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26. März 2025 – März-Plenum

Günther mahnt: Nicht in „Goldrausch verfallen“

CDU-Ministerpräsident Günther ruft dazu auf, mit dem in Berlin beschlossenen Finanzpaket verantwortungsvoll umzugehen und die Investitionen für Wirtschaftswachstum zu nutzen. Die SPD – im Bund wohl baldiger Koalitionspartner der Union, in Kiel in der Opposition – verteilt Lob und Tadel.

Überblick Plenum Plenarsaal Rede Günther MP
Mit Ausnahme der FDP zeigt sich der Landtag weitgehend einig zu den Berliner Beschlüssen zur Schuldenbremse und zum Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz. Foto: Landtag, Sönke Ehlers

Ministerpräsident Daniel Günther will mit Hilfe des in Berlin verabschiedeten Finanzpakets zusätzliche Investitionen in Schleswig-Holstein anschieben. In einer Regierungserklärung sprach der CDU-Politiker von einem „historischen Momentum“ für Deutschland und betonte, dass sich das Land der veränderten geopolitischen Realität stellen müsse. Auch SPD-Oppositionsführerin Serpil Midyatli, begrüßte den Beschluss für die Schuldenbremse, der der Bundeswehr zugutekommt, und das Sondervermögen für Infrastruktur und Umweltschutz grundsätzlich, machte der schwarz-grünen Landesregierung aber auch Vorwürfe: CDU und Grüne hätten hierzulande viel früher strukturelle Reformen anschieben können. Rundum scharfe Kritik kam in der Debatte einzig von der FDP.

Schleswig-Holstein trage als „geografische Drehscheibe“ zwischen Nord- und Ostsee eine besondere sicherheitspolitische Verantwortung, sagte Regierungschef Günther. Mit dem Finanzpaket könnte nicht nur die Wehrfähigkeit, sondern auch die wirtschaftliche Resilienz gestärkt werden. „Bund, Länder und Kommunen müssen die jetzt geschaffenen Chancen nutzen“, forderte er. Neben Investitionen in die Infrastruktur sei es nun entscheidend, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und Bürokratie abzubauen: „Schlanke und effiziente Verfahren, die auf Vertrauen fußen – das ist, was die Kommunen jetzt brauchen.“

Ministerpräsident lobt SPD und Grüne

Günther betonte zudem, dass Sicherheit mehr sei als Verteidigungsfähigkeit. Auch der Klimawandel stelle eine Bedrohung dar, weshalb Investitionen in Klimaschutz und nachhaltige Technologien „richtig und wichtig“ seien. „In den Klimaschutz zu investieren sichert uns Wettbewerbsvorteile und macht unser Land zukunftssicher.“

Als Beispiel warb er erneut für die geplante Batteriezellenfabrik von Northvolt, die die industrielle Basis Schleswig-Holsteins stärken könne: „Wo sollte sie entstehen, wenn nicht im Land der Autobauer und in welcher Region, wenn nicht an der Quelle grüner Windenergie?“ Zudem lobte er die konstruktive Zusammenarbeit von CDU und SPD auf Bundesebene und hob dabei ausdrücklich auch die Rolle der Grünen hervor, die das Paket mit ermöglicht hätten.

SPD wirbt weiter für Vermögenssteuer

Auch SPD-Fraktionschefin Midyatli begrüßte das Finanzpaket grundsätzlich, machte jedoch verpasste Chancen für strukturelle Reformen in der Vergangenheit aus. „Schleswig-Holstein könnte weiter sein. Schleswig-Holstein hätte an der Spitze stehen können“, kritisierte die Oppositionsführerin und verwies auf mehrere Anträge, in denen die SPD seit Langem eine Reform der Schuldenbremse gefordert habe. Die bisherigen Finanzregeln hätten Investitionen blockiert, während sich der Sanierungsstau bei Schulen, Krankenhäusern und im Wohnungsbau weiter verschärft habe.

Die SPD stehe nach wie vor nicht nur für eine Reform der Schuldenbremse, sondern auch für neue Finanzierungswege, wie die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer. Dies sei notwendig, um die finanziellen Lasten gerechter zu verteilen. Midyatli forderte schließlich, dass sich Günther auf Bundesebene aktiver für die Interessen Schleswig-Holsteins einsetzen müsse: „Sie müssen diese Chancen ergreifen. Das ist die Erwartung, die wir an Sie haben.“

CDU: „Klug und verantwortungsbewusst“ vorgehen

„Jetzt in diesem Umfang neue Schulden machen zu müssen, ist kein Grund zur Freude“, gestand CDU-Fraktionschef Tobias Koch. Es sei ein „falscher Eindruck, jetzt zu glauben, Geld sei in Hülle und Fülle vorhanden“. Das Milliardenpaket sei notwendig, denn Freiheit, Sicherheit und Demokratie seien bedroht: „Jetzt ist nichts mehr so, wie es in den vergangenen 80 Jahren gewesen ist.“ Die Gefahr durch die russische Aggression sei größer als die Gefahr der Verschuldung.

Koch rief dazu auf, „klug und verantwortungsbewusst“ mit dem Geld umzugehen und forderte einen „großen Wurf bei Bürokratieabbau und Verfahrensbeschleunigung“. Als ein Kernprojekt nannte er die Autobahn A20. Die Ertüchtigung von Brücken, Schienen, Häfen und Krankenhäusern sei auch mit Blick auf einen möglichen „Krisenfall“ bedeutsam.

Grüne loben ihren Einfluss in Berlin

Lasse Petersdotter (Grüne) verteidigte die Abschwächung der Schuldenbremse: „Die Brücken in unserem Land sollten immer genauso solide sein wie unsere Haushalte.“ Der Grünen-Fraktionsvorsitzende wies darauf hin, dass seine Partei den Klimaschutz in das Paket hineinverhandelt habe: „Das Ergebnis ist durch die Grünen besser geworden.“ Bei den anstehenden Investitionen in die Infrastruktur gab Petersdotter das Motto „Sanierung vor Neubau“ aus. Man müsse zunächst „gucken, was in den letzten Jahren liegegeblieben ist“.

Damit wandte Petersdotter sich auch gegen eine Priorisierung der A20. Es sei „unwahrscheinlich, dass eine Straße, die erst in 20 Jahren fertig ist, für die Verteidigungsfähigkeit des Landes das ausschlaggebende Element ist“. Bei der Verteilung der Mittel im Lande brachte er erneut einen „Kommunal-IMPULS“ ins Spiel – ein Sonderprogramm, angelehnt an das Infrastrukturvermögen des Landes.

Liberale kritisieren gigantisches Schuldenpaket“

Scharfe Kritik kam von FDP-Fraktionschef Christopher Vogt. Das „gigantische Schuldenpaket“ sei eine „radikale Kehrtwende in der Finanzpolitik Deutschlands“ und die „wohl größte Wählertäuschung in der Geschichte der Bundesrepublik“. Union und SPD hätten sich „einen gewaltigen finanziellen Spielraum“ verschafft und seien „eine riskante Wette auf die Zukunft unserer Kinder und Enkel“ eingegangen. Vogt forderte eine „umfassende Reformen des deutschen Planungsrechts und des Vergaberechts“.

Die neuen Schulden dürften nicht dazu führen, „dass Reformen verschoben werden“, so Vogt. Er kritisierte zudem, dass der Bund mit seiner Grundgesetzänderung in die Landesverfassung eingegriffen habe, „ohne dass der Landtag dazu überhaupt gefragt wurde“. Der Ministerpräsident hätte auch deswegen in der Länderkammer nicht zustimmen dürfen.

SSW: Fokus auch auf Norden und Westküste legen

SSW-Fraktionschef Christian Dirschauer wies darauf hin, dass auch der Vertreter seiner Partei im Bundestag den Änderungen zugestimmt hat. Nun müssten die Gelder „verantwortungsbewusst und sachgerecht ausgegeben werden“. Das „historische Schuldenpakt“ müsse zu „historischen Fortschritten“ führen, so Dirschauer: „Wir sind verdonnert, zu liefern.“ Es gebe „bedeutsame Chancen“ für Schleswig-Holstein. Dabei müsse ein besonderer Fokus auf dem nördlichen Landesteil und der Westküste liegen. Innerhalb Deutschlands dürfe es „kein Nord-Süd-Gefälle“ bei der Verteilung des Gelds geben, und Schleswig-Holstein müsse „überproportional“ berücksichtigt werden – etwa mit Blick auf den Küstenschutz.

 

Die von Bundestag und Bundesrat vergangene Woche beschlossenen Grundgesetzänderungen haben auch für Schleswig-Holstein weitreichende Folgen: Das Land profitiert von dem Infrastruktur-Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro, und die Schuldenbremse in der Landesverfassung wird durch die Berliner Beschlüsse „automatisch“ abgeschwächt. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) wird seine Sicht in einer Regierungserklärung unter dem Motto „Chancen nutzen - Impulse setzen“ darlegen, die SPD hat einen eigenen Antrag vorgelegt.

Die Fraktionen von Union, SPD und Grünen haben im Bundestag ein Sondervermögen im Grundgesetz verankert, das mit Krediten von bis zu 500 Milliarden Euro ausgestattet werden soll. Es steht außerhalb des regulären Bundeshaushalts und ist nicht von der Schuldenbremse im Grundgesetz betroffen. Daraus soll die Instandsetzung der Infrastruktur bezahlt werden – etwa Schienen, Brücken und Straßen. Von den 500 Milliarden Euro sollen 100 Milliarden an die Länder gehen, gestreckt auf zwölf Jahre. Ministerpräsident Günther hat angeregt, dieses Geld nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel zu verteilen, der die Steuerkraft und die Einwohnerzahl der Länder bemisst. Demnach stünden Schleswig-Holstein rund 3,4 Milliarden Euro zu. Weitere 100 Milliarden Euro aus dem Topf sollen in den Klimaschutz und den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft fließen.

Schuldenberg wächst

Die SPD im Landtag begrüßt das Sondervermögen als „Grundlage, unser Land zu modernisieren, den Wohlstand zu sichern und den Zusammenhalt zu stärken“. Sie fordert Investitionen in Schulen, Kitas, Wohnungsbau und die Gesundheitsversorgung. Die FDP spricht hingegen von einem „gigantischen Schuldenpaket“, das ein „finanzieller Freifahrtschein für die nächste Bundesregierung ohne Plan und mit hohem Risiko“ sei.

Die 2009 eingeführte Schuldenbremse im Grundgesetz, die der Neuverschuldung des Bundes enge Grenzen setzt, wurde außerdem für Ausgaben in Verteidigung, Zivilschutz, Nachrichtendienste und Cybersicherheit gelockert. Für alle Ausgaben in diesen Bereichen, die ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts überschreiten, darf der Bund Kredite aufnehmen. Dieses eine Prozent beläuft sich Schätzungen zufolge in diesem Jahr auf etwa 44 Milliarden Euro.

Und: Laut der Bundestagsentscheidung von Union, SPD und Grünen dürfen die Länder nun, wie bereits vorher der Bund, neue Kredite im Umfang von 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung aufnehmen. „Bestehende landesrechtliche Regelungen, die hinter der festgelegten Kreditobergrenze zurückbleiben, treten außer Kraft", steht nun im Grundgesetz. Die Landes-SPD begrüßt in ihrem Antrag auch diese Änderung, die dem Land neue jährliche Schulden von etwa 500 Millionen Euro ermöglichen würde.

FDP prangert „problematisches Parlamentsverständnis“ an

Mit der Grundgesetzänderung wurde auch das Neuverschuldungsverbot in der schleswig-holsteinischen Landesverfassung unwirksam. „Einnahmen und Ausgaben sind grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen“, heißt es dort in Artikel 61. Ausnahmen sind nur mit Zweidrittelmehrheit im Landtag möglich, und zwar „im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen“. Dieser Passus kam in den vergangenen Jahren mehrfach zur Anwendung, etwa mit Blick auf die Corona-Pandemie, den russischen Krieg gegen die Ukraine und die Ostseesturmflut vom Oktober 2023. Schleswig-Holstein hatte 2010 als erstes Bundesland eine eigene Schuldenbremse in seiner Verfassung festgeschrieben.

Die Nord-FDP kritisiert, dass der Bund auf diesem Wege in die Landesverfassung eingreift. Es sei „abenteuerlich, dass die Schuldenbremse in der Landesverfassung nun durch einen Beschluss von Bundestag und Bundesrat einfach ungültig wird, ohne dass der Landtag dazu überhaupt gefragt wurde“. Die Landesregierung offenbare mit ihrer Zustimmung im Bundesrat „erneut ein problematisches Parlamentsverständnis“.

(Stand: 24. März 2025)

Vorherige Debatte zum Thema:
Februar 2024

Regierungserklärung

,,Chancen nutzen – Impulse setzen"
Top 1,  Drucksache 20/3074

Antrag

Top 16
Finanzpolitik mit Zukunft: Reform der Schuldenbremse umsetzen
Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 20/3034(neu)
Alternativantrag CDU/Grüne – Drucksache 20/3094