Flüchtlingsbeauftragter Helmut Frenz: Legalisierte Unmenschlichkeit
D E R L A N D T A G SCHLESWIG HOLSTEIN ¡ ¢ ¢ £ ¡ ¤ ¥ ¦ § £ ¦175/1999 Kiel, 21. Dezember 1999Helmut Frenz: Legalisierte Unmenschlichkeit Kiel (SHL) – Der Beauftragte für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen des La n- des Schleswig - Holstein, Helmut Frenz, kritisiert die Überraschungsabschiebung der armenischen Familie Chatchaturjan in der Nacht vom 6. auf den 7. Dezember 1999 als verantwortungslos und unmenschlich: „Wenn derartige Nacht- und Nebelaktionen in Deutschland legal sind, befinden wir uns in Deutschland im Zustand der legalisierten Unmenschlichkeit. Die Vorgehensweise der Ausländerbehörde im Einvernehmen mit dem Innenministerium war unangemessen , unverhältnismäßig und steht in ihrer politischen Orientierung im eindeutigen Wide r- spruch zu Geist und Inhalt des Grundgesetzes. Als besonders empörend empfinde ich es, dass diese Art der Abschiebung nicht mit menschlichem Versagen des zuständigen Vollzugpersonals entschuldigt wird, sondern vom Innenministerium als planvolles absichtliches Handeln dargestellt wird: Zuerst ein Täuschungsmanöver, indem die Ausländerbehörde die Duldung drei Tage vor der g e- planten Abschiebung um einen Monat verlängert und somit die Familie in vermeintl i- cher Sicherheit wiegt. Dann drei Tage später ein vollkommen unangemessener nächtl i- cher Überfall mit Abschiebung in Handschellen nebst dem Verbot an die Mitbewohner, telefonisch die Öffentlichkeit zu unte rrichten. „Die Durchsetzung des Abschiebungswillen hatte im Falle der armenischen Familie Chatchaturjan Priorität vor dem Respekt der Menschenwürde.“ Dieser Feststellung wurde im Innenministerium nicht widersprochen. Die Rechtfertigung la u- Herausgegeben von der Pressestelle tete: „Was hätten wir tun sollen? Der Mann war suizidgefährdet. Die des Schleswig- Holsteinischen Handschellen sollten ihn schützen!“ - „Hier behalten und ärztlich beha n- Landtages deln“, scheint nach Auffassung des Innenministeriums jedenfalls mit dem in 24105 Kiel, Landeshaus; 24171 Kiel, Gesetz unvereinbar. Postfach 7121; Tel. (0431) 988 Durchwahl App. 1120 bis 1125 und 1116 bis 1118 Fax (0431) 988 1119 V.i.S.d.P. Dr. Joachim Köhler Diese Pressemitteilung ist auch über das Internet abrufbar: www.sh-landtag.de Internet:http//www.sh-landtag.de oder in Form des Pressetickers unter www. ltsh.de bzw. www.parlanet.de. e Mail:Joachim.Koehler@ltsh.landsh.de Über den Presseticker können die Pressemitteilungen auch per E-Mail direkt abonniert werden. -2-Es ist unstrittig, dass die Familie „vollziehbar ausreisepflichtig“ war. Doch eine derart i- ge heimtückische Nacht- und Nebelaktion gegen kranke und schutzbedürftige Me n- schen ist nicht hinnehmbar und darf sich auf gar keinen Fall wiederholen. Dieser Vo r- gang widerspricht auch zahlreichen Äußerungen von Innenminister Ekkehard Wie n- holtz zur Ausländer- und Asylpolitik.Ich spreche diese - die Menschenwürde verletzende - Abschiebungspraxis so deutlich an, weil bereits jetzt schon die Abschiebung von vier Geschwistern nach Mazedonien angedroht worden ist für den Fall, dass sie nicht Anfang Januar „freiwillig“ Deutschland verlassen. Dabei spielt es offensichtlich keine Rolle, dass die Daferoskikinder seit elf Jahren in Deutschland leben, dass sie hier zur Schule gehen und dass sie in Mazed o- nien, weder Wohnung, noch Arbeit und nicht die geringste Chance auf ein würdiges Leben haben.Ich fordere im Zusammenhang mit dem Fall der Familie Chatchaturjan eine Überpr ü- fung der Abschiebepraxis in Schleswig-Holstein. Wenn schon das alte Jahrtausend für einige Menschen so endet, könnte das neue menschlicher beginnen.“