Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.
Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags
Springe direkt zu:
Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.
Der Landtag und die Besatzung der „Gorch Fock“ sind seit 40 Jahren eng verbunden: Am 26. Januar 1982 hat das Parlament eine bis heute in Deutschland einmalige Patenschaft mit einem Schiff der Marine übernommen.
Jörg Alter hat die Patenschaft als Protokollchef des Schleswig-Holsteinischen Landtages über einen Zeitraum von 25 Jahren betreut. In der Festschrift zum 25-jährigen Bestehen der Verbindung 2007 blickt er zurück:
Die Gemeinsamkeiten von Politikern und Seeleuten hat eine Landtagspräsidentin einmal auf einen kurzen Nenner gebracht: Beide stehen auf schwankenden Planken und beide müssen das Steuerrad fest in der Hand behalten. Nur so können das Schiff und die Politik auch in stürmischen Zeiten einen sicheren Kurs steuern. Aber dies war natürlich nicht der Anlass für die Übernahme der Patenschaft, die inzwischen in Marinekreisen als eine der aktivsten und längsten Patenschaften bei den deutschen Seestreitkräften gilt.
1972 sagte der damalige Bundespräsident Gustav Heinemann bei der ersten Windjammerparade in Kiel staunend: „So etwas Schönes habe ich noch nie gesehen“. Zugegen bei diesen Worten war auch der damalige Landtagspräsident, ehem. Seeoffizier und passionierte Segler, Dr. Helmut Lemke – als Gast auf der „Gorch Fock“ und zugleich fachkundiger Kommentator. So war dann auch Landtag Initiator für einen Empfang für alle beteiligten Windjammerkapitäne im gerade neuerbauten Hotel „Maritim“. Bei diesem Empfang nahmen auch der Kommandant und Besatzungsangehörige der „Gorch Fock“ teil.
Die erste Windjammerparade und die olympischen Segelwettbewerbe 1972 rückten alles Maritime in unserem Land besonders in den Vordergrund. Segeln und Seefahrt waren wieder allgemeines Gesprächsthema. Zur Patenschaft hat es damals allerdings noch nicht gereicht, ein Parlament als Pate eines Marineschiffes war dann doch zu ungewöhnlich.
In den folgenden 10 Jahren kamen sich Schiff, Besatzung und Parlament Stück für Stück näher. Es folgten viele Einladungen auf das Schiff, insbesondere für den Ältestenrat des Landtages. Bei einer dieser Einladungen kam der allseits beliebte Kommandant mit dem bezeichnenden Namen „Wind“ gemeinsam mit Dr. Lemke zu dem Entschluss, „nun muss eine Patenschaft her“.
Gesagt, getan, es folgte ein Schreiben an den Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Ansger Bethge, der auch sofort seine Zustimmung mit folgendem Schreiben gab:
„Ihre Anregung findet meine volle Zustimmung. Ich bin wie Sie der Überzeugung, dass mit der Ausbildung an Bord des Segelschulschiffes gute seemännische Traditionen fortgeführt werden und dass die Reisen der „Gorch Fock“ auch der Völkerverständigung dienen. Mir ist gleichermaßen bewusst, dass die Marine insgesamt nur dann erfolgreich wirken kann wenn ihre Aufgabe von einer breiten Mehrheit unseres Volkes verstanden und mitgetragen wird, und ich hoffe sehr, dass die von Ihnen vorgeschlagene Patenschaft auch hierzu beitragen möge.“
In der 73. Sitzung des Landtages, am 26. Januar 1982, war es dann soweit. Präsident Dr. Lemke verkündete die Patenschaft:
„Mein sehr verehrten Damen und meine sehr geehrten Herren Kollegen!
Zu Beginn unserer Sitzung möchte ich Ihnen die erfreuliche Mitteilung machen, dass wir alle die Patenschaft für das Segelschulschiff „Gorch Fock“ der Bundesmarine und für seine Besatzung übernehmen wollen.
Ich begrüße daher auch den hier anwesenden Kommandanten, Herrn Kapitän z.S. Helmut Wind; er war wesentlich am Zustandekommen der Patenschaft beteiligt.
Die langjährigen guten und freundschaftlichen Kontakte des Schleswig-Holsteinischen Landtages zu den Einheiten und Kommandos der Bundeswehr in unserem Lande haben zu der Überlegung geführt, dass neben dem alljährlichen Bundeswehrempfang des Landtages und neben den Besuchen der Abgeordneten diese enge Verbundenheit einen weiteren sichtbaren ständigen Ausdruck finden sollte.
Ich habe daher im Einvernehmen mit dem Ältestenrat eine Patenschaft zu dem Segelschulschiff „Gorch Fock“ vorgeschlagen, denn die hohe Aufgabenstellung des Schiffes, das seit seiner Indienststellung in nicht unerheblichem Maße zur Völkerverständigung beigetragen hat, erscheint dafür besonders geeignet. Die maritime Tradition unseres Landes zwischen den zwei Meeren und die örtliche Nähe des Schiffes, das wir ja von hier aus ständig vor Augen haben, vor allem aber auch der Kontakt mit dem seemännischen Nachwuchs waren Gründe für die Übernahme der Patenschaft.
Herr Kapitän Wind, der Schleswig-Holsteinische Landtag – die Volksvertretung unseres Landes – hofft auf eine für beide Seiten fruchtbare Partnerschaft und wünscht dem Schiff und seiner Besatzung einen erfolgreichen Verlauf der Ausbildungsreisen und eine stets glückliche Heimkehr. Die Aufmerksamkeit des Landtages, seiner Abgeordneten, wird Sie künftig stets begleiten.
Meine Damen und Herren, ich stelle fest: Der Landtag stimmt der Patenschaft für das Segelschulschiff „Gorch Fock“ und für seine Besatzung zu.“
Und dann kam lebhafter Beifall. Dies war bezeichnend für den späteren so erfolgreichen Verlauf der Patenschaft. Es gab bei allen Aktivitäten parteiübergreifend nur Zustimmung. Selbst als bei einem Empfang des Landtages an Bord in Haifa/Israel Kommandant Thomas Hering zu einer von Haus aus pazifistisch eingestellten Fraktionsvorsitzenden – als diese das Schiff bewunderte – sagte: „Frau Abgeordnete, die „Gorch Fock“ ist aber auch ein Kriegsschiff“, konnte dies die Bewunderung für Schiff und Besatzung nicht mindern.
In den nächsten Jahren folgte ein Höhepunkt dem anderen. So war zum ersten Mal, dank einer günstigen personellen Konstellation – der Kommandant kam aus Föhr und der Landtagspräsident war Ehrenbürger der Insel Amrum – ein ausgewachsener Großsegler zu Besuch im Wattenmeer. Auch wenn „Fachleute“ hinsichtlich der geringen Wassertiefe Bedenken hatten, so war diese gemeinsame Aktion ein einmaliger Erfolg für die Menschen auf den Inseln und natürlich für die vielen Touristen, die das Schiff auf Reede besuchen konnten.
Ein besonderes Kapitel schrieb auch der große Stockanker auf der „Gorch Fock“, der sich bei einem Ankermanöver des Schiffes vor Helgoland in einem Seekabel verhakte und daher gekappt werden musste. Die „Gorch Fock“ wollte allerdings dieses „äußerst unhandliche Gerät“, nachdem es von Marinetauchern geborgen wurde, nicht wiederhaben. Sie hatte einen anderen praktischeren Anker erhalten. Als letzter traditioneller Stockanker in der Marine wurde er nun von vielen Seiten begehrt.
Die Marineleitung hat dann aber schnell entschieden. Der Anker sollte dem Landtag übergeben werden. War der Landtag doch Pate und das Landeshaus schließlich einmal kaiserliche Marineakademie gewesen, also die Wiege der Deutschen Marine. Und die Übergabe erfolgt dann auch in einem feierlichen militärischen Rahmen vor dem Landeshaus. Der Anker steht heute nach einem Platzwechsel vor der Nordseite des Landeshauses, gemeinsam mit einem alten Unterwant des Großseglers der „Gorch Fock“ als eindrucksvolles Symbol der Patenschaft.
Auch Präsidentinnen konnten sich schnell mit der Patenschaft anfreunden, schließlich sind Seeleute weltgewandt und zeigen sich gerade Damen gegenüber von ihrer besten Seite. Als bei einem Übersetzen mit einem Verkehrsboot der Marine auf die „Gorch Fock“ im Jahre 1988 die Landtagspräsidentin in Anbetracht der hoch aufragenden Bordwand der „Gorch Fock“ etwas ängstlich fragte: „ Und wenn ich nun beim Übersteigen ins Wasser falle, wer rettet mich dann?“ Überzeugend wurde geantwortet: „Wir sind für alles gerüstet und im Notfall springt auch der Kommandant ins Wasser.“ Diese Antwort wirkte sehr beruhigend. Zu solchen „Notfällen“ ist es aber Gott sei Dank bisher nicht gekommen.
Die gegenseitigen Beziehungen werden sehr aktiv wahrgenommen. So wird die „Gorch Fock“ beim Ablegen zu ihren turnusmäßigen Auslandsreisen und bei ihrer Rückkehr nach Kiel stets offiziell von ihrem Paten verabschiedet bzw. begrüßt. Die Besatzung informiert sich regelmäßig über die Arbeit des Landesparlaments durch Besuche im Landeshaus und in Gesprächen mit Abgeordneten. Die Mannschaft – die überwiegend aus anderen Bundesländern stammt – wird zu jährlichen Besichtigungs- und Informationsfahrten durch das Land eingeladen und von Abgeordneten begleitet. Weiterhin sind Besatzungsmitglieder der „Gorch Fock“ bei offiziellen Veranstaltungen des Landtages z.B. beim Empfang für die Helfer, bei dem Besuch von Parlamentariern aus den nordischen Ländern und den Ostsee-Anrainerländern, bei Tagen der offenen Tür und bei anderen offiziellen Anlässen dabei.
Die Auslandsreisen der „Gorch Fock“ werden vom Landtag mit Interesse verfolgt und ggf. auch aktiv durch Empfänge vor Ort unterstützt, wie dies zum Beispiel in Tallinn, in Haifa und in Kopenhagen der Fall war. Einer der Höhepunkte waren dabei die gemeinsamen Aktivitäten im Millenniumsjahr 2000 in den USA, so z.B. in Baltimore mit einem Empfang des Landtagspräsidenten an Bord, an dem über 300 US-Bürger aus Politik und Wirtschaft begrüßt werden konnten und die Teilnahme an der Windjammerparade in New York am amerikanischen Unabhängigkeitstag, dem 4. Juli 2000. Gemeinsame Ausstellungen in vielen Orten Schleswig-Holsteins, die Herausgabe von Büchern und Informationsschriften runden diese von beiden Seiten mit viel Interesse und Engagement getragene Patenschaft ab.
So wurde eine gemeinsame Ausstellung zur Kieler Woche unter dem Motto „Leinen los, leben und arbeiten auf Segelschulschiffen“ zu einer der – gemessen an der Besucherzahl von über 8.000 Personen – erfolgreichsten Veranstaltungen im Landeshaus. Fast ebenso erfolgreich war eine Ausstellung im Landeshaus zum Thema „Segel & Leinwand – die Norddeutschen Realisten und die ‚Gorch Fock‘“. Viele Bilder aus dieser Künstleraktion schmücken heute Sitzungssäle und Büroräume des Landeshauses. Ein besonderes Ereignis war auch die Feier anlässlich des 20-jährigen Bestehens der Patenschaft mit mehr als 300 Gästen auf der „Gorch Fock“ im Rahmen der Kieler Woche 2002. Der Landtag beteiligte sich auch aktiv an den 25-, 30- und 40-jährigen Jubiläumsfeiern anlässlich der Indienst-Stellung der „Gorch Fock“. (…)
Die persönlichen Kontakte zur Besatzung der „Gorch Fock“ wurden übrigens auch fortgeführt, als ersatzweise die „Staatsrad Lehmkuhl“ im Jahr 2000 für zwei Ausbildungsreisen von der Marine gechartert wurde. Auch hier verabschiedete bzw. begrüßte der Landtagspräsident die Besatzung, wobei dann allerdings statt der deutschen die norwegische Flagge wehte. Auf der norwegischen Bark fand dann auch nach dem Ende einer Ausbildungsreise ein Bordfest statt, das ein in Strande wohnender Landtagsabgeordneter sponserte. Und wahr ist auch die Begebenheit, dass der auf einem kleinen Motorboot bei stürmischem anreisende Landtagsabgeordnete zunächst in seinem Boot solange ausharren musste, bis erst einmal die mitgebrachten Bierfässer an Bord gehievt waren. Diese Reihenfolge – Bier vor Besuch – hatte allerdings die zivile norwegische Stammbesatzung der „Staatsrad Lehmkuhl“ festgelegt.
Es gäbe noch viel zu berichten von gemeinsamen Empfängen, wie zum Beispiel mit der Bürgerschaft Bremen zur Sail Bremerhaven in den Jahren 2000 und 2005 oder anlässlich der Sail Rostock mit dem Landtag Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2006. Mit diesen Empfängen möchte der Schleswig-Holsteinische Landtag auf einer attraktiven Plattform Begegnungen und Kontakte zwischen Vertretern der Politik, der Wirtschaft, der Streitkräfte, der Kunst und vielen anderen Gesellschaftsgruppen vermitteln. Diese so wichtigen länderübergreifenden Kontakte sind für unser Land Schleswig-Holstein und seine Menschen wichtig und unverzichtbar.
So ist die Patenschaft über ihren ursprünglichen Anlass inzwischen weit hinausgewachsen. In einem gemeinsamen Festakt des Landtagspräsidenten, des Inspekteurs der Marine und des Präsidenten des Deutschen Marinebundes am 1. Oktober 2006 zum 50-jährigen Bestehen der Deutschen Marine ist diese Patenschaft auch von der Marine besonders gewürdigt worden. Wir freuen uns auf die nächsten Jahrzehnte der Patenschaft und Partnerschaft mit „unserer Gorch Fock“ und ihrer Besatzung.