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(1) Fragen einzelner Abgeordneter, die nicht parlamentarische Anfragen (§ 35) sind, beantwortet die Landesregierung unmittelbar gegenüber der Fragestellerin oder dem Fragesteller. Das Gleiche gilt für die Erteilung von Auskünften, die eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter von der Landesregierung verlangt hat. Die Antworten und Auskünfte sind der oder dem Abgeordneten innerhalb von zwei Wochen schriftlich zuzuleiten.
(2) Hat der Landtag gemäß Artikel 29 Absatz 2 Satz 2 Landesverfassung die Vorlage von Akten verlangt, so sind die Akten von der Landesregierung der Präsidentin oder dem Präsidenten zuzuleiten. Ist das Aktenvorlageverlangen von einem Ausschuß gestellt worden, so sind die Akten von der Landesregierung unmittelbar der oder dem Vorsitzenden des Ausschusses zuzuleiten.
Die Landesregierung hat nach Artikel 29 Abs. 1 und 2 LV Fragen einzelner Abgeordneter und parlamentarische Anfragen zu beantworten, jedem Abgeordneten Auskünfte zu erteilen und dem Landtag und seinen Ausschüssen auf Verlangen eines Viertels der jeweils vorgesehenen Mitglieder Akten vorzulegen (vgl. hierzu Riedinger, in: Becker/Brüning/Ewer/Schliesky, Verfassung des Landes Schleswig-Holstein, 2021, Artikel 29 RN 4 ff.). Sie kann die verlangten Informationen nur bei Vorliegen eines der abschließend in Artikel 29 Abs. 3 LV aufgeführten Gründe ablehnen.
§ 40 legt im Interesse eines unverzüglichen Informationszugangs fest, dass die Antworten, Auskünfte und Akten von der Landesregierung unmittelbar an die Stellen adressiert werden sollen, die die Information verlangt haben.
In Absatz 1 Satz 1 ist die Übermittlung der Antworten der Landesregierung auf Fragen einzelner Abgeordneter, die nicht parlamentarische Anfragen sind, geregelt. Die Unterscheidung zwischen Fragen einzelner Abgeordneter und parlamentarischen Anfragen geht auf die Fassung von Artikel 29 Abs. 1 LV zurück. Wie aus dem Klammerzusatz in § 40 Abs. 1 ersichtlich, handelt es sich bei den „parlamentarischen Anfragen“ um die in §§ 35 bis 38 ausgestalteten Frageformen. Sie umfassen mit der Kleinen Anfrage und der Frage in der Fragestunde auch Instrumente, die einzelnen Abgeordneten zur Verfügung stehen. Unter Fragen einzelner Abgeordneter im Sinne von Artikel 29 Abs. 1 LV i. V. m. § 40 Abs. 1 Satz 1 sind jedoch solche zu verstehen, die jenseits der in der Geschäftsordnung ausdrücklich geregelten Frageformen, meist im Zusammenhang mit Sachberatungen in den Ausschüssen, formlos an die Landesregierung oder deren Mitglieder gerichtet werden können. Sie sind ein in der Parlamentspraxis häufig genutztes Instrument der Informationsbeschaffung und können auch unabhängig von konkreten parlamentarischen Vorgängen genutzt werden. Das Gleiche gilt für Auskunftsverlangen einzelner Abgeordneter (Absatz 1 Satz 2), die von Auskunftsverlangen des Landtags aufgrund eines förmlichen Antrages abzugrenzen sind.
Die in Absatz 1 vorgesehene unmittelbare Beantwortung der Fragen und die Erteilung von Auskünften hat zur Folge, dass solche Antworten und Auskünfte nicht von der Landtagspräsidentin oder vom Landtagspräsidenten als Drucksache verteilt und den übrigen Mitgliedern des Landtags in der Regel auch nicht auf andere Weise förmlich bekannt werden.
3.1 Absatz 2 berücksichtigt, dass die Aktenvorlage nach Artikel 29 Abs. 2 LV sowohl im Landtag als auch in einem Ausschuss verlangt werden kann. Da das Nähere zum Verfahren bei Aktenvorlagebegehren bislang nicht durch ein Gesetz nach Artikel 29 Abs. 4 LV geregelt ist, haben der Landtag und die Landesregierung Einzelheiten in einer Vereinbarung vom 18. Dezember 1992, zuletzt geändert durch Vereinbarung vom 23. Februar 2024, festgelegt (vgl. Bekanntmachungen konsolidierter Fassungen, Drs. 20/1961, 19/872; s. auch Anlage).
Die Pflicht der Landesregierung zur Aktenvorlage wird ausgelöst, wenn ein darauf gerichteter Antrag, der von einer oder einem Abgeordneten im Plenum oder in einem Ausschuss gestellt werden kann, die Unterstützung von einem Viertel der jeweils vorgesehenen Mitglieder erhält. Ob die erforderliche Unterstützung vorliegt, wird nicht durch eine förmliche Abstimmung ermittelt, sondern durch die Landtagspräsidentin oder den Landtagspräsidenten im Plenum oder durch die Ausschussvorsitzenden im Ausschuss festgestellt (Nr. 3 der Vereinbarung).
Wird das erforderliche Quorum erreicht, leitet die Landtagspräsidentin oder der Landtagspräsident das Aktenvorlagebegehren des Landtags, die Ausschussvorsitzenden das des Ausschusses unmittelbar dem zuständigen Ministerium zu (vgl. Nr. 4 der Vereinbarung).
3.2 Da die Landesregierung sich nach Artikel 29 Abs. 2 LV nicht darauf beschränken darf, Akteneinsicht zu gewähren, sondern verpflichtet ist, die verlangten Akten vorzulegen, müssen die Akten aus dem Verfügungsbereich des jeweiligen Ministeriums herausgenommen und in den Bereich des Landtags überstellt werden. Dies erfolgt durch die Zuleitung an die Landtagspräsidentin oder den Landtagspräsidenten, wenn der Landtag Aktenvorlage verlangt hat (Absatz 2 Satz 1) oder an die oder den Ausschussvorsitzenden, wenn das Aktenvorlagebegehren von einem Ausschuss ausgegangen ist (Absatz 2 Satz 2). Die Regelung bringt zugleich zum Ausdruck, dass nicht der das Vorlagebegehren stützenden Minderheit die Akten vorgelegt werden, sondern dem Landtag bzw. dem zuständigen Ausschuss. Die Verfügungsgewalt erhält damit der Landtag oder der Ausschuss, nicht etwa die qualifizierte Minderheit, die das Verlangen gestellt hat. Soweit Akten von einem Ausschuss angefordert worden sind, werden sie gemäß Nr. 5 der Vereinbarung zwischen Landtag und Landesregierung unmittelbar an das Ausschussbüro übersandt und dort in der Regel für zwei Wochen zur Einsichtnahme bereitgehalten. Besonderheiten gelten bei elektronischer Aktenführung.
Ausnahmsweise kann mit Zustimmung der Ausschussmitglieder, die die Aktenvorlage begehrt haben, von einer Übersendung abgesehen und können die Akten stattdessen im zuständigen Ministerium vorgelegt werden (Nr. 6 der Vereinbarung). Dieses Verfahren bietet sich insbesondere an, wenn Aktenvorgänge besonders umfangreich sind und/oder im Ministerium für die laufende Arbeit benötigt werden. In solchen Fällen kann es überdies hilfreich sein, dass Beschäftigte des zuständigen Ministeriums als „Wegweiser“ für die Akten zur Verfügung stehen. Bei der Verständigung über die Art und Weise der Aktenvorlage ist vom Landtag und seinen Ausschüssen wie von der Landesregierung der Grundsatz interorganfreundlichen Verhaltens zu beachten.
3.3 Nach Artikel 29 Abs. 3 Satz 1 LV kann die Landesregierung die Vorlage von Akten u. a. ablehnen, wenn dem Bekanntwerden ihres Inhalts „schutzwürdige Interessen einzelner, insbesondere des Datenschutzes,“ entgegenstehen. Das Aktenvorlagerecht des Landtags und seiner Ausschüsse und die Möglichkeit der Verweigerung der Aktenvorlage durch die Regierung aus Gründen des Schutzes von Persönlichkeitsrechten markieren das Spannungsfeld, in dem nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die miteinander kollidierenden verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechtsgüter – das Kontrollrecht des Parlaments einerseits und der grundrechtliche Persönlichkeitsschutz andererseits – im konkreten Fall einander so zugeordnet werden müssen, dass beide so weit wie möglich ihre Wirkung entfalten (BVerfGE 67, 100, 143 f.; 77, 1, 47). Dabei gestattet die Bedeutung, die dem Kontrollrecht des Parlaments in der Verfassungsordnung zukommt, in der Regel dann keine Verkürzung des Informationsanspruchs des Parlaments zugunsten schutzwürdiger Interessen einzelner, insbesondere des Datenschutzes, wenn der Ausschuss verfahrensmäßige Vorkehrungen gegen das Bekanntwerden geschützter Geheimnisse in der Öffentlichkeit trifft (vgl. BVerfGE 67, 100, 136; 137, 185, 241).
Den Ausschüssen steht hierfür ein abgestuftes Instrumentarium zur Verfügung. Es reicht von dem Ausschluss der Öffentlichkeit von den Sitzungen (Artikel 17 Abs. 3 Satz 2 LV i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 2) über die Möglichkeit, Teile nichtöffentlicher Sitzungen oder bestimmte Mitteilungen für vertraulich und geheim zu halten zu erklären (§ 17 Abs. 2 Satz 1), bis hin zu der Entscheidung, zum Schutz von Privatgeheimnissen die Ausschussberatung, die Akten oder sonstige Unterlagen nach einem bestimmten Geheimhaltungsgrad einzustufen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 Geheimschutzordnung – GehSchO).
Aus § 13 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 3 GehSchO folgt, dass die Einstufung nach dem Geheimhaltungsgrad „VS-Vertraulich“ (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 GehSchO) nicht auf die Fälle beschränkt ist, in denen „die Kenntnisnahme durch Unbefugte die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden, ihren Interessen oder ihrem Ansehen schweren Schaden zufügen kann“; ein Ausschuss kann seine Beratungen, Akten sowie sonstige Unterlagen nach diesem Geheimhaltungsgrad auch einstufen, wenn es für den Schutz von Privatgeheimnissen geboten erscheint.
An das vorgenannte Instrumentarium knüpft die Vereinbarung zwischen dem Landtag und der Landesregierung zum Verfahren bei Aktenvorlagebegehren an. In Nr. 7 dieser Verfahrensregelung ist für den Fall, dass das zuständige Ministerium die Vorlage von Akten an den Ausschuss u. a. in Hinblick auf die Wahrung schutzwürdiger Interessen Einzelner grundsätzlich verweigern darf (oder muss), sofern der jeweils erforderliche Geheimschutz nicht gewährleistet ist, im Interesse eines reibungslosen Zusammenwirkens zwischen Parlament und Regierung bei parlamentarischen Aktenvorlagebegehren Folgendes festgelegt:
„Macht das zuständige Ministerium durch Erklärung gegenüber der oder dem Ausschussvorsitzenden die Aktenvorlage davon abhängig, dass die angeforderten Akten nur in nichtöffentlicher Sitzung erörtert, vertraulich behandelt oder nach der Geheimschutzordnung eingestuft werden, beschließt der Ausschuss mit Mehrheit, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen zu treffen sind; dabei kann u. a. die Fertigung von Abschriften oder Kopien eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Über die Entscheidung informiert die Ausschussvorsitzende oder der Ausschussvorsitzende unverzüglich das zuständige Ministerium.“
Die Regelung setzt voraus, dass das die Akten führende Ministerium die rechtliche Zulässigkeit einer Vorlage an den Ausschuss prüft und gegebenenfalls die verfahrensmäßigen Voraussetzungen, unter denen eine Vorlage aus seiner Sicht vertretbar ist, nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt.
3.4 Zur Einsichtnahme in die Akten berechtigt sind die Mitglieder des Ausschusses und im Vertretungsfall die stellvertretenden Mitglieder sowie jeder Abgeordnete, dem die Rechte einer Fraktion zustehen. Zudem können sich Abgeordnete bei der Akteneinsicht von einer fachkundigen Hilfsperson unterstützen lassen, die gegenüber der Landtagspräsidentin oder dem Landtagspräsidenten schriftlich zu benennen und zur Verschwiegenheit zu verpflichten ist (Nr. 5 der Vereinbarung). Eine unmittelbare Einsichtsberechtigung der nach § 16 Abs. 7 Satz 3 benannten Fraktionsmitarbeiterinnen und –mitarbeiter besteht nicht. Zur Wahrung der erforderlichen Vertraulichkeit des Akteninhalts oder eines bestimmten Grades der Geheimhaltung können weitere Maßnahmen getroffen werden (Nr. 7 der Vereinbarung); insbesondere kann der Kreis der Abgeordneten, die Einblick in die Unterlagen nehmen können, auf das erforderliche Maß weiter beschränkt werden.
Fraktionslose Abgeordnete sind auf der Grundlage der Vereinbarung somit nicht zur Einsichtnahme befugt; soweit eine fraktionslose Abgeordnete oder ein fraktionsloser Abgeordneter von der Präsidentin oder dem Präsidenten im Benehmen mit dem Ältestenrat einem Ausschuss zur Mitarbeit zugeordnet worden ist, wäre diesen daher die Einsichtnahme im jeweiligen Einzelfall und in Abstimmung zwischen Ausschuss und Landesregierung gesondert zu ermöglichen.
Anlage
Verfahren bei Aktenvorlagebegehren
gemäß Art. 29 Abs. 2 Landesverfassung (LV)
Vereinbarung zwischen Landtag und Landesregierung
vom 18. Dezember 1992,
zuletzt geändert durch Vereinbarung vom 23. Februar 2024
Diese Vereinbarung bildet bis zum Erlass der in Art. 29 Abs. 4 der Landesverfassung vorbehaltenen gesetzlichen Ausführungsregelungen die verfahrensmäßige Grundlage für diesen Bereich der Informationsbeziehungen zwischen Landtag und Landesregierung.
Nebenabrede
zur Anfertigung von digitalen Notizen und Abschriften nach Nummer 5 der Vereinbarung zwischen Landtag und Landesregierung über das Verfahren bei Aktenvorlagebegehren gemäß Art. 29 Abs. 2 Landesverfassung (LV)