihre Kolleginnen und Kollegen im Deutschen Bundestag davon sprechen, eine Verkürzung des Zivildienstes auf 11 Monate böte einen doppelten Anreiz, den Wehrdienst zu verweigern,dann werden damit einmal mehr nur alte Vorurteile geschürt, Wehrdienstverweigerer seien nichts anderes als Drückeberger.
Ich dachte eigentlich, diese Zeiten hätten wir längst hinter uns gelassen.
Für mich stellt die längere Dauer des Zivildienstes im Verhältnis zum Wehrdienst auch keinen Beitrag zur Prüfung der Ernsthaftigkeit der Wehrdienstverweigerung dar. Solche Argumente taugen doch heute wirklich nicht mehr.
Tatsächlich ist es doch so, dass aufgrund der gewachsenen Strukturen im Kranken-, Alten- und Pflege- oder im Umweltbereich jede Verkürzung des Zivildienstes bereits in der Vergangenheit zu erheblichen personellen Problemen bei den betroffenen Einrichtungen geführt hat.
Viele soziale Leistungen in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten waren in der Intensität doch überhaupt nur möglich, weil es Zivildienstleistende gab. 2 Und nicht nur die Zivildienstleistenden selbst wurden immer mehr, sondern auch deren Aufgabengebiete wurden permanent erweitert.
Mit jeder Reduzierung der Zivildienstdauer wurde stets die Frage nach der Sicherstellung der Versorgung und ihrer Qualität laut. Heute stehen wir wieder vor demselben Problem. Nur könnte es völlig neue Dimensionen annehmen.
Allein durch die jetzt vorgesehene Reduzierung verringert sich die Zahl der Zivildienstleistenden von derzeit 138.000 im Jahresdurchschnitt auf 124.000. Für Schleswig-Holstein bedeutet dies konkret einen Verlust von rund 350 Zivildienstleistenden im Jahr.
Das Diakonische Werk Württemberg geht in einer Studie davon aus, dass 6 bis 7 Vollzeitmitarbeiter 10 Zivildienstleistende ersetzen könnten. Auf Schleswig- Holsteinische Verhältnisse übertragen hieße das: Zur Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Versorgungsniveaus müssten zusätzlich 245 Vollzeitkräfte den Ausfall kompensieren.
Diese kosten aber nicht nur rund das Doppelte eines Zivildienstleistenden pro Monat – sondern die gesamten Personalkosten müssten – bei unveränderter Rechtslage – auch vollständig von den jeweiligen Einrichtungen selbst getragen werden.
Gesellschaftspolitisch stehen wir vor dem Problem: Wie halten wir den gegenwärtigen Standard bei der Pflege- und Betreuung kranker, pflegebedürftiger, behinderter oder alter Menschen aufrecht?
Von den auch hier immer wieder geforderten und diskutierten Verbesserungen will ich gar nicht sprechen. Wie stellen wir das gegenwärtige Niveau der Kinder- und Jugendarbeit sicher?
Wie wollen wir in Zukunft Dienstleistungen für den Tier- und Umweltschutz in bisherigem Umfang gewährleisten?
Und natürlich: Wie und wer soll diese Leistungen zukünftig finanzieren? Die Antwort auf meine Kleine Anfrage ‚Zivildienst in Schleswig-Holstein‘ zeigt zumindest, dass wir von einer umfassenden Bestandsaufnahme noch weit entfernt sind.
Genau diese ist aber dringend erforderlich.
Deshalb stimmen wir dem Berichtsantrag der Union selbstverständlich zu.“