Heinz Maurus: Schlepperkapazität muss ständig vorgehalten werden
LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.landsh.de/cdu-fraktion/ e-mail:fraktion@cdu.landsh.dePRESSEMITTEILUNG Nr. 531/99 vom 18. November 1999TOP 20 Heinz Maurus: Schlepperkapazität muss ständig vorgehalten werden Die Diskussion um die dauerhafte Stationierung eines leistungsfähigen Hochseeschleppers in der Deutschen Bucht begleitet viele von uns seit Jahren. Der ein oder andere quer durch die Parteien hat sich auch schon aktiv an dieser Diskussion beteiligt. In Gemeinden und Kreistagen wurden Resolutionen verfasst. Der alten wie der neuen Bundesregierung wurde in Briefen die Notwendigkeit der Stationierung eines Hochseeschleppers aufgezeigt, und zwar immer, vor allen Dingen dann, wenn wieder einmal ein Frachter oder gar ein Tanker in der Deutschen Bucht in Seenot geraten war. Schlagzeilen wie „Notruder verhindert den Supergau“ oder „Vollgeladener Tanker mit Manövrierproblemen vor der Küste – Wasserschutzpolizei besorgt“ und nicht zuletzt die „Pallas-Havarie“ machen auf die Notwendigkeit des Vorhaltens ausreichender Schlepperkapazitäten in der Deutschen Bucht aufmerksam. Statistiker sprechen davon, dass wir bei 65.000 Schiffsbewegungen pro Jahr in der Deutschen Bucht bisher großes Glück gehabt hätten, denn nach der Statistik sei der Supergau längst überfällig.1994 hatte die alte Bundesregierung als Grundlage für die Überlegungen und Aktivitäten der Küstenländer zur Verbesserung einer Sicherheits- und Notfallkonzeption in der Deutschen Bucht, das sogenannte ERNO-Gutachten in Auftrag gegeben. Die Kernaussagen dieses Gutachtens lassen sich in drei Zitaten zusammenfassen. Ich zitiere aus GAUSS, Schiff- und Hafen 10/97:1. „Bezogen auf küstennahe Bereiche, Häfen und Binnenwasserstraßen sind nach heutigen Verhältnissen die vorhandenen Schlepperkapazitäten in Deutschland weitestgehend ausreichend.“ 2. „...wie die durchgeführten Untersuchungen der in Deutschland vorhandenen Schlepperkapazitäten zeigten, besteht kein ausreichender Schlepperschutz für einen Havaristen in der Deutschen Bucht bei einer Schlechtwetterlage, da die vorhande nen Hafen- und Küstenschlepper bei diesen Wetterverhältnissen nicht einsetzbar und der erforderliche Pfahlzug nicht aufgebaut werden kann, um den Havaristen sicher auf den Haken zu nehmen.“3. „Die Untersuchung über die Einbindung von vorhandenen Schiffen in das Küstensicherungskonzept haben ergeben, dass die Präventivmaßnahmen eines einsatzfähigen Hochseeschleppers mit großem Pfahlzug in der Deutschen Bucht zum Einsatz kommen sollte, um bei einem Notfall einem Havaristen auch bei schlechtem Wetter alleine Hilfe leisten zu können.“Danach wurde abschließend festgestellt, dass es ohne diesen Hochseeschlepper keinen ausreichenden Schutz für derartige Notfälle gäbe und dringender Handlungsbedarf bestehe. In Folge der Havarie der „Sea Empress“ wurde dann 1996 wiederum in Abstimmung und Kooperation mit den Küstenländern der Hochseeschlepper „Oceanic“ kontraktet. Jedoch nicht auf einer mittel- oder langfristigen Grundlage, sondern jeweils nur für wenige Monate zu einer Charter von etwa 16.500 DM netto pro Monat. Diese jeweils kurzfristige Charter hält bis zum heutigen Tage an. Seit 1984 hält der Bund selbst das Mehrzweckschiff „Mellum“ und seit 21. März 1998 das Schadstoffbekämpfungsschiff „Neuwerk“ auch als Notschlepper vor. Die Diskussion um die Effektivität dieser Mehrzweckschiffe als Schlepper wird seit einigen Jahren kontrovers geführt. Während Vertreter der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes sie für geeignet erachten, Seenotfälle in der Deutschen Bucht zu beherrschen, sprechen Seeleute, Sachverständige und Gutachter diesen Mehrzweckschiffen zumindestens bei größeren Schiffen diese Fähigkeit ab. Auf einer Fachtagung der GAUSS (Gesellschaft für angewandten Umweltschutz und Sicherheit im Seeverkehr) führte Kapitän Zahalka vom Verein Bremer Seeversicherer aus, dass „Mellum“ und „Neuwerk“ gebaut seien, um eine Vielzahl von Aufgaben zu erledigen. Sie sollen im gesamten deutschen Küstenbereich, also Nord- und Ostsee, eingesetzt werden. Die Schwerpunkte der Tätigkeiten lägen bei der Aufnahme und Separierung von Öl- und Wassergemischen, Bekämpfung von Gefahrgutunfällen sowie der Feuerbekämpfung. Ebenso seien sie als Notschlepper mit einem Pfahlzug von je 110 Tonnen ausgestattet. Beide Schiffe sind also für die Erfüllung einer Vielzahl von Aufgaben konzipiert. Da jede Aufgabe für sich betrachtet technische Einrichtungen voraussetzt, die auf dem Schiff untergebracht werden müssen, ist es verständlich, dass Kompromisslösungen unabwendbar sind. Mehrzweckschiffe können eben immer nur neben ihren übrigen Aufgaben Notschlepper sein, aber Bergungsschlepper in dem Sinne, wie sie in der Deutschen Bucht notwendig sind, sind diese Schiffe eben nicht. Auch kann ihre Besatzung zwangsläufig nicht über die Erfahrung professioneller Berger verfügen. Und diese Bergeerfahrung ist neben der Qualität des Schiffes häufig ausschlaggebend für ein Gelingen oder Scheitern einer Maßnahme. Zur Sicherheit unserer Küsten ist die dauerhafte Stationierung des zur Zeit einzigen leistungsfähigen Hochseeschleppers unter deutscher Flagge, der „Oceanic“, dringend erforderlich und unabdingbar. Lassen Sie uns heute dies hier nicht zuletzt auch als Konsequenz aus der „Pallas“-Havarie fordern. Nach wie vor gibt es viele Stimmen, die glauben, dass die Havarie der „Pallas“ hätte verhindert werden können, wenn die „Oceanic“ schneller zum Einsatz gekommen wäre. Darüber hinaus erachten wir es auch für notwendig, dass zumindestens geprüft wird, ob nicht auch ein Konzept für die revierbezogenen Schlepperkapazitäten zur Begleitung von großen Tankern entwickelt werden sollte, damit das Risiko einer Grundberührung auch in engen Fahrwassern der Deutschen Bucht so gering wie möglich gehalten wird. Der Einsatz von Escort-Fahrzeugen wird heute dort praktiziert, wo es dafür gesetzliche Vorschriften gibt. Bemerkenswert ist, dass Escort-Regeln bisher inStaaten erlassen worden sind, in denen der Schiffsverkehr keine einfachen grenzüberschreitenden Ausweichmöglichkeiten hat. Dieses trifft für die USA. zu, denn seit dem Exxon-Valdesunfall ist man für das Gebiet um den Terminal Valdes bemüht, eine vernünftige Lösung zu finden und hatte vor über 2 Jahren ein Komitee gegründet mit der Aufgabe, nach der besten verfügbaren Technologie für eine Risikominimierung beim Eskortieren von Tankern zu suchen. In Norwegen besteht unseres Wissens nach seit 1984 für Tanker über 20.000 bis 30.000 DTW Eskortepflicht im Bereich gefährdeter Terminals. In Schweden besteht seit Januar 1998 unserer Informations zufolge ebenfalls für bestimmte Einsatzgebiete Eskortepflicht, auch im Bereich des Terminals SULLOM VOE Shetland werden Schlepper für Escortaufgaben eingesetzt. Für die genannten Escortaufgaben werden keine staatlichen Mittel eingesetzt, sondern der Staat hat lediglich die entsprechenden Grundlagen geschaffen. Im nordeuropäischen Küstengebiet ist es unserer Auffassung nach mit Rücksicht auf den bestehenden Wettbewerb zwischen den einzelnen Häfen und Ländern notwendig, dass eine aufeinander abgestimmte zwischenstaatliche Regelung gefunden wird. Wenn man auch hier in gewissen neuralgischen Bereichen und Zufahrten diese präventiven Sicherheitsmaßnahmen einführen will.Ein Chemie- oder Ölunfall in der Deutschen Bucht oder in der Jade würde zwangsläufig zum Erliegen auch der Wirtschaft an der Westküste Schleswig-Holsteins führen und damit die Menschen ihre Existenzgrundlage berauben. Die Folgenbeseitigung einer derartigen Katastrophe würde bei allen denkbaren Anstrengungen Jahre benötigen und Unsummern verschlingen. Von daher sollten wir alles erdenkliche tun, um die Sicherheitsstandards in der Deutschen Bucht zu verbessern. Hans von Wecheln, der Vorstandssprecher der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste sprach während einer Veranstaltung davon, dass die „Pallas“- Havarie die Generalprobe gewesen sei, die Uraufführung aber bestimmt folge. Dann müssen Unfallmanagement und Einsatzmittel stimmen. Von daher bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen.