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Anliegen der Petition:
Der Landtag Schleswig-Holstein möge die Landesregierung zu einer Bundesratsinitiative auffordern, um das deutsche Grundgesetz dahingehend zu verändern, dass das Wahl- und Abstimmungsrecht bei Kommunal- und Landtagswahlen in Schleswig-Holstein nicht mehr an die Voraussetzung der deutschen Staatsbürgerschaft bzw. die Unionsbürgerschaft geknüpft werden muss.
Begründung:
Die deutsche Staatsbürgerschaft bzw. die Unionsbürgerschaft sollte keine Voraussetzung für den Erhalt des Wahlrechts für Kommunal- und Landtagswahlen in Schleswig-Holstein darstellen. Wer seit mehreren Jahren in Schleswig-Holstein wohnt, arbeitet, Steuern zahlt, Kinder im Bildungssystem hat und in vielen weiteren Lebensbereichen von Entscheidungen auf Kommunal- und Landesebene betroffen ist, sollte am demokratischen Prozess der Legitimation dieser Entscheidungen durch ein aktives und passives Wahlrecht in Schleswig-Holstein teilnehmen dürfen. Solange dieses Recht nur Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit bzw. Menschen mit der Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaates vorbehalten ist, werden Schleswig-Holsteiner*innen ohne deutsche Staatsangehörigkeit nicht ausreichend in Verwaltung und Parlament repräsentiert und dadurch benachteiligt.
Das Recht, an den Wahlen auf kommunaler sowie Landesebene teilzunehmen, sollte allen Zugewanderten in Schleswig-Holstein offenstehen.
Gegen eine mögliche Öffnung des Wahlrechts für Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit im Grundgesetz werden seit Jahren verfassungsrechtliche Bedenken geäußert, die auf eine nicht mehr zeitgemäße Auslegung des Grundgesetzes und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1990 gestützt werden. Dabei ist aufgrund der sich stark wandelnden Gesellschaft in Deutschland der Begriff des (deutschen) Volkes neu zu definieren. Eine Beschränkung des Wahlrechts auf Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit wird den gesellschaftlichen Verhältnissen des Einwanderungslandes Deutschland im Jahr 2022 nicht mehr gerecht.
EU-Bürger*innen mit Wohnsitz in Deutschland haben bereits seit den 1990er Jahren die Möglichkeit, an Kommunalwahlen in Deutschland teilzunehmen, obwohl sie keine deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Somit kann zumindest stark angezweifelt werden, dass eine Grundgesetzänderung zur Ausweitung des Wahlrechts für Nicht-Deutsche die verfassungsmäßig niedergelegten Grundsätze verletzt.
Auch der Verweis auf die fehlende Zweidrittel-Mehrheit im deutschen Bundestag für die notwendige Änderung des Grundgesetzes kann nach der letzten Bundestagswahl, die veränderte Mehrheitsverhältnisse hervorgebracht hat, neu hinterfragt werden. Daher kann eine erneute Bundesratsinitiative neue Ergebnisse bringen.
Für eine demokratischere Gesellschaft mit guten Teilhabe- und Repräsentationschancen in Schleswig-Holstein fordern wir deshalb eine erneute Diskussion über eine Bundesratsinitiative, um allen Schleswig-Holsteiner*innen die Mitbestimmung durch Wahlen an politischen Prozessen zu ermöglichen.
Das Projekt "Symbolische Wahlen" in Träger*innenschaft der Heinrich-Böll-Stiftung Schleswig-Holstein
Der Petitionsausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtages hat die öffentliche Petition, die von 153 Mitzeichnern unterstützt wird, auf der Grundlage der von der Petentin dargelegten Aspekte und einer Stellungnahme des vormaligen Ministeriums für Inneres, ländliche Räume, Integration und Gleichstellung beraten.
Mit der Petition wird eine Bundesratsinitiative für eine Grundgesetzänderung zugunsten eines allgemeinen Ausländerwahlrechtes in Schleswig-Holstein begehrt. Das Innenministerium bestätigt, dass die Beteiligung an Wahlen in Bund, Ländern und Gemeinden gegenwärtig allein deutschen Staatsangehörigen vorbehalten sei. Dies folge aus den Bestimmungen des Artikel 20 Absatz 2 Satz 2 und Artikel 28 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz. Bei dem sich aus Artikel 28 Absatz 1 Satz 3 Grundgesetz ergebenden Kommunalwahlrecht für Unionsbürgerinnen und Unionsbürger handele es sich zwar um eine Ausnahme von dem vorgenannten Grundsatz, dieser bleibe hierdurch jedoch unberührt. Das aktive und passive Wahlrecht sei nicht an den tatsächlichen Aufenthaltsort, sondern an die Unionsbürgerschaft geknüpft.
Soweit die Ausweitung des Wahlrechtes in Schleswig-Holstein auf Ausländer gefordert wird, verweist das Innenministerium darauf, dass die Länder aufgrund des bundesverfassungsrechtlichen Homogenitätsgebots keine abweichenden Regelungen bezüglich der Zusammensetzung des Wahlvolkes treffen könnten. Aus diesem Grund sei bereits im Herbst 1990 eine diesbezügliche Gesetzesänderung des Landes Schleswig-Holstein durch das Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden (BVerfG, Urteil vom 31.10.1990 - 2 BvF 2 2/89, 2 BvF 6/89). Dabei urteilte das Gericht, dass von dem in Artikel 28 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz verwendeten Begriff des Volkes lediglich deutsche Staatsangehörige sowie die ihnen nach Artikel 116 Absatz 1 Grundgesetz gleichgestellten Personen umfasst seien. Ein kommunales Ausländerwahlrecht sei somit ausgeschlossen.
Der Petitionsausschuss konstatiert, dass auch nach diesem Urteil das Thema weiterhin im Parlament diskutiert worden sei. Dabei habe die Landesregierung in der 19. Wahlperiode die Ausweitung des kommunalen Wahlrechtes auf die ausländische Bevölkerung nicht als geeignetes Mittel angesehen, um deren Integrationserfolg zu verbessern. So sei die Möglichkeit, über Wahlen am politischen System zu partizipieren, vielmehr ein Ergebnis einer erfolgreichen, auf das Ziel der Einbürgerung ausgerichteten Integration. Diese Auffassung wurde zuletzt im Zusammenhang mit einem Antrag des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSW) im Schleswig-Holsteinischen Landtag zur Einführung eines allgemeinen Ausländerwahlrechts bei Kommunalwahlen (Drucksache 19/3073, abrufbar unter www.landtag.ltsh.de) bekräftigt. Auch der seinerzeit beteiligte Innen- und Rechtsausschuss hat sich nach der Durchführung eines umfangreichen Anhörungsverfahrens in seiner Beschlussempfehlung nicht für die Einführung eines kommunalen Wahlrechtes für Ausländer ausgesprochen.
Im Ergebnis stellt der Ausschuss fest, dass es bislang keine politische Mehrheit für eine Bundesratsinitiative zur Einführung eines kommunalen Wahlrechtes für Ausländer in Schleswig-Holstein gibt. Aktuelle Bestrebungen für eine solche Initiative in der laufenden Wahlperiode sind dem Petitionsausschuss nicht bekannt.
Der Petitionsausschuss würdigt das mit der Petition verfolgte Ziel einer möglichst breiten politischen Teilhabe und Repräsentation der Bevölkerung und betont die herausragende Bedeutung von Wahlen als elementaren Bestandteil des demokratischen politischen Systems. Er sieht vor dem Hintergrund der vorab dargestellten Rechtslage jedoch keine Möglichkeit, sich für das Anliegen der Petition auszusprechen. Da die begehrte Ausweitung des Wahlrechts unter die Bundesgesetzgebung fällt, weist der Ausschuss abschließend auf die Möglichkeit hin, sich an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages zu wenden.