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Fortschreibung der Pauschalbeträge in der Vollzeitpflege
Wenn Kinder nicht bei ihren leiblichen Eltern dauerhaft oder zeitlich befristet leben und aufwachsen können, kommen sie in der Regel zu Pflegefamilien oder ins Heim. Bei der Unterbringung eines jungen Menschen in Vollzeitpflege ist der notwendige Unterhalt außerhalb des Elternhauses sicherzustellen. Der gesamte regelmäßig wiederkehrende Bedarf soll dabei mit laufenden Leistungen gedeckt werden, und ist in einem monatlichen Pauschalbetrag zu gewähren. Das örtliche Jugendamt hat dies analog zu den Vorgaben aus der Landesgesetzgebung sicherzustellen.
Der monatliche Pauschalbetrag für Unterhalt, bestehend aus Kosten für Sachaufwand und Erziehung, wird vom Landesministerium jährlich festgelegt, überprüft und fortgeschrieben. Das für Schleswig-Holstein zuständige Ministerium für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung hat mit dem jüngsten Erlass angekündigt, die Fortschreibung der Pauschalbeträge weitreichend auszusetzen und folgt erstmals nicht (mehr) den grundlegenden Prinzipen. Es ignoriert die fachlich weit verbreiteten und allgemein anerkannten Grundlagen zur Bemessung, die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamtes und die daraus abgeleiteten Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge (DV). Es stellt damit nicht nur die grundlegenden Prinzipien der Berechnung der Pauschalbeträge in Frage, sondern ignoriert und kürzt den tatsächlichen Bedarf nicht unerheblich. Es werden Barrieren errichtet in einer Zeit, in der dringend geboten ist, Barrieren abzubauen, damit für die Kinder, für die diese Hilfe geeignet und notwendig ist, passende Familien ausreichend gefunden werden und verfügbar bleiben. Das seit 1990 praktizierte Prinzip, die jährlichen Preissteigerungsraten abzubilden, wird mit den öffentlichen Erklärungen aus dem Sozialministerium und den vorgelegten Entwurfsfassungen verlassen.
Zur Sicherstellung des angemessenen Lebensunterhaltes für Pflegekinder fordern wir die Landesregierung auf, die Empfehlungen des Deutschen Vereines (DV) in der Fassung vom 19. September 2023 derart umzusetzen, dass diese als Mindeststandard gesichert sind.
Dies ist in den Vorjahren immer so praktiziert worden und bundesweit anerkannt. Die Empfehlungen des DV sind etabliert und fachlich in allen Bundesländern akzeptiert und in der jüngsten Fassung weitreichend umgesetzt, so dass die geplanten Abweichungen und Anpassungen der Pflegegelder in Schleswig-Holstein nach unten sachlich nicht nachvollzogen werden können. Es ist ein Versuch des Griffs in die Taschen von Pflegeeltern, Pflegeelternbewerbern und von Pflegekindern, die emotional oft erpressbar geworden sind und der darüber hinaus dem Staat sogar monetär mehr schadet, als Nutzen zu bringen vermag.
Während die bundesweiten Gesamtkosten der Hilfen zur Erziehung in den Jahren 2010 bis 2021 mit jährlichen Kosten von 6,4 Milliarden auf 10,3 Milliarden gestiegen sind, ist der Anteil der Pflegekinderhilfe von 13,4% auf 12,9% gesunken und darf wohl kaum im existenzsichernden Bereich unzumutbaren Kostendämpfungen unterzogen und kaputt gespart werden.
Andreas Holczinger, Christoph Malter, Birgit Nabert (geschäftsführender Vorstand des Landesverbandes für Kinder in Adoptiv- und Pflegefamilien - KiAP) am 8.12.2023
Der Petitionsausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtages hat die von 593 Mitzeichnern unterstützte öffentliche Petition auf der Grundlage der von dem Petenten vorgetragenen Gesichtspunkte und einer Stellungnahme des Ministeriums für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung beraten.
Der Petent begehrt, dass für Kinder und Jugendliche, die im Rahmen einer Hilfe zur Erziehung bei Pflegepersonen untergebracht werden, der notwendige Unterhalt außerhalb des Elternhauses sichergestellt wird. Die entsprechenden Pauschalbeträge würden landeseinheitlich festgelegt und jährlich angepasst, um Preissteigerungsraten abzubilden. Hierbei solle das Land wie in den vergangenen Jahren den Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge folgen und diese als Mindeststandard festlegen.
Dem Petitionsausschuss ist bewusst, welchen wichtigen Beitrag Pflegefamilien in unserer Gesellschaft leisten. Sie geben Kindern das für ihre Entwicklung notwendige stabile familiäre Umfeld und die Geborgenheit, Zuwendung, Orientierung und Hilfe, die sie dringend brauchen. Für dieses Engagement spricht der Ausschuss ihnen seine Wertschätzung aus. Er begrüßt daher ausdrücklich, dass die Landesregierung bereits im Sinne des Petenten gehandelt hat. Bei der Festlegung der Pauschalbeträge wurde auch in diesem Jahr den Empfehlungen des Vereins vollumfänglich gefolgt. Der entsprechende Erlass trat mit Wirkung vom 1. Januar 2024 in Kraft.
Der Ausschuss kann nachvollziehen, dass anderslautende Ankündigungen im vergangenen Herbst zunächst zu Irritationen geführt haben. Hintergrund waren notwendige Verhandlungen des Landes über die Finanzierung mit den Kommunen als Träger der Kinder- und Jugendhilfe, in denen Unklarheiten bezüglich der Auslegung der Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge aufzulösen waren. Um den Jugendämtern und Pflegekinderdiensten Handlungs- und Rechtssicherheit für das Jahr 2024 zu geben, wurde in einem ersten Schritt ein Erlass veröffentlicht, in dem zunächst nur die Inflationskomponente berücksichtigt wurde. Nach Abschluss der Gespräche mit den Kommunen Ende des letzten Jahres konnte schließlich der nunmehr geltende Erlass entsprechend der ursprünglichen Empfehlung des Vereins veröffentlicht werden. Genaue Hintergründe sind einem Bericht des Sozialministeriums an den Landtag zu entnehmen (Umdruck 20/2676).
Der Ausschuss nimmt zur Kenntnis, dass die begehrte Umsetzung der Empfehlungen des Vereins als Mindeststandard nicht möglich ist. Bei der Festlegung der Pauschalbeträge handelt es sich um eine rechtlich verbindliche Regelung und nicht um eine Empfehlung an die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, von der diese generell nach oben abweichen können. Der Ausschuss unterstützt, dass damit Konkurrenzsituationen bei den Kommunen bei der Gewinnung von Pflegeeltern verhindert werden. Abweichungen von den allgemein festgelegten Pauschalbeträgen sind in allen Kommunen nur dann zulässig, wenn nach der Besonderheit des Einzelfalls aufgrund besonderer individueller Bedarfe eines Pflegekindes abweichende Leistungen geboten sind.