Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

§ 17a

Ausschließung von Abgeordneten wegen Verletzung der Vertraulichkeit

(1) Wegen eines gröblichen Verstoßes gegen die Geheimschutzordnung oder die Vertraulichkeit von Sitzungen oder Sitzungsteilen kann eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter für bestimmte Beratungsgegenstände oder bis zu drei Sitzungen von der Teilnahme an den Sitzungen des Ausschusses ausgeschlossen werden. Über die Verhängung sowie Umfang und Dauer eines Sitzungsausschlusses entscheidet die Präsidentin oder der Präsident auf Antrag des Ausschusses. Die oder der betroffene Abgeordnete erhält Gelegenheit zur Stellungnahme.

(2) § 68 Absatz 2 gilt entsprechend.

Kommentar

§ 17a wurde erst in der 18. Wahlperiode mit Beschluss vom 26. September 2012 in die Geschäftsordnung des Landtags aufgenommen (GVOBl. 2012, S. 704). Mit dieser Regelung sollte eine Sanktionierung von Vertraulichkeitsbrüchen ermöglicht und damit effektiv zur Vermeidung von entsprechenden Vertraulichkeitsbrüchen beigetragen werden. In der Praxis des Landtages hat die Regelung bisher allerdings noch keine Anwendung erfahren.

1. Sitzungsausschluss (Absatz 1 Satz 1 und 2)

Eine Ausschließung von Abgeordneten von Ausschusssitzungen stellt einen Eingriff in die verfassungsmäßigen Rechte der Abgeordneten aus Artikel 17 Abs. 2 LV dar. Ein solcher Eingriff kann jedoch unter bestimmten Umständen gerechtfertigt sein.

Denn der Landtag ist berechtigt, in der Geschäftsordnung Regeln zur Aufrechterhaltung der Ordnung in seinen Sitzungen aufzustellen. Indem § 17a die Möglichkeit der Sanktionierung von Vertraulichkeitsbrüchen schafft und gleichzeitig den präventiven Schutz der Vertraulichkeit parlamentarischer Beratungen bewirkt, dient diese Regelung dem Schutz und der Wiederherstellung der parlamentarischen Ordnung zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Landtages. Dabei handelt es sich um ein Interesse von Verfassungsrang, das einen Eingriff in Abgeordnetenrechte rechtfertigen kann.

Ob ein Sitzungsausschluss allerdings im Einzelfall tatsächlich angemessen ist, wird anhand der konkreten Umstände und der Schwere des Verstoßes gegen die Vertraulichkeitsbestimmungen zu ermitteln sein. Die Geschäftsordnung stellt insofern bereits klar, dass dies nur bei einem „gröblichen“ Verstoß in Betracht kommt. Aus der Qualifizierung als „gröblich“ ist zu schließen, dass nicht jeder Verstoß gegen die Vertraulichkeit von Sitzungsteilen sanktionierbar sein soll, sondern dass sowohl im Hinblick auf das Verhalten der oder des Abgeordneten als auch auf die Verletzung der Vertraulichkeit besondere Anforderungen gelten. Auf Seiten der Abgeordneten wird daher mindestens grobe Fahrlässigkeit vorliegen müssen. Ferner wird man verlangen müssen, dass dazu auch eine erhebliche Verletzung der Vertraulichkeit bzw. der Geheimhaltungsverpflichtung tritt (vgl. Thieme, Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg, 1998, Art. 7 Anm. 6d, für eine vergleichbare Vorschrift der hamburgischen Landesverfassung). Die Erheblichkeit der Verletzung kann sich dabei aus der besonderen Sensibilität der offenbarten Daten, der Größe des Empfängerkreises der Indiskretion sowie dem Umfang der Offenbarung von Sitzungsinhalten ergeben. Auch mehrfache Verstöße erhöhen die Schwere des Vorwurfs. Der Präsidentin oder dem Präsidenten ist bei der konkreten Einschätzung insofern ein Beurteilungsspielraum einzuräumen.

2. Verfahren (Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2)

Vor der Entscheidung der Präsidentin oder des Präsidenten ist der oder dem betroffenen Abgeordneten gem. Absatz 1 Satz 3 Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die daraufhin ergehende Entscheidung der Präsidentin oder des Präsidenten ist zu begründen, auch wenn § 17a dies nicht ausdrücklich erwähnt. Die oder der betroffene Abgeordnete muss aus der Begründung zumindest ersehen können, welcher konkrete Vorwurf ihr oder ihm gegenüber erhoben wird und welches die maßgeblichen Gründe waren, die zu dem Sitzungsausschluss geführt haben.

Anhand dieser Begründung kann die oder der betroffene Abgeordnete sodann entscheiden, ob sie oder er gegen die Entscheidung der Präsidentin oder des Präsidenten Einspruch gem. § 17a Abs. 2 i. V. m. § 68 Abs. 2 einlegen will. Gibt die Präsidentin oder der Präsident dem Einspruch nicht statt, entscheidet der Landtag darüber in seiner nächsten Sitzung ohne Beratung.

Darüber hinaus steht der oder dem betroffenen Abgeordneten die Möglichkeit offen, einen Organstreit nach Artikel 51 Abs. 2 Nr. 1 LV i. V. m. §§ 35 ff. LVerfGG anzustrengen.

 

 

Kommentar zur Geschäftsordnung des Schleswig-Holsteinischen Landtages

Stand: 29. Dezember 2022

Zurück zur Übersicht