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§ 17

Öffentlichkeit

(1) Die Sitzungen der Ausschüsse sind in der Regel öffentlich. Dies gilt nicht für die Haushaltsprüfung. Darüber hinaus kann die Öffentlichkeit für bestimmte Verhandlungsgegenstände ausgeschlossen werden, wenn überwiegende Belange des öffentlichen Wohls oder schutzwürdige Interessen einzelner dies erfordern. Über den Ausschluß der Öffentlichkeit wird in nichtöffentlicher Sitzung entschieden.

(2) Die Ausschüsse können beschließen, daß Teile ihrer nichtöffentlichen Beratungen oder bestimmte Mitteilungen in nichtöffentlicher Sitzung als vertraulich gelten und geheim zu halten sind. Die Stellungnahmen einzelner Ausschußmitglieder sowie Abstimmungsvorgänge in nichtöffentlichen Sitzungen sind in jedem Fall vertraulich.

(3) Die Regelungen der Geheimschutzordnung bleiben unberührt.

Kommentar

1. Allgemeines

Nach Absatz 1 Satz 1 sind die Sitzungen der Ausschüsse in der Regel öffentlich. Absatz 1 nimmt wörtlich die Regelung des Artikels 23 Abs. 3 Satz 1 LV auf. Die grundsätzliche Öffentlichkeit der Ausschusssitzung ist damit verfassungsrechtlich geboten. Gemeint ist die sog. Saalöffentlichkeit, d. h. der unmittelbare und willkürfreie räumliche Zugang zu den Beratungen für jedermann. Zur Zulässigkeit von Telefon- und Videokonferenzen in außergewöhnlichen Fällen vgl. § 17 b. Für die verfassungsrechtliche Bedeutung der Öffentlichkeit kann auf die Kommentierung von Platthoff in: Becker/Brüning/Ewer/Schliesky, Verfassung des Landes Schleswig-Holstein, 2021, Artikel 23 RN 24, verwiesen werden.

Grundsätzlich in nichtöffentlicher Sitzung erfolgt dagegen die Behandlung von Petitionen, d. h. Bitten und Beschwerden an den Landtag gemäß Artikel 17 GG i. V. m. Artikel 25 LV (vgl. Artikel 25 Abs. 3 LV i. V. m. § 41 Abs. 2). Auch darüber hinaus sind Sonderregelungen zu beachten, vgl. § 10 Abs. 4, § 11 Abs. 3, § 11 a Abs. 6, § 51 d Abs. 2 GO-LT sowie § 10 Abs. 3 UAG.

Eine ausdrückliche Ausnahme regelt zudem Absatz 1 Satz 2 für die Haushaltsprüfung, d. h. die Prüfung im Rahmen der Entlastung der Landesregierung nach Artikel 63 LV, sowie die rechnungsabhängige Finanzkontrolle nach Artikel 64 LV. Es steht nicht im Ermessen der Ausschüsse, diese Angelegenheiten im Einzelfall auch in öffentlicher Sitzung zu beraten.

2. Nichtöffentlichkeit (Absatz 1)

Gemäß Absatz 1 Satz 3 können die Ausschüsse ausnahmsweise beschließen, dass die Öffentlichkeit für bestimmte Verhandlungsgegenstände ausgeschlossen wird, wenn überwiegende Belange des öffentlichen Wohls oder schutzwürdige Interessen Einzelner dies erfordern. Der Ausschuss hat in solchen Fällen zwischen dem Interesse der Öffentlichkeit an der Transparenz der Ausschussverhandlungen einerseits und dem im Einzelfall bestehenden staatlichen oder privaten Interesse an Geheimhaltung andererseits abzuwägen (vgl. im Einzelnen Caspar in: ders./Ewer/Nolte/Waack, Verfassung des Landes Schleswig-Holstein, 2006, Artikel 17 RN 46 ff.). Um eine freie Erörterung dieser Punkte zu ermöglichen, wird über den Ausschluss der Öffentlichkeit in nicht öffentlicher Sitzung entschieden, vgl. Absatz 1 Satz 4.

Nichtöffentlichkeit der Sitzung bedeutet, dass Zuhörerinnen und Zuhörer sowie Presse ausgeschlossen sind. Zutritt haben neben den Ausschussmitgliedern alle anderen Abgeordneten (Artikel 17 Abs. 2 LV) sowie die Mitglieder der Landesregierung und ihre Beauftragten (Artikel 27 Abs. 2 Satz 1 LV). Das Teilnahmerecht dieser Personen kann nach geltendem Verfassungsrecht weder eingeschränkt noch ausgeschlossen werden. Eine Ausnahme regelt Artikel 27 Abs. 2 Satz 2 LV für Untersuchungsausschüsse: Zu nichtöffentlichen Sitzungen der Untersuchungsausschüsse, die nicht der Beweiserhebung dienen, besteht danach auch für Regierungsmitglieder und ihre Beauftragten kein Zutritt, es sei denn, dass sie geladen werden. Aus dem Untersuchungsausschussgesetz ergeben sich auch Beschränkungen für Abgeordnete, die nicht Mitglied des Untersuchungsausschusses sind.

Gemäß § 16 Abs. 6 haben darüber hinaus die Mitglieder des Landesrechnungshofs im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben zu den Sitzungen der Ausschüsse – einschließlich der nicht öffentlichen Sitzungen – Zutritt. Gleiches gilt für die gem. § 16 Abs. 7 Satz 1 und 2 von den Fraktionen im Rahmen ihrer Aufgaben benannten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Darüber hinaus können von den Ausschussvorsitzenden weitere Personen im Einzelfall – wie bspw. Sachverständige i. S. d. § 16 Abs. 2 Satz 2 – zugelassen werden. Das ergibt sich aus der Regelung des § 49 Abs. 2, der über § 21 Anwendung findet. § 49 Abs. 2 gehört nicht zu denjenigen Normen, deren entsprechende Anwendung von vornherein wegen der auf das Plenarverfahren zugeschnittenen Besonderheiten ausscheidet. Nach § 49 Abs. 2 dürfen in einer nichtöffentlichen Sitzung des Landtags neben Abgeordneten, Mitgliedern der Landesregierung und ihren Beauftragten – vgl. Artikel 27 Abs. 2 Satz 1 LV – im Einzelfall von der Präsidentin oder dem Präsidenten zugelassene Personen anwesend sein. Da die Kompetenz für die Zulassung weiterer Personen nicht dem Landtag, sondern der Präsidentin oder dem Präsidenten in ihrer oder seiner Funktion als Sitzungsleitungsorgan zugewiesen worden ist, ergibt sich als Konsequenz bei einer sinngemäßen Anwendung der Norm auf die Beratung der ständigen Ausschüsse, dass über die Zulassung von Personen, die weder Abgeordnete noch Mitglieder der Landesregierung oder deren Beauftragte sind, die Ausschussvorsitzenden zu entscheiden haben. Dabei muss die Entscheidung jeweils im Einzelfall getroffen werden. Nicht zulässig wäre es daher etwa, bestimmten „anderen Personen“ die Anwesenheit in allen nichtöffentlichen Sitzungen eines ständigen Ausschusses während der laufenden Wahlperiode zu gestatten. Die Ausschussvorsitzenden können jedoch Grundsätze aufstellen, nach denen sie jeweils zu verfahren gedenken. Dies ist auch die Grundlage für den Zutritt der Beschäftigten der Landtagsverwaltung im Rahmen ihrer Aufgaben.

3. Vertraulichkeit (Absatz 2)

Die bloße Nichtöffentlichkeit der Ausschusssitzungen bedeutet nicht, dass der Beratungsinhalt vertraulich zu behandeln wäre (ebenso Troßmann, Parlamentsrecht des Deutschen Bundestages, 1977, § 73 GO-BT, RN 3). Lediglich die Stellungnahmen einzelner Ausschussmitglieder und die Abstimmungsvorgänge sind gemäß Absatz 2 Satz 2 in jedem Fall vertraulich zu behandeln.

Darüber hinaus können die Ausschüsse gemäß Absatz 2 Satz 1 beschließen, dass Teile ihrer nichtöffentlichen Beratungen oder bestimmte Mitteilungen in nichtöffentlicher Sitzung als vertraulich gelten und geheim zu halten sind. Über den Inhalt vertraulicher und geheim zu haltender Beratungen darf von den Teilnehmenden nichts an Außenstehende mitgeteilt werden. Ein solcher erhöhter Diskretionsschutz bedarf einer besonderen Legitimation und ausdrücklicher Beschlussfassung des Ausschusses. Der Ausschuss hat bei seiner Entscheidung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere das Übermaßverbot, zu beachten. Er muss ebenso wie beim Beschluss über die Nichtöffentlichkeit zwischen dem Interesse an größtmöglicher Transparenz seiner Arbeit und dem legitimen staatlichen oder privaten Interesse an einer vertraulichen Behandlung abwägen. Deshalb sieht die Geschäftsordnung als Regelfall auch vor, dass nicht pauschal die gesamte Tagesordnung oder ein vollständiger Tagesordnungspunkt, sondern nur Teile der nichtöffentlichen Beratung oder bestimmte Mitteilungen in nichtöffentlicher Sitzung als vertraulich zu behandeln und geheim zu halten sind.

Der Beschluss eines Ausschusses, vertraulich und geheim zu beraten, hat nicht zur Folge, dass dadurch das Anwesenheitsrecht auf die Ausschussmitglieder beschränkt würde. Das verfassungsrechtlich gewährleistete Anwesenheitsrecht der übrigen Mitglieder des Landtags sowie der Mitglieder der Landesregierung oder ihrer Beauftragten kann mangels eines entsprechenden Verfassungsvorbehalts durch einen solchen Ausschussbeschluss nicht eingeschränkt werden. Im Hinblick auf die Teilnahme Beschäftigter der Fraktionen ist § 16 Abs. 7 Satz 3 zu beachten.

Die Vertraulichkeit bindet alle teilnehmenden Abgeordneten. Zu beachten ist allerdings, dass Außenstehende durch einen Beschluss auf der Grundlage der Geschäftsordnung des Landtages nicht verpflichtet werden können. Daher sollte von der Zulassung weiterer Personen im Einzelfall im Rahmen von vertraulichen und geheim zu haltenden Sitzungen nur dann Gebrauch gemacht werden, wenn diese aus anderen Gründen Gewähr dafür bieten, den Diskretionsschutz einzuhalten (vgl. hierzu auch unter 5.).

4. Geheimschutzordnung (Absatz 3)

Nach Absatz 3 bleiben die Regelungen der Geheimschutzordnung des Schleswig-Holsteinischen Landtags, die dieser sich gemäß § 78 gegeben hat, unberührt.

Gemäß § 1 der Geheimschutzordnung des Schleswig-Holsteinischen Landtages vom 23. Mai 1991, zuletzt geändert durch Beschluss vom 22. Juli 2016 (GVOBl. S. 661), gilt diese Geheimschutzordnung (im Folgenden: GehSchO) für Verschlusssachen (VS), die innerhalb des Landtags entstehen oder dem Landtag, seinen Ausschüssen oder Mitgliedern des Landtags zugeleitet werden, und für sonstige geheimhaltungsbedürftige Angelegenheiten (§ 13 GehSchO). VS sind Angelegenheiten aller Art, die Unbefugten nicht mitgeteilt werden dürfen und die durch besondere Sicherheitsmaßnahmen gegen die Kenntnis durch Unbefugte geschützt werden müssen (§ 1 Abs. 2 GehSchO). Gemäß § 7 Abs. 1 GehSchO sind Sitzungen von Ausschüssen nichtöffentlich, soweit VS behandelt werden oder über die Einstufung als VS beraten wird. Die Ausschüsse können für einen Beratungsgegenstand oder für Teile desselben einen Geheimhaltungsgrad nach § 3 GehSchO beschließen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 GehSchO). Die Geheimhaltungsgrade unterscheiden sich in der Intensität des Diskretionsschutzes, der im Wesentlichen in der Beschränkung des jeweils zutritts- und auskunftsberechtigten Personenkreises, in abgestuften Verschwiegenheitspflichten und organisatorischen Sicherheitsmaßnahmen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte zum Ausdruck kommt. Wird über VS der Geheimhaltungsgrade VS-VERTRAULICH und höher beraten, führt die oder der Vorsitzende die Beschlussfassung unverzüglich herbei und stellt vor Beginn der Beratungen fest, dass sich keine unbefugten Personen im Sitzungssaal aufhalten (§ 7 Abs. 2 Satz 2 GehSchO). Zu berücksichtigen ist insoweit, dass Abgeordnete sog. geborene Geheimnisträgerinnen und -träger sind, Fraktionsbeschäftigte und Beschäftigte der Landtagsverwaltung und der Landesregierung ab der VS-Einstufung „VS-VERTRAULICH“ aber zum Zugang zu VS schriftlich ermächtigt sein müssen (vgl. § 5 GehSchO). Wo dies nicht der Fall ist, haben diese Personen daher den Sitzungssaal zu verlassen, § 10 Abs. 6 oder § 16 Abs. 7 sind insoweit unbeachtlich.

Über VS ist Verschwiegenheit zu wahren. Sie dürfen nicht an Unbefugte weitergegeben werden (§ 2 Abs. 1 GehSchO). Wem eine VS zugänglich gemacht worden ist und wer von ihr Kenntnis erhalten hat, trägt neben der persönlichen Verantwortung für die Geheimhaltung die Verantwortung für die vorschriftsmäßige Behandlung und Aufbewahrung nach den Vorschriften dieser Geheimschutzordnung (§ 2 Abs. 2 GehSchO). In Gegenwart oder in Hörweite von Unbefugten darf über den Inhalt von VS nicht gesprochen werden (§ 2 Abs. 3 GehSchO). Die Pflicht zur Geheimhaltung gilt auch für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Landtag (§ 2 Abs. 1 GehSchO).

Gemäß § 13 Abs. 1 GehSchO sind die Akten, sonstigen Unterlagen und die Beratungen der Ausschüsse, soweit es der Schutz von Geschäfts-, Betriebs-, Erfindungs-, Steuer- oder sonstigen privaten Geheimnissen oder der Schutz von Umständen des persönlichen Lebensbereichs erfordert, geheim zu halten. Dies gilt insbesondere für Steuerakten und Petitionen. Der Landtag oder die Ausschüsse können beschließen, dass die Privatgeheimnisse nach einem bestimmten Geheimhaltungsgrad (§ 3 Geheimschutzordnung) zu behandeln sind (siehe hierzu Erl. 3.3 zu § 40). Im Anwendungsbereich des § 13 Abs. 1 GehSchO sind die Ausschüsse somit zur Geheimhaltung verpflichtet. Diese Verpflichtung ist dadurch umzusetzen, dass vor der Beratung entsprechender Gegenstände ein Geheimhaltungsbeschluss nach § 17 Abs. 2 Satz 1 gefasst wird.

5. Strafbewehrung und sonstige Sanktionen

 Verstöße gegen Geheimhaltungspflichten können gegebenenfalls gemäß § 353 b Abs. 1 sowie Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 StGB oder auch gemäß § 203 Abs. 2 StGB strafbar sein. Hervorzuheben ist, dass sich eine Strafbarkeit von Amtsträgerinnen und Amtsträgern und für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten auch dann ergeben kann, wenn sie als Außenstehende nicht unmittelbar durch einen Geheimhaltungsbeschluss eines Ausschusses auf der Grundlage des § 17 Abs. 2 verpflichtet werden können.

Im Übrigen können Abgeordnete gem. § 17 a wegen eines gröblichen Verstoßes gegen die Geheimschutzordnung oder die Vertraulichkeit von Sitzungen oder Sitzungsteilen für bestimmte Beratungsgegenstände oder bis zu drei Sitzungen von der Teilnahme an den Sitzungen eines Ausschusses ausgeschlossen werden.

Kommentar zur Geschäftsordnung des Schleswig-Holsteinischen Landtages

Stand: 29. Dezember 2022

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