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§ 69

Unterbrechung und Aufhebung der Sitzung

Wenn im Landtag störende Unruhe entsteht, kann die Präsidentin oder der Präsident die Sitzung unterbrechen oder aufheben.

Kommentar

1. Voraussetzungen für die Unterbrechung oder Aufhebung der Sitzung

Voraussetzung für die Unterbrechung oder Aufhebung der Sitzung ist das Entstehen einer störenden Unruhe im Landtag. Legt man § 69 im Zusammenhang mit den §§ 65 bis 68 und § 70 aus, so ergibt sich: Die Unruhe muss unter den Sitzungsteilnehmerinnen und Sitzungsteilnehmern entstanden sein, zu denen außer den Abgeordneten auch die Mitglieder der Landesregierung und ihre Beauftragten (vgl. Artikel 27 Abs. 2 Satz 1 LV) sowie die Präsidentin oder der Präsident des Landesrechnungshofs (vgl. Erl. 1.1 zu § 48) gehören (a. A. Ritzel/Bücker/Schreiner, Handbuch für die Parlamentarische Praxis, Kommentar zur Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages, § 40 GO-BT, Erl. 1. a). Voraussetzung ist ferner, dass sich die Unruhe nicht durch Maßnahmen gegen einzelne Sitzungsteilnehmerinnen oder Sitzungsteilnehmer beseitigen lässt; das kann u. a. der Fall sein, wenn die verursachende Person nicht identifizierbar ist (Ritzel/Bücker/Schreiner, aaO., § 40 GO-BT, Erl. 1. b).

Für eine Unterbrechung oder Aufhebung der Sitzung reicht nicht jede Unruhe aus; sie muss zugleich störend sein. Objekt der Störung ist dabei der geordnete Fortgang der Verhandlungen. Eine unter den Sitzungsteilnehmenden entstandene Unruhe ist mithin immer dann störend, wenn sie nach Art und Umfang begründeten Anlass zu der Annahme gibt, dass eine der Würde des Hauses und der Verfahrensordnung entsprechende Durchführung der Sitzung nicht mehr gewährleistet ist. Die Störung muss dabei von einem erheblichen Gewicht sein, weil durch einen Abbruch der Sitzung auch diejenigen Sitzungsteilnehmenden betroffen werden, die sich ordnungsgemäß verhalten haben (Ritzel/Bücker/Schreiner, aaO., § 40 GO-BT, Erl. 1. b).

2. Zeitpunkt und Form der Unterbrechung oder Aufhebung der Sitzung

Die in § 69 vorgesehenen Maßnahmen sind Reaktionen, die sich unmittelbar an das Entstehen der störenden Unruhe anschließen müssen. Ob eine Unterbrechung oder Aufhebung der Sitzung erfolgt, muss sich deutlich aus der bekannt gegebenen Entscheidung der Präsidentin oder des Präsidenten ergeben. Kann die Präsidentin oder der Präsident sich kein Gehör verschaffen, so kann sie oder er – wie in § 40 Satz 2 GO-BT ausdrücklich festgelegt – ihren oder seinen Stuhl verlassen mit der Folge, dass die Sitzung als unterbrochen gilt.

Hinsichtlich der begrifflichen Unterscheidung von Unterbrechung und Aufhebung wird auf Erl. 6 zu § 68 verwiesen.

3. Ermessensentscheidung der Präsidentin oder des Präsidenten

Der Begriff „störende Unruhe“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff; die Präsidentin oder der Präsident hat insoweit einen Beurteilungsspielraum. Kommt die Präsidentin oder der Präsident zu dem Ergebnis, dass eine störende Unruhe gegeben ist, so liegt die Entscheidung, ob sie oder er von § 69 Gebrauch macht und welche der dort zur Verfügung gestellten Maßnahmen sie oder er ergreift, in ihrem oder seinem pflichtgemäßen Ermessen. Im Hinblick auf das Gewicht der in § 69 genannten Maßnahmen wird die Präsidentin oder der Präsident in der Regel versuchen, durch an die Sitzungsteilnehmenden gerichtete Ermahnungen oder durch die Androhung einer Unterbrechung oder Aufhebung der Sitzung die gestörte Ordnung wiederherzustellen. Die Anwendung des § 69 sollte ultima ratio sein, auch wenn dies nicht ausdrücklich normiert ist.

4. Antrag von Abgeordneten auf Unterbrechung oder Aufhebung der Sitzung

Anträge, die Beratung oder die Sitzung im Hinblick auf eine entstandene Unruhe zu unterbrechen oder aufzuheben, sind als Geschäftsordnungsanträge zulässig. Unzulässig wäre dagegen ein Antrag, die Präsidentin oder der Präsident möge von § 69 Gebrauch machen; denn durch ihn würde in das Entscheidungsrecht der Präsidentin oder des Präsidenten eingegriffen (vgl. Troßmann, Parlamentsrecht des Deutschen Bundestages, 1977, § 44 GO-BT, RN 3).

Kommentar zur Geschäftsordnung des Schleswig-Holsteinischen Landtages

Stand: 5. April 2023

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