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05.05.00
09:52 Uhr
CDU

Beim 27. Städtebundtag in Schleswig erklärt der Vorsitzende der CDU-Fraktion und Oppositionsführer im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Martin Kayenburg, heute u.a.:

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.landsh.de/cdu-fraktion/ e-mail:fraktion@cdu.landsh.de
PRESSEMITTEILUNG
Achtung Sperrfrist: Sonnabend, 5. Mai 2000, 10.00 Uhr Es gilt das gesprochene Wort
Nr. 118/00 vom 5. Mai 2000

Beim 27. Städtebundtag in Schleswig erklärt der Vorsitzende der CDU-Fraktion und Oppositionsführer im Schleswig- Holsteinischen Landtag, Martin Kayenburg, heute u.a.:

Ein starkes Land braucht starke Kommunen - diese Kernaussage meiner Partei ist die Grundlage unserer Politik auf jeder politischen Ebene. Wir waren und sind die Kommunalpartei in diesem Land und wir werden es bleiben. Wir werden auch als Opposition die Interessen der Kommunen und der kommunalen Gebietskörperschaften zu den unseren machen. Nicht zuletzt aus diesem Grunde haben wir schon für die erste Landtagssitzung der neuen Legislaturperiode Anträge gestellt zur "Finanzsituation der kommunalen Gebietskörperschaften" und zur "Einsetzung einer Enquetekommission "Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen sowie Kommunen untereinander".
Wenn wir uns so engagiert für Ihre Interessen einsetzen heißt das aber nicht, dass für uns die bestehenden Beziehungen zwischen Land und Kommunen auf ewig unverändert bleiben müssen. Neue Entwicklungen haben stets neue Antworten erfordert, auch in der Vergangenheit. Gemeinden wachsen oder schrumpfen, gewinnen an Bedeutung oder verlieren sie - aus welchen Gründen auch immer. Ich will beispielhaft Verlagerungen und Veränderungen im Gewerbebereich, im Tourismus oder bei militärischen Standorten erwähnen. Land und Kommunen müssen sich diesen und anderen Veränderungen, den neuen Herausforderungen stellen.
Befolgung des Konnexitätsprinzips Schon in der letzten Legislaturperiode hat es eine - wie ich glaube - für die Kommunen unverzichtbare Weiterentwicklung der Beziehungen zwischen Land und Kommunen gegeben. Das Konnexitätsprinzip wurde in der Landesverfassung verankert. Der Einsatz der CDU-Landtagsfraktion hat dazu geführt, dass dieses Konnexitätsprinzip so gestaltet wurde, dass die Kommunen bei Aufgabenübertragungen von der Landesregierung nicht übervorteilt werden.
Der Kostenausgleich ist auch die Voraussetzung für eine sachgerechte und erfolgversprechende Fortführung der Funktionalreform.

Einsetzung einer Enquetekommission Die mit Aufgabenverlagerungen verbundenen Finanzierungserfordernisse werfen aber gleichzeitig die Frage auf nach einer endgültigen und abschließenden aber fairen Regelung in den Finanzbeziehungen zwischen Kommunen und Land und zwischen den Kommunen bzw. Kommunalgruppen untereinander. Wir sind der Auffassung, dass dies bisher noch nicht geleistet ist und Not- und Hilfslösungen, die zum Beispiel ein Sonderausschuss finden könnte, keineswegs weiterhelfen.
Daher haben wir bereits am 31. März die Einrichtung einer Enquetekommission noch vor der Sommerpause gefordert, die zu ihrer Einberufung eines Quorums von einem Viertel der Abgeordneten des Landtags bedarf. Die CDU wird diese Enquetekommission also Kraft eigener Stärke durchsetzen. Sie kann von der Mehrheit nicht verhindert werden, was Teile der Regierungsparteien offensichtlich gerne möchten.
Eine Diskussion über die Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen wird zwar grundsätzlich als notwendig erachtet. Diesem Argument verschließen wir uns nicht. Allerdings kann eine Neuordnung nur auf einer soliden Faktengrundlage vorgenommen werden. Flickwerk und einseitige Eingriffe hatten wir in den letzten Jahren genug.
Um diese Neuordnung sachgerecht zu gestalten benötigen wir also zuerst einmal solides Zahlenmaterial aus allen kommunalen Bereichen. Deswegen haben wir die Landesregierung außerdem aufgefordert, die entsprechenden Daten in der nächsten Landtagssitzung vorzulegen.
Dann müssen Kommunen, Landesregierung, Innen- und Rechtsausschuss und Landesrechnungshof an einen Tisch, um eine realistische und objektive Bestandsanalyse der Finanzsituation der kommunalen Gruppierungen zu erarbeiten. Ein Sonderausschuss kann die erforderliche Arbeit in der Kürze der ihm zur Verfügung stehenden Zeit nicht leisten. Die Probleme sind zu vielfältig
Deswegen bestehen wir auf der Enquetekommission und haben unseren Antrag zur Einrichtung der Kommission auch spezifiziert bezüglich der personellen und inhaltlichen Ansprüche.

Personelle Anforderungen Die Enquetekommission soll aus 16 Mitgliedern bestehen, von denen die SPD-Fraktion 7 und die CDU-Fraktion 6 Mitglieder benennt. Ein Vorschlagsrecht für je ein weiteres Mitglied steht den Fraktionen von F.D.P., BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und dem SSW zu. Damit ist die Einbindung aller im Landtag vertretenen Parteien gesichert.
Der Kommission werden Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt, damit sie sich in diesem Rahmen auch externer Beraterinnen und Berater bedienen und Anhörungen durchführen kann. Inhaltliche Anforderungen Inhaltlich werden von der Kommission Aussagen und Empfehlungen zu vielfältigen Fragestellungen erwartet, zum Beispiel • zu den Auswirkungen des derzeit gültigen Finanzausgleichsgesetzes auf die Angemessenheit der finanziellen Ausstattung der kommunalen Haushalte • zu Vorschlägen zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes mit dem Ziel einer Stärkung der finanziellen Situation der Kommunen, um eine angemessene Finanzausstattung sicherzustellen • zur Neuordnung des zentralörtlichen Systems • zu Misch- und Mehrfachzuständigkeiten • zu Umwandlungsmöglichkeiten von staatlichen Pflicht- und Weisungsaufgaben zu Selbstverwaltungsaufgaben oder auch • zu Möglichkeiten der Kommunen, durch eigene Maßnahmen Kosten zu senken • Standardfreigaben
Wichtige Voraussetzung bleibt auch für die Arbeit der Enquetekommission der vom Grundgesetz und von der Landesverfassung geforderte Grundsatz, dass die Kommunen finanziell so ausgestattet sein müssen, dass sie im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung ihre Daseinsvorsorgeaufgaben erfüllen können.

Hausaufgaben der Landesregierung im Haushalt Wir als CDU sehen die Vorschläge einer Enquete-Kommission als Voraussetzung, um über eine Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen im Parlament sachgerecht zu debattieren und letztlich zu entscheiden. Jeden Griff in die Kassen der Kommunen, wie wir ihn zuletzt in den Haushalten 1999 und 2000 mit je 50 Mio. DM erleben mussten, lehnen wir ab. Das Land darf seinen maroden Haushalt nicht zu Lasten der Kommunen sanieren. Dazu muss es eigene Sparmaßnahmen ergreifen, die sich aber bisher auch nach dem neuen Koalitionsvertrag zwischen Rot und Grün nicht ansatzweise abzeichnen.
Daher drängt meine Fraktion darauf, dass vor der Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen das Land zuerst einmal sein eigenes Haus in Ordnung bringt. Wichtig hierfür sind drastische Sparmaßnahmen. Priorität haben dabei für uns als CDU nach einer Auswertung der bisher durchgeführten Umsetzung der Aufgabenkritik der tatsächliche Wegfall und die weitere Privatisierung von Aufgaben sowie eine zügige Fortführung der Funktionalreform.

Effektive Funktionalreform Eine effektive Funktionalreform muss zu tatsächlichen Aufgabenübertragungen vom Land auf die Kommunen führen mit dem Ziel, die kommunale Selbstverwaltung zu stärken und Kosten auf allen Ebenen zu sparen, und zwar unter strikter Einhaltung des Kostenausgleichsprinzips.
Tatsächliche und ergebnisoffene Aufgabenkritik muss und wird aber auch zu einer Verschlankung oder Abschaffung von Gesetzen führen, die den Kommunen helfen, Kosten zu sparen, wie z. B. im Bereich der Reduzierung von Standards oder bei Verkürzung von Genehmigungsverfahren. Die CDU wird diese Diskussion konstruktiv vorantreiben.

Strukturreform Zu einer Funktionalreform gehört meines Erachtens auch eine Strukturreform der Landesverwaltung mit dem Ziel der grundsätzlichen Verwirklichung des zweistufigen Verwaltungsaufbaus. Dieser muss bestimmt sein von sachlichen Notwendigkeiten und nicht wie bisher von koalitionsinternen Interessen der rot/grünen Regierungspartner.

Akute Gefahr des Griffs in die Kassen der Kommunen Ich möchte nochmals betonen: Die Neuordnung der Finanzbeziehungen darf nicht - wie in der Vergangenheit - eine Einwegaktion vom Land auf die Kommunen sein. Ein Griff in die Taschen der Kommunen wie 1999/2000 darf nicht wieder stattfinden. Nur Ihr lauter Protest hat verhindert, dass nicht noch weitere zwei Jahre je 50 Mio. DM bei Ihnen abkassiert wurden. Dies darf man nicht vergessen, wenn man jetzt im rot-grünen Koalitionsvertrag den lapidaren Satz liest „den kommunalen Finanzausgleich wollen wir unter Beteiligung der Kommunen reformieren“. Ich habe meine Bedenken, dass dies in einem fairen Miteinander geschehen soll. Der SPD-Sprecher Klaus-Peter Puls - und in einer ersten, später etwas relativierten Reaktion - auch die Grünen-Sprecherin Monika Heinold drängten auf schnelles Abkassieren bei den Kommunen. Frau Heinold begründet dies ausdrücklich mit dem Haushaltsproblem 2001. Dazu wird es von der CDU-Fraktion keine Zustimmung geben.
Die Landesregierung weiß bereits jetzt, dass der mögliche Steuerausfall 2001 für Schleswig- Holstein aufgrund der Sparpakete des Bundes bis zu 750 Mio. DM betragen kann. Bisher aber hat die Landesregierung dafür keine Vorsorge getroffen, Sparmaßnahmen sind nicht erkennbar und auch die Haushaltsstruktur spricht für eine ungebremste Ausgabenpolitik zugunsten der eigenen Klientel und zu Lasten der Kommunen.
Wir haben die Landesregierung daher in einem Antrag zur nächsten Landtagssitzung aufgefordert, einen Nachtragshaushalt vorzulegen mit Sparvorschlägen im Haushalt 2000 auch im Hinblick auf die Steuerausfälle 2001. Das Land ist für die Gegenfinanzierung seiner Steuerausfälle selbst zuständig und darf dafür nicht Kommunen in Anspruch nehmen, denn auf diese kommen durch die Bundesgesetzgebung ohnehin erhebliche Belastungen in zweifacher Millionenhöhe zu.

Überprüfung der Kommunalverfassung In der neuen Legislaturperiode wird auch die Überprüfung der Kommunalverfassung auf der Tagesordnung stehen. Die neuen Regelungen in der Kommunalverfassung von 1995 haben nun ihre Testzeit hinter sich. Vieles hat sich bewährt. Anderes muss überdacht werden. Die CDU sieht vor allem die Notwendigkeit, den ehrenamtlichen Teil der kommunalen Selbstverwaltung zu stärken. Hier gibt es Defizite. Wir werden eine breite Diskussion im Land mit den Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern und den hauptamtlichen Bürgermeistern und Landräten führen. Dabei sind für uns öffentliche Vorfestlegungen in einem solchen Meinungsbildungsprozess allerdings wenig hilfreich, auch wenn dazu oft von außen gedrängt wird. Vor allem beabsichtigen wir nicht, den Grundsatz der Direktwahl anzuzweifeln, auch wenn die in Einzelfällen geringe Wahlbeteiligung wenig befriedigend ist und Anlass zu vertieften Diskussionen geben muss.
Vom Städteverband liegt ja bereits eine Vielzahl von Änderungswünschen zur Kommunalverfassung (liegen bei) vor. Viele sind unstrittig, andere bedürfen der Diskussion und des Interessenausgleichs auch mit den anderen kommunalen Spitzenverbänden. Wir werden mit Ihnen gemeinsam Lösungsansätze suchen. Für uns ist es aber wichtig, dass notwendige Änderungen der Kommunalverfassung möglichst fraktionsübergreifend erfolgen.
Auch die Kommunalisierung der Regionalplanung, zu der wir schon in der vergangenen Legislaturperiode Vorschläge vorgelegt hatten, werden wir weiterverfolgen. Wir halten dieses Thema auch mit Blick auf eine Überarbeitung der Grundlagen des zentralörtlichen Systems für sehr wichtig, die auch Bestandteil der Arbeit der Enquetekommission sein wird. Weitere Themen Die Legislaturperiode ist noch lang und wir stehen gerade erst am Anfang, und es gibt viele weitere Themen, die in dieser Legislaturperiode aufgegriffen werden müssen. Viele werden mit Sicherheit kontrovers diskutiert werden. Ich will nur einige nennen:
Die eigenwirtschaftliche Tätigkeit von Kommunen erfordert auch unter dem Gesichtspunkt der Quersubventionierung, wobei eine Ausweitung zu Lasten der privaten Unternehmen mit uns ohnehin nicht zu machen ist, die nach EU-Recht in dieser Form nicht mehr möglich sein wird, aber auch grundsätzlich Antworten.
Schon in der Vergangenheit hat uns die Abfallproblematik im Landtag stark beschäftigt. Auch sie wird wieder auf die Tagesordnung kommen. Rot/Grün beabsichtigt auf Bundesebene die TA - Siedlungsabfall zugunsten einer mechanisch biologischen Abfallbehandlung aufzuweichen. Aus ideologischer Abneigung gegen die Müllverbrennung soll diese unsichere, additive und für die Bürger kostenträchtige Abfallbehandlung ermöglicht werden. Gleichzeitig soll in Zukunft auf den Auf- und Ausbau von Müllverbrennungsanlagen verzichtet werden. Dies wird erhebliche Rückwirkungen auf die Abfallpolitik in den Kommunen haben.
Aber auch im Schulwesen werden Kosten auf die Kommunen zukommen, deren Zuordnung zu hinterfragen ist. Wenn ich den rot-grünen Koalitionsvertrag richtig interpretiere, möchte die Landesregierung Kosten z. B. im Bereich der betreuten Grundschule und der Ganztagsschule sowie für die Instandhaltung von Schulen und Schulsporthallen im stärkeren Maße auf die Kommunen überwälzen. Dies halten wir so nicht für gerechtfertigt.
Wir haben die Landesregierung bereits in der letzten Legislaturperiode aufgefordert, sich für eine Übernahme des Konnexitätsprinzips ins Grundgesetz einzusetzen, aber bisher ist nicht einmal der Ansatz einer solchen Überlegung bei der SPD zu erkennen.
Meine Damen und Herren, die auf die Städte im beginnenden 21 Jahrhundert zukommenden Problemstellungen werden vielfältig sein und zum Teil eine große Brisanz haben. Es wird notwendig sein, dass alle Partner diese gemeinsam angehen und gemeinsam Lösungen suchen. Dies ist die wichtigste Herausforderung für uns alle. Meine Fraktion wird sich dieser Verantwortung stellen. Wir werden die Zusammenarbeit mit den Kommunalen Spitzenverbänden konstruktiv und zukunftsorientiert fortsetzen.
Wir verstehen uns - unabhängig von den parteipolitischen Präferenzen der Verantwortlichen und Funktionsträger - als Anwalt der kommunalen Gebietskörperschaften, und dies werden wir auch in Zukunft unter Beweis stellen.