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(1) Die Abgeordneten sprechen in der Regel in freiem Vortrag. Sie können dabei stichwortartige Aufzeichnungen benutzen.
(2) Jede Fraktion kann zu jedem Gegenstand der Tagesordnung für eine ihrer Rednerinnen oder einen ihrer Redner bis zu zehn Minuten Redezeit beanspruchen. Jede weitere Rede soll nicht länger als fünf Minuten dauern. Im Ältestenrat kann eine Verlängerung dieser Redezeiten vereinbart werden, wenn der Gegenstand der Tagesordnung dies erforderlich macht. Die Präsidentin oder der Präsident kann die Redezeiten auf Antrag einer Fraktion während der Sitzung des Landtages verlängern, wenn der Verlauf der Aussprache dies erforderlich macht.
(3) Spricht eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter über die Redezeit hinaus, so entzieht ihr oder ihm die Präsidentin oder der Präsident nach einmaliger Mahnung das Wort. Ist einer Rednerin oder einem Redner das Wort entzogen, so darf sie oder er es zum gleichen Gegenstand nicht mehr erhalten.
(4) Für die Beratung der einzelnen Gegenstände setzt der Landtag in der Regel aufgrund eines Vorschlags der Präsidentin oder des Präsidenten, der im Benehmen mit dem Ältestenrat und unter Berücksichtigung der Anmeldungen der Landesregierung ergeht, eine bestimmte Zeitdauer fest. Der Vorschlag berücksichtigt, dass zu Anträgen, bei denen es sich nicht um Gesetzentwürfe oder Haushaltsvorlagen handelt, nur eine Aussprache stattfinden soll, es sei denn, mindestens zwei Fraktionen sprechen sich für eine weitere Aussprache aus. Die nach Satz 1 festgesetzte Zeitdauer kann während der Beratung des Gegenstands geändert werden. Der Anteil der Fraktionen wird von der Präsidentin oder dem Präsidenten im Benehmen mit dem Ältestenrat festgesetzt. Über diese festgesetzte Zeit hinaus können Abgeordnete je einen Kurzbeitrag bis zu drei Minuten Dauer leisten.
(5) Reden können zu Protokoll gegeben werden, wenn im Laufe einer Landtagssitzung die gemäß Absatz 4 vorgesehene Aussprache entfällt. Die Reden werden dem Plenarprotokoll als Anhang beigefügt. Einzelheiten regelt die Präsidentin oder der Präsident im Benehmen mit dem Ältestenrat.
(6) Die Vorschriften der Absätze 1 und 2 finden auf Berichterstatter keine Anwendung.
(7) Überschreitet die Landesregierung die von ihr angemeldeten Redezeiten, so verlängert sich die Redezeit jeder Fraktion um die Dauer der Überschreitung.
Die Vorschriften über den Grundsatz der freien Rede im Parlament und über die Redezeiten sollen einer lebendigen und zügigen Beratung dienen.
Absatz 1, nach dem die Abgeordneten in der Regel in freiem Vortrag sprechen, hat lediglich Appellcharakter. Eine Sanktionsmöglichkeit für den Fall, dass eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter nicht in freier Rede spricht, wäre verfassungsrechtlich bedenklich. Das Rederecht im Parlament gehört zum verfassungsrechtlichen Status jeder und jedes Abgeordneten, auch wenn sie oder er im Einzelfall nicht in der Lage sein sollte, einen umfangreichen Sachverhalt oder einen komplizierten Gedanken in freier Rede vorzutragen. Wenn auch die Ausübung des Rederechts den vom Parlament kraft seiner Autonomie gesetzten Schranken unterliegt, darf dieser Umstand doch nicht zur Aushöhlung des Rederechts führen (vgl. BVerfGE 10, 4 [11 und 14 f.]). Wenn also eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter nicht in der Lage ist, in freier Rede zu sprechen, kann ihr oder ihm nicht untersagt werden, eine schriftlich vorbereitete Rede zu verlesen.
Das Rederecht der Abgeordneten umfasst auch das Recht, Zitate vorzutragen. Wenngleich es üblich ist, dass Rednerinnen und Redner die Genehmigung der Präsidentin oder des Präsidenten zumindest unterstellen („ich zitiere mit Genehmigung der Frau Präsidentin ...“), ist diese Genehmigung für das Verlesen des Zitats nicht erforderlich. Eingreifen kann die Präsidentin oder der Präsident lediglich dann, wenn andere Vorschriften ihr oder ihm das Recht dazu geben, etwa weil die Rednerin oder der Redner mit einer zu umfangreich vorbereiteten Rede die ihr oder ihm zustehende Redezeit überzieht oder wenn Redeinhalt oder Zitat keinen ausreichenden Bezug zum Beratungsgegenstand haben.
Um ermüdende Dauerreden zu vermeiden, sieht die Geschäftsordnung in Absatz 2 vor, dass jede Fraktion zu jedem Beratungsgegenstand nur für eine ihrer Rednerinnen oder für einen ihrer Redner eine Redezeit von zehn Minuten beanspruchen kann, dass aber jede weitere Rednerin und jeder weitere Redner nicht länger als fünf Minuten sprechen soll. Im Ältestenrat kann gem. Absatz 2 Satz 3 eine Verlängerung dieser Redezeiten vereinbart werden, wenn der Gegenstand der Tagesordnung dies erforderlich macht. Zudem kann die Präsidentin oder der Präsident gem. Absatz 2 Satz 4 von diesen allgemeinen Redezeitbeschränkungen Ausnahmen zulassen, wenn der Verlauf der Aussprache dies erforderlich macht. Verlängerte Redezeiten gelten in aller Regel für die Haushaltsberatungen wegen der Bedeutung des Beratungsgegenstandes und entsprechend den zwischen den Fraktionen getroffenen Abreden.
Weitere Redezeitbeschränkungen bestehen für Bemerkungen zur Geschäftsordnung (§ 54 Abs. 2) und für die Aktuelle Stunde nach § 32 Abs. 8.
Anders als bei einer Verletzung des Grundsatzes der freien Rede entzieht die Präsidentin oder der Präsident einer oder einem Abgeordneten bei einer Überschreitung der ihr oder ihm zustehenden Redezeit nach einmaliger Mahnung das Wort (Absatz 3 Satz 1). Als weitere Sanktion sieht die Geschäftsordnung vor, dass eine Rednerin oder ein Redner, der oder dem das Wort entzogen worden ist, zum gleichen Beratungsgegenstand nicht noch einmal sprechen darf, selbst wenn dies nach anderen Vorschriften, etwa nach Absatz 4 Satz 4, an sich noch zulässig wäre (Absatz 3 Satz 2).
Von der allgemeinen Redezeitbeschränkung für die jeweilige Rednerin oder den jeweiligen Redner ist nach Absatz 4 die in der Regel für die einzelnen Gegenstände der Tagesordnung vom Landtag zu beschließende Beratungsdauer zu unterscheiden. Der Beschluss ergeht auf Vorschlag der Präsidentin oder des Präsidenten, zu dem diese oder dieser zuvor den Ältestenrat angehört hat, und unter Berücksichtigung der Anmeldungen der Landesregierung (Absatz 4 Satz 1). Die so festgesetzte Zeitdauer kann bei Bedarf während der Beratung des Gegenstands noch geändert werden (Absatz 4 Satz 3).
Nach Absatz 4 Satz 2 soll der Vorschlag der Präsidentin oder des Präsidenten berücksichtigen, dass zu Anträgen, bei denen es sich nicht um Gesetzentwürfe oder Haushaltsvorlagen handelt, nur eine Aussprache stattfinden soll, es sei denn, mindestens zwei Fraktionen sprechen sich für eine weitere Aussprache aus.
3.1 Redezeit der Fraktionen
Im Rahmen der vom Landtag so festgelegten Beratungsdauer setzt die Präsidentin oder der Präsident – ebenfalls im Benehmen mit dem Ältestenrat – die Anteile der einzelnen Fraktionen fest (Absatz 4 Satz 4). Hierbei ist die Größe der Fraktionen nur eines von mehreren Entscheidungskriterien. Eine Rolle spielt weiter, von welcher Fraktion die Beratung des Gegenstandes beantragt worden ist und ob der Opposition der ihrer verfassungsrechtlichen Stellung gemäß zu gewährenden Chancengleichheit hinreichend Rechnung getragen ist.
In der Praxis des Schleswig-Holsteinischen Landtages wird – von seltenen Ausnahmen abgesehen – allen Fraktionen sowie den Abgeordneten, denen die Rechte einer Fraktion zustehen, unabhängig von ihrer Größe die gleiche Redezeit zugewiesen.
3.2 Redezeit der fraktionslosen Abgeordneten
Wenn Abgeordnete, die keiner Fraktion angehören, ihren Wunsch, zu einem Tagesordnungspunkt sprechen zu wollen, rechtzeitig anzeigen, werden auch sie mit einem Anteil an der Beratungszeit berücksichtigt. Dies gebietet ihr verfassungsrechtlicher Status als Abgeordnete und das daraus abzuleitende Rederecht zu jedem Beratungsgegenstand.
In der 19. Wahlperiode wurde fraktionslosen Abgeordneten eine Redezeit von drei Minuten bei fünf bis zehn Minuten Redezeiten der Fraktionen und eine Redezeit von fünf Minuten bei mehr als zehn Minuten Redezeit pro Fraktion zugestanden. Vertreterinnen und Vertretern von Zusammenschlüssen fraktionsloser Abgeordneter wurden vier bzw. sechs Minuten und – bei einer Redezeit der Fraktionen von mehr als 20 Minuten – zehn Minuten eingeräumt.
3.3 Kurzbeitrag
Nach Absatz 4 Satz 5 kann jede und jeder Abgeordnete über die festgesetzte Gesamtredezeit für den Beratungsgegenstand, aber auch über den Anteil seiner Fraktion an dieser Beratungszeit hinaus einen Kurzbeitrag bis zu drei Minuten Dauer leisten. Diese Regelung soll Abgeordneten, die bei der fraktionsinternen Entscheidung, wer wie lange zu einem Gegenstand der Tagesordnung für die Fraktion sprechen soll, nicht berücksichtigt worden sind, die Gelegenheit bieten, wenigstens mit einem kurzen Redebeitrag selbst zum Beratungsgegenstand Stellung zu nehmen. Diese Regelung, die einer das verfassungsrechtlich gewährleistete Rederecht missachtenden völligen Mediatisierung der Abgeordneten durch ihre Fraktion vorbeugen soll, aber selbstverständlich auch für fraktionslose Abgeordnete gilt, kann theoretisch dazu führen, dass bei insgesamt 69 Landtagsabgeordneten die Beratungsdauer eines Tagesordnungspunktes um fast vier Stunden verlängert wird. Die bisherige Erfahrung hat allerdings gezeigt, dass – wenn überhaupt – doch nur eine relativ geringe Anzahl von Abgeordneten von ihrem Rederecht nach Absatz 4 Satz 5 Gebrauch macht.
Hat der Landtag bei Beschlussfassung über die Tagesordnung und Festlegung der Beratungszeiten für die jeweiligen Tagesordnungspunkte beschlossen, für bestimmte Tagesordnungspunkte eine Beratung nicht vorzusehen, können einzelne Abgeordnete auch Redezeit für einen Kurzbeitrag nach Absatz 4 Satz 5 nicht beanspruchen, sofern sie dem Beschluss zugestimmt haben. Aus dem den Abgeordneten von Verfassungs wegen zustehenden Rederecht zu jedem Tagesordnungspunkt – nach § 50 Abs. 3 hat die Präsidentin oder der Präsident über jeden Gegenstand, der auf der Tagesordnung steht, die Beratung zu eröffnen –, ergibt sich die Folge, dass Absatz 4 Satz 5 auch dann entsprechend anzuwenden ist, wenn nach dem Beschluss des Landtags Redezeiten für einen Tagesordnungspunkt nicht vorgesehen sind. Hat die oder der redewillige Abgeordnete dem Landtagsbeschluss allerdings selbst zugestimmt, hat sie oder er sich damit ihres oder seines Rederechts begeben.
3.4 Rederecht der Regierung
Wegen des verfassungsrechtlich abgesicherten Rederechts, das die Landesverfassung in Artikel 21 Abs. 3 den Mitgliedern der Landesregierung bei den Beratungen des Landtags einräumt, können die Beschränkungen des § 56 für sie nicht gelten. Dennoch ist das Rederecht der Landesregierung nicht völlig schrankenlos gewährt. Spätestens an der Grenze zu seiner missbräuchlichen Ausnutzung endet das Rederecht der Mitglieder der Landesregierung aus Artikel 21 Abs. 3 LV. Diese Grenze ist jedoch noch in keinem Fall erreicht worden. Vielmehr meldet die Landesregierung in den Beratungen des Ältestenrates die Redezeiten, die sie für ihre Mitglieder in Anspruch nehmen möchte, üblicherweise an und hält sich dann auch in aller Regel freiwillig an den vom Landtag beschlossenen Ablauf der Debatte.
Reden können gem. Absatz 5 Satz 1 zu Protokoll gegeben werden, wenn im Laufe einer Landtagssitzung die gemäß Absatz 4 vorgesehene Aussprache entfällt. Die Reden werden dem Plenarprotokoll als Anhang beigefügt (Absatz 5 Satz 2).
Diese Regelung widerspricht dem in Absatz 1 Satz 1 niedergelegten Grundsatz der freien Rede. Ein Konflikt entsteht auch in Bezug auf das Prinzip von Rede und Gegenrede, das die Aussprache prägt. Das in Absatz 5 geregelte schriftliche Verfahren kann die Plenardebatte daher nicht ersetzen, trägt aber dazu bei, dass der Landtag seine Arbeitslast bewältigen kann. Gegenüber der Verhandlung eines Tagesordnungspunktes ohne Aussprache haben die Fraktionen dadurch immerhin die Möglichkeit, ihre jeweiligen Positionen im Sitzungsprotokoll schriftlich darzulegen (zum Ganzen: Schürmann, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, Parlamentsrecht, 2016, § 20 RN 52 ff.).
Im Einzelnen gestaltet sich das Verfahren auf Grundlage der von der Präsidentin oder dem Präsidenten im Benehmen mit dem Ältestenrat nach Absatz 5 Satz 3 vorzunehmenden Regelung wie folgt: Zu Protokoll genommen werden nur vollständig ausformulierte Reden, nicht aber Stichwörter, Skizzen o. Ä. Entsprechende Reden sind unaufgefordert in elektronischer Form an ein vorgegebenes Funktionspostfach der Landtagsverwaltung zu übermitteln (plenarprotokoll@landtag.ltsh.de). Die Zusendung der zu Protokoll gegebenen Reden muss bis zum Ende des auf die Plenartagung folgenden Arbeitstages (in der Regel: Montag, 18.00 Uhr) erfolgen. Nicht rechtzeitig übermittelte Reden können bei der Veröffentlichung des Amtlichen Plenarprotokolls keine Berücksichtigung finden. Eine redaktionelle Bearbeitung findet nicht statt.
Das dargestellte Verfahren findet auch bei nach § 64 Abs. 2 Satz 4 zu Protokoll gegebenen Erklärungen zum Abstimmungsverhalten Anwendung. In der Praxis des Landtags kommt es zudem über den Wortlaut des Absatzes 5 Satz 1 hinaus gelegentlich vor, dass die Fraktionen sich bereits im Ältestenrat – also nicht erst im Laufe einer Landtagssitzung – darüber verständigen, dass die Reden zu einem bestimmten Tagesordnungspunkt zu Protokoll gegeben werden sollen. Zudem kommt es vor, dass einzelne Rednerinnen und Redner ihre Rede zu Protokoll geben, um Zeit in einer laufenden Aussprache einzusparen. Damit wird gegen das Prinzip von Rede und Gegenrede verstoßen. Gleichwohl bestehen hiergegen dann keine Bedenken, wenn insoweit Einvernehmen besteht.
Die Absätze 1 und 2 gelten nach Absatz 6 nicht für Berichterstatterinnen und Berichterstatter. Da für die Beratung im Plenum regelmäßig keine Berichterstatterinnen und Berichterstatter bestellt werden, werden deren Aufgaben von den Ausschussvorsitzenden oder bei deren Verhinderung von den stellvertretenden Ausschussvorsitzenden wahrgenommen. Man wird diese als – wenn auch nicht ausdrücklich bestellte – Berichterstatterinnen und Berichterstatter im Sinne von Absatz 6 ansehen müssen.
Nach Absatz 7 verlängert sich die Redezeit jeder Fraktion, wenn die Landesregierung die von ihr angemeldeten Redezeiten überschreitet, um die Dauer dieser Überschreitung. Für die Verlängerung der Redezeiten der Fraktionen nach Absatz 7 ist Voraussetzung, dass der Landesregierung das Wort zu dem Redebeitrag, mit dem sie die von ihr angemeldete Redezeit überschreitet, während der Beratung des Tagesordnungspunktes erteilt worden sein muss. Dies ergibt sich aus der systematischen Stellung dieser Vorschrift hinter der Regelung über die Berücksichtigung der von der Landesregierung für die Beratung angemeldeten Redezeiten in Absatz 4 Satz 1. Außerdem darf die nach Absatz 4 Satz 1 und 3 festgesetzte Redezeit für die Beratung des jeweiligen Tagesordnungspunktes noch nicht abgelaufen sein. Dass für die Anwendung des Absatzes 7 weder die Beratung des Tagesordnungspunktes geschlossen noch die für ihn festgesetzte Beratungsdauer abgelaufen sein darf, ergibt sich auch aus § 58 Abs. 1, der für eben diese Fälle eine Spezialregelung enthält.
Die Redezeitverlängerung nach Absatz 7 kann zusammentreffen mit einer Redezeitverlängerung nach § 58 Abs. 2. In diesem Fall wird den Fraktionen die sich aus den genannten Vorschriften ergebende jeweils längere Redezeit zuerkannt werden müssen. Eine Summierung der Redezeitverlängerungen findet also nicht statt (vgl. Erl. 4 zu § 58).
Auch fraktionslosen Abgeordneten wird im Fall des Absatzes 7 aus den schon genannten Gründen angemessene Redezeit oder angemessene weitere Redezeit zugestanden werden müssen.