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10.05.00
11:35 Uhr
FDP

Antwort des F.D.P.-Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Kubicki auf die Regierungserklärung der Ministerpräsidentin

F.D.P. L a n d t a g s f r a k t i o n Schleswig-Holstein 1 Christian Albrecht Pressesprecher
V.i.S.d.P.


F . D . P . F r a k t i on i m Nr. 60/2000 Schleswig-Holsteinischen Landtag Landeshaus, 24171 Kiel Kiel, Mittwoch, 10. Mai 2000 Postfach 7121 Telefon: 0431/9881488 Sperrfrist: Redebeginn Telefax: 0431/9881497 E-Mail: fraktion@fdp-sh.de Internet: http://www.fdp-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!
Antwort des Vorsitzenden der F.D.P.-Landtagsfraktion, Wolfgang Kubicki, auf die Regierungserklärung der Ministerpräsidentin



Presseinformation „Mit Spannung, so war den Kieler Nachrichten vom 09.05.00. zu entnehmen, werde die Regierungserklärung von Ministerpräsidentin Heide Simonis erwartet. Doch war Spannendes zu erwarten ? Etwas Neues ?
Schon der Koalitionsvertrag zwischen rot und grün, dessen spannendste Elemente die Geschwindigkeit seiner Beratung und die Schlichtheit seiner Formulierung sind, zeigt die Tristesse gähnender Langeweile des „Weiter so“, für die grün/rot bei dieser Landtagswahl angeblich gewählt wurden.
Wurden Sie, Frau Ministerpräsidentin, wurden die Parteien grün und rot wirklich gewählt für das „Weiter so“ ? Wollten die Wählerinnen und Wähler nicht vielmehr einen Politikwechsel hin zu weniger Fortschrittsverweigerung und weg von dem Mief unsäglicher Provinzialität, den die letzte Regierung aller amtlichen PR-Maßnahmen zum Trotz verbreitete ?
3000 SPD-Mitglieder sind im Oktober 1999 zu einem Kongress ihrer Partei eingeladen worden mit dem Titel „Arbeit, Bildung, Innovation“ – und niemand hat sich dafür interessiert. Warum sollte sich die schleswig-holsteinische Öffentlichkeit für diese Regierungserklärung interessieren, die in weiten Bereichen ihrer Ankündigungen eher den 5-Jahres-Plänen des ZK der SED ähnelt.
Säße diese Regierung, liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt auf der Regierungsbank, hätte es die CDU-Spendenaffäre nicht gegeben ?
Ich will nicht bewerten, ob es der CDU dieses Landes gelungen wäre, ohne unsere Hilfe eine neue Aufbruchstimmung im Land zu erzeugen. Mit Volker Rühe an der Spitze und an unserer Seite hätte zumindest die Chance bestanden. 2 Nun hat die CDU keinen Stich bekommen – obwohl sie ihn verdient hätte.
Max Stich hat im Flensburger Tageblatt vom 06.05.2000 für die Zukunft alles Notwendige zutreffend gesagt.
Das aus meiner Sicht wirklich Erfreuliche an dem Wahlausgang vom 27. Februar 2000 ist die Tatsache, dass die F.D.P. Schleswig-Holstein die Verhältnisse zwischen der F.D.P. und Bündnis 90 / Die Grünen - übrigens nach der Bundestagswahl zum zweiten Mal - zurechtrücken konnte.
Die Menschen wollen weniger grüne Behinderung, sie wollen nicht erzogen oder betreut werden, sie wollen offensichtlich mehr Liberalität und wirtschaftliche und gesellschaftliche Dynamik. Ich bin mir nicht sicher, ob der vollständige Personalwechsel bei den Grünen, der in beeindruckender Weise die ersten Drei der Liste auf die letzten drei Parlamentssitze der Grünen verbannte, eine positive Reaktion auf das Wählervotum darstellt.
Und ich bin mir auch nicht sicher, ob der personelle Verlust der Minister Ekkehard Wienholtz und vor allem Gerd Walter im Kabinett und in der SPD ohne weiteres wettgemacht werden kann.
So viele Personen, die über den Tellerrand der nächsten Tage hinausblicken können und dies auch tun, hat dieses Land nicht.
Über den Tellerrand hinausblicken ist das Stichwort, um sich mit der Drohung der Ministerpräsidentin auseinander zu setzen, diese Regierung die nächsten Jahre bis zu ihrem Ende zu führen.
Wie steht die schleswig-holsteinische Sozialdemokratie, wie steht der sozialdemokratische Teil des Kabinetts, wie steht die Ministerpräsidentin zur Grundwertediskussion in der SPD mit deren spannenden politischen Konsequenzen ?
Wie reagieren wir als Land auf die Herausforderungen der Globalisierung und einer Intensivierung des Wettbewerbs ?
Bereiten wir unsere jungen Menschen auf die Zukunft ausreichend vor und nutzen wir unsere wenigen Ressourcen optimal ?
Die Folgerungen, die sich aus jüngsten Äußerungen des Bundeskanzlers und SPD-Parteivorsitzenden Gerhard Schröder und des stellvertretenden Vorsitzenden und wahrscheinlich auch künftigen Ministerpräsidenten Nordrhein-Westfalens Wolfgang Clement ergeben, sind weitreichend und kommen einer liberalen Revolution gleich – jedenfalls erinnern sie in vielem an die Politik, die die F.D.P. seit langer Zeit in diesem Land fordert.
Wenn Wolfgang Clement erklärt, die SPD müsse sich von ihrer bisherigen Definition sozialer Gerechtigkeit verabschieden und akzeptieren, dass „gerecht“ auch die Hinnahme, ja die Förderung der Ungleichheit sein könne, weil nur so die Leistungsbereitschaft und der Leistungswille gestärkt werden könnten und gesellschaftlichen Wohlstand erzeugten“, dann muss diese Einsicht Auswirkungen auf unser Bildungssystem haben – und zwar sowohl institutionell als auch inhaltlich. 3 Dann muß es Wettbewerb zwischen den Schulen, privaten wie öffentlichen, zwischen den Hochschulen, privaten wie öffentlichen und den Bildungseinrichtungen insgesamt geben.
Wenn Bundeskanzler Schröder heute davon spricht, dass eine gezielte Elitenförderung vonnöten sei – die „green card“ lässt grüßen – muss dies Auswirkungen auf die innere Struktur der Schulen und Hochschulen, ihre Ausstattung in jeder Hinsicht und auf die Vermittlung der Inhalte haben.
Welche Debatten haben wir hier im Haus geführt über die Frage der Förderung von Hochbegabten, der Ausbildung von Eliten, des Bildungswettbewerbs, der Wissensvermittlung – jeweils auf Initiative oder jedenfalls unter erheblicher Mitwirkung der F.D.P. - und auf welche Weise reagierten jeweils die Sozialdemokraten in einem nahezu „Pawlov`schen Reflex“ auf die angeblich so kalten, sozialdarwinistischen Liberalen ?
Welche Debatten haben wir geführt über die Frage der Flexibilisierung, der Entbürokratisierung, der Privatisierung? Immer empfanden Sozialdemokraten dies als Angriff auf „soziale Errungenschaften“, die es um jeden Preis zu verteidigen galt. Heute wissen auch Sozialdemokraten, dass im Standortwettbewerb die Attraktionen entscheiden. Hiervon hängt unsere künftige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ab.
Überregulierung und Bürokratisierung sind der sichere Weg in die Stagnation, aber überall dort, wo der schöpferischen Kraft des Menschen nicht nur keine Steine in den Weg gelegt werden, sondern seine Leistungsbereitschaft gefördert wird, stellen wir Entwicklung und Wachstum fest.
Übrigens werben dieselben Sozialdemokraten, die noch vor einiger Zeit das Nullwachstum propagierten, heute mit Wachstumsraten von bis zu 3% als Ausweis erfolgreicher Politik.
Den besten Anschauungsunterricht für die Richtigkeit dieser Auffassung liefert die jüngere europäische Geschichte.
Die Entwicklung in den mittel- und osteuropäischen Ländern macht deutlich, worin die Perversion, das unverzeihliche Unrecht des Sozialismus bestanden haben: er hat die Menschen behindert, ihre Talente zu entfalten, ihre Schaffenskraft zu beweisen und nach ihren Neigungen leben zu können.
Die Menschen in Polen, Tschechien, Ungarn oder in den neuen Bundesländern sind vor dem Zusammenbruch des Kommunismus nicht weniger begabt, anspruchsvoll und fleißig gewesen als jetzt – aber man hat sie früher nicht machen lassen.
Heute beweisen sie, dass sie zu einer rasanten wirtschaftlichen Aufholjagd fähig sind.
Heute sind zum Beispiel die sächsischen Uhrenbauer aus Glashütte wieder Weltspitze, und das in einem hart umkämpften Markt.
Die Politik muss den Menschen die Chance geben, ihren Neigungen nachzugehen, ihre Talente zu verwirklichen. Nur so kann es gelingen, durch den 4 Abbau der Arbeitslosigkeit wieder oder erneut ein Umfeld hoher sozialer Sicherheit zu schaffen.
Dies lässt sich durch marktwirtschaftliche Mittel besser erreichen.
Staatliche Beiträge der Landespolitik in den nächsten Jahren sollten sich neben der Mitwirkung an einer weitgreifenden Steuerreform auf Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur und des Ausbildungswesens konzentrieren, kurz gesagt auf alles, was die Attraktivität des Standortes Deutschlands und vor allem Schleswig-Holsteins erhöht und seine internationale Wettbewerbsfähigkeit steigert.
Soweit das Angebot des Fraktionsvorsitzenden der SPD Lothar Hay zur Zusammenarbeit an die Opposition sich hierauf bezieht, werden wir uns nicht verweigern. Die Herstellung von Ruhe zur Kaschierung einer verfehlten Politik kann und darf allerdings von uns nicht erwartet werden.
Ich will die Aufrichtigkeit der Analyse des Kollegen Hay in seinem KN-Gespräch vom 09.05.2000 ausdrücklich hervorheben, man habe 1994 und später nicht den Mut zu notwendigen Sparmaßnahmen und strukturellen Haushaltsverbesserungen aufgebracht. Aber wie ist damals mit entsprechenden Vorschlägen der F.D.P. umgegangen worden ?
Und wie ist 1996 mit dem Vorschlag der F.D.P. verfahren worden, mit einem Investitionsprogramm in Höhe von 40 Mio. DM über vier Jahre alle Schulen mit PC`s zu versorgen. Die Debatten heute nachzulesen kann lohnend sein. Vergleichen wir doch nur die heutigen Aussagen von Ute Erdsiek-Rave und Heide Simonis mit denen von vor vier Jahren.
Wo stünden wir heute, wie würden unsere Schulen heute aussehen, hätten wir die letzten vier Jahr nicht mit Spiegelfechtereien verloren.
Anrede,
wir leben heute im Zeitalter der 3. technologischen Revolution.
Den meisten Menschen ist noch nicht voll bewusst, mit welcher Wucht und Nachhaltigkeit diese Entwicklung auf die wirtschaftliche Existenz von Nationen einwirkt und wie sehr es schon heute das Leben einzelner Menschen bestimmt. Vielen Menschen macht diese Entwicklung Angst.
Die technische Entwicklung der Kommunikationsmittel - insbesondere die Datenübertragung durch Internet, Satellitenkommunikation, Fax und Telefon - hat uns einen Punkt erreichen lassen, wo jedermann irgendwo auf der Welt und zu jedem beliebigen Zeitpunkt Informationen minuten-, ja sekundenschnell abrufen und verschicken kann.
Dies ist der Kern der dritten Technologischen Revolution.
Sie hat das Zeitalter der Globalisierung ausgelöst. 5 Die Durchbrüche in der Datenübertragung, aber auch die Entwicklungen in der Verkehrstechnik und im Frachtwesen, haben unseren Planeten in ein globales Dorf verwandelt.
Mehr und mehr Firmen richten in der globalen Welt ihre gesamte Wertschöpfungskette global aus.
Es kann an jedem Ort der Welt produziert werden, wenn das betriebswirtschaftlich sinnvoll ist.
Damit schießen neue Produktionsstätten aus dem Boden und treten in Wettbewerb mit etablierten Standorten.
Die Globalisierung reicht jedoch in ihrer Tragweite über die Wirtschaft hinaus.
Sie erfasst alle Bereiche, die Kultur ebenso wie die Gesellschaftspolitik, die Beschäftigungspolitik ebenso wie die Sozialpolitik, unsere innere und äußere Sicherheit ebenso wie den Schutz unserer natürlicher Lebensgrundlagen.
Und sie reicht in ihren Wirkungen über unsere Grenzen hinaus, sowohl in ihren positiven Folgen als auch in ihren Fehlentwicklungen.
Wir haben die Erschütterungen, die sich 1997 durch die Finanzkrise in Asien einstellten, in vielen Ländern der Welt gespürt.
Sie führte zu Firmenzusammenbrüchen, Arbeitslosigkeit und plötzlicher Verarmung.
Wir stoßen auch auf ein hässliches Gesicht der Globalisierung.
Dieselben Instrumente der Kommunikationstechnik, die Fortschritt und Wohlstand ermöglichen, werden durch kriminellen und perversen Umgang zu einer Bedrohung, wie das „love-letter“ nachdrücklich belegt.
Sie fördern die Ausdehnung des organisierten Verbrechens, des Frauenhandels und der Kinderpornographie, wie erst kürzlich der „Weltentwicklungsbericht der Vereinten Nationen 1999“ eindringlich beschrieben hat.
Wir müssen sehen, dass die Globalisierung etwas bewusst gemacht hat, was wir schon früher hätten erkennen sollen: wir sind in unserer einen Welt stärker denn je voneinander abhängig und aufeinander angewiesen.
Das ist der eigentliche Kern der Problematik der Globalisierung.
Welches konkrete Handeln steht denn hinter dem Begriff der Globalisierung? Es ist nichts anderes als die Suche nach demjenigen Standort, der für die Herstellung eines Produktes oder einer Dienstleistung am geeignetsten erscheint.
Die Frage der Standortentscheidung ist aber uralt.
Neu ist hingegen, dass sich die Frage des Standorts „entnationalisiert“ hat.
Plakativ gesprochen: Musste sich das Unternehmen früher zwischen Flensburg und Garmisch entscheiden, steht ihm heute fast die ganze Welt offen. 6 Pilsen liegt übrigens näher an Frankfurt als Flensburg.
Globalisierung ist damit im Gegensatz zu früher auch zu einer Frage geworden, unter welchem politischen oder rechtlichen Regime ein Unternehmen produziert oder seine Dienstleistung anbietet.
Die Frage, ob die Globalisierung ein Segen oder ein Fluch ist, wird von vielen mit großer Leidenschaft diskutiert.
Es macht aber keinen Sinn mehr, über den Fluch oder den Segen der Globalisierung zu streiten, oder darüber, ob die Globalisierung zu einem „Jobkiller“ oder „Jobknüller“ geworden ist.
Auch die Landesregierung hat ihre Position noch nicht gefunden und changiert zwischen „new labour“ und „neu laber“.
Auf der einen Seite gibt die Ministerpräsidentin ja mittlerweile zu, dass die Liberalisierung der Märkte, die Privatisierung bisher öffentlicher Leistungen und dass Wettbewerb zu einer Vermehrung des Wohlstands und nicht zu seiner Verminderung geführt haben. Auf der anderen Seite verfällt sie reflexartig in alte sozialdemokratische Stereotypen und ist meilenweit von der Realität entfernt. Beim Tag der offenen Tür an der Universität Kiel wurde die Ministerpräsidentin mit dem Vorschlag konfrontiert, die Universität doch einfach an die Börse zu bringen:
„Kurzerhand wetterte die Sozialdemokratin auf Seiten der Gegner gegen die drohenden kapitalistischen Strömungen. Doch auch diese Argumentationshilfe nutzte nichts: Die Befürworter des Börsengangs machten bei der Zuhörer-Abstimmung per Hand das Rennen.“
Warum diese Verweigerungshaltung? Kann es sich Schleswig-Holstein leisten, sich vom Rest der Welt abzukoppeln?
Die Alternative kann doch nicht sein, wie die Frau Ministerpräsidentin in der Süddeutschen Zeitung einfach zu sagen:
„Ich gehe immer wieder durch die Wand“.
Das glaube ich sofort.
Sinnvoller für dieses Land wäre es allerdings, Sie würden wie jeder vernünftige Mensch die Tür nehmen.
Nehmen sie wie die gesamte Sozialdemokratie die neuen Realitäten zur Kenntnis. Hören sie mit dem Jammern auf. Hören sie auf, Globalisierung als eine Schicksalsschlag zu begreifen, sondern als eine Chance, die es zu nutzen gilt.
Die Herausforderung durch die Globalisierung besteht nicht darin, der Ausweitung globaler Märkte in den Arm zu fallen.
Die Herausforderung besteht vielmehr darin, politische Vorkehrungen zu treffen, um die Vorzüge globaler Märkte und des globalen Wettbewerbs auszuschöpfen, 7 aber zugleich Sorge dafür zu tragen, dass sich die Globalisierung zu einer Wohltat für die Menschen und nicht nur für den Umsatz entfaltet.
Den globalisierten Märkten müssen schnellstmöglich globalisierte oder zumindest europäisierte politische Entscheidungseinheiten gegenübergestellt werden. Das ist die eigentliche Lernaufgabe der Politik, der schnellen Veränderungsgeschwindigkeit der globalisierten Märkte zu folgen und die Rahmenbedingungen den neuen technischen Gegebenheiten anzupassen.
Das vergleichsweise kleine Land Schleswig-Holstein muss sich Bündnispartner suchen: In der Bildungs-, Wirtschafts- oder der Infrastrukturpolitik. Mehr denn je gilt es, Probleme im internationalen Verbund zu lösen.
Nicht nur die Zusammenarbeit im Ostseeraum muss intensiviert und ausgedehnt werden. Virtuelle länderübergreifende Hochschulen, gemeinsame koordinierte Infrastrukturpolitik, Zusammenarbeit der Regionen sind nur einige wenige Stichworte für zukünftige Projekte.
Auf diese Fragen muss sich der Fokus der Landespolitik richten, wenn wir in der globalisierten Welt bestehen wollen.
Anrede,
ich will keineswegs dramatisieren, aber es geht nicht nur um die Lebensfähigkeit, sondern die Überlebensfähigkeit unserer Wirtschaft.
Die Globalisierung führt uns in einen umfassenden Wettbewerb, in dem nur derjenige überlebt, der das qualitativ beste Produkt zu den günstigsten ökonomischen Bedingungen herstellt. Aber auch hier ist zu erinnern, dass dies nichts Neues ist. Schumpeter hat schon vor dem 2. Weltkrieg ohne den Begriff der Globalisierung analysiert, dass dem Markt sowohl ein zerstörerisches, wie auch ein schöpferisches Element innewohnt, ja innewohnen muss. Im Zeitalter der Globalisierung haben sich allenfalls Tempo und Intensität dieses Prozesses erhöht.
Das mag man vielleicht nicht wollen, aber so ist es nun einmal.
Industrieprodukte brauchbarer Qualität lassen sich inzwischen zu niedrigeren Lohnkosten praktisch überall günstiger herstellen als in Deutschland.
Über Qualität und Produktivität entscheidet aber mehr als nur der Lohnkostenanteil.
Entscheidend sind vielmehr hochtechnologische Produktionsprozesse, Innovationsfähigkeit, ästhetisch ansprechendes und ergonomisch gerechtes Design, qualifiziertes Management, überlegene Markt- und Vertriebsstrategien und begleitende Dienstleistungen.
Es kommt also auf die Mobilisierung intellektueller Ressourcen an, um in einem sich verschärfenden Wettbewerb bestehen zu können. 8 Bestimmte industrielle Leistungen sind heute nicht von einzelnen Unternehmen, noch nicht einmal allein von einer Volkswirtschaft zu erbringen.
Hätte es Europa jemals geschafft, das Monopol der amerikanischen Luftfahrtindustrie durchbrechen zu können, wenn es nicht zu einer internationalen Kooperation gekommen wäre, die in der Lage war, den Airbus zu entwickeln und zu produzieren?
Ich will damit sagen, dass jener in der Globalisierung verschärfte Wettbewerb einen neuen kooperativen Ansatz verlangt.
Die Nutzung synergetischer Effekte und des vorhandenen Informationspotentials sind nach meiner Einschätzung heute die stärkeren Triebfedern von Unternehmensfusionen als der Wunsch nach Kapitalakkumulation oder einer Optimierung des shareholder value.
Der Globalisierung begegnen zu wollen, hieße zu versuchen, die Ostsee mit einem Eimer leer zu schöpfen. Es kommt darauf an, sie zu begleiten, zu moderieren und zu gestalten.
Frau Ministerpräsidentin,
diesen Anforderungen wird die Politik ihrer rot-grünen Landesregierung nicht gerecht. Diese Regierungserklärung verdient ihren Namen nicht. Sie erklären uns nicht, wie Sie und Ihre Landesregierung den Herausforderungen der Zukunft begegnen wollen.
Im Gegenteil. Ihre Erklärung sagt uns nur, was Sie in den vergangenen 12 Regierungsjahren nicht geschafft haben:
Nur wer in der Vergangenheit auf dem Abstellgleis gestanden hat, muss heute die Weichen neu für die Zukunft stellen.
Nur wer Regionalliga spielt, hat den Wunsch, endlich in der 1. Liga zu spielen.
Nur wer Mitläufer ist, will Vorreiter werden.
Statt neuer Ideen, statt Antworten, präsentieren Sie uns nur neue Abkürzungen für die alte einfallslose Subventionskannenpolitik.
Ich werde den Eindruck nicht los, dass sich die Originalität der Erklärung darin erschöpft, jedes Programm mit einer phantasievollen Abkürzung und einer fortlaufenden Nummer zu versehen.
ziel, ZAL, Baltic 21.
Und weiter?
Warum reden wir erst heute über ein Abitur nach 12 Jahren, über ausreichend Computeranschlüsse an den Schulen, über neue Bildungsangebote der Universitäten?
Warum wird erst heute der Ausbau der Biotechnologie angekündigt, während in Bayern bereits ein Biotech-Valley entstanden ist? 9
Schleswig-Holstein läuft immer nur hinterher.
Sie wollen immer das, was die anderen schon längst haben.
Nach 12 Jahren roter und rot-grüner Regierung ist das Land eben nicht ganz vorn, aller regierungsamtlicher Propaganda zum Trotz.
Diese Regierungserklärung ist ein Gemischtwarenladen, der für jeden etwas hat:
Von A wie „Arbeit, Bildung, Innovation“ bis Z wie „ziel“.
Dabei ist das Sortiment eigentlich nicht nur trist, sondern auch weitgehend verdorben.
Das Lob auf die liberale und bürgernahe Justiz- und Innenpolitik hat die neue Justizministerin nicht davon abgehalten, von menschenunwürdigen Verhältnissen in den Gefängnissen des Landes zu sprechen.
Die Ankündigung, bis zum Jahre 2010 die Neuverschuldung auf Null zu senken, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es allenfalls gelungen ist, die Höhe der Nettoneuverschuldung nicht noch weiter ansteigen zu lassen.
Die A 20 kann nur deswegen zum „Schlüsselprojekt“ erhoben werden, weil der grüne Koalitionspartner den Schlüssel zum Weiterbau nicht rausrückt.
Das ist Fortschritt nach dem Verständnis der beliebtesten Ministerpräsidentin, die Schleswig-Holstein je hatte. Wir machen jahrelang Fehler und rühmen uns dann der Beseitigung der Versäumnisse der Vergangenheit.
In der sich schnell wandelnden globalisierten Welt ist Stillstand Rückschritt. Mit ihrer Erklärung hat die Ministerpräsidentin nicht erkennen lassen, wie, ja noch nicht einmal ob, sie sich den geänderten Realitäten stellen möchte. Die vergangenen vier Jahre rot-grüner Regierung haben das Land nicht entscheidend voran kommen lassen. Die Rezepte, die schon in der Vergangenheit wenig Wirkung gezeigt haben, einfach in die Zukunft fortzuschreiben, reicht nicht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Ministerpräsidentin hat bereits erklärt, die Umsetzung ihrer Vorstellungen werde nicht in fünf Jahren zu schaffen sein. Nachdem, was die Sozialdemokratie in diesem Land in den letzten 12 Jahren nicht geschafft hat, glaube ich das aufs Wort.
Mit der alten Politik werden die Sozialdemokraten die neuen Herausforderungen auch in 20 Jahren nicht meistern.
Für eine Politik des „Weiter so“ steht die F.D.P. nicht zur Verfügung.
Aber wir werden, soweit es landespolitischen Gestaltungsspielraum gibt, als gestärkte Oppositionskraft unsere Möglichkeiten nutzen, um Schleswig-Holstein attraktiv zu machen oder zu halten, damit die Menschen dieses Landes, insbesondere die jungen, ihrer Zukunft gesichert entgegensehen können.“