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62 „Perspektiv-Schulen“ werden unterstützt, damit sie Schülern aus sozial schwachen Familien helfen können. Bildungsministerin Karin Prien (CDU) berichtet, wie es um das 50 Millionen Euro schwere Programm steht. Ein weiteres Thema sind Schulabschlüsse.
Der Landtag hat einen mündlichen Bericht über das Programm „Perspektiv-Schulen“ von Bildungsministerin Prien zur Kenntnis genommen. Dahinter verbirgt sich ein sogenannter Bildungsbonus für Schulen in sozialen Brennpunkten. Mitbehandelt wurden in der schulpolitischen Debatte zwei weitere Anträge: Einstimmig angenommen wurden ein Antrag der Fraktionen von SPD und SSW zur Gleichwertigkeit von Schulabschlüssen sowie ein interfraktioneller Antrag, der vorsieht, ein „Sofortprogramm zur Unterstützung von Kindern und Jugendlichen bei psychosozialen Folgen von Pandemie und Krisen“ in Höhe von zehn Millionen Euro aufzulegen.
„Die Perspektiv-Schulen sind ein wesentlicher Baustein für mehr Bildungsgerechtigkeit“, sagte Bildungsministerin Prien (CDU). Schleswig-Holstein sei neben Nordrhein-Westfalen das erste Bundesland, das solch ein Programm auf den Weg gebracht habe. Dabei gehe es nicht nur um ein Mehr an finanziellen Mitteln für einzelne Schulen. Die Perspektiv-Schulen erprobten, „welche Unterstützung erforderlich seien, um zu mehr Qualität zu gelangen und einen Beitrag zu mehr Bildungsgerechtigkeit zu leisten“, so Prien.
Schüler psychisch stark belastet
Das System Schule sei „eine tragende Säule der Gesellschaft“ und begleite Kinder und Jugendliche „in einer Zeit, die von Krisen geprägt“ sei. Infolge der Pandemie litten mindestens ein Drittel der jungen Menschen unter psychischen Auffälligkeiten wie Sorgen, Ängsten, depressiven Symptomen und psychosomatischen Beschwerden wie Kopf- und Bauchschmerzen. Der Krieg in Europa belaste sie zusätzlich. Die Ministerin sei vor diesem Hintergrund „sehr dankbar“, dass fraktionsübergreifend zusätzliche Mittel in Höhe von 10 Millionen Euro für ein Sofortprogramm zur Unterstützung von Kindern und Jugendlichen mit psychosozialen Problemen bereitgestellt würden.
Das Perspektiv-Schul-Programm sei wichtig, um die Bildungschancen zu erhöhen, betonte der Abgeordnete Tobias von der Heide (CDU). Armut balle sich oftmals in wenigen Stadtteilen. Etwa in Kieler Stadteilen wie Mettenhof oder Gaarden lebten über die Hälfte der Kinder von Sozialtransferleistungen, 60 Prozent hätten einen Migrationshintergrund, viele sprächen Deutsch nicht als Muttersprache. Der sonderpädagogische Förderbedarf sei darum „deutlich erhöht“. „Wir wollen Ungleiches nicht mehr gleichbehandeln“, so von der Heide. Das Perspektiv-Schul-Programm sei in dieser Hinsicht „ein echter Beitrag für bessere Bildung“ und „ein großer Erfolg der Jamaika-Koalition“, so von der Heide.
SPD: Perspektiv-Schul-Programm aufstocken
Es gebe verschiedene Wege zum Abitur, die alle gleichwertig seien, betonte der SPD-Abgeordnete Martin Habersaat. Es gelte „den fatalen Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft eines jungen Menschen und seinen Bildungs- und Lebenschancen aufzubrechen“, so der Sozialdemokrat. Bei der Finanzplanung für die kommende Legislaturperiode sei darum eine Verlängerung und Aufstockung des Perspektiv-Schul-Programms „zwingend“ einzuplanen. Die Modalitäten der Beantragung, der Auszahlung und der Umsetzung müssten evaluiert und angepasst werden - auch mit Blick auf aus der Ukraine geflüchtete Kinder und Jugendliche, denen das Schulsystem künftig gerecht werden müsse.
Weitere Redner: Ines Strehlau (Grüne), Oliver Kumbartzky (FDP), Jette Waldinger-Thiering (SSW), Volker Schnurrbusch (AfD)
Die Koalitionsfraktionen verlangen einen mündlichen Bericht über das Programm „Perspektiv-Schulen“. Dahinter verbirgt sich ein sogenannter Bildungsbonus für Schulen in sozialen Brennpunkten. Schleswig-Holstein ist neben Nordrhein-Westfalen das erste Bundesland mit solch einem Programm, das bis 2024 mit 50 Millionen Euro ausgestattet ist.
Das „Perspektiv-Schul“-Programm basiert auf der Idee der Einführung eines Bildungsbonus' aus dem Koalitionsvertrag von 2017. Seit dem Schuljahr 2019/20 werden Schulen, die sich in besonders herausforderndem sozialen Umfeld befinden, finanziell unterstützt. Stand Ende letzten Jahres nehmen 62 Schulen verschiedener Schulformen aus ganz Schleswig-Holstein daran teil.
Das 50-Millionen-Euro-Programm läuft bis 2024. Die Schulen der ersten Staffel, die länger Extrahilfe erhalten, bekommen 25,5 Millionen. Die Schulen der dritten Staffel werden vom Schuljahr 2021/22 an mit sechs Millionen zusätzlich unterstützt. Die Schulen können das Geld weitgehend nach eigener Entscheidung ausgeben – also zum Beispiel für Förderprogramme oder Projekte, gegebenenfalls auch für mehr Lehrer. Die Schulen müssen mit dem Ministerium eine Zielvereinbarung treffen, was sie in den nächsten Jahren an Entwicklung erreichen wollen.
Zu den Auswahlkriterien gehören bei Grundschulen der Anteil der Schüler mit Deutsch als Zweitsprache und mit sonderpädagogischem Förderbedarf, Testergebnisse in Deutsch und Mathematik sowie der Anteil der Klassenwiederholungen. Bei Gemeinschaftsschulen kommen Abschlussergebnisse hinzu. Auch das Geburtsland von Eltern und Großeltern, die Sprache, die zu Hause gesprochen wird, sowie Ausbildung und Berufstätigkeit der Eltern spielen eine Rolle.
In die Debatte fließen zwei weitere schulpolitische Anträge ein. Zum einen drängen SPD und SSW auf die Gleichwertigkeit von Schulabschlüssen. „Gymnasien, Berufliche Gymnasien und Gemeinschaftsschulen stehen gleichermaßen vor der Aufgabe, ihre dafür geeigneten Schülerinnen und Schüler zur allgemeinen oder zur fachgebundenen Hochschulreife zu führen“, heißt es in dem Antrag. Zum anderen drängt ein interfraktioneller Antrag darauf, ein „Sofortprogramm zur Unterstützung von Kindern und Jugendlichen bei psychosozialen Folgen von Pandemie und Krisen“ einzurichten.
(Stand: 25. April 2022)
Vorherige Debatten zum Thema:
Mai 2019
Januar 2019
Bericht zu den PerspektivSchulen
Antrag der Fraktionen von CDU, B´90/Die Grünen, FDP ‒ Drucksache 19/3706
Gleichwertigkeit von Abschlüssen an den Schularten in Schleswig-Holstein
Antrag der Fraktion der SPD und der Abg. des SSW ‒ Drucksache 19/3812
Sofortprogramm zur Unterstützung von Kindern und Jugendlichen bei psychosozialen Folgen von Pandemie und Krisen
Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, Grünen, FDP und SSW ‒ Drucksache 19/3817(neu)