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§ 37

Fragestunde

(1) Eine Fragestunde findet grundsätzlich zu Beginn einer ordentlichen Plenartagung statt. Sie soll am Ende der Plenartagung stehen, wenn eine Aktuelle Stunde stattfindet.

(2) Zulässig sind Einzelfragen aus dem Bereich der Landespolitik sowie Einzelfragen aus dem Bereich der Verwaltung, soweit die Landesregierung unmittelbar oder mittelbar verantwortlich ist.

(3) Jede Abgeordnete und jeder Abgeordnete ist berechtigt, eine Frage an die Landesregierung zu richten.

(4) Die Fragen sollen eine kurze Beantwortung ermöglichen und dürfen keine Feststellungen oder Wertungen enthalten.

(5) Die Fragen müssen spätestens am dritten Arbeitstag vor dem Tag eingereicht werden, an dem die Plenartagung beginnt. Sie müssen bis 12.00 Uhr bei der Präsidentin oder dem Präsidenten eingegangen sein. Rechtzeitig eingegangene Fragen werden der Landesregierung unverzüglich zugestellt.

(6) Die Präsidentin oder der Präsident bestimmt, in welcher Reihenfolge die Fragen aufgerufen werden. Die Fragestellerin oder der Fragesteller ist berechtigt, nach der Beantwortung der Frage bis zu drei Zusatzfragen zu stellen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Beantwortung stehen müssen. Die Präsidentin oder der Präsident kann weitere Zusatzfragen anderer Abgeordneter zulassen, wenn sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Beantwortung stehen. Sie oder er kann hierbei das Wort abwechselnd nach der Fraktionszugehörigkeit der Zusatzfragestellerinnen und Zusatzfragesteller erteilen.

(7) Die in der Fragestunde gestellten Fragen werden von dem zuständigen Mitglied der Landesregierung während der Tagung mündlich beantwortet, es sei denn, daß die Fragestellerin oder der Fragesteller einer Vertagung zustimmt.

(8) Im Zusammenhang mit der Antwort der Landesregierung wird eine Beratung nicht durchgeführt.

(9) Hält eine Fragestellerin oder ein Fragesteller die Beantwortung einer Frage für unzureichend, so kann sie oder er die Fortsetzung der Fragestunde in einer Aktuellen Stunde beantragen.

Kommentar

1. Sinn und Zweck

§ 37 regelt das Verfahren für die Behandlung der mündlichen Anfrage in der Fragestunde (§ 35 Abs. 1 Buchst. b).

Das Recht, in der Fragestunde eine mündliche Anfrage an die Landesregierung zu stellen, haben alle Abgeordneten. Allerdings ist ihr Fragerecht insoweit auf je eine Frage pro Plenartagung beschränkt (Absatz 3). Es liegt im Wesen der Fragestunde, dass nicht – wie in der Aktuellen Stunde – in Rede und Gegenrede beraten wird, sondern von den Abgeordneten Fragen gestellt und von dem zuständigen Mitglied der Landesregierung darauf unmittelbar Antworten erteilt werden. Andere Redebeiträge als Fragen der Abgeordneten und Antworten der zuständigen Regierungsmitglieder sind im Rahmen der Fragestunde nicht möglich (Absatz 8). Vor dem Hintergrund, dass der sehr formalisierte Ablauf der Fragestunde wenig Raum für Lebendigkeit lässt und Fragen einzelner Abgeordneter auch in Form Kleiner Anfragen nach § 36 gestellt werden können, spielt die Fragestunde in der aktuellen Praxis des Landtages eine nur sehr untergeordnete Rolle.

2. Eingliederung in die Tagesordnung und Dauer (Absatz 1)

Gemäß Absatz 1 Satz 1 findet eine Fragestunde – soweit Fragen eingereicht worden sind – grundsätzlich zu Beginn einer Plenartagung statt. Hiervon abweichend ist zu verfahren, wenn eine Aktuelle Stunde durchgeführt wird. Da bei Vorliegen eines zulässigen Antrags auf Durchführung einer Aktuellen Stunde dessen Gegenstand als Punkt 1 auf die Tagesordnung zu setzen ist (§ 32 Abs. 4 Satz 1), bestimmt Absatz 1 Satz 2, dass in diesem Fall die Fragestunde an den Schluss der Plenartagung treten soll. In begründeten Ausnahmefällen kann der Landtag durch Mehrheitsbeschluss bei der Festsetzung der Tagesordnung hiervon abweichen.

Die zeitliche Dauer der Fragestunde ist durch die Geschäftsordnung des Schleswig-Holsteinischen Landtags nicht beschränkt. Eine solche Beschränkung könnte sich allenfalls aus der Bezeichnung als Frage-„Stunde“ herleiten lassen. Allein eine solche Bezeichnung erscheint aber nicht als ausreichende Rechtfertigung für die Annahme einer zeitlichen Beschränkung. Dies gilt insbesondere im Umkehrschluss aus der für die Aktuelle Stunde getroffenen Regelung. Hier hieß es in § 32 Abs. 7 a. F. ausdrücklich: „Die Dauer der Aktuellen Stunde ist auf eine Stunde beschränkt (…)“. Bei einer früheren Neugestaltung der Fragestunde wurde aber erwartet, dass eine Dauer von 60 Minuten nicht wesentlich überschritten wird. Auch die Dauer der Fragestellung und der Beantwortung ist nicht zeitlich begrenzt. Jedoch unterliegen sie der allgemeinen Bestimmung, dass die Fragen kurz gefasst sein (§ 35 Abs. 2) und eine kurze Beantwortung ermöglichen sollen (Absatz 4).

Im Übrigen kann sich die Präsidentin oder der Präsident, wenn die Anzahl der vorliegenden Fragen vermuten lässt, dass die Fragestunde den zeitlichen Ablauf der Tagung beeinträchtigen könnte, um das Einverständnis der Fragestellenden mit einer Vertagung der Frage bemühen (Absatz 7).

3. Form der Fragen (Absatz 2 und 4)

Die in § 35 Abs. 2 enthaltenen Anforderungen an die Form von Anfragen erfahren durch § 37 teils eine Konkretisierung, teils eine Ergänzung:

Gegenstand der Fragestunde können Einzelfragen aus dem Bereich der Landespolitik sowie Einzelfragen aus dem Bereich der Verwaltung sein, soweit die Landesregierung unmittelbar oder mittelbar verantwortlich ist (Absatz 2). Insoweit wird der dem Fragerecht zugrunde liegende allgemeine Grundsatz konkretisiert, dass parlamentarische Anfragen auf den Verantwortungsbereich der Landesregierung gerichtet sein müssen (vgl. hierzu Erl. 3.1 zu § 35).

Das Erfordernis der Kürze der Fragestellung (§ 35 Abs. 2) wird dahingehend konkretisiert, dass die Art der Fragestellung eine kurze Antwort ermöglichen soll (Absatz 4).

Das Verbot von Feststellungen oder Wertungen (Absatz 4) stellt eine Konkretisierung des allgemeinen Sachlichkeitsgebots dar; es schließt Feststellungen und Wertungen nicht aus, solange die Grenze zur Unsachlichkeit nicht überschritten wird (vgl. Erl. 4.4 zu § 35).

4. Einreichung (Absatz 5)

Fragen zur Fragestunde müssen bis spätestens 12.00 Uhr am dritten Arbeitstag vor Beginn der Plenartagung, in der die Frage beantwortet werden soll, bei der Präsidentin oder dem Präsidenten eingegangen sein (Absatz 5). Die bis zu diesem Zeitpunkt eingegangenen Fragen werden unverzüglich der Landesregierung zugestellt und den Mitgliedern des Landtags mitgeteilt, indem sie als Bekanntmachung der Landtagspräsidentin oder des Landtagspräsidenten veröffentlicht werden. Nicht fristgemäß eingereichte Fragen werden, wenn sie nicht zurückgezogen werden, in der folgenden Tagung behandelt.

5. Beantwortung (Absatz 7 und 8)

Die Präsidentin oder der Präsident bestimmt, in welcher Reihenfolge die Fragen aufgerufen werden (Absatz 6 Satz 1). Die Fragen werden mündlich durch das jeweils zuständige oder ein dieses vertretendes Mitglied der Landesregierung beantwortet (Absatz 7). Da die Fragen an die Landesregierung – nicht aber an einzelne ihrer Mitglieder – zu richten sind (Absatz 3), ist es auch Angelegenheit der Landesregierung zu entscheiden, welches ihrer Mitglieder die gestellte Frage zu beantworten hat. Fragestellende Abgeordnete haben daher keinen Anspruch darauf, dass die Regierung ihre Fragen durch ein von ihnen zu bestimmendes Mitglied beantwortet. Sie können auch nicht verlangen, dass dasjenige Mitglied der Landesregierung antwortet, das sie nach der allgemeinen Geschäftsverteilung der Landesregierung für zuständig halten. Die Landesregierung kann die Zuständigkeitsordnung in anderer Weise auslegen; sie kann auch beschließen, dass das an sich zuständige Regierungsmitglied im Einzelfall aus besonderen Gründen durch ein anderes vertreten wird.

Die Anfrage wird grundsätzlich in der Plenartagung, für die sie eingereicht worden ist, beantwortet. Eine Vertagung ist nur mit der Zustimmung der Fragestellenden möglich (Absatz 7).

Eine Beratung und die Stellung von Sachanträgen im Zusammenhang mit der Beantwortung von Fragen sind nicht zulässig (Absatz 8).

6. Zusatzfragen (Absatz 6)

In der Fragestunde können die Fragestellenden und andere Abgeordnete Zusatzfragen stellen (Absatz 6 Satz 2 und 3). Die Zusatzfragen müssen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Antwort der Landesregierung stehen (anders Nr. 5 der Richtlinien für die Fragestunde und für die schriftlichen Einzelfragen, Anlage 4 zur Geschäftsordnung des Deutschen Bundestags, wo ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Hauptfrage verlangt wird). Daraus folgt, dass, wenn die Regierung durch die Art der Beantwortung über den Gegenstand der ursprünglichen Frage hinausgeht, damit auch der Gegenstand, an den zulässigerweise eine Zusatzfrage angeknüpft werden kann, entsprechend erweitert wird. Ob ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Antwort gegeben ist, kann vielfach zweifelhaft bzw. für die amtierende Präsidentin oder den amtierenden Präsidenten schwer feststellbar sein. In solchen Fällen hat sich in der Praxis des Deutschen Bundestags ein Verfahren entwickelt, das geeignet ist, zu einer für alle Beteiligten befriedigenden Lösung zu kommen: Die amtierende Präsidentin oder der amtierende Präsident stellt es dem zur Beantwortung zur Verfügung stehenden Regierungsmitglied anheim, die Zusatzfrage zu beantworten, wenn seitens der Regierung ein entsprechender unmittelbarer Zusammenhang bejaht wird (Ritzel/Bücker/Schreiner, Handbuch für die Parlamentarische Praxis, Kommentar zur Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages, Richtlinien für die Fragestunde und für schriftliche Einzelfragen, Anlage 4, Nummer 5, Erl. b). Gegen eine entsprechende Handhabung bestehen auch für das Verfahren des Schleswig-Holsteinischen Landtags keine Bedenken; in der Praxis des Schleswig-Holsteinischen Landtages ist auch gelegentlich so verfahren worden.

Nach Absatz 6 Satz 2 hat die Fragestellerin oder der Fragesteller das Recht, bis zu drei Zusatzfragen zu stellen. Die Zusatzfragen müssen wie die Hauptfrage den Anforderungen der Absätze 2 und 4 genügen.

Außerdem kann die amtierende Präsidentin oder der amtierende Präsident Zusatzfragen anderer Abgeordneter zulassen (Absatz 6 Satz 3). Anders als im Falle von Zusatzfragen der Fragestellenden ist es demnach in das Ermessen der Präsidentin oder des Präsidenten gestellt, ob sie oder er Zusatzfragen anderer Abgeordneter zulässt. Sie oder er übt das Ermessen jedoch in der Regel dahingehend aus, dass die Zulässigkeit der Zusatzfragen geprüft und diese nur dann nicht zugelassen werden, wenn sie den Anforderungen der Absätze 4 und 6 Satz 3 nicht genügen. Die Anzahl der Zusatzfragen anderer Abgeordneter ist in § 37 nicht ausdrücklich limitiert. Sie wird in der Praxis des Landtags allerdings – wie die Zusatzfragen der ursprünglichen Fragestellenden – auf drei begrenzt.

Die Präsidentin oder der Präsident ist bei der Worterteilung für Zusatzfragen nicht an die Reihenfolge der Wortmeldungen gebunden, sondern kann das Wort abwechselnd nach der Fraktionszugehörigkeit der Zusatzfragestellenden erteilen (Absatz 6 Satz 4; vgl. auch § 52 Abs. 3 Satz 2).

7. Übergang der Fragestunde in eine Aktuelle Stunde (Absatz 9)

Nach Absatz 9 hat die Fragestellerin oder der Fragesteller das Recht, die Fortsetzung der Fragestunde in einer Aktuellen Stunde zu beantragen, wenn sie oder er die Beantwortung durch die Landesregierung für unzureichend hält. Aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Regelungszusammenhang zu § 32 Abs. 1 (Antrag auf Durchführung einer Aktuellen Stunde) folgt, dass Fragestellende zwar das Recht haben, die Fortsetzung der Fragestunde in einer Aktuellen Stunde zu beantragen, dass für das Landtagsplenum jedoch eine Folgepflicht nicht besteht, so dass ein entsprechender Antrag im Plenum der Mehrheitsentscheidung unterliegt. Insoweit hat ein im Rahmen der Beratungen über die Verfassungs- und Parlamentsreform 1990 eingebrachter Vorschlag, eine Folgepflicht des Landtags zu normieren, wenn mindestens 15 Abgeordnete die Beantwortung für unzureichend halten, keinen Niederschlag in der Geschäftsordnung gefunden (vgl. Niederschrift über die 4. Sitzung des Sonderausschusses „Verfassungs- und Parlamentsreform“ vom 7. April 1989, S. 6 ff.).

Kommentar zur Geschäftsordnung des Schleswig-Holsteinischen Landtages

Stand: 5. Januar 2023

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