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Wir, die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner, erheben hiermit nachdrücklich Einspruch gegen die geplante Entsorgung von Kohlendioxid (CO2) im Meeresboden der Nordsee. Das wäre unserer
Meinung nach eine verantwortungslose Abfallentsorgung im Meer in groß-industriellem Maßstab. Wir fordern den Landtag auf, die Landesregierung zu verpflichten, die Durchleitung von CO2 und
die Deponierung von CO2 sowohl unter Land als auch im Untergrund der Nordsee zu verhindern, denn wir wollen CCS stoppen.
Begründung:
CCS (Carbon Capture and Storage = CO2-Abscheidung und Deponierung) trägt nicht zum Klimaschutz bei, denn es werden bisher nur maximal 85% des CO2 abgefangen, an Müllverbrennungsanlagen bisher maximal 11%; und für CCS wird sehr viel Energie benötigt. Jede Industrie mit CCS trägt weiterhin zur Klimaerwärmung bei. Berücksichtigt man die unvollständigen Abscheideraten, den hohen zusätzlichen Energiebedarf und die Undichtigkeiten, dann könnten Kraftwerke mit CCS klimaschädlicher sein als ohne CCS.
CCS ist sehr teuer und verbraucht Landflächen und große Mengen Wasser.
CO2 ist nicht sicher endzulagern, denn es gibt im Untergrund durchlässige Deckschichten und damit Wege, wo das CO2 aufgrund des hohen Druckes nach oben entweichen kann. Außerdem gibt es im Boden der Nordsee über 15.000 Bohrlöcher, die zum großen Teil nicht ordnungsgemäß abgedichtet wurden. Bisher hat sich kein CO2-Endlager so verhalten, wie es Geologen vorhergesagt haben. Selbst in dem norwegischen Endlager Sleipner, das immer als sicheres Vorzeige-Endlager angeführt wird, ist das CO2 in höheren Schichten aufgetreten, als in den Modellen vorhergesagt. CO2-Verpressung löst leichtere und mittelschwere Erdbeben aus, wie sie bereits in den USA und bei der Gasförderung in den Niederlanden aufgetreten sind. Wenn der hohe Verpressungsdruck Erdbeben auslöst, entstehen Verwerfungen und damit weitere Wege nach oben.
Die einzigen sicheren Kohlenstofflager sind die nicht ausgebeuteten Kohle-, Öl- und Gaslagerstätten. Negativemissionen sind durch natürliche CO2-Senken wie z.B. Moore, Wälder oder Seegraswiesen möglich. Biokohle wäre im Gegensatz zu CCS ein sicheres Kohlenstofflager.
CCS ist greenwashing und dient nur der fossilen Energiewirtschaft, ihr Geschäftsmodell auf Kosten der Umwelt weiter zu betreiben. Wir können und dürfen nicht so wie vor 60 Jahren unseren Müll, in diesem Fall CO2, einfach in der Natur bzw. in der Nordsee entsorgen. Saubere Meere sind entscheidend für Mensch und Natur als Lebensraum und Nahrungsgrundlage.
Der Petitionsausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtages hat die von 1.085 Mitzeichnern unterstützte öffentliche Petition auf der Grundlage der vom Petenten vorgetragenen Gesichtspunkte sowie einer Stellungnahme des Ministeriums für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur beraten.
Der Petent möchte erreichen, dass sich Schleswig-Holstein gegen die Anwendung des Verfahrens zur Lagerung von CO2 im Untergrund der Nordsee und unter Land (Carbon Capture and Storage – CCS) ausspricht. Er problematisiert, dass das Verfahren teuer sei und bisher nur ein Teil der Emissionen eingefangen werden könne. Auch würden zu viel Energie, Flächen und Wasser verbraucht werden sowie die Gefahr von Undichtigkeiten im Boden bestehen.
Dem Ausschuss ist bewusst, dass viele Menschen die Besorgnis des Petenten teilen. Er unterstreicht daher die große Bedeutung einer verständlichen, transparenten und offenen Information über die zur Erreichung von gesetzten und notwendigen Klimazielen eingesetzten Mittel und Maßnahmen. Der Ausschuss betont, dass vorrangig weiterhin anzustreben ist, den Ausstoß vom CO2 grundsätzlich zu verringern. Er weist darauf hin, dass sich die diesbezügliche Diskussion um den Einsatz der CCS Technologie über die letzten 10 Jahre gewandelt hat. Während es früher darum ging, ob CCS der weiteren Nutzung der Kohlekraft und anderer fossiler Stromerzeugungsanlagen dienen könnte, sind der Kohleausstieg und die Dekarbonisierung des Stromsektors bis 2035 nunmehr politisch festgelegt. Aktuell wird CCS als umweltverträgliche Lösung für den Umgang mit unvermeidbaren Restemissionen in Industrien wie der Zement- und Kalkindustrie oder der Abfallwirtschaft diskutiert. Aus diesem Grund kann der Ausschuss der Aussage des Petenten, CCS wäre ein Instrument des Greenwashings der Industrie, nicht folgen.
Bezüglich der Kritik des Petenten an den Abscheidungsraten entsprechender Anlagen verweist das Umweltministerium auf wissenschaftliche Erkenntnisse wonach moderne CCS-Anlagen Raten von 90-95 % erreichen und in speziell ausgestatteten Kraftwerken Abscheidungsraten von bis zu 99 % möglich sind. In Müllverbrennungsanlagen liegt die Abscheidungsrate bei etwa 85 %. Müllverbrennungsanlagen mit CCS können damit einen bedeutend größeren Beitrag zum Klimaschutz leisten als Anlagen ohne CCS.
Das Ministerium bestätigt die Aussage des Petenten, dass der Einsatz von CCS mit einem hohen Energiebedarf und hohen Kosten einhergeht. Grundsätzlich muss der erhöhte Energieaufwand daher vollständig durch erneuerbare Energien gedeckt werden, um einen Beitrag zum Klimaschutz leisten zu können. Die Kosten sind dabei ebenso wie der Flächenbedarf für den CO2 Transport und die langfristige Speicherung von diversen Faktoren abhängig und können erheblich variieren. Der Ausschuss unterstreicht, dass dies in jedem Fall eine sorgfältige Planung von CCS-Projekten erfordert.
Hinsichtlich des vom Petenten befürchteten Austritts von CO2 aufgrund von durchlässigen Deckschichten im Untergrund oder Bohrlöchern, weist das Ministerium darauf hin, dass sich die aktuelle Forschung zur Speicherung von CO2 auf Speicherformationen in einer Tiefe von circa ein bis drei Kilometern unterhalb des Meeresbodens der Nordsee fokussiert, die aus porösen Sandsteinen bestehen und durch mindestens 20 Meter mächtige undurchlässige Ton- und Salzsteine abgedeckt werden. Bei den potenziellen Speicherstrukturen handelt es sich um Aufwölbungen, die gewährleisten, dass das innerhalb der Speicherformationen aufwärtsstrebende CO2 komplett von den undurchlässigen Schichten umschlossen wird. Die Bedenken des Petenten, dass aufgrund von lokalen Beeinträchtigungen dieser Deckschichten durch natürliche Verwerfungen oder Erdöl/-gas-Bohrungen Kohlendioxid austreten könnte, sind berechtigt. Die Unversehrtheit der Deckschichten und ein ausreichender Abstand zu Altbohrungen sind deshalb wichtige Kriterien bei der Auswahl eines geeigneten Speicherstandortes.
Soweit der Petent sich dafür ausspricht, statt der CCS-Technologie andere Maßnahmen zur Speicherung von CO2 zu fördern, bestätigt das Ministerium, dass Biokohle grundsätzlich ein sicheres Kohlenstofflager ist. Allerdings ist bei der Produktion der Pflanzenkohle die Verfügbarkeit der organischen Biomasse ein limitierender Faktor, so dass der Beitrag zum Klimaschutz begrenzt bleibt. Das Ministerium stimmt ebenso der Aussage des Petenten zu, dass durch natürliche Senken, wie Moore, Wälder oder Seegraswiesen CO2 wieder aus der Atmosphäre entfernt werden kann. Deshalb sind naturbelassene Verfahren wie Aufforstung, Renaturierung von Mooren sowie die Wiederherstellung von Seegraswiesen prädestiniert für den Ausgleich unvermeidbarer Restemissionen und haben positive Effekte auf den Klimaschutz. Der Erhalt und die Wiederherstellung der natürlichen CO2-Speicher hat daher Vorrang vor dem Einsatz der CCS-Technologie. Nach aktueller Studienlage werden die natürlichen Speichermöglichkeiten jedoch nicht ausreichen und sind durch den voranschreitenden Klimawandel gefährdet. Die CCS-Technologie kann somit als weitere Maßnahme einen wichtigen Beitrag leisten.
Der Petitionsausschuss weist darauf hin, dass die mögliche Anwendung des Verfahrens zur Lagerung von CO2 sowie die damit verbundenen Bedenken bereits umfangreich im parlamentarischen Raum thematisiert wurden. So hat der Agrar- und Umweltausschuss eine Expertenbefragung durchgeführt, deren Erkenntnisse und Einschätzungen schließlich am 21. November 2024 im Plenum diskutiert wurden. Der Landtag sprach sich im Ergebnis mehrheitlich dafür aus, die Carbon-Management-Strategie des Bundes konstruktiv zu begleiten (Drucksache 20/2556). Er betont, dass CCS eine notwendige Technologie darstellt, um unvermeidbare Restemissionen nicht langfristig in die Atmosphäre zu leiten. Dabei unterstrich der Landtag die hohe Priorität des Schutzes menschlicher Gesundheit und der Umwelt. Die Speicherung von CO2 unter Land wird daher abgelehnt und eine Speicherung unter Wasser nur seewärts der 12-Meilen-Zone und außerhalb des Küstenmeers gefordert. Injektionsstellen in oder CO2-Speicherstätten unter Schutzgebieten, insbesondere im Nationalpark Wattenmeer, sowie einem 8-km-Pufferstreifen um Schutzgebiete herum sollen ausgeschlossen werden. Darüber hinaus wird die Anwendung in industriellen Prozessen, die effizienter und kostengünstiger zu dekarbonisieren oder zu substituieren sind, abgelehnt. Maßnahmen zur Vermeidung von Treibhausgasemissionen, der konsequente Ausbau Erneuerbarer Energien sowie Maßnahmen des natürlichen Klimaschutzes haben vor einer möglichen Anwendung von CCS weiterhin höchste Priorität. Eine Subventionierung von CCS wird abgelehnt.
Der Petitionsausschuss ist mehrheitlich der Auffassung, dass mit diesem Beschluss ein angemessener Ausgleich zwischen dem Nutzen, den die CCS Technologie zur Vermeidung bestimmter Restemissionen leisten kann, und der Berücksichtigung der mit dem Verfahren verbundenen Risiken für andere Schutzgüter gelingt.
Die Veröffentlichung des Beschlusses erfolgt vorbehaltlich der Bestätigung der Erledigung der Petition durch den Schleswig-Holsteinischen Landtag. Die Bestätigung erfolgt in einer der nächsten Tagungen.