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16.12.99
16:39 Uhr
B 90/Grüne

Irene Fröhlich zur Katholischen Schwangerschaftskonfliktberatung

PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Sperrfrist: Redebeginn Landeshaus Es gilt das gesprochene Wort! Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 Telefax: 0431/988-1501 Zu TOP 19, Katholische Schwangerschaftskonfliktbera- Mobil: 0172/541 83 53 tung in Schleswig-Holstein, erklärt Irene Fröhlich, Frakti- E-Mail: presse@gruene.ltsh.de onsvorsitzende der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Internet: www.gruene.ltsh.de

Nr. 394.99 / 16.12.99

Die Diskussion um die Straffreiheit von Abtreibungen wird nicht erneut aufgebrochen
Ich freue mich sehr, dass schließlich noch ein interfraktioneller Antrag zustande ge- kommen ist.
Wir alle erinnern uns noch genau an die im Sommer diesen Jahres geführte öffentliche Diskussion zu den Plänen der katholischen Kirche mit dem Zusatz auf den sogenannten Beratungsschein. Auch in diesem Hause ist zur Ergänzung des Beratungsscheines um den umstrittenen Passus „Diese Bescheinigung kann nicht zur Durchführung einer straffreien Abtreibung verwendet werden“ die Debatte kontrovers geführt worden. Deut- lich wurde damals aus meiner Sicht eine klare Haltung aller Fraktionen zu Gunsten der ratsuchenden Frauen. Deutlich wurde die Notwendigkeit einer kompetenten, verständ- nisvollen und qualifizierten Beratung der hilfesuchenden Frauen in ihrer besonderen persönlichen Situation, und zwar bei einem Träger ihrer Wahl.
Es war schon im Sommer sichtbar, dass sich die katholische Kirche nur bedingt dem Dialog mit gesellschaftlichen Entwicklungen und Erfordernissen stellt. Der interne Kon- flikt zwischen Kirchenoberhaupt, Bischöfen und den Mitgliedern der katholischen Kirche drohte auf dem Rücken der betroffenen hilfesuchenden Frauen, aber auch der enga- gierten Beraterinnen ausgetragen zu werden. „Schein-Heilig“ wäre im wahrsten Sinne des Wortes die Scheinlösung gewesen, auf die sich die Bischöfe geeinigt hatten. Die katholische Kirche wollte ihre Hände in Unschuld waschen, und den PolitikerInnen die unliebsame Entscheidung über die Anerkennung in die Schuhe schieben.
Nun aber hat die katholische Kirche doch noch eine klare Entscheidung getroffen, zu- mindest das begrüßen wir. Sie hat sich selbst durch den Verzicht auf die Ausstellung eines Beratungsscheines aus dem staatliche Beratungssystem verabschiedet. Sie er- füllt nicht mehr die Voraussetzungen des Schwangerschaftskonfliktgesetzes und be- zieht ganz klar Position zu einer zielorientierten Beratung, nämlich den Erhalt der Schwangerschaft. Hierdurch hat die katholische Kirche den gesellschaftlichen Konsens zum Schwangerschaftsabbruch verlassen und zieht daraus die notwendigen Konse- quenzen.
Positiv an dieser Entwicklung finde ich das Ende der Verlogenheit, denn wo katholische Kirche draufsteht ist jetzt auch katholische Lehre drin. Negativ finde ich das bewusste Alleinlassen hilfesuchender Frauen, die in ihrer Entscheidung noch unklar sind Negativ finde ich auch die klare Prioritätensetzung zugunsten des Fötus gegenüber dem Selbstbestimmungsrecht der Frau. Ein moralischer Rückschritt in das vergangene Jahr- hundert.
Ich möchte an dieser Stelle ganz deutlich machen, dass meine Kritik sich weder gegen die inhaltliche Arbeit der Beratungsstellen der katholischen Kirche noch gegen die dort Tag für Tag hart arbeitenden Frauen richtet. Ich halte ihre Arbeit für wichtig, für richtig und für ausgesprochen gut. Es ist auch richtig und wichtig, eine Pluralität gerade in der Beratungsarbeit zum Schwangerschaftskonflikt aufrecht zu erhalten.
Jeder Frau sollte die Möglichkeit geboten werden sich in der sensiblen persönlichen Situation einer ungewollten Schwangerschaft dort Hilfe und Beratung zu suchen, wo sie sich am besten aufgehoben fühlt. Bislang sind die katholischen Beratungsstellen dieser Aufgabe auf ausgezeichnete Weise gerecht geworden. Ich bedaure es sehr, dass wir in Zukunft auf diesen wichtigen Faktor in der Beratungslandschaft Schleswig-Holstein ver- zichten müssen. Aber auch wir werden die Konsequenzen aus der getroffenen, klaren Entscheidung ziehen.
Es gibt klare gesetzliche Vorgaben für eine straffreie Abtreibung und zur Schwanger- schaftskonfliktberatung. Den mühsam erstrittenen gesellschaftliche Konsens in diesem sensiblen Rechtsbereich legen wir nicht ad acta. Die Diskussion um eine Straffreiheit von Abtreibungen wird nicht erneut aufgebrochen. Die langwierig verhandelte Kompro- misslösung für eine akzeptable Handhabung im Interesse der betroffenen Frauen bleibt bestehen. All das, was wir Frauen gemeinsam erreicht haben, lassen wir uns nicht durch einen katholischen Sonderweg nehmen. Die Landesregierung wird schnellstmög- lich dafür Sorge tragen, dass das entstandene Versorgungsdefizit im Interesse der hil- fesuchenden Frauen baldmöglichst durch ein Beratungsnetz anderer Träger geschlos- sen wird. ***