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26. März 2025 – März-Plenum

Für umweltfreundlichen Ausbau frei­flächiger Solaranlagen

Solarstrom spielt eine wichtige Rolle bei der Energiewende. Der Aufruf von CDU und Grüne, bei dem sogenannten Freiflächenausbau an Straßen und Bahntrassen stärker auf den Tier- und Umweltschutz zu achten, wird nach kontroverser Diskussion angenommen.

Solaranlage Freifläche Autobahn
Freiflächenanlagen an Autobahnen, wie hier bei Neumünster, werden derzeit allerorts errichtet Foto: dpa, Christian Charisius

Deutlich sichtbar ist es für Bürgerinnen und Bürger in den vergangenen Jahren vor allem an den angrenzenden Flächen von Autobahnen geworden – Freiflächen im Land werden von Unternehmen und Landwirten zunehmend für den Bau von Solaranlagen genutzt. Auf Antrag der Regierungsfraktionen von CDU und Grünen ging es in der heutigen Debatte um neue Regelungen, um hierbei zukünftig die Zerschneidung von Wildwanderrouten zu vermeiden und die Biodiversität zu schützen. Der Antrag wurde von den Antragsstellern und dem SSW angenommen, eine von der SPD beantragte Ausschussüberweisung abgelehnt.

Die Ampel-Koalition im Bund habe die Priorisierung von Solaranlagen an Bahntrassen und Autobahnen beschlossen, betonte Cornelia Schmachtenberg (CDU. Doch ein Punkt, der leider nicht ausreichend berücksichtigt worden sei, seien die Wildquerungen. „Wildquerungen sind häufig die einzige Möglichkeit zerschnittene Lebensräume zu überwinden. Und der Bau der Freiflächen-Photovoltaikanlagen kann genau an diesen Trassen und Straßen die bereits bestehenden Wildquerungen erheblich beeinträchtigen“, so Schmachtenberg. Dadurch würden Lebensräume weiter zerschnitten, manche könnten durch den Zubau gar nicht mehr vernetzt sein. Die genetische Verarmung beim Wild nehme zu. Ebenso müsse bei der Planung und dem Bau der Freiflächen-Solaranlagen der zukünftige Wildwegeplan im gesamten Land berücksichtigt werden. „Unser Ziel ist es, den verbleibenden Lebensraum für Wildtiere zu vernetzen.“

SPD prangert Verinselung und Inzucht an

Backsen, Silke Grüne Plenum
Silke Backsen (Grüne): „Bundesweit gibt es bereits Beispiele für besonders naturverträgliche Freiflächen-Solaranlagen. Diese Beispiele wollen wir in und für Schleswig-Holstein sichtbar machen. “ Foto: Landtag, Sönke Ehlers

Die Vielfalt von Pflanzen und Tieren sei Lebensgrundlage der Menschen, mahnte Silke Backsen (Grüne). Es sei ein beispielloses Artensterben zu beobachten, ein großer Teil der biologischen Vielfalt sei bereits verloren gegangen. Beim Rotwild etwa zeigten Studien, dass es nahezu keinen genetischen Austausch zwischen bestimmten Populationen gebe. Die Zerschneidung der Lebensräume führe zur Verinselung der Populationen und zu Inzucht. Dies müsse bei der Erarbeitung des Wildwegeplans berücksichtigt werden. „Wir betonen daher die Bedeutung der Durchlässigkeit von Freiflächen- und Agri-PV- Anlagen für Wildwanderrouten“, so Backsen.

Auch die SPD wolle, dass Wildtiere ein möglichst offenes Habitat haben und ihre Wildwanderrouten beim Bau großer Anlagen entsprechend berücksichtigt werden, sagte Marc Timmer, hatte jedoch mehrere Einwände gegen den Antrag. So stelle sich unter anderem die Frage, ob es landesrechtlicher oder bundesgesetzlicher Regelung ‒ wie im Antrag gefordert – bedarf. Zudem könnten Freiflächenanlagen insbesondere entlang von Autobahnen einen schützenden Charakter für Wildtiere haben und eine genetische Verarmung des Rotwildes habe es bereits vor den Freiflächenanlagen gegeben. „Sie ist im Wesentlichen auf den allgemeinen Rückgang der Natur, auf die Bebauung und Zerschneidung der Landschaft zurückzuführen.“ Der SSW-Abgeordnete Michael Schunck meinte: „Beim Ausbau der Freiflächen-Solarparks müssen wir in mehrere Richtungen denken.“

FDP kritisiert „doppelte“ Förderung

Biodiversitätsfördernde Photovoltaik-Anlagen bräuchten kein eigenes Fördersegment, sie sollten immer mit Biodiversität in Einklang gebracht werden, sagte Anne Riecke (FDP) „Dafür braucht es andere Rahmenbedingungen von Anfang an.“ Man sei für einen vernünftigen Ausbau von Photovoltaik, „aber mit Konzept und klaren Prioritäten, damit auch die realen Konsequenzen bedacht werden“, so Riecke. „Wie man grüne Energie, die sowieso schon gefördert wird, noch grüner und verträglicher machen möchte, indem man sie nochmals fördert, erschließt sich mir nicht.“

„Schleswig-Holstein wird 2040 klimaneutrales Bundesland sein“, betonte Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne). Aber neben der Klimakrise gebe es auch eine Artenkrise, die mindestens die Dimension der Klimakrise habe. „Deshalb muss es darum gehen, gut mit den vorhandenen Flächen umzugehen.“ Es sei „ein Schildbürgerstreich“, dass in der direkten Nähe von Querungshilfen für Wildtiere der Bau von Photovoltaik möglich ist“, so Goldschmidt. Deshalb sei der Antrag richtig und wichtig.

Der Ausbau der Solarenergie in Deutschland gewinnt an Fahrt. Im ersten Halbjahr 2024 lag die neu installierte Photovoltaik-Leistung um ein Viertel höher als in der ersten Hälfte 2023, wie der Bundesverband Solarwirtschaft mitteilt. Insgesamt belief sich die Bruttoleistung aller deutschen Solaranlagen im vergangenen Juli auf 90,4 Gigawatt-Peak. In Summe produzierten die installierten Solaranlagen im Jahr 2023 rund 62 Terrawattstunden Strom und deckten damit laut Solarverband rund zwölf Prozent des gesamten Bruttostromverbrauchs. Haupttreiber sind dabei zunehmend Unternehmen sowie Landwirte, die ihre Solaranlagen unter anderem auf Freiflächen errichten. Die Landtagsfraktionen von CDU und Grünen sorgen sich um die umweltfreundliche Gestaltung ebendieser Freiflächen.

Die Koalitionsfraktionen fordern in einem Antrag die Landesregierung auf, „die Durchlässigkeit von Freiflächen-PV-Anlagen und Agri-PV-Anlagen für Wildwanderrouten sicherzustellen und diese bei der Erstellung des Wildwegeplans zu berücksichtigen“. Die Landesregierung solle sich zudem auf Bundesebene dafür einsetzen, „dass die Privilegierung von Freiflächen-Photovoltaik an Straßen und Bahntrassen in den Zugängen zu Wildquerungen ausgesetzt wird, um der Lebensraumzerschneidung entgegenzuwirken“. Des Weiteren sollten „Best-Practice-Beispiele für biodiversitätsfördernde Freiflächen-Solar- und Agri-, sowie Moor-Solaranlagen, die sowohl ökologische als auch ökonomische Potenziale aufzeigen“, identifiziert und öffentlich dargestellt werden.

Natürlichen Lebensräume erhalten

„Damit möchten wir das vorhandene Wissen und erprobte Lösungen zur Förderung der Biodiversität in Freiflächen-PV-Projekten besser zugänglich machen“, heißt es im Antrag. Man stärke den Ausbau erneuerbarer Energien und trage aktiv zum Erhalt der natürlichen Lebensräume bei.

Hintergrund: Die Landesregierung hat die Klimaneutralität für Schleswig-Holstein bis 2040 als Ziel ausgegeben – fünf Jahre früher als der Bund, der 2045 als Zielmarke für ganz Deutschland gesetzt hat. Um das zu erreichen, haben CDU und Grüne im Januar das Energiewende- und Klimaschutzgesetz (EWKG) aktualisiert. Bis 2030 soll die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen an Land auf mindestens 45 Terrawattstunden jährlich steigen. 2023 waren es 20,6. Der Fokus liegt dabei auf Solarenergie.

(Stand: 21. März 2025)

Vorherige Debatten zum Thema:
Januar 2025 (Energiewende-/Klimaschutzgesetz)
Juni 2023 (Ausbau-Erlass / Newsticker, 14.06./12:15)

Antrag

Top 9:
Freiflächen-Solar und Agri-Solaranlagen umweltfreundlich gestalten
Antrag der Fraktionen von CDU und B´90/Die Grünen – Drucksache 20/2962