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§ 52

Worterteilung, Liste der Rednerinnen und Redner

(1) Eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter darf sprechen, wenn ihr oder ihm die Präsidentin oder der Präsident das Wort erteilt hat.

(2) Wer zur Sache sprechen will, hat sich bei der Schriftführerin oder dem Schriftführer, die oder der die Liste der Rednerinnen und Redner führt, zu Wort zu melden.

(3) Die Präsidentin oder der Präsident bestimmt die Reihenfolge der Rednerinnen und Redner. Sie oder er kann dabei von der Reihenfolge der Wortmeldungen abweichen.

(4) Nach der Rede der Ministerpräsidentin oder des Ministerpräsidenten kann die Oppositionsführerin oder der Oppositionsführer das Wort ergreifen. In diesem Falle ist den Vorsitzenden der anderen Fraktionen nach der Oppositionsführerin oder dem Oppositionsführer auf Wunsch das Wort zu erteilen.

(5) Zu einem durch Abstimmung erledigten Gegenstand darf in derselben Sitzung nicht mehr das Wort erteilt werden.

(6) Einem Mitglied des Sitzungspräsidiums kann das Wort nicht erteilt werden.

Kommentar

1. Wortmeldung, Worterteilung (Absatz 1 und 2)

Nach § 50 Abs. 1 leitet die amtierende Präsidentin oder der amtierende Präsident die Sitzung. Dieser Leitungsgewalt entspricht der in Absatz 1 festgelegte Grundsatz, dass keine Abgeordnete und kein Abgeordneter das Wort ergreifen darf, solange die Präsidentin oder der Präsident es ihr oder ihm nicht erteilt hat. Allerdings verleiht die Verfassung Abgeordneten das Rederecht als ihrem Abgeordnetenstatus innewohnendes Recht. Dieses Recht kann zwar beschränkt, darf Abgeordneten jedoch grundsätzlich nicht vollständig entzogen werden (vgl. Hübner, in: v. Mutius/Wuttke/Hübner, Kommentar zur Landesverfassung, 1995, Art. 11 RN 16).

Der Worterteilung geht die Wortmeldung bei der Schriftführerin oder dem Schriftführer, die oder der die Rednerliste führt, voraus (Absatz 2). Für die Wortmeldung ist eine besondere Form nicht vorgeschrieben. Da die Schriftführerinnen und Schriftführer nach § 6 Abs. 1 Satz 1 die Präsidentin oder den Präsidenten bei der Sitzungsleitung lediglich unterstützen, kann die Präsidentin oder der Präsident Wortmeldungen auch persönlich entgegennehmen. Sie oder er ist hierzu jedoch nicht verpflichtet.

Der Anspruch von Abgeordneten auf Worterteilung erlischt, wenn sie sich zu dem Zeitpunkt, zu dem ihnen das Wort erteilt werden soll, nicht im Sitzungssaal befinden (Troßmann, Parlamentsrecht des Deutschen Bundestages, 1977, § 30 RN 1).

2. Zwischenfragen, Zwischenrufe

Absatz 1 gilt nicht für Zwischenfragen und Zwischenrufe. Für Zwischenfragen ergibt sich dies aus der Spezialregelung des § 53. Zwischenrufe sind kraft parlamentarischen Gewohnheitsrechts zulässig. Sie können nur beanstandet werden, wenn sie wegen ihrer Vielzahl den ordnungsgemäßen Ablauf der Sitzung gefährden oder wenn durch sie etwa wegen ihres beleidigenden Inhalts die Ordnung verletzt wird. Auch von der Regierungsbank aus sind Zwischenrufe rechtlich nicht unzulässig. Es entspricht aber gutem parlamentarischen Stil, dass sich Regierungsmitglieder besondere Zurückhaltung hinsichtlich etwaiger Zwischenrufe von der Regierungsbank aus auferlegen.

3. Reihenfolge der Rednerinnen und Redner (Absatz 3)

Da die Wortmeldungen untereinander grundsätzlich gleichwertig sind, kommt für die Reihenfolge ihrer Berücksichtigung an sich nur ihre zeitliche Reihenfolge infrage. Kraft der ausdrücklichen Bestimmung des Absatzes 3 Satz 2 kann die Präsidentin oder der Präsident von der zeitlichen Reihenfolge jedoch abweichen. Sie oder er tut dies regelmäßig, wenn ein solches Verfahren der sachgerechten Erledigung und zweckmäßigen Gestaltung der Beratung dient. Hierbei berücksichtigt sie oder er insbesondere die Stärke der Fraktionen und den Grundsatz von Rede und Gegenrede.

In der Praxis des Landtages wird das Wort im Rahmen einer Aussprache zunächst in der Reihenfolge der Stärke der Fraktionen erteilt, wobei die Rednerin oder der Redner derjenigen Fraktion zuerst das Wort erhält, die den zu beratenden Hauptantrag (vgl. § 31) eingebracht hat.

Bei der Beratung des Haushalts hat sich folgende Übung herausgebildet: In der ersten Lesung sprechen nach der Einbringungsrede der Landesregierung – regelmäßig vertreten durch die Finanzministerin oder den Finanzminister – in zwei Runden die Fraktionsvorsitzenden und die finanzpolitischen Sprecherinnen und Sprecher. Die zweite Lesung wird seit 2021 aufgeteilt in eine erste Runde, in der nach der Berichterstattung durch die Vorsitzende oder den Vorsitzenden des Finanzausschusses eine Generaldebatte geführt wird, und eine zweite Runde, in der über die Einzelpläne debattiert wird, zu denen Redezeiten – einschließlich Kurzbeiträgen nach § 56 Abs. 4 Satz 5 – angemeldet wurden (zu den Einzelheiten vgl. Erl. 2.2 zu § 27).

4. Erwiderung auf eine Rede der Ministerpräsidentin oder des Ministerpräsidenten (Absatz 4)

Erst zu Beginn der 9. Legislaturperiode des Schleswig-Holsteinischen Landtags ist der jetzige Absatz 4 in die Geschäftsordnung eingefügt worden (Beschluss des Landtages vom 29. Mai 1979, Drs. 9/6). Durch ihn wird die Befugnis der Präsidentin oder des Präsidenten aus Absatz 3, die Reihenfolge der Rednerinnen und Redner zu bestimmen, dahingehend eingeschränkt, dass die Oppositionsführerin oder der Oppositionsführer – also die oder der Vorsitzende der stärksten die Regierung nicht tragenden Fraktion (Artikel 18 Abs. 2 Satz 1 LV) – nach einer Rede der Ministerpräsidentin oder des Ministerpräsidenten das Recht hat, unmittelbar das Wort zu ergreifen.

Nur wenn die Oppositionsführerin oder der Oppositionsführer von ihrem oder seinem die Reihenfolge der Rednerliste durchbrechenden Rederecht Gebrauch macht, können danach die Vorsitzenden der anderen Fraktionen das Wort ergreifen. Ihre Wortmeldungen sind untereinander als gleichrangig zu bewerten, so dass für die Reihenfolge ihrer Berücksichtigung Absatz 3 gilt. In der Praxis des Landtages wird in der Reihenfolge der Stärke der Fraktionen verfahren.

Das Recht der Oppositionsführerin oder des Oppositionsführers, nach Absatz 4 Satz 1 das Wort zu ergreifen, steht unter dem Vorbehalt, dass ihr oder ihm zu diesem Zeitpunkt noch Redezeit zur Verfügung steht. Gleiches gilt für die Vorsitzenden der anderen Fraktionen nach Absatz 4 Satz 2. Das Recht der amtierenden Präsidentin oder des amtierenden Präsidenten, einer oder einem Abgeordneten nach Ablauf der festgesetzten Redezeit zu einem Gegenstand das Wort zu erteilen (§ 58 Abs. 1 Satz 2), bleibt unberührt.

5. Durchbrechung der Rednerliste?

Die Rednerliste wird durch eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung durchbrochen (vgl. § 54 Abs. 1).

Die Reihenfolge der Rednerinnen und Redner auf der Rednerliste wird, nachdem das „jederzeitige“ Rederecht der Mitglieder der Landesregierung aus der Verfassung gestrichen worden ist, nicht mehr durch eine Wortmeldung eines Mitglieds der Landesregierung unterbrochen. Es verbleibt deshalb auch insoweit bei der Regelung des Absatzes 3. Das Gebot interorganfreundlichen Verhaltens kann die Präsidentin oder den Präsidenten jedoch bestimmen, das ihr oder ihm nach Absatz 3 zustehende Ermessen dahin auszuüben, dass sie oder er dem das Wort begehrenden Mitglied der Landesregierung dieses unmittelbar nach Abschluss einer laufenden Rede erteilt.

6. Sonderfälle (Absatz 5 und 6)

6.1  Nach Absatz 5 darf zu einem durch Abstimmung erledigten Gegenstand in derselben Sitzung das Wort nicht mehr erteilt werden. Dies gilt, da es sich bei der Geschäftsordnung lediglich um das Parlament bindendes Binnenrecht handelt, für die Abgeordneten, nicht jedoch für die Mitglieder der Landesregierung. Sie können sich deshalb sowohl nach Abschluss der Beratung, aber noch vor dem Eintritt in die Abstimmung, als auch nach der Abstimmung zu dem Gegenstand, dessen Beratung an sich abgeschlossen ist oder über den sogar bereits durch Abstimmung entschieden worden ist, zu Wort melden. Im ersten Fall ergeben sich die Folgerungen aus § 58 Abs. 1, im zweiten Fall, in dem der Tagesordnungspunkt bereits durch Abstimmung abgeschlossen ist, aus § 58 Abs. 3.

6.2  Nach Absatz 6 kann einem Mitglied des Sitzungspräsidiums, also auch der amtierenden Präsidentin oder dem amtierenden Präsidenten, das Wort nicht erteilt werden. Will sich die amtierende Präsidentin oder der amtierende Präsident an der Aussprache beteiligen, kann sie oder er nicht gleichzeitig den Vorsitz führen, muss ihn also rechtzeitig abgeben. Sie oder er spricht dann in ihrer oder seiner Eigenschaft als Abgeordnete oder Abgeordneter (vgl. PlenProt 2/78 vom 23. März 1954, S. 1337; PlenProt 4/55 vom 16. Januar 1961, S. 1928, sowie Troßmann, Parlamentsrecht des Deutschen Bundestages, 1977, § 32 RN 8). Die Landtagspräsidentin oder der Landtagspräsident macht hiervon jedoch nur in Ausnahmefällen Gebrauch.

Absatz 6 gilt nicht, wenn die Präsidentin oder der Präsident für das Haus spricht (vgl. Troßmann, aaO.). Das schließt allerdings nicht aus, dass, wenn die Landtagspräsidentin oder der Landtagspräsident im Plenum Angelegenheiten des Hauses vertritt, dies auch in der Weise geschehen kann, dass eine Vizepräsidentin oder ein Vizepräsident den Vorsitz innehat und der Landtagspräsidentin oder dem Landtagspräsidenten das Wort erteilt. Ein solches Verfahren dürfte sich insbesondere dann anbieten, wenn nicht zweifelsfrei feststeht, ob die Ausführungen der Präsidentin oder des Präsidenten auch in allen ihren Einzelheiten von sämtlichen Mitgliedern des Hauses mitgetragen werden. In dieser Weise ist verfahren worden bei der Stellungnahme der Landtagspräsidenten von Heydebreck zur zweiten Lesung des Einzelplans 01 des Haushalts 1964 (PlenProt 5/24 vom 19. Februar 1964, S. 717) oder bei der Einbringung des Schleswig-Holsteinischen Abgeordnetengesetzes durch Landtagspräsident Dr. Lemke (PlenProt 8/60 vom 10. Mai 1978, S. 4028).

Kommentar zur Geschäftsordnung des Schleswig-Holsteinischen Landtages

Stand: 5. Januar 2023

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