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§ 58

Eröffnung der Beratung, zusätzliche Redezeiten

(1) Erhält nach Schluß der Beratung oder nach Ablauf der gemäß § 56 Abs. 4 Satz 1 und 2 festgesetzten Redezeit ein Mitglied der Landesregierung zu dem Gegenstand das Wort, so ist die Aussprache wieder eröffnet. Das gleiche gilt, wenn eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter nach Ablauf der gemäß § 56 Abs. 4 Satz 1 und 2 festgesetzen Redezeit zu dem Gegenstand das Wort erhält. Allen Fraktionen steht in diesen Fällen wieder die Hälfte der festgesetzten Redezeit zu.

(2) Erhält während der Beratung ein Mitglied der Landesregierung zu dem Gegenstand das Wort, so haben alle Fraktionen, denen zu diesem Zeitpunkt nicht mehr ein volles Viertel ihrer ursprünglichen Redezeit zu diesem Tagesordnungspunkt zur Verfügung steht, Anspruch auf ein zusätzliches Viertel der festgesetzten Redezeit.

(3) Ergreift ein Mitglied der Landesregierung das Wort außerhalb der Tagesordnung, so wird auf Verlangen von vier Abgeordneten die Beratung über seine Ausführungen eröffnet. Anträge zur Sache dürfen hierbei nicht gestellt werden.

Kommentar

1. Erwiderungsrecht auf Ausführung innerhalb und außerhalb der Tagesordnung

§ 58 eröffnet den Abgeordneten die Möglichkeit, auf Ausführungen der Landesregierung im Parlament auch dann zu antworten, wenn dies an sich geschäftsordnungsmäßig nicht (mehr) zulässig wäre. Auch wenn die Präsidentin oder der Präsident nach Ablauf der vom Landtag festgesetzten Redezeit einer oder einem Abgeordneten das Wort zum Gegenstand erteilt, eröffnet die Vorschrift den anderen Abgeordneten eine Erwiderungsmöglichkeit. Sinn des § 58 ist zum einen zu verhindern, dass die Regierung nach ihrem Belieben jeweils das letzte Wort in Anspruch nehmen kann, und zum anderen, auch den anderen Abgeordneten um der Gleichbehandlung willen nochmals die Möglichkeit einzuräumen, zum Beratungsgegenstand zu sprechen, wenn eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter nach Ablauf der festgesetzten Redezeit das Wort erhalten hat.

2. Zusätzliche Redezeiten zum Gegenstand der Beratung (Absatz 1 und 2)

 2.1  Erhält nach Schluss der Beratung (vgl. hierzu Erl. 1 zu § 57) oder nach Ablauf der gemäß § 56 Abs. 4 Satz 1 und 3 festgesetzten Redezeit ein Mitglied der Landesregierung oder eine Abgeordneten oder ein Abgeordneter zu dem Beratungsgegenstand das Wort, ist die Aussprache wieder eröffnet. In diesen Fällen steht allen Fraktionen wieder die Hälfte der zunächst für sie festgesetzten Redezeit zu (Absatz 1). Auch fraktionslosen Abgeordneten wird man in diesem Fall ein Rederecht von jedenfalls drei Minuten zugestehen müssen.

Die gleiche Regelung muss gelten, wenn ein Mitglied der Landesregierung zu einem Beratungsgegenstand das Wort erhält, obwohl der Landtag beschlossen hatte, eine Aussprache hierzu nicht zu führen. Mangels zuvor festgelegter Redezeiten besteht in diesem Fall keine Redezeitbeschränkung, solange der Landtag nichts anderes beschließt.

Die Wiedereröffnung der Aussprache tritt nach Absatz 1 in diesen Fällen automatisch ein. Sie muss deshalb von der Präsidentin oder dem Präsidenten nicht noch ausdrücklich festgestellt werden.

2.2  Da Kurzbeiträge von Abgeordneten nach § 56 Abs. 4 Satz 5 nicht von den nach § 56 Abs. 4 Satz 1 und 3 festgelegten Redezeiten umfasst werden, lösen sie auch nicht die Redezeitverlängerung nach Absatz 1 Satz 3 aus. Dies ergibt sich aus dem Charakter des § 56 Abs. 4 Satz 5 als Spezialnorm neben den Regelungen über die Beratungszeit. Auf solche Kurzbeiträge kann allerdings von den anderen Abgeordneten durch ebensolche Kurzbeiträge geantwortet werden.

2.3  Wird ein Beratungsgegenstand abschnittweise abgehandelt (z. B. der Haushalt), wird auch über bereits abgeschlossene Teile (z. B. über Einzelpläne) die Aussprache wieder eröffnet, wenn das Mitglied der Landesregierung solche abgeschlossenen Teile abermals aufgreift. Dies wird auch dann gelten müssen, wenn über die Einzelabschnitte bereits in der Sache beschlossen worden ist. Der Grundsatz der Unverrückbarkeit der Parlamentsbeschlüsse wirkt sich jedoch dahin aus, dass zwar die Beratung wieder eröffnet wird, über den bereits abgestimmten (Teil-)Gegenstand jedoch nicht noch einmal abgestimmt werden darf.

2.4  Absatz 2 eröffnet einer Fraktion die Möglichkeit, auf Ausführungen der Regierung auch dann in angemessenem Umfang zu antworten, wenn die der Fraktion zustehende Redezeit zu diesem Tagesordnungspunkt bereits zu mehr als drei Vierteln erschöpft ist. Voraussetzung für die Redezeitverlängerung ist, dass nicht nur die Beratung des jeweiligen Tagesordnungspunktes noch nicht geschlossen ist, wie der Vorschrift unmittelbar zu entnehmen ist, sondern auch die für den Tagesordnungspunkt nach § 56 Abs. 4 Satz 1 und 3 festgesetzte Beratungsdauer noch nicht abgelaufen ist. Für die Folgen der Worterteilung an ein Mitglied der Landesregierung nach Schluss der Beratung und nach Ablauf der festgesetzten Redezeit trifft Absatz 1 eine spezielle Regelung.

In der Praxis des Landtages wird die Regelung allerdings dann nicht zur Anwendung gebracht, wenn das Mitglied der Landesregierung sich innerhalb der von ihr ursprünglich angemeldeten Redezeit äußert. Erst wenn es im Rahmen der laufenden Beratung zu einer weiteren Wortmeldung eines Mitglieds der Landesregierung kommt, die nicht mehr von der ursprünglich angemeldeten Redezeit gedeckt ist, wird Absatz 2 herangezogen. Sollte in einer solchen Situation gleichwohl weiterer Aussprachebedarf bestehen, der nicht im Wege von Kurzbeiträgen nach § 56 Abs. 4 Satz 5 befriedigt werden kann, besteht die Möglichkeit, die Redezeit gem. § 56 Abs. 4 Satz 3 zu verlängern.

Im Fall des Absatzes 2 haben die Fraktionen, denen zu diesem Zeitpunkt nicht mehr ein volles Viertel ihrer ursprünglichen Redezeit zu diesem Tagesordnungspunkt zur Verfügung steht, Anspruch auf ein zusätzliches Viertel ihrer ursprünglichen Redezeit. Mindestens wird jeder Fraktion eine zusätzliche Redezeit von drei Minuten zuzuerkennen sein. Gleiches gilt für fraktionslose Abgeordnete. Sinn der Regelung ist nämlich, dass aus allen parteipolitischen Richtungen auf Ausführungen der Landesregierung nochmals in angemessenem Umfang geantwortet werden kann.

3. Erwiderungsmöglichkeit auf Reden außerhalb der Tagesordnung

Nach Absatz 3 wird die Beratung über Ausführungen eines Mitglieds der Landesregierung, die dieses außerhalb der Tagesordnung gemacht hat, eröffnet, wenn dies vier anwesende Mitglieder des Landtags verlangen.

Erklärungen außerhalb der Tagesordnung sind solche, die sich nicht auf den Gegenstand beziehen, den der Landtag gerade behandelt. Solche Erklärungen können also Beratungsgegenstände betreffen, die entweder überhaupt nicht auf der Tagesordnung gestanden haben oder dort zwar aufgeführt waren, aber vom Landtag bereits abschließend, sei es durch Beschluss, sei es in anderer Weise, abgehandelt worden sind.

Bittet ein Mitglied der Landesregierung während der Beratung eines Gegenstandes um das Wort zu einem anderen Gegenstand, wird es ihm die Präsidentin oder der Präsident regelmäßig erst nach vollständiger Abhandlung des in Beratung befindlichen Tagesordnungspunktes erteilen. Diese sinnvolle Möglichkeit besitzt die Präsidentin oder der Präsident seit der 1990 erfolgten Neufassung der Landesverfassung, nach der den Mitgliedern der Landesregierung nicht mehr das jederzeitige Rederecht zusteht (vgl. Artikel 27 Abs. 3 LV).

Die Eröffnung der Aussprache nach Absatz 3 ist an das Verlangen von vier anwesenden Mitgliedern des Landtags gebunden. Dieses Verlangen stellt demnach ein Minderheitenrecht dar, so dass eine Diskussion und Abstimmung über die Frage, ob die Aussprache stattfinden soll oder nicht, unzulässig ist. Es ist vielmehr lediglich festzustellen, ob das Quorum des Absatzes 3 Satz 1 erreicht ist.

Gegenstand der Aussprache nach Absatz 3 sind ausschließlich die Ausführungen des Mitglieds der Landesregierung.

4. Konkurrenz zwischen § 56 Abs. 7 und § 58 Abs. 2

§ 56 Abs. 7 und § 58 Abs. 2 betreffen gleichermaßen Fälle, in denen die Präsidentin oder der Präsident die Beratung noch nicht geschlossen hat und in denen die nach § 56 Abs. 4 Satz 1 und 3 bestimmte Zeitdauer für die Beratung noch nicht abgelaufen ist.

Die Voraussetzung, dass für die Anwendung der beiden Vorschriften die festgesetzte Zeitdauer der Beratung des jeweiligen Tagesordnungspunktes noch nicht abgelaufen sein darf, ergibt sich aus der Zusammenschau mit § 58 Abs. 1. Diese Vorschrift regelt speziell die Rechtsfolge einer Worterteilung an ein Mitglied der Landesregierung, wenn die Beratung bereits geschlossen bzw. die nach § 56 Abs. 4 Satz 1 und 3 festgesetzte Redezeit abgelaufen ist.

Dass sowohl im Fall des Absatzes 2 als auch im Fall des § 56 Abs. 7 die Beratung noch nicht von der Präsidentin oder dem Präsidenten geschlossen sein darf, steht in Absatz 2 ausdrücklich. Für § 56 Abs. 7 ergibt sich dies abermals aus der Zusammenschau mit § 58 Abs. 1, aber auch aus der systematischen Stellung des § 56 Abs. 7 hinter der Regelung über die Berücksichtigung der von der Landesregierung für die Beratung angemeldeten Redezeit in § 56 Abs. 4 Satz 1 und 3.

Im Fall des § 56 Abs. 7 steht den Fraktionen eine Redezeitverlängerung zu, die sich nach der Dauer richtet, mit der die Landesregierung die von ihr angemeldete Redezeit überschritten hat. Diese Redezeitverlängerung tritt unabhängig von der Frage ein, ob der jeweiligen Fraktion noch Redezeit zur Verfügung steht oder nicht.

Im Fall des Absatzes 2 steht nur den Fraktionen, die nicht mehr über ein volles Viertel ihrer ursprünglich festgesetzten Redezeit zu dem jeweiligen Tagesordnungspunkt verfügen, ein Anspruch auf ein zusätzliches Viertel der festgesetzten Redezeit zu. Da die Redezeitverlängerungen für die Fraktionen lediglich dazu dienen sollen, dass diese noch in angemessenem Umfang auf die Ausführungen der Landesregierung antworten können, müssen diese Redezeitverlängerungen nicht summiert werden. Es reicht aus, wenn der jeweiligen Fraktion die nach den beiden infrage stehenden Vorschriften umfangreichere Redezeitverlängerung zuerkannt wird.

Kommentar zur Geschäftsordnung des Schleswig-Holsteinischen Landtages

Stand: 16. Februar 2023

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